Protokoll der Sitzung vom 10.12.2009

wissen, ob und, wenn ja, wie sie unterschwellig beworben werden. Daher sollen diese vor und nach einer Sendung, die Produktplatzierungen enthält, bzw. auch vor und nach einer Werbeunterbrechung hierüber informiert werden. Die Produktplatzierung soll also gekennzeichnet werden.

(Abg. Günther-Martin Pauli CDU: In Ordnung!)

Diese Regelung hat aus unserer Sicht Anmutungen eines Placeboeffekts.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Denn die Verbraucher zappen und sehen immer seltener eine Sendung von Anfang bis Ende inklusive des Abspanns, und es ist höchst fraglich, ob die Kennzeichnung von Produktplatzierungen überhaupt von ihnen aufgenommen wird. Wir sehen das sehr kritisch. Erfreulich ist immerhin, dass bestimmte Sendeformate, z. B. Kindersendungen, von dieser Erlaubnis ausgenommen sind.

Wäre es nun besser gewesen, die deutschen Verhandlungspartner hätten sich bei der Entstehung dieser EU-Richtlinie durchgesetzt – sie wollten diese Produktplatzierung verhindern –, und wäre es besser gewesen, die Ministerpräsidenten wären bei der Abfassung des Staatsvertrags bei der Möglichkeit geblieben, Produktplatzierung komplett zu verbieten? Ich denke, nein. Denn Film- und Fernsehproduktionen sind heute auf dem internationalen Markt. Was nützt es dem deutschen Markt, dass bei uns so etwas verboten ist, wenn ringsherum Produktplatzierung erlaubt ist? Wichtiger noch: Angesichts der sinkenden Erträge der privaten Rundfunkveranstalter durch die herkömmliche Werbung gibt es hier für sie neue Möglichkeiten, ihre Erträge zu steigern und neue zu generieren. Dies ist laut der Begründung des Gesetzentwurfs auch explizit so gewollt.

An dieser Stelle möchte ich aufgrund der aktuellen Diskussion auch darauf hinweisen, dass der private Rundfunk nicht nur kommerziell tätig sein sollte, sondern einen publizistischen Auftrag hat und seine Erträge z. B. auch für Nachrichtensendungen einsetzen muss, bevor er seine Shareholder befriedigt.

Schließlich werden Zuschauer dann nicht durch Produktplatzierung hinters Licht geführt, wenn sie breit informiert werden. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Landesanstalt für Kommunikation. Die Aufgabe, Medienkompetenz zu verbreiten, ist bei ihr platziert. Der kritische Umgang mit Sendungen, die möglicherweise Produktplatzierungen enthalten, gehört dazu. Außerdem hat die Landesanstalt für Kommunikation die gesetzeskonforme Anwendung der neuen Regelungen zu überwachen. Insoweit wird sie eine Menge zu tun bekommen. Die se Aufgabe wahrzunehmen ist allemal wichtiger als, wie in letzter Zeit auffällig oft geschehen, allgemeine Grundsatzpapiere zur Zukunft des dualen Rundfunksystems oder zur Durchführung des Dreistufentests im Südwestrundfunk zu verfassen.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Wir hatten den Eindruck, dass die Landesanstalt für Kommunikation mangels Aufgaben plötzlich solch allgemeine Papiere

verfasst. Jetzt bekommt sie eine ganz wichtige neue Aufgabe.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Genau!)

Im Übrigen betrifft eine Neuregelung den § 11 c des Rundfunkstaatsvertrags, in dem die Ermächtigung enthalten ist, den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten nach Landesrecht digitale Verbreitungswege im Hörfunk zu ermöglichen. Das ist ganz wichtig, weil wir hoffen, dass dadurch dem digitalen Hörfunk, DAB plus, endlich auch in Deutschland und besonders bei uns zum Durchbruch verholfen wird. Denn im europäischen Vergleich haben wir diesbezüglich Nachholbedarf.

Auch wenn ich nicht mehr Mitglied dieses Hohen Hauses sein werde, wenn die zweite Lesung erfolgt und dieses Gesetz verabschiedet wird, darf ich die Zustimmung der SPD-Fraktion dazu ankündigen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und hoffe, dass medienpolitische Fragestellungen in Zukunft noch mehr auf das Interesse der Mitglieder dieses Hauses stoßen werden.

