Auch in der Wirtschaftskrise dürfen Land und Kommunen ihre Anstrengungen beim Klimaschutz nicht zurückschrauben, fordert Umweltministerin Tanja Gönner...
Genau das machen Sie aber: 50 Millionen € streichen CDU und FDP/DVP beim Klimaschutz über die Streichliste heraus, die Sie jetzt vorgelegt haben.
Jetzt kommen Sie wahrscheinlich und argumentieren: „Ja, aber wir haben doch unsere Konjunkturprogramme; darin sind
Aber uns allen und der Öffentlichkeit wurden diese Konjunkturprogramme verkauft mit dem Tenor: Die Mittel kommen obendrauf.
Das Zweite ist: Diese Konjunkturprogramme sind so angelegt, dass sie vor allem im Hochschulsektor, in dem wir natürlich das größte Problem haben – dazu werde ich gleich auch noch etwas sagen –, wirken. Das hilft aber nicht den Polizisten in der Polizeidienststelle, das hilft nicht den Finanzbeamten im Finanzamt, und es hilft auch nicht den Gerichten und was weiß ich noch wem. Denen nehmen Sie mit der Kürzung von 50 Millionen € die Mittel, um diese Gebäude endlich zu sanieren.
80 % der 8 900 öffentlichen Gebäude in Baden-Württemberg wurden vor dem Erlass der ersten Wärmeschutzverordnung errichtet. Das heißt, es zieht dort nur so durch, und wir haben Aufwendungen für die Beheizung dieser Gebäude, dass es nur so kracht, nämlich derzeit 140 Millionen €. Dort heute Geld hineinzustecken heißt nicht nur, CO2 einzusparen, sondern heißt auch, dass wir die Mittel, die das Land jedes Jahr im Wärmesektor aufwenden muss, reduzieren.
Jetzt komme ich noch zu den Zahlen, die der Kollege Knapp mit Blick auf den Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 14/4935, kurz angesprochen hat. Wenn man den Sanierungsaufwand zusammenrechnet, kommt man auf 7,5 Milliarden € – für Hochschulen, psychiatrische Landeskliniken, sonstige Gebäude – plus die 1,5 Milliarden €, die wegen erhöhter Klimaschutzanforderungen noch obendrauf kommen.
Wenn man sich aber die Drucksache genau anschaut, dann sieht man: Im Hochschulsektor ist plötzlich nur noch von 2,93 Milliarden € die Rede. Dann wundert man sich. Warum? Weil die Ministerialdirektorin des Finanzministeriums im letzten Jahr hier im Haus davon geredet hat – das ist im veröffent lichten Bericht in der Drucksache 14/3635 nachzulesen –, dass wir im Hochschulsektor 4 Milliarden € an Sanierungsbedarf haben. Wie kommt es, dass von Ihnen plötzlich nur noch von 2,9 Milliarden € gesprochen wird? Ganz einfach: Man redet plötzlich nur noch von einem – Zitat – „zufriedenstellenden Sanierungsaufwand“, den Sie umsetzen wollen. Das heißt, es wird praktisch nur noch das Nötigste gemacht. So streicht ihr einfach einmal 1 Milliarde € heraus. Das, was da gemacht wird, ist Trickserei und nichts anderes.
(Beifall bei den Grünen – Widerspruch bei der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das ist oberflächlich, was Sie da sagen! – Zuruf: Keine nach- haltige Finanzpolitik!)
Ja. – Dann darf man aber nicht mehr über Klimaschutz reden, verstehen Sie? Die Klimaschutzanforderung heißt: minus 90 % bis zum Jahr 2050. Wenn wir heute Gebäude sanieren, dann sanieren wir diese für die nächsten 30, 40 Jahre.
Noch ein Letztes: Der Kollege Knapp hat hier angesprochen – das steht auch in dem Antrag –, dass man, wenn man heute neu baut, dies nach Möglichkeit im Passivhausstandard machen soll. Ich finde, das ist nicht ausreichend, Herr Knapp. Ich will Ihnen auch sagen, warum. Ich empfehle, einmal einen Blick in den Koalitionsvertrag im Saarland zu werfen. Da finden Sie folgendes Zitat, liebe Kollegen der CDU, von der dortigen CDU mit unterschrieben, wie Sie wissen:
Beim Neubau von öffentlichen Gebäuden wird der Passivhausstandard festgeschrieben, bei der Sanierung von landeseigenen Gebäuden dient der Passivhausstandard als Orientierung. Eine Abweichung von dieser Norm muss im Einzelfall begründet werden …
ich habe gerade gesagt, aus welchen Gründen dies notwendig ist, nämlich minus 90 % bis zum Jahr 2050 –, dann ist das der Faktor, an dem wir uns orientieren müssen.
