Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir sind in einer Kreditklemme. Da gibt es überhaupt kein Vertun und kein Schönreden.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Also! – Abg. Walter Heiler SPD: Hört, hört! – Weitere Zurufe von der SPD)
Ich möchte dem Wirtschaftsministerium und hier besonders dem Referat 35, das für die Unternehmensbetreuung zuständig ist, ganz herzlich danken. Die Damen und Herren arbeiten sozusagen Tag und Nacht, und ich bin froh, dass der Herr Wirtschaftsminister das Personal auch zahlenmäßig aufstocken konnte. Das war dringend nötig, weil überall reklamiert wird, dass man zu wenig und zu wenig billiges Geld bekommt.
Meine Damen und Herren, es wurde aber einiges getan. Es wurden Beratungsprogramme für kleine und mittlere Unternehmen aufgelegt. Es wurde eine Aufstockung des Innovationsprogramms Mittelstand vorgenommen. Die Liquiditätshilfe wurde verbessert. Das Bürgschaftsinstrumentarium wird besser genutzt. Auch die KfW-Sonderprogramme dürfen wir nicht vergessen. Es gibt eine Haftungsfreistellung der Hausbanken bis zu 90 % der Investitionssummen.
Meine Damen und Herren, wir haben es mit drei neuralgischen Punkten zu tun: Das sind die Kreditkosten, das ist Basel II, und das ist das geringe Eigenkapital, das viele Unternehmen haben. Es stimmt, was Herr Löffler sagte. Die EZB hat den Banken äußerst günstiges Geld zur Verfügung gestellt. Die Banken wurden über Mittel in Billionenhöhe gerettet. Allein in Europa wurden 3,8 Billionen € zur Verfügung gestellt. Aber die Banken geben diese günstigen Konditionen nicht weiter.
Von der Realwirtschaft werden Zinssätze zwischen 9 und 12 % gefordert, und diese Beträge sind in einer Produktion nicht zu erwirtschaften. Das muss man ganz klar sagen. Wenn man das Glück hat und meinetwegen gewisse Uhren verkauft, dann ist das möglich, dann gibt es genügend Geld. Aber für einen Zulieferbetrieb in der Realwirtschaft ist das nicht möglich. Auch die Mezzanine sind im Grunde genommen sehr teure Aufstockungen des Eigenkapitals. Sie liegen bei 12 bis 13 %, sind also für die Mittelständler fast nicht zu stemmen.
Meine Damen und Herren, ich frage mich manchmal – wenn ich die Banken so höre, dann sagen sie: „Zinsen dürfen keine Rolle spielen“ –, von welcher Welt die Banken eigentlich sind.
Ich habe auch den Eindruck, dass manche Banken – jetzt nehme ich einmal die Volksbanken und die Sparkassen aus – überhaupt kein Interesse am Kreditgeschäft haben. Die haben Interesse am Pokern, am Spekulieren, am sogenannten Investmentbanking.
(Abg. Reinhold Gall SPD: Das ist aber sehr populis tisch! Es gibt auch noch Sparkassen und Volks- banken!)
Das habe ich doch gesagt, Herr Gall. Seien Sie nicht immer so gallig, wenn Sie etwas zu mir sagen. Sie sind doch ein charmanter Mensch.
In der Welt sind heute Derivate mit einem Volumen von 603 Billionen € in Umlauf, und wenn da Gegenpositionen ausfallen sollten, dann wird es für uns wirklich eng. In Berlin müssen nicht unbedingt Moderatoren eingestellt werden, sondern es ist dringend notwendig, den Finanzmarkt vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen, wie es Bundespräsident Köhler seit geraumer Zeit empfiehlt; das tut übrigens auch der Präsident des Ifo-Instituts in München, Sinn.
Meine Damen und Herren, Basel II trägt derzeit zu weiteren Restriktionen bei. Es sind umfangreiche bürokratische Aufgaben zu erledigen. Ich verweise auf das sogenannte Scoring, eine Formel, die niemandem bekannt gegeben wird.
Bei uns gibt es viele Unternehmen, die deshalb kaum noch Geld erhalten. Österreich – das wurde von Herrn Löffler schon angesprochen – kann Basel II auflockern. Warum sollten wir es dann nicht können?