(Anhaltender Beifall bei allen Fraktionen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Walter für die Fraktion GRÜNE.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst die Gelegenheit nutzen, der Kollegin Kipfer für die vielen Jahre der guten Zusammenarbeit zu danken. Frau Kipfer, ich wünsche Ihnen eine gute Zeit, und ich bin mir sicher, Sie werden sich auch weiterhin um dieses Thema kümmern.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Ich werde es mit Interesse verfolgen!)

Vielleicht können Sie auch entsprechende Anregungen in die SPD-Fraktion einspeisen.

Manches, was mit diesem Vertrag nun auf den Tisch kommt, ist wirklich unerfreulich. Die Kollegin Kipfer hat schon darauf hingewiesen. Wir müssen uns doch einmal die Frage stellen: Warum zappen so viele Leute von der Werbung weg?

(Abg. Katrin Altpeter SPD: Weil sie das alles schon kennen!)

Weil sie diese Werbung schlichtweg nicht sehen wollen, weil sie von dieser Werbung und den ständigen Unterbrechungen der Sendungen genervt sind. Deshalb ist das Product-Placement natürlich nun für viele, die werben wollen, eine Hintertür. Man kann den Leuten dadurch Werbung zumuten, und zwar häufig so, dass sie das gar nicht merken. Man weiß, dass so etwas sehr perfide abläuft. Es bleibt im Unterbewussten haften, und letztlich ist das eine Art von Werbung, die eigentlich keinen Deut besser, sondern eher schlechter ist als die Werbung, die ganz offiziell als solche deklariert wird.

Kollegin Kipfer hat ebenfalls schon angemerkt, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer, die spätestens mit dem Abspann schon wieder bei einer ganz anderen Sendung sind, die Hinweise, die nach einer Sendung kommen, etwa mit dem Inhalt: „Wir hatten im Film ein Product-Placement von diesen und

jenen Firmen“ – fünf Firmen, 100 Firmen oder wie viele es auch immer gewesen sind –, gar nicht mehr mitbekommen. Ein solcher Hinweis läuft also ins Leere.

Positiv ist, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk – ARD und ZDF haben bereits erklärt, auf Product-Placement verzichten zu wollen – weiterhin davon verschont bleiben wird. Auch das ist zukünftig sicherlich ein Markenzeichen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Etwas fraglich ist es aber schon, wenn man diesen Gedanken zu Ende denkt, dass gesagt wird: Wir legen jetzt hier noch weitere Kriterien vor. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss bei Sendungen, die er einkauft – beispielsweise eine amerikanische Serie –, alles genau kontrollieren. Ich finde, das ist zum Teil wieder ein hoher bürokratischer Aufwand, der hier dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk aufgebürdet wird, und das schießt meines Erachtens über das Ziel hinaus.

Man muss sich nur einmal überlegen, welcher Aufwand derzeit mit dem Dreistufentest – der Kollege Müller bekommt dies praktisch täglich mit – betrieben wird. Hier wird einiges gemacht, bei dem man sich allmählich fragt, ob das noch einen Sinn macht. Wir reden immer von Entbürokratisierung, entdecken oder erfinden dann aber doch immer wieder neue Monster, um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk – –

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Nicht wir! Wir haben das nicht erfunden! Man hat es erfunden! – Gegenruf des Abg. Dieter Kleinmann FDP/DVP: Mit zwei „n“ oder mit einem?)

Nein, wir haben das nicht erfunden, aber man oder teilweise auch frau.

Ich kann aber nur noch einmal an alle appellieren: Wenn die erste Phase des Dreistufentests im nächsten Jahr abgeschlossen sein wird, sollten wir uns ernsthaft überlegen, ob wir das wirklich so weitertreiben wollen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Na, na, na!)

Genau, Herr Kollege Kluck, Sie geben das richtige Stichwort.

(Heiterkeit – Abg. Norbert Zeller SPD: Was ist denn „Na, na, na“ für ein Stichwort?)

Ich komme nun zu den Lobbyisten des Privatrundfunks, und damit ist der Kollege Kluck natürlich auch gemeint. Es ist in der Tat allmählich sehr fragwürdig, wie sich die Landesmedienanstalten in der Öffentlichkeit präsentieren. Ich habe den Eindruck, seit Herr Langheinrich aus Stuttgart hier den Vorsitz hat, sind die Landesmedienanstalten nur ein Lobbyismusverein für den Privatrundfunk.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: So ist es! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Solch ein Unfug!)

