Protokoll der Sitzung vom 09.12.2009

Aber als unverbesserliche Optimisten geben wir auch bei den Grünen die Hoffnung nicht auf. Auch bei ihnen könnte ein Erkenntnisprozess einsetzen, wie ihn Immanuel Kant einmal beschrieben hat:

Wenn die Wissenschaft ihren Kreis durchlaufen hat, so gelanget sie natürlicherweise zu dem Punkte eines bescheidenen Misstrauens und sagt, unwillig über sich selbst: Wie viele Dinge gibt es doch, die ich nicht einsehe!

Halten Sie es mit Kant, und sehen Sie endlich ein, dass nur eine Koalition in unseren Landesfarben Schwarz-Gelb das Land in eine gute Zukunft führen kann.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Wal- ter Heiler und Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje, oje, oje!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Professor Dr. Frankenberg das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zukunft durch Bildung, Qualifikation und Innovation, das ist der Hintergrund unseres Programms „Hochschule 2012“ und auch die Grundlage für den Abschluss des Hochschulpakts. Wir investieren dieses Geld in eine sehr erfolgreiche Hochschullandschaft. Oder kennt jemand von Ihnen in Deutschland ein besseres Hochschulsystem als das von Baden-Würt temberg?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Zu diesen exzellenten Hochschulen gehört auch die Universität Ulm.

(Zuruf des Abg. Martin Rivoir SPD)

Bitte?

(Zurufe der Abg. Claus Schmiedel und Martin Rivoir SPD – Gegenruf des Abg. Jörg Döpper CDU: Die sind sprachlos!)

Der Antrag der Grünen vom November 2008 ging in der Tat von der Erwartung aus, dass die Ziele des Programms „Hochschule 2012“ und die Vereinbarung des „Hochschulpakts 2020“ nicht erreicht werden können.

Die Zahlen der Studienanfänger in den Jahren 2008 und 2009 sprechen eine andere Sprache. Im Jahr 2008 gab es über 4 500 zusätzliche Studienanfänger, also „Köpfinnen“ und „Köpfe“.

(Heiterkeit bei der CDU und der FDP/DVP)

Im Jahr 2009 waren es knapp 9 000, Frau Bauer. Das sind keine Plätze, sondern das sind zusätzliche Studierende, und das sind klare Zahlen. Wir haben diese Studienplätze nicht durch Kapazitätserweiterung, sondern durch wirklich neue, aus finanzierte Studienplätze geschaffen. Das sind also keine „Plätzchen“ wie in anderen Bundesländern, sondern es sind wirklich Plätze.

(Beifall des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU – Abg. Werner Pfisterer CDU: Kann man das noch einmal wiederholen, damit es vertiefend hängen bleibt? – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Er meinte nicht „Guts- le“!)

Die Plätzchen reservieren wir für Weihnachten.

Wenn man in dieser Zeit den Solidarpakt kritisiert – beim Solidarpakt sind die Tarifsteigerungen berücksichtigt –, dann muss man sich einmal vor Augen führen, dass laut der letzten Statistik des Bildungsberichts für die Bundesrepublik Deutschland im Berichtszeitraum die Hochschulausgaben in keinem Land so gestiegen sind wie in Baden-Württemberg. Wir schrän ken nicht ein wie in Berlin, sondern wir geben zusätzliche Mittel. Ich hoffe auch nicht, dass irgendwann einmal ein Rektor von hier ein ähnliches Interview geben wird, wie dies Herr Professor Lenzen von der FU Berlin in der „Welt am Sonntag“ getan hat. Er sagte: „Einen Wissenschaftsminister wie Zöllner gibt es ansonsten nur noch in China.“

(Heiterkeit des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wo er recht hat, hat er recht!)

Wir sind das Land einer freiheitlichen Hochschulpolitik und nicht das Land einer administrativen, einschränkenden, regulierenden und überregulierenden Hochschulpolitik.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wir schaffen Studienplätze mit Aussicht auf eine erfolgreiche Berufskarriere, und wir werden bis zum Jahr 2010 über 11 500 neue Studienanfängerplätze geschaffen haben und liegen damit über dem Ziel, das wir im „Hochschulpakt 2020“ vereinbart haben. Es ist also mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass wir keineswegs, wie die Grünen vermutet haben, das Ziel nicht erreichen, sondern dass wir mehr Studien anfänger haben werden, als wir im Hochschulpakt vereinbart haben.

Dabei sind wir im MINT-Bereich besonders erfolgreich. In keinem anderen Land gibt es so viele Anfänger im Ingenieurbereich, und in keinem anderen Land gibt es so viele Anfänger im MINT-Bereich wie in Baden-Württemberg. Wir haben unser Programm gezielt auf diese Bereiche hin ausgerichtet, und zwar in Absprache mit Unternehmen, aber auch mit öffentlichen Einrichtungen, die die Abnehmer unserer Absolventen sind.

Natürlich ist es nicht hundertprozentig möglich, Wünsche und das Zurverfügungstellen von Studienplätzen zur Deckung zu bringen. Daher werden wir in der nächsten Phase, wenn der doppelte Jahrgang des allgemeinbildenden Abiturs kommt, die Universitäten in voller Breite ausstatten, sodass auch die Wünsche derer, die Geistes- und Sozialwissenschaften studieren wollen, erfüllt werden können.

Auch die Bologna-Reform wirkt positiv und ist zu einem großen Teil gut umgesetzt worden.

