Protokoll der Sitzung vom 25.11.2009

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Blenke, Sie haben recht, wenn Sie sagen, die Bürgerinnen und Bürger können sich auf eine starke und leistungsfähige Polizei verlassen. Die Frage ist nur: Wie lange noch? Das wird die Gretchenfrage der nächs ten Jahre werden. Denn eines sollte man nach monatelanger Diskussion sein lassen, nämlich dass man immer um den heißen Brei herumredet. Wir haben eine anhaltend äußerst angespannte Personalsituation bei der Polizei. Ich denke, da gibt es überhaupt kein Vertun. Auch eine Regierungsfraktion bricht sich nichts ab, wenn sie das einmal einräumt. Das ist so.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Abg. Reinhold Gall SPD – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Denn die Lebenswirklichkeit in den Polizeidirektionen, Revieren und Posten ist so. Sie bekommen doch das Gleiche erzählt wie wir.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Wir lesen nachher ein- mal gemeinsam das Protokoll!)

Es ist doch nicht so, dass, wenn ein Abgeordneter einer Regierungsfraktion ins Polizeirevier kommt, Schönwetter gemacht wird, und wenn die Opposition kommt, gejammert wird. Sie bekommen doch das Gleiche erzählt wie wir, egal, von wem.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Sie kennen die Situation zur Genüge. Deshalb muss man sich doch ernsthaft und seriös mit diesen Themen auseinandersetzen.

Herr Kollege Blenke, wir haben halt das Problem, dass Sie Beschlüsse für den Nichtvollzugsbereich und den Vollzugsbereich gefasst haben. Es nützt aber nichts, nur auf diese Beschlüsse zu verweisen, die vor Jahren einmal gefasst worden sind und jetzt umgesetzt werden, sondern man muss richtigerweise immer auf die sich verändernde Realität, auf sich verändernde Herausforderungen schauen.

Das Ganze ist kein statischer Prozess, und deswegen können Statistiken immer nur bedingt nützlich sein. Es nützt wenig, wenn in der Stellungnahme des Innenministeriums Personalzahlen stehen, wenn diese tatsächlich im Istbereich, auf den Jahresdurchschnitt bezogen, quer durch Baden-Württemberg nicht zur Verfügung stehen. Denn in den einzelnen Polizeidirektionen und -revieren ist die Personalsituation höchst unterschiedlich. Wir haben in bestimmten Jahreszeiten Ausfallquoten von bis zu 30 %. Wochenlang wird Krisenmanagement im Bereich des Funkdienstes und der Revierleitung betrieben. Das erzählen uns die Beamten; sie bekommen die Einsatz- und Schichtpläne kaum noch hin. Sie warten gerade auf Ihre Ankündigung der weiteren Flexibilisierung von Einsatz- und Arbeitszeiten.

Ich glaube, die Stimmung in der Polizei ist zum Teil so schlecht – das bitte ich ernst zu nehmen –, dass finanzielle Anreize ihre Wirkung verfehlen könnten. Wenn die Polizei im Land zunehmend das Gefühl hat, nur noch ein Kostenfaktor zu sein, dann habe ich Verständnis für manchen resignativen Unterton, den man mittlerweile in den Gesprächen hört, weil es zu wenig Perspektiven gibt.

Deswegen sollte die Regierung endlich aufhören, Anregungen oder Forderungen in Anträgen der Opposition als völlig erfunden oder aus dem Fantasiebereich stammend vom Tisch zu wischen, sondern sollte sie endlich einmal ernst nehmen.

(Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Wir haben ein Problem im Nichtvollzugsbereich. Herr Kollege Blenke, es muss auch Sie berühren, wenn Polizistinnen und Polizisten ihren operativen Aufgaben aufgrund von überbordenden Verwaltungstätigkeiten im Innenbereich zunehmend nicht mehr nachkommen können. Das erzählen uns die Leute.

(Abg. Thomas Blenke CDU: Sonst kümmert er sich immer um seine Freunde von der Antifa! – Gegen- rufe von den Grünen: Was?)

Wir haben die Arbeitssituation und das Wohlbefinden unserer Polizistinnen und Polizisten im Land immer zum Thema gemacht, und das werden Sie uns auch nicht nehmen. Wir wissen, dass Sie da eine wunde Stelle haben.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Da ist eine Korrektur an Ihrer Politik tatsächlich dringend notwendig.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Jetzt fallen Sie ihnen in den Rücken!)

Sie haben ja auch schon reagiert. Warum haben Sie denn die Vorgabe zur Effizienzrendite halbiert? Warum machen Sie im Jahr 2009 bei einer Effizienzrendite von ungefähr 11 % Schluss und ziehen nicht ihre 20-%-Vorgabe durch, wenn das alles angeblich so einfach umzusetzen wäre? Da ist uns der Innenminister einen Bericht schuldig: Was ist passiert? Gibt es diese Arbeitsgruppe, die eingerichtet werden sollte, Herr Minister? Gibt es einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Polizeidirektionen des Landes, und wie soll der gegebenenfalls aussehen? Erst wenn wir dazu die Antworten auf dem Tisch haben, können wir beurteilen, ob die jetzige Maßnahme, die ein Auslaufen Ende des Jahres 2009 vorsieht, ausreichend ist oder ob wir tatsächlich zusätzliches Personal einstellen müssen.