Die Aufgabe der Landesmedienanstalten ist es, diesen Rundfunk zu kontrollieren, und nicht, ihn in eine bessere Position gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu bringen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Eine bessere Positi- on? Kennen Sie die Zahlen?)

Ja, dieser Versuch wird doch hier gemacht.

Ich bin also skeptisch, Frau Kollegin Kipfer, dass die neuen Aufgaben die Landesmedienanstalten tatsächlich davon abbringen, etwas zu tun, wofür sie eigentlich gar nicht zuständig sind, und sie dazu bewegen, sich wieder ihrer eigentlichen Aufgabe zuzuwenden. Wir als Landtag sollten dies in Zukunft jedoch ebenfalls besser kontrollieren.

Wir diskutieren hier beispielsweise immer über die Frage der Rundfunkgebühren – manchmal kontrovers; meist sind wir uns aber einig. Aber es ist doch bekannt: Die Landesmedienanstalten werden durch einen Teil der Rundfunkgebühren finanziert. Das heißt, wenn die Landesmedienanstalten mit ihren eigentlichen Aufgaben gar nicht ausgelastet sind und sich andere Aufgaben suchen, dann müssen wir uns fragen, ob der Zuschuss, den wir ihnen geben, in dieser Höhe überhaupt noch gerechtfertigt ist oder ob wir uns darüber nicht andere Gedanken machen müssen.

Gut finde ich, dass es in diesem Vertrag bestimmte Restriktionen gibt, was die Teleshopping- und die Werbebestimmungen anbelangt. Aber insgesamt findet hier ein Dammbruch statt, der nicht in unserem Sinn und sicherlich auch nicht im Sinn der Zuschauerinnen und Zuschauer ist.

Letztes Stichwort: Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass wir die Digitalisierung des Rundfunks voranbringen müssen. Ich hoffe, dass der morgige Kongress in Karlsruhe – manchmal macht die LFK auch Sachen, die noch in die Zukunft weisen – dazu beitragen wird, dass wir da jetzt wieder in die Gänge kommen. Wenn die Privaten nicht dabei sein wollen, dann muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk das Recht und die Möglichkeit bekommen, hier allein voranzugehen. Denn wir sind in Europa mittlerweile tatsächlich fast schon von dieser Entwicklung abgehängt, und es ist dringend nötig – Kollege Kluck, wir haben gerade heute Morgen schon mehrfach darüber diskutiert, wohin die Zukunft geht, was Technologien der Zukunft sind –, in der Frage der Digitalisierung einen Schritt voranzukommen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Kleinmann für die Fraktion der FDP/DVP.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Auch die FDP/DVP-Landtagsfraktion dankt Ihnen, liebe Frau Kipfer, herzlich für die gute Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen alles Gute. Begleiten Sie auch weiterhin nicht nur die Arbeit der Medienpolitik, sondern die gesamte Arbeit dieses Hohen Hauses.

Meine Damen und Herren, die mit dieser Richtlinie einhergehende Legalisierung von Product-Placement – Herr Kollege Walter hat darauf hingewiesen – hat Auswirkungen auf die Ausgestaltung und Interpretation des Grundsatzes der Trennung von Werbung und Programm. Darum geht es letztlich.

Auch wenn sich in der Praxis schon seit der Etablierung der dualen Rundfunkordnung eine zunehmende Erosion des Trennungsgrundsatzes feststellen ließ, blieb das Trennungsgebot dennoch medienrechtlich unangetastet, Herr Walter. Dies ändert sich jedenfalls jetzt ein Stück weit. Trennung bedeutet jetzt nicht mehr eine strikte Trennung von Werbung und Pro

gramm, sondern eher eine Aufteilung in Sendungen mit und in Sendungen ohne inhärente Werbebotschaften.

Das Ziel des Trennungsgrundsatzes ist damit nicht mehr die faktische Abgrenzung von Programm einerseits und Werbung andererseits, sondern die Transparenz für den Zuschauer, ob und, wenn ja, wann er auf Werbung treffen kann. Zwar bleibt es grundsätzlich beim Verbot von Product-Placement, jedoch werden, wie Sie wissen, mit § 15 für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und mit § 44 für den privaten Rundfunk Ausnahmen eröffnet.