Über Abschnitt II dieses Antrags haben wir abzustimmen. Wer diesem Abschnitt zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Abschnitt II ist mehrheitlich abgelehnt.
Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Naturschutzgroßprojekt im Schwarzwald – Drucksache 14/3430
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meine Ausführungen mit einem kurzen Zitat beginnen, das folgendermaßen lautet:
Der Nordschwarzwald gehört zu den größten unzerschnittenen Naturräumen Deutschlands. Er ist geprägt durch weitläufige Wälder mit naturnahen, hochmontanen Bergwäldern, Hochmooren, Karseen und Bergweiden …
Alle Flächen sind Lebensräume für eine Vielzahl seltener und bedrohter Tierarten von nationaler und internationaler Bedeutung …
Das ist ein Zitat aus der Stellungnahme der Landesregierung zu unserem Antrag, der inzwischen über ein Jahr alt ist.
Was wollten wir damals erreichen? Wir wollten erreichen, dass sich die Landesregierung energisch für die Durchführung des Naturschutzgroßprojekts im Nordschwarzwald einsetzt und die entsprechenden Kofinanzierungen für die in Aussicht gestellten Bundesmittel bereitstellt.
Vielleicht hätte ein noch energischerer Einsatz des Landes Besseres bewirkt. Wir wissen es nicht. Die Herausforderung allerdings bleibt erhalten. Sie heißt, aus dem derzeitigen Fli ckenteppich von Natura-2000-Gebieten, von Schutzgebieten ganz unterschiedlicher Kategorien, die vom einfachen Landschaftsschutzgebiet bis zum Naturschutzgebiet nach § 26 des Bundesnaturschutzgesetzes reichen, ein Naturschutzgroßprojekt entstehen zu lassen.
Das ist auch dringend geboten, meine Damen und Herren. Der rasante Artenschwund ist keineswegs gestoppt. Die Biodiversität nimmt weiter ab. Die Zerschneidung und Zersiedelung von Landschaft geht weiter. Von einzelnen Erfolgen im Speziellen einmal abgesehen ist die Gesamtentwicklung im Naturschutz nach wie vor eher ernüchternd.
Deswegen wollen wir, dass die im Antrag zusammengefassten Intentionen der Landkreise und Kommunen weiterhin verfolgt werden, auch wenn das beantragte Naturschutzgroßprojekt zunächst nicht zustande gekommen ist, weil die Bundesmittel dafür leider nicht zur Verfügung stehen.
Die beteiligten Landkreise, Kommunen und Bürgermeister haben bei der Erarbeitung des Konzepts ein beispielhaftes Engagement gezeigt. Das darf nicht brachliegen bleiben. Die Ideen, die Konzeption und das Engagement müssen im Sinne einer deutlichen Verbesserung des Naturschutzes im Nordschwarzwald weiterhin genutzt werden.
Wir wollen schon seit etlichen Jahren, dass im Schwarzwald ein großes Schutzgebiet errichtet wird. Dort, wo das geschehen ist, beispielsweise im Hochharz oder im Bayerischen Wald, hat sich sehr schnell herumgesprochen, dass die Gemeinden und die Menschen mehr davon profitieren, als sie erwartet haben. Die Befürchtungen vor einem wirtschaftlichen Niedergang haben sich jedenfalls nicht bestätigt.
Noch immer stehen einem Naturschutz, der mehr oder weniger als Käseglocke verstanden wird, sehr viele skeptisch gegenüber, weil sie befürchten, dass damit Entwicklungsmöglichkeiten beschnitten werden. Dass sich im Gegenteil aber neue Chancen auftun, wird oft übersehen.
Das Naturschutzgroßprojekt hätte ein erster Schritt sein können. Wir haben mehrfach deutlich gemacht, dass wir diesen Weg gehen wollen. In diesem Zusammenhang wäre auch ein erst kürzlich von uns eingebrachtes Anliegen zur Waldwirtschaft besonders gut umsetzbar, nämlich das Anliegen, den Anteil von Bann- und Schonwäldern sukzessive zu erhöhen. Die großflächigen und dichten Wälder des nördlichen Schwarz walds würden sich besonders gut dafür eignen.
Wir sind froh, dass wir mit dem Biosphärengebiet Schwäbische Alb endlich ein Großschutzgebiet in unserem Land haben. Aber das muss nicht das einzige bleiben. Der Schwarzwald – gestatten Sie mir als einem Schwarzwälder, dies so deutlich zu sagen – als Region, als Naturraum, als Heimat zahlloser seltener Tier- und Pflanzenarten ist bestens prädestiniert, auch ein Standort für ein weiteres Großschutzgebiet zu sein.
Die Wiederkehr des Luchses und der Wildkatze sind weitere Indikatoren. Auch deshalb müssen wir unsere Anstrengungen verstärken.
In einem Entwicklungsnationalpark bzw. einem Biosphärengebiet wäre es gewiss deutlich einfacher, Konzepte zu entwickeln, die in der Bevölkerung dann auch die nötige Akzeptanz erhalten.
Machen Sie sich also die Ziele und die Projekte dieses ohnehin bereits konzipierten Naturschutzgroßprojekts zu eigen, und setzen Sie diese soweit nur irgend möglich gemeinsam mit den beteiligten Kreisen und Kommunen um – auch ohne den Bund. Dann, meine Damen und Herren, wäre die Errichtung eines Entwicklungsnationalparks oder eines Biosphärengebiets in einigen Jahren lediglich die folgerichtige Konsequenz.