Meine Damen und Herren, Helmut Rödl, Mitglied des Gesamtvorstands des Verbands der Vereine Creditreform e. V., stellt fest, dass die 1,2 Millionen Unternehmen in Deutschland, die weniger als 10 % Eigenkapital haben, den Banken schutzlos ausgeliefert sind. Das kann man nur unterstreichen. In der Krise bekommen sie kaum Geld, und wenn, dann zu schlechten Konditionen.
Die Basel-II-Ratings wirken in der Krise prozyklisch. Es kommt zu der paradoxen Situation, dass sich die Kreditvergabemöglichkeiten der Banken reduzieren, wenn sich die Bonität der Unternehmen generell verschlechtert. Da geht es also gar nicht um den Einzelnen, sondern wenn sich die Bonität der Unternehmen verschlechtert, können die Banken weniger Kredite vergeben.
Die Eigenkapitalquoten vieler Existenzgründer und junger Unternehmer sind niedrig. Diese Firmen sind aber der Nährboden für die Zukunft. Viele gute Ideen können aus Mangel an Geld nicht umgesetzt werden. Dabei ist Geld im Überfluss vorhanden.
Die letzte Steuerreform hat die mittelständische Wirtschaft nicht berücksichtigt. Zwar wurde bei der Steuerreform die Möglichkeit eingeräumt, thesaurierte Gewinne, also angesammelte Gewinne, mit nur 29,8 % zu versteuern und im Betrieb zu lassen. Wenn man dieses Geld allerdings in der Krise braucht, muss man es noch einmal mit 25 % versteuern. Das heißt: Wenn ich 100 000 € brauche, die ich schon mit 30 % versteuert habe, muss ich in der Krise noch einmal 25 % zahlen. Diese konfiskatorische Besteuerung, die kalte Progression und die Bürokratie machen unserem Mittelstand zu schaffen. Wir müssen dringend eingreifen. Wir brauchen eine Initiative zur Erhöhung des Eigenkapitals.
(Minister Ernst Pfister: Unbestritten! – Abg. Reinhold Gall SPD: Was fordern wir seit eineinhalb Jahren? Das predigen wir seit eineinhalb Jahren! – Gegenruf des Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Erst seit einem halben Jahr!)
Meine Damen und Herren, wir hoffen, die Banken so weit zu bekommen, dass sie bessere Kredite vergeben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, wie oft Sie den Film „Die Feuerzangenbowle“ gesehen haben.
So könnte man hier jetzt fragen: Was ist eigentlich eine Kreditklemme? Wir reden viel über diese Kreditklemme und spekulieren darüber, ob wir eine Kreditklemme haben; wenn wir eine haben, besteht sie eher für den gehobenen Mittelstand. Beim Handwerk oder beim kleinen Mittelstand haben wir eher keine. Was wird im nächsten Jahr passieren? Wir haben noch nie über die Frage geredet: Was ist eigentlich eine Kreditklemme?
(Abg. Walter Heiler SPD zu Abg. Beate Fauser FDP/ DVP: Also, Frau Fauser, was ist das? – Gegenruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Man bekommt kein Geld!)
Gut, Frau Fauser. – Jetzt wollen wir es einmal auf den Punkt bringen. Ich behaupte Folgendes: Wenn ein Unternehmer, ein Unternehmen, das kreditwürdig ist, das eigentlich ganz gesund ist, einen Kredit braucht, zu seiner Bank geht, einen Kredit will und diesen Kredit – obwohl es gesund und kreditwürdig ist – nicht bekommt, dann haben wir es eindeutig mit einer Kreditklemme zu tun.
(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Das ist der Fall! – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Das ist eine aben- teuerliche Definition!)
So kann man das definieren. Für diesen Fall müsste man in der Tat Abhilfe schaffen. Denn Unternehmen, die eine Zukunft haben, die vielleicht jetzt eine konjunkturelle Schwäche haben,
aber eine Zukunftsperspektive haben, müssen auf jeden Fall die Möglichkeit bekommen, dass sie über entsprechende Kredite auch in die Zukunft gerettet werden können. Darüber sind wir alle uns einig.
Ich will das Thema Mediator kurz ansprechen und Ihnen sagen, dass ich mit diesem Vorschlag einverstanden bin. Wir können diesen Mediator auf Bundesebene gern einführen. Er wird nicht schaden.
Was das Land Baden-Württemberg angeht, glaube ich, dass wir schon heute eine gute Ergänzung haben. Schauen Sie sich einmal die Kammern an, sowohl die Industrie- und Handelskammern als auch die Handwerkskammern. Die haben schon heute in großem Umfang, wenn Sie so wollen, Mediatoren