(Abg. Nikolaos Sakellariou SPD: Was in der FAZ steht, muss ja nicht stimmen! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das darf er doch auch sagen!)
Ich erfinde das ja nicht. Ich schätze seine Haltung, habe mich aber gewundert, weil das genau diesen Effekt auslöst: Wir wissen, was gut ist.
Bleiben wir einmal dabei. Ich werde keine zweite Runde machen, deswegen führe ich mein Thema schnell zu Ende aus.
Ich sage Ihnen noch etwas: Als sich der Iran zur Minarett-Entscheidung in der Schweiz geäußert hat – ausgerechnet die Iraner –, habe ich mich maßlos aufgeregt.
Stichwort „Integration braucht Vorbilder“. Das ist ein altes Thema unserer Grünen-Landtagsfraktion: Wir brauchen mehr Polizisten, mehr Lehrer mit Migrationshintergrund im Staatsdienst. Das wäre ein dringendes Aufgabenfeld.
Auch bei der freiwilligen Feuerwehr, selbstverständlich. Auch beim Zivilschutz, gern auch bei der Bundeswehr, querbeet durch all unsere gesellschaftlichen Felder.
Mit Freude konnten wir der Presse entnehmen, dass unsere integrationspolitischen Initiativen offensichtlich sogar beim Polizeiapparat angekommen sind. Landespolizeipräsident Hammann will Bewerbern mit Migrationshintergrund bei der Einstellung in den Polizeidienst bessere Chancen geben. Die Testkriterien sollen überarbeitet werden. Da sind wir sehr erfreut. Das fordern wir seit Langem. Sie merken: Opposition regiert immer mit.
Die Fraktionen von CDU, CSU und FDP in Berlin haben in ihrem neuen Koalitionsvertrag einige Passagen zum Thema Integration aufgegriffen. Sie erklären u. a. immerhin – jetzt habe ich meine Zettel durcheinandergebracht, auf denen ich nachlesen wollte, was sie gesagt haben –, dass in der Vergangenheit Fehler in der Integrationspolitik gemacht wurden. Das ist schon einmal etwas.
Eltern in Erziehungsverantwortung müssen unsere Sprache beherrschen, damit ihre Kinder die besten Voraussetzungen für schulischen Erfolg haben.
solle künftig ein Integrationskurs verordnet werden. Der Besuch eines Integrationskurses ist absolut wünschenswert. Aber was steckt dahinter? Ich kenne viele Migrantenkinder, deren Eltern kein Deutsch konnten, die jedoch von ihren Eltern ein Gefühl der Geborgenheit und familiäre Wärme vermittelt bekommen haben, sodass diese Kinder in unserer Gesellschaft erfolgreich Fuß fassen konnten.
Ich kenne auch viele Eltern, die gut Deutsch können, die ihren Kindern all dies aber nicht mitgeben. Ich werde den Eindruck nicht los, dass es viel bequemer ist, sich über mangelnde Integration zu ereifern, als sich der Thematik der sozialen Spaltung unserer Gesellschaft zu widmen.
Diese Spaltung können wir in unseren Schulen täglich besichtigen. „Deutscher oder nicht Deutscher?“ ist nicht die Frage. Es muss „… gelingen, den Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft, Bildungsbeteiligung und Kompetenzerwerb aufzubrechen“. Das sage nicht ich, sondern das sagt der Bildungsminister Rau. So ist es.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Anlass für die Aktuelle Debatte war in der Tat die Entscheidung in der Schweiz gegen Minarette, wobei man, glaube ich, gleich am Anfang deutlich dazusagen muss: Da hat nicht eine Mehrheit der Schweizer entschieden, sondern es ist leider Folgendes passiert:
Eine bestimmte Zahl von Menschen – leider allerdings eine große Zahl – hat sich von einer sehr emotional geführten Kampagne an die Urne locken lassen, um diese Aussage gegen Minarette zu treffen. Das war natürlich ein von Angst getragenes Verhalten, wobei es eine solche Angst übrigens auch bei uns gibt, wie überhaupt diese Debatte deswegen nützlich ist, weil
wir uns Gedanken darüber machen müssen, welche Schlüsse daraus zu ziehen sind. Schließlich ist die Schweiz nicht sehr weit von uns entfernt.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Aber ein souve- räner Staat, der Entscheidungen treffen kann! – Ge- genrufe der Abg. Stephan Braun SPD und Hagen Kluck FDP/DVP)
Ja, das ist so. Das habe ich in keiner Weise in Abrede gestellt. Ich rede gerade von der Möglichkeit, dass so etwas auch bei uns passieren könnte.
Ich erinnere mich daran, dass ich vor nicht allzu langer Zeit von einer Dame angesprochen wurde, die zu mir gesagt hat: Wissen Sie, ich habe Angst, dass wir in 50 Jahren hier nur noch Moscheen und keine Kirchen mehr haben. Ich habe dann zu ihr gesagt: Wissen Sie, ich habe vor etwas ganz anderem Angst, nämlich davor, dass wir in 50 bis 100 Jahren weder Kirchen noch Moscheen haben, weil sich überhaupt niemand mehr für Religion interessiert. Das ist meine größere Befürchtung.
Aber wir haben diese Angst natürlich auch, und wir müssen etwas gegen Ängste tun. Dazu ist von Herrn Wölfle das Stichwort „Rationale Integrationspolitik“ gefallen, und es wäre nett, wenn er jetzt auch zuhören würde.
Danke. – Ich bin sehr für eine rationale Integrationspolitik und werde Ihnen gleich skizzieren, was für mich ein vernünftiges Integrationsprogramm ist.
Ich darf aber noch eine Bemerkung vorausschicken, weil Sie meine Position und Rolle als Integrationsbeauftragter angesprochen haben. Die Aufgabe des Integrationsbeauftragten ist es sicher nicht, jedem einen Aufenthalt zu verschaffen oder alle befristeten Aufenthaltsmöglichkeiten zu verlängern. Das wäre in höchstem Maße irrational. Ich möchte diesen Punkt jetzt aber auch nicht vertiefen, weil es diesmal in der Debatte sehr viel Konsens gibt, dem ich mich gern anschließen möchte.
Was ist ein vernünftiges Integrationsprogramm? Meine Damen und Herren, das erste Integrationsprogramm ist unsere Verfassung. Die Verfassung enthält eine Reihe von Werten und Spielregeln. Wenn wir die Verfassung als Integrationsprogramm verstehen, ermöglichen wir auf der einen Seite Vielfalt im Rahmen der Verfassung, die wir auch hier haben, aber auf der anderen Seite sichern wir den Zusammenhalt, indem wir darauf bestehen, dass die in der Verfassung festgeschriebenen Spielregeln und Werte eingehalten werden.