Da ich weiß, dass wir auf der Zuhörertribüne viele Landfrauen aus dem Wahlkreis meines geschätzten Kollegen Rombach haben, möchte ich einmal denen Respekt und Anerkennung aussprechen, die so etwas wie die Altersteilzeit nicht kennen. Ich kann mich nicht erinnern, dass wir uns hier einmal Gedanken darüber gemacht hätten, wie wir Landfrauen in fortgeschrittener Berufsphase fördern können. Ich meine, es ist nur gerecht, dies in diesem Zusammenhang einmal anzusprechen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD – Abg. Alfred Wink- ler SPD: Warum haben Sie es nicht schon längst ge- macht? Was ist denn daran neu? Das ist nur für Sie neu!)
Zur Sache selbst, lieber Kollege Hausmann. Worüber reden wir? Wir reden darüber, dass mit Ablauf des Jahres 2009 die von der Bundesagentur geförderte Altersteilzeit auslaufen soll. Das bedeutet aber nicht
das Ende der Altersteilzeit. Die BA-geförderte Altersteilzeit macht gerade einmal ein Drittel aller Altersteilzeitfälle aus.
Was heißt „BA-geförderte Altersteilzeit“? Der Arbeitgeber hat einen Aufstockungsbetrag von 20 % zu finanzieren. Darüber hinaus muss er zusätzliche Beiträge und Abgaben an die Rentenversicherung erbringen. Diese sind übrigens steuerfrei. Wenn wir über den Ausstieg aus der BA-geförderten Altersteilzeit reden, dann reden wir übrigens nicht darüber, dass die se Aufstockung und die aufzubringenden Sozialabgaben künftig besteuert werden sollen. Das soll steuerfrei bleiben. Es bleibt also noch immer in zwei Dritteln aller Fälle bei der öffentlichen Förderung der Altersteilzeit. Es geht nur um den Ausstieg aus der klassischen Förderung durch die Bundes agentur für Arbeit.
Morgen wird im Bundesrat – lieber Kollege Hausmann, es ist deshalb völlig richtig, heute hier darüber zu diskutieren – ein Gesetzesantrag vonseiten der Länder Rheinland-Pfalz, Brandenburg und Bremen mit dem Ziel eingebracht, diese Regelung um weitere fünf Jahre zu verlängern. Es muss erlaubt sein, hier einmal zu sagen, was dies kosten würde. Wenn man die BA-Förderung um fünf Jahre verlängern würde, würde dies die Bundesagentur 3,6 Milliarden € kosten. Die CDUFraktion – das darf ich an dieser Stelle klar und deutlich zum Ausdruck bringen – wird einer solchen Verlängerung nicht das Wort reden, meine Damen und Herren.
Sie hat gute Gründe dafür: Die Förderung von Ausgebildeten mit Mitteln der Altersteilzeit ist eine Förderung nach dem Gießkannenprinzip, mit der selbst die Integration von erstklassigen Bewerbern durch den Beitragszahler subventioniert wird.
Es kann doch nicht unser Ziel sein, dass wir die Vermittlung auch erstklassiger Bewerber auf dem Rücken aller Beitragszahler austragen.
Zweiter Grund: Die Altersteilzeit als Arbeitsmarktinstrument ist teuer und kontraproduktiv. Ein durchschnittlicher Altersteilzeitfall kostet die BA derzeit mehr als 50 000 €. Dagegen kostet die Förderung eines Arbeitslosen zur Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes mit Eingliederungszuschüssen durchschnittlich nur 4 000 €. Diese Instrumente sind erfolgreich. Warum sollen wir in Altersteilzeit investieren, wenn es güns tigere Eingliederungsmaßnahmen gibt? Deswegen sind wir gegen diese Verlängerung, meine Damen und Herren.
Niemand sagt, dass in der Vergangenheit alles, was in puncto Altersteilzeit gemacht worden ist, falsch gewesen wäre. Man muss sich aber auch dazu bekennen, dass man zu unterschiedlichen Zeiten und angesichts unterschiedlicher Rahmenbedingungen unterschiedliche Prioritäten setzt.
im Blockmodell absolvieren. Das heißt, der beabsichtigte Übergang von Erfahrung zu Jugend findet gar nicht statt. 90 % nehmen das Blockmodell in Anspruch und scheiden früher aus. Es kann aber – auch angesichts der demografischen Entwicklung – nicht unser Interesse sein, die Frühverrentung staatlich zu fördern. Deswegen sind wir gegen diese Verlängerung.
Meine Damen und Herren, es kann nicht sein, dass wir propagieren, es lohne sich, dass sich auch Menschen über 50 weiterbilden, und die Frühverrentung ablehnen, gleichzeitig aber akzeptieren, dass es vor allem in den Großbetrieben zum guten Ton gehört, dass über 50-Jährige möglichst schnell den Betrieb verlassen. Das ist unsozial, und deswegen gehen wir diesen Weg nicht mit.
Der Grundsatz, meine Damen und Herren, muss auch weiterhin sein: Wer nicht mehr arbeiten kann, wird von der Solidargemeinschaft aufgefangen. Aber diejenigen, die nicht mehr arbeiten können, können nur von denjenigen aufgefangen werden, die in der Lage sind, zu arbeiten, und denen müssen wir eine längere Lebensarbeitszeit abverlangen. Anders ist unser System nicht zu finanzieren.
Es gäbe noch viel zu sagen. Allein der weihnachtliche Friede hindert mich daran. Ich wünsche Ihnen allen einen ebensolchen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Im April dieses Jahres ist beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ein Kurzbericht zum Thema Altersteilzeit erschienen. Der Titel lautet „Altersteilzeit: beliebt, aber nicht zukunftsgerecht“. Diesem Fazit des IAB schließen wir uns an, meine Damen und Herren. Für uns Grüne ist klar, dass die geförderte Altersteilzeit gescheitert ist.
Sie ist gescheitert, weil sie keine Beschäftigungsbrücke ist; sie ist kein Instrument zum Übergang in den Ruhestand. Vielmehr wird sie – das ist ja auch schon gesagt worden –
überwiegend in diesem Blockmodell angewendet. Das heißt, man arbeