Protokoll der Sitzung vom 17.12.2009

Deutsche Kultur und deutsche Wissenschaft genießen ein hohes Ansehen in Asien. Es ist daher richtig, dass wir einen regen Kultur- und Wissensaustausch pflegen. Interkulturelle Begegnung auf allen Ebenen fördert gegenseitiges Verständnis.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

In breiten Bevölkerungsschichten haben wir noch Nachholbedarf. Beim Wissenschaftsaustausch sind wir einen Schritt weiter. 21 Hochschulen unseres Landes haben vielfache Kooperationen mit chinesischen Hochschulen und forschen mit diesen gemeinsam in den Bereichen Biotechnologie und Produktionstechnologie. Mit unseren Exzellenzuniversitäten sind wir für China noch attraktiver geworden.

Dennoch: Die Zahl chinesischer Studenten bei uns ist leider rückläufig. Nur noch knapp 4 000 chinesische Studenten studieren an unseren Hochschulen. Vielleicht fehlt es an einem attraktiven Sprach- und Stipendienangebot. An 50 Schulen des Landes wird Mandarin als zweite oder dritte Fremdsprache angeboten. Ich finde das gut und begrüße auch, dass wir bei uns chinesische Lehrer dafür ausbilden, die deutsche Sprache in China zu vermitteln.

Noch liegen die Schwerpunkte im beruflichen Bereich und bei der dualen Ausbildung.

(Zuruf des Abg. Franz Untersteller GRÜNE)

Das Interesse auf beiden Seiten wird wachsen, und wir sollten es fördern. Mit wachsender Wirtschaftsmacht wird China stärker zur Lösung globaler Aufgaben wie Abrüstung, Klima schutz, Gesundheit, Sicherheit und Bildung beitragen müssen.

Wie und zu welchen Bedingungen das geschieht, diese Fragen werden die strategischen Aufgaben der nächsten Jahre sein.

Eine Partnerschaft braucht eine nüchterne und zukunftsgerichtete Bestandsaufnahme. Interessenkonflikte sowie das Nebeneinander von Chancen und Spannungen lassen sich nur mit der Bereitschaft und der Fähigkeit zum Dialog lösen. Dazu werden wir in Baden-Württemberg die Hand reichen.

Vielen Dank.

Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen guten Rutsch ins neue Jahr.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Franz Untersteller GRÜNE: Wir Ihnen auch!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Prewo das Wort.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich geht es nicht um China, sondern um Baden-Württemberg. Nachdem der Kollege Löffler jetzt das Panorama China sehr intensiv beleuchtet hat,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Qualifiziert!)

will ich jetzt einmal die Beziehungen Chinas zu Baden-Würt temberg noch etwas stärker herausstellen.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Als Chinese!)

Wir haben gemeinsam eine Große Anfrage eingebracht. Allerdings zeigt die Antwort der Landesregierung, dass wir bei diesen Beziehungen durchaus Licht und Schatten sehen. Wir haben in Nanjing ein sehr gutes Büro von Baden-Württemberg International (bw-i). Die dort tätigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter arbeiten wirklich sehr gut und sind auch für unsere Unternehmen, deren Zahl immer weiter steigt, immer wichtiger geworden.

Aber der Auftrag von bw-i in China ist etwas unklar. Bisher hat man dort nur baden-württembergische Unternehmen, die nach China wollten, begleitet – sei es wegen der niedrigen Löhne früher, sei es wegen des Marktes heute. Wir stellen aber fest, dass immer mehr chinesische Investoren auch in Europa investieren – auch in Deutschland, nebenbei gesagt –, aber sehr wenige in Baden-Württemberg. Nordrhein-Westfalen gilt in Deutschland seit einigen wenigen Jahren als das Hauptzielland chinesischer Investitionen. Dort hat man die eigene Auslandsvertretung ganz systematisch darauf ausgerichtet. Wir sollten überlegen, ob wir in dieser Hinsicht Baden-Württemberg International in China so aufstellen sollten, dass daraus mehr Nutzen für Baden-Württemberg entsteht.

Kollege Löffler hat schon darauf hingewiesen, dass unsere Handelsbilanz mit China zwar nicht so negativ ist wie die der USA mit China, aber doch auch negativ ist. Das ist sehr selten. Wir haben fast überall nur positive Handelsbilanzen. Das zeigt, dass wir hier etwas tun müssen.

Ich will einen anderen Punkt ansprechen. Im Medienbereich hat es eine Senderkooperation mit dem damaligen Süddeutschen Rundfunk – später Südwestrundfunk – gegeben. Das ist eingestellt worden. Die diesbezügliche Antwort, dafür sei in der ARD inzwischen der Norddeutsche Rundfunk zuständig, kann nicht überzeugen. Nein, wir hätten eine hervorragende Möglichkeit, eine Plattform in China gehabt, um für BadenWürttemberg zu werben.

Unlängst hat mir ein Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Peking gesagt, in China falle es inzwischen schon auf, dass dort seit zehn Jahren kein baden-württembergischer Ministerpräsident mehr gewesen sei.