Wegen der inzwischen veränderten Sachlage – wie gesagt: der Antrag ist über ein Jahr alt – beantragen wir die Überweisung des Antrags an den zuständigen Ausschuss und hoffen, damit und mit der erneuten Diskussion hierüber dem Projekt eine neue Perspektive geben zu können.
Frau Präsidentin! Lieber Kollege Bayer, Sie haben völlig recht: Wir alle hätten dem Projekt natürlich den nötigen Erfolg gewünscht. Das wäre uns lieb und auch teuer gewesen; denn wir wären bei den Kosten mit 25 oder 30 % dabei gewesen.
Die regionalen Akteure aus Freudenstadt, Rastatt, Calw, dem Ortenaukreis und dem Stadtkreis Baden-Baden, die sich zusammengefunden hatten und die eine hervorragende Projektskizze vorgelegt haben, die federführend vom Naturschutzzentrum Ruhestein ausgearbeitet wurde, haben beim Bundeswettbewerb „Idee.Natur“ zunächst einmal den zehnten Platz erreicht. Sie sind also unter die ersten zehn Bewerber gekommen, sind letztlich aber doch nicht als förderwürdig anerkannt worden.
Es war großartig, wie die gesamte Region – ich kann das mit unserer Region in Bezug auf das Zustandekommen des Biosphärengebiets vergleichen – an einer zukunftsorientierten, zukunftsgerichteten Konzeption mitgearbeitet hat. Insgesamt sind über 300 Anträge eingegangen, von denen ein großer Teil tatsächlich auch in die Konzeption eingearbeitet werden konnte.
Lassen Sie uns noch einmal kurz darüber nachdenken, woran es denn gelegen haben kann, dass die Bewerbung nicht erfolgreich war.
Wir wissen es letztlich nicht. Ich möchte jedoch ein paar Fragen stellen. War es die Gebietsgröße, die mit ca. 36 000 ha für ein solches Projekt eher ungewöhnlich war? War es die Projektsumme? Immerhin sind 13 Millionen € veranschlagt worden, und dieser Betrag ging weit über die eigentlich vorgegebenen 10 Millionen € hinaus. War es die Forderung der Region, statt einer Ausweisung der Projektkerngebiete als Naturschutzgebiet die rechtliche Absicherung durch Forsteinrichtungswerke vorzunehmen? Das wäre meines Erachtens eine Möglichkeit.
Zum anderen sollte man auch einmal darüber nachdenken, ob nicht fachliche Gesichtspunkte geltend gemacht wurden. Wir wissen es nicht. Auch der Widerstand der Sägeindustrie könnte eine Rolle gespielt haben; auch das wissen wir nicht. Möglicherweise sind dort Stimmen in Berlin respektive in Bonn laut geworden, die nicht unbedingt hilfreich waren.
Wir können – darin sind wir uns wahrscheinlich einig; wir sind zugegebenermaßen auch nicht ganz objektiv; das wollen wir gern zugestehen – die Entscheidung der Jury nicht nachvollziehen. Aber wenn so unterschiedliche Gruppen wie Naturschutzverbände und Hochschullehrer neben den Vertretern aus Verwaltung usw. miteinander eine Bewertung vornehmen, dann weiß ich nicht so recht, ob das nicht auch ein klein wenig Kaffeesatzleserei ist.
Wir wollen aber – da gebe ich Ihnen völlig recht, Herr Kollege Bayer; ich finde es auch gut, dass Sie die Überweisung an den Ausschuss beantragen; wir sollten uns noch einmal darü
ber unterhalten – den Blick in die Zukunft werfen, und wir wollen sicherstellen, dass möglichst viele Teilprojekte von denen, die hier initiiert worden sind – egal, unter welcher Prämisse –, realisiert werden können. Das ist im Interesse des Nordschwarzwalds. Sie haben völlig recht.
Wir alle sollten in dieser Diskussion im Ausschuss gemeinsam der Region den Rücken stärken, damit sich die guten Ideen umsetzen lassen, denn davon haben alle einen Nutzen. Ob es letztlich in einem Biosphärengebiet oder in einem anderen Projekt endet, ist zunächst einmal nicht wichtig.
Also Zustimmung. Wir sind mit dabei und wollen auch in dem Sinn, wie Sie es vorgetragen haben, Unterstützung gewähren.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Auch wir stimmen darin überein, dass das Vorhaben, im Nordschwarzwald ein Naturschutzgroßprojekt auf den Weg zu bringen, Unterstützung verdient. Nun ist – wir haben es gehört – die Bewerbungsphase schon lange vorbei, und die Bewerbung des Nordschwarzwalds hat leider in der zweiten Stufe des Bundeswettbewerbs nicht reüssiert. Es ist einigermaßen müßig, über die Gründe zu spekulieren. Aber auch bei uns ist angekommen, dass es Widerstände vonseiten der Sägeindustrie gab. Wir nehmen an, dass das auch den Entscheiderinnen und Entscheidern beim Bund nicht verborgen geblieben ist, und das dürfte der Bewerbung nicht förderlich gewesen sein.
Herr Minister, Sie haben nach dem Erfolg der Bewerbung in der ersten Runde das von den Landkreisen Calw, Freudenstadt, Rastatt und dem Ortenaukreis sowie der Stadt BadenBaden eingereichte Konzept als zukunftweisend gelobt und als Meilenstein für den Erhalt der Biodiversität im Nordschwarzwald bezeichnet. Sie haben auch auf die Bedeutung des Projekts für den Erhalt der Auerhuhnpopulation im Nordschwarzwald hingewiesen.