Fakt ist auch: Es gibt für Integration kein Patentrezept, weil die Gruppe der zu Integrierenden zu heterogen ist. Ich nehme als Beispiel einmal die Stadt, in der ich lebe: Fellbach hat 44 000 Einwohner, darunter ebenfalls etwa 25 % mit ausländischem Pass,
und diese kommen aus 115 Nationen. Sie sehen daran, dass man Integrationspolitik nicht fokussiert auf ein einziges Rezept bzw. eine ethnische oder nationale Gruppe machen kann.
Es gibt zwar kein Patentrezept, meine Damen und Herren, aber es gibt so etwas wie eine Schlüsselqualifikation zur Integration, und das ist eindeutig der Spracherwerb.
Hier tut die Landesregierung besonders viel, und zwar nicht nur durch die Sprachstandsdiagnose vor der Einschulung und die daran anknüpfenden Maßnahmen. Erst in der letzten Woche gab es einen Fachkongress mit 400 Teilnehmern zum Thema „Integration durch Bildung“. Minister Rau hat dabei ganz klar den Schwerpunkt der Bildungspolitik definiert und hat dies mit konkreten Handlungsempfehlungen verbunden.
Zum Thema „Strukturelle Integration“, Herr Kollege Sakellariou, das ebenfalls Gegenstand Ihres Antrags ist, haben Sie gerade nichts gesagt. Deshalb gehe ich jetzt auch nicht hierauf ein und hole dies vielleicht in der zweiten Runde nach, in der ich mich dann auch noch dem Schweizer Volksentscheid widmen möchte.
Herr Minister Professor Dr. Goll, die Stellungnahme zu dem Antrag der SPD zeigt, auf welch gutem und richtigem Weg Sie sind. Mit der Unterstützung der CDU-Fraktion können Sie in diesem Punkt weiterhin rechnen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! „Der Ton macht die Musik“; das sagt der Volksmund zu Recht. Ton und Haltung sind keine Nebensache, wenn es um Integration geht. Ein missglücktes Beispiel hat uns vor Kurzem Herr Sarrazin vorgeführt. Herr Kluck und Herr Palm, ich finde, Sie haben den Ton heute ausgezeichnet getroffen; vielen Dank. Eine Integrationsdebatte, die sachlich und ohne Aufregung geführt wird, tut diesem Haus gut.
Was ist die Überschrift dieser Aktuellen Debatte? „Kulturelle Vielfalt – universelle Werte. Wege einer rationalen Integrationspolitik“. Was sind universelle Werte? Das sind Freiheit, Gleichheit, Solidarität, Toleranz, Achtung vor der Natur, kurzum: die Achtung und Wahrung der Menschenrechte. Die Begriffe „Menschenrechte“ und „Universelle Rechte“ sind nahezu synonym, solange wir verstehen, dass Rechte nicht in einem Vakuum existieren. Diese Rechte müssen täglich verteidigt und gestärkt werden.
Wenn nun aber die Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP aus Menschenrechten christliche Werte macht, wird diese Definition als Ausgrenzung der nicht christlichen Mitglieder unserer Gesellschaft verstanden; dadurch wird dies Teil einer irrationalen Integrationspolitik.
Beispiele irrationaler, sprich unvernünftiger Integrationspolitik liefern Bundes- wie auch Landesregierung leider noch immer in vielfältiger Weise.
Bleiben wir beim Thema „Verlängerung der Bleiberechtsregelung“: Statt rational und vernünftig zu entscheiden, nämlich eine dauerhafte Bleiberechtsregelung zu verabschieden,
werden 30 000 ehemalige Flüchtlinge für weitere zwei Jahre in Unsicherheit gelassen. Das dient nicht der Integration.
Bleiben wir bei Beispielen irrationaler Integrationspolitik. Ges tern ist auf dem so geschätzten Landesflughafen Söllingen wieder ein sogenanntes Abschiebecharterflugzeug gestartet; bestimmt waren einige Roma aus dem Kosovo dabei. Alle Organisationen, die in Deutschland christliche Werte symbolisieren, fordern ein Abschiebeverbot für Roma aus dem Kosovo, weil diese dort keinen Schutz als ethnische Minderheit haben und staatliche Stellen als Schutz versagen.
Es ist ein Grundpfeiler auch der baden-württembergi schen Integrations- und Ausländerpolitik, dass bei denjenigen Menschen, die kein Aufenthaltsrecht haben, der Aufenthalt beendet wird.
Dazu gehört auch die Abschiebung. Eine Sonderregelung ist nicht vorgesehen. Eine eindeutige Auskunft.
Nur, wo bleiben diese universellen Werte? Gelten sie für diese Flüchtlinge nicht, Herr Goll? Aber wir wollen nicht undankbar sein. Sie haben sich immerhin geäußert.
Ich möchte ein herzliches Grüezi an unsere Gäste richten und komme damit zum Thema „Minarettverbot in der Schweiz“.
Wenn rechtspopulistische Kräfte wie in der Schweiz mit dem Thema „Kampf dem Minarett“ ein Volksbegehren gewinnen, dann hat die Schweizer Gesellschaft ein Problem. Sie hat aber kein Problem mit der direkten Demokratie, wie da manche frohlockten; im Gegenteil. Solche Abstimmungen sind ein Fingerzeig auf Fehlentwicklungen, auf die mit Aufklärung zu reagieren ist. Das ist ein Problem, das es in unserer deutschen Gesellschaft ebenso gibt.
Ich zitiere Ihnen etwas von einem bekannten Filmemacher, nämlich von Fatih Akin, falls dieser Name Ihnen etwas sagt. Seine Eltern konnten übrigens schlecht Deutsch, aber er hat sich bestens in diese Gesellschaft integriert. Auch zu diesem Thema werde ich noch kommen.
Ich kann mir das Votum der Schweizer gegen den Minarettbau nur mit Angst erklären. Angst ist die Quelle allen Übels. „Angst essen Seele auf“ heißt ein Film von Rainer Werner Fassbinder. Vielleicht hat die Angst in der Schweiz schon zu viele Seelen aufgegessen.
Diese Angst ist laut dem Abstimmungsergebnis in Appenzell Innerrhoden am größten – dort, wo kein Muezzin der Welt die Kuhglocken übertönen könnte.
Was ich nicht kenne, macht Angst. Fast alle Moscheen in unserem Land sind in Hinterhöfe, Industrie- und Gewerbegebiete verbannt und werden von den besuchenden Gläubigen als unwürdig und ausgrenzend empfunden. Liberale, aufgeklärte Muslime werden von uns nicht ausreichend gefördert und unterstützt.
Wir überlassen viele Gläubige radikalen Kräften und wundern uns dann über irrationales Verhalten. Rationale Integrationspolitik würde sich darum kümmern.
war aber über Folgendes erschrocken: Herr Schmid, Sie haben gesagt, Sie forderten beidseitige Lernprozesse. Da haben Sie recht. Aber Sie stören aus meiner Sicht diesen notwendigen Prozess der gegenseitigen Akzeptanz jetzt mit der Bemerkung: Vielleicht ließe sich ein anderer Baustil entwickeln als der neoosmanische Einheitsstil. Das betrifft das Thema Minarett. Das hat mich gewundert. Denn das entscheiden nicht wir.
(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Was in der FAZ steht, muss ja nicht stimmen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das darf er doch auch sagen!)