(Zuruf der Abg. Beate Fauser FDP/DVP)

Ich selbst habe das nicht nachgeprüft. Aber das wurde dort gesagt und wird dort registriert. Der angeführte Umstand ist höchst merkwürdig. Ich sage dazu nichts mehr. Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg muss gelegentlich nach China gehen. Er muss dort auch die Menschenrechtsfrage und Patentfragen ansprechen, aber er muss den Dialog suchen. Dies registriert nicht nur unsere Botschaft, sondern dies

registrieren vor allem auch unsere Unternehmen, die in China sind, außerordentlich sensibel.

In diesem Zusammenhang ist auch die Hochschulzusammenarbeit zu nennen. Sie wird vom Land fast nicht unterstützt. Sie geht so gut wie ausschließlich von den Hochschulen aus. Die Zahl der chinesischen Studentinnen und Studenten in BadenWürttemberg – dabei geht es auch um eine sehr gute interkulturelle Begegnung; damit kann man auch in Sachen Menschenrechte und internationales Niveau sehr viel tun – ist in den letzten fünf Jahren gesunken. In den fünf Jahren davor ist sie rasant gestiegen. Diese Entwicklung hängt nach meinem Verständnis auch mit den restriktiven Aufenthaltsregelungen zusammen, nach denen die Studentinnen und Studenten, wenn sie ihr Studium beendet haben, hier nicht mehr bleiben dürfen. Dadurch geht sehr viel Wertschöpfung bei uns verloren.

Übrigens: In Deutschland insgesamt ist die Zahl chinesischer Studentinnen und Studenten nicht gesunken. Vielmehr konnte sie inzwischen wenigstens auf dem gleichen Niveau gehalten werden. Vor fünf Jahren waren 20 % der in Deutschland studierenden chinesischen Studentinnen und Studenten in Baden-Württemberg. Heute sind es nur noch ungefähr 15 %.

Also: Wir sehen ein bisschen Licht, aber es ist auch ein gehöriger Schatten dabei. Wir müssen, was die Beziehungen zu China angeht, etwas tun und durchstarten.

Das haben wir früher schon einmal besser gemacht. Schon der ehemalige Ministerpräsident Kiesinger ist 1969 belächelt worden, als er nur „China“ und „Gelb“ und „Ich sage China“ geraunt hat.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Bitte richtig zitieren, wenn Sie hier schon Herrn Kiesinger bemühen!)

„Ich sage nur: China, China, China!“ Ich wollte es ein bisschen kürzer machen, Herr Kollege Birk. Ich kenne die Rede, die er damals im Bundestag gehalten hat.

Ein anderer Ministerpräsident – das war Herr Späth – hat im Jahr 1986 das erste Verbindungsbüro in Nanjing eingerichtet.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Wir haben auch Gelb im Landeswappen!)

Die anderen Länder haben dann nachgezogen. Inzwischen haben sie uns aber überholt. Wie gesagt: Andere Bundesländer sind sehr viel aktiver als Baden-Württemberg.

Mit anderen Worten: Wir haben eine neue Dynamik nötig und sollten das Ganze sehr ernst nehmen. Mit dem schönen Ausblick, dass wir der notwendigen Dynamik auch in den badenwürttembergischen Außenwirtschaftsbeziehungen im neuen Jahr etwas besser gerecht werden, wünsche auch ich Ihnen eine schöne Weihnachtszeit und ein gutes neues Jahr.

(Beifall bei der SPD sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Frau Abg. Sitzmann das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die interfraktionelle Große Anfrage, über die wir heute diskutieren, geht auf eine Reise des Wirtschaftsausschusses im April 2008 nach China zurück. Das war eine sehr lehrreiche und interessante Reise. Wir konnten dort auch für unsere Ausschussarbeit viele Anregungen mitnehmen.

Ich erinnere diejenigen, die an der Reise teilgenommen haben, z. B. an die Besichtigung am ersten Tag der Reise. Da haben wir in Nanjing eine Tunnelbaustelle besichtigt. Dort wurden zwei riesige, parallel laufende Tunnelröhren gebaut. Sie wurden im Sommer dieses Jahres fertiggestellt.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Alfred Winkler: Da darf man noch bauen!)

Die Tunnelbohrmaschinen stammten von der Firma Herrenknecht. Sie hat ihren Sitz in Schwanau bei Lahr. Das ist ein Global Player aus Baden-Württemberg mit einem Umsatz von über 900 Millionen € im Jahr 2008, meine Damen und Her ren.

(Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Diese Tunnelbohrmaschinen in Nanjing gehörten zu den größten Maschinen der Welt. Die allergrößten damals standen aber in Schanghai. Auch sie stammten von der Firma Herrenknecht und wurden für den Bau von Tunnelröhren eingesetzt.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Haben Sie da einen Beratervertrag?)

In Schanghai konnte man nämlich erleben, dass es keinen Sinn macht, für den rasant zunehmenden Straßenverkehr immer neue Straßen zu bauen. Als nämlich die Straßen verstopft waren, wurden schon vor einigen Jahren Hochstraßen gebaut.

(Abg. Stephan Braun SPD: Transrapid!)

Als die Stadt dann wieder im Stau erstickte, hat man nun beschlossen: Man baut unter der Erde und baut auch noch Tunnelröhren.

(Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Es ist absehbar, meine Damen und Herren,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Jetzt wird es für die Grünen gefährlich! Wie halten Sie es denn mit dem Tunnel, Frau Kollegin? – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)