Entweder Sie verabschieden sich in der Zukunft davon, zu sagen, wie wichtig der Klimaschutz ist, oder Sie stellen die entsprechenden Mittel bereit, die dafür notwendig sind, und treffen die entscheidenden Maßnahmen dafür.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Klaus Herrmann CDU: Kein Wort, woher das Geld kommen soll! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Oberflächlich!)
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich hatte ich gedacht, ich könnte mich bei der SPD bedanken, weil sie nämlich die Gelegenheit gibt, darzulegen, was das Land in Bezug auf energetische Sanierung in letzter Zeit konkret Gutes getan hat.
Sie wissen ganz genau, dass die energetische Sanierung gerade der FDP/DVP besonders wichtig ist, auch dem Kollegen Ehret als Bauingenieur, der sich, seit er im Landtag ist, immer massiv dafür eingesetzt hat,
der auch maßgeblich daran beteiligt war, dass das, was Sie, Herr Untersteller, erwähnt haben, auch so beschlossen wurde, dass das Stufenprogramm kam und dass wir damals gesagt haben: Wir beschließen das für die Wohngebäude, für die allgemeine Bevölkerung nur dann, wenn ein paralleler Beschluss kommt, dass wir auch für die Nichtwohngebäude des Landes Ähnliches tun.
Ich habe das als finanzpolitische Sprecherin auch immer sehr unterstützt, gesehen unter dem Aspekt der Rentabilität, der von den Vorrednern auch schon angesprochen wurde.
Bei dieser Debatte ist mir aber wieder klar geworden, wie schwierig es ist, wenn sich einzelne Kollegen auf einen klitzekleinen Teil dessen fokussieren, was das Land zu tun hat, und meinen, damit könnten sie die Welt retten.
Wir haben als Landespolitiker eine größere Verantwortung. Wir haben eine Verantwortung für das Ganze und nicht nur für einen kleinen Teil. Alle Aufgaben müssen ordentlich bewältigt werden.
Wenn ich nur auf einen Teil schauen würde, würde ich vielleicht ähnlich argumentieren wie Sie. Das ist gar kein Thema. Aber das wäre mir wirklich zu kurz gesprungen; denn ich muss schauen, dass alles zusammenpasst.
Zu Ihrer Argumentation, Herr Knapp, was sich da alles in 25 Jahren rentiert, muss ich sagen: Das kommt mir vor wie die Werbung von meinem Supermarkt, die mir immer suggerieren will, ich müsste nur genug einkaufen, dann würde ich dabei Geld sparen.
Die Landesregierung hat völlig recht, wenn sie in der Drucksache 14/4935 in ihrer Stellungnahme zu Ziffer 6 schreibt:
Energetische Sanierungen werden vorrangig in Verbindung mit anstehenden Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen umgesetzt.
Die andere Seite ist: Herr Untersteller, Sie haben zu Recht auf die Kürzungsliste verwiesen; jawohl. Aber Sie haben zu Recht auch auf die Konjunktursonderprogramme verwiesen. Wir von der FDP/DVP haben immer beklagt, dass diese Sonderprogramme außerordentlich einseitig nur bestimmte Bausektoren bedenken und dass andere Branchen unserer Wirtschaft überhaupt nicht bedacht sind. Das hat sich auch tatsächlich ausgewirkt, was man inzwischen deutlich an den Baupreisen in diesen Sektoren merkt.
Wollen Sie, dass das Land das knappe Geld der Steuerzahler jetzt und in nächster Zeit massiv zur Bezahlung überhöhter Baupreise ausgibt, oder halten Sie es wie wir vielleicht für sinnvoller, dass man sagt: „Das machen wir dann ein Jahr später, wenn die Bauindustrie wieder Unterstützung braucht, weil nämlich diese ganze Konjunkturunterstützung ausgelaufen ist“? Wir müssen doch für ein gleichmäßiges Abfließen beim Staat, aber vor allem auch für ein gleichmäßiges Zufließen bei den entsprechenden Wirtschaftsunternehmen sorgen. Denn ansonsten geht es mit den Arbeitsplätzen munter rauf und runter, und das wollen wir nicht.