Herr Kollege Gall, vielleicht macht es an diesem Punkt Sinn, den Antrag zum Nichtvollzugsbereich im Innenausschuss weiterzubehandeln, wenn uns richtige Zahlen, Ergebnisse dieser Arbeitsgruppe vorliegen.

Dieses Thema werden Sie nicht mehr vom Tisch bekommen, Herr Blenke. Wir müssen uns auch im Vollzugsbereich ernsthafte Gedanken darüber machen, was geeignete Konzepte für die Zukunft sind, um die Missstimmung und Unzufriedenheit in der Polizei auf Dauer wieder auszuräumen. Wir brauchen eine leistungsfähige Polizei für unsere Bürgerinnen und Bürger. Die Bürgerinnen und Bürger wollen die Polizei ab und zu wieder auf der Straße antreffen und nicht nur im Einsatzwagen vorbeirauschen sehen, weil diese immer größere Entfernungen zurückzulegen hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Thomas Blenke CDU: Schauen Sie einmal, welche Bevölkerungsgruppen die Polizei am meisten beschäftigen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Kluck für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es ist ein bisschen tragisch:

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Was? – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Wieso? Wir kennen Sie doch!)

Jetzt hat Baden-Württemberg ein paar Sterneköche mehr, und ihr sucht noch immer nach Haaren in der Suppe –

(Vereinzelt Heiterkeit – Beifall des Abg. Thomas Blenke CDU – Oh-Rufe von der SPD und den Grü- nen)

zwar nicht in der Gastronomie, sondern wieder einmal ist die Polizei dran.

(Abg. Rainer Stickelberger SPD: Nein! Die Regie- rung ist dran!)

In einem sind wir uns doch hoffentlich einig, und zwar darin, dass die Polizei in diesem Land das Beste gibt für den Schutz von Leben, Gesundheit und Eigentum der Bürger. Sind wir uns darüber einig? Gilt das vom untersten Polizisten bis zum obersten Polizisten?

(Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP: Ja! – Beifall des Abg. Dr. Ulrich Noll FDP/DVP)

Gut. Dann haben wir das eine schon einmal ausgeräumt.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Gut, dass einer zu- hört!)

Dann sprechen Sie von tatsächlichen Kürzungen im Nichtvollzugsbereich – die gab es –

(Abg. Alfred Winkler SPD: Und davon, dass Sie Pro- bleme lösen, die es gar nicht gibt!)

und von vermeintlichen Kürzungen im Vollzugsbereich – die gab es aber gar nicht.

Jetzt haben wir ja die Zusage. Sie wissen, dass man bei den Kürzungen im Nichtvollzugsbereich die Stellen so wegfallen ließ, wie die Leute von ihrem Lebensalter her an die Pensionsgrenze kamen. Da hat es den einen mehr getroffen und den anderen weniger. Da haben wir die Zusage, dass es hier einen Ausgleich gibt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Diese Zusage gibt es schon ewig, und nichts ist passiert! Nichts ist passiert!)

Ja, aber Sie wissen doch, dass jetzt die Vorgabe zur Effizienzrendite quasi halbiert wurde und dass diese Ende des Jahres auslaufen wird, dann müssen wir diesen Ausgleich vornehmen. Das ist doch auch nicht so einfach. Sie können doch nicht einfach einen Polizisten von Freiburg nach Calw oder nach Reutlingen versetzen oder umgekehrt.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das will ja auch niemand! – Zuruf des Abg. Thomas Blenke CDU)

Vielmehr müssen die Landespolizeidirektionen jetzt versuchen, das in ihren Bereichen – denn da kann man noch ein bisschen hin- und herschieben – auszugleichen. Da verlassen wir uns auf die Zusage des Innenministers und auf die Herren Jelden, Burkard, Rotzinger und Moser von Filseck;

(Abg. Alfred Winkler SPD: Schon verlassen!)

die werden das bestimmt richtig machen und im Griff haben.

Klar ist auch: Wir alle wollen nicht, dass Vollzugskräfte einspringen müssen, um die Arbeit von Nichtvollzugskräften zu machen. Das ist wegen des Stellenabbaus im Nichtvollzugsbereich jetzt hier und da einmal der Fall gewesen.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Ständig!)

Aber das ist nicht gut. Es ist wichtig, dass damit Schluss ist. Deswegen: Warten wir einmal diese Ergebnisse ab. Den Vorschlag des Kollegen Sckerl an die SPD, den Beschlussteil ihres Antrags zum Nichtvollzugsbereich jetzt nicht zur Abstimmung zu stellen, finde ich gut.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Dann können Sie es in nicht öffentlicher Beratung herunterbügeln!)

Dann kann man nächstes Jahr in aller Ruhe noch einmal darüber reden, wenn wir einen Überblick darüber haben, wie es aussieht.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Hauptsache, wir haben darüber geredet!)