(Abg. Walter Heiler SPD: Er spricht mit leidenschaft- lichem Feuer!)

Dass es nach einer solch großen Reform einen Bedarf an Optimierung gibt, ist völlig klar. Nur zwei Punkte, Herr Rivoir: Wir haben gerade heute ein Programm ausgeschrieben, in dem wir Modellversuche zu einem Studium unterschiedlicher Geschwindigkeiten fördern werden.

(Abg. Martin Rivoir SPD: Gut!)

Baden-Württemberg ist das erste Land, das mit Modellversuchen neue, innovative Wege im Bachelorstudium geht, Wege, die dem Rechnung tragen, dass heutzutage ein großer Teil eines Altersjahrgangs mit unterschiedlichen Neigungen, mit unterschiedlichen Fähigkeiten und mit unterschiedlichen Erwartungen studiert.

Die Diskussion über Bachelor und Master in der KMK war nicht gestern, sondern sie findet heute und morgen statt. Dort werde ich meine Vorschläge einbringen.

Herr Minister, gestatten Sie eine Kurzintervention des Herrn Abg. Winkler?

Ja, bitte.

Bitte sehr, Herr Abgeordneter.

Herr Minister, gestern und heute war Ihr letztes Wort in Ihren Ausführungen „Master und Bachelor“. Vorgestern wurde in einer großen deutschen Zeitung berichtet, dass bei den neuen Bachelorstudiengängen an einigen Universitäten eine Abbrecherquote in den MINT-Fächern von bis zu 40 % besteht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: In Baden-Württemberg sind es besonders viele!)

Sie sagen, der Bologna-Prozess verlaufe erfolgreich.

Zunächst einmal, Herr Winkler, muss man schauen, wie denn die Vergleichszahlen der früheren Diplom- und Magisterstudiengänge aussehen.

Das Zweite ist: Es gibt Studiengänge mit hohen Abbrecherquoten und andere mit niedrigeren Abbrecherquoten. Übrigens gehen die Abbrecherquoten an den Universitäten deutlich zurück, während die Abbrecherquoten an den Fachhochschulen bundesweit ansteigen.

Unsere Antwort hierauf ist das Konzept eines Studiums der unterschiedlichen Geschwindigkeiten oder auch das Vorschalten propädeutischer Semester, um die Studierenden bezüglich der Inhalte, die in dem von ihnen gewählten Studiengang vorausgesetzt werden, aber zuvor nicht im Rahmen von Schulfächern vermittelt wurden, zu einer besseren Studierfähigkeit zu bringen.

(Abg. Norbert Zeller SPD: Das ist doch ein Armuts- zeugnis! – Abg. Martin Rivoir SPD: So, wie man es früher auch schon gemacht hat! – Zuruf von der SPD: Was bringt denn G 8?)

Es bleiben zwei Herausforderungen, die, was neue Studienplätze betrifft, bereits genannt worden sind. Die eine Herausforderung ist, mehr Frauen für den MINT-Bereich zu gewinnen. Inzwischen sind 50 % der Abiturienten weiblich. Wir müssen zudem feststellen, dass viele Frauen in Mathematik und Naturwissenschaften hochbegabt sind. Es ist aber erforderlich, sie nicht nur für ein entsprechendes Studium, sondern auch für eine Berufstätigkeit in diesen Fächern zu gewinnen. Das klafft häufig noch auseinander. Die Entwicklung der Befähigung hierzu beginnt allerdings nicht erst mit dem Schul eintritt, sondern es sind das Elternhaus und die vorschulischen Einrichtungen, die die Grundlagen schaffen.

Der zweite Bereich, auf den wir uns konzentrieren müssen, ist die bessere Bildungsbeteiligung – gerade was das Studium angeht – von Kindern mit Migrationshintergrund. Wir werden nämlich nach dem demografischen Boom, den wir jetzt erleben und der auch aufgrund der von uns bereitgestellten zusätzlichen Studienplätze eine Chance für Wirtschaft und Gesellschaft ist – dort werden immer mehr Hochqualifizierte gebraucht werden –, eine ebenfalls demografisch bedingte rückläufige Entwicklung der Zahl junger Menschen erleben. Umso wichtiger ist dann die hochwertige akademische, aber auch die duale Ausbildung junger Menschen, und umso wichtiger ist es, dass möglichst jeder bzw. jede nach seinen bzw. ihren Fähigkeiten und Möglichkeiten gefördert wird.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Das muss im Kinder- garten anfangen! Macht doch einmal!)

Wir müssen, wie es so schön heißt, die Bildungspotenziale unserer jungen Generation wirklich nutzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

In der Allgemeinen Aussprache liegen mir keine Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen jetzt zur Erledigung des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/3536.

Abschnitt I des Antrags ist ein Berichtsteil, der mit der Aussprache für erledigt erklärt werden kann.

Abschnitt II umfasst einen Beschlussteil mit Handlungsersuchen. Dieser Abschnitt wird zur Abstimmung gestellt. Wer Abschnitt II des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drucksache 14/3536, zustimmt, möge bitte die Hand heben. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Der Antrag ist knapp abgelehnt.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Vielen Dank, Herr Prä- sident! – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: Der müsste einmal durchzählen! – Gegenruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Wir hatten eigentlich die Mehrheit, oder? – Gegenruf des Abg. Martin Rivoir SPD: 26 : 24 waren es! Wenn noch ein paar mehr von euch da gewesen wären, hätten wir die Mehrheit ge- habt! – Gegenruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Ich richte es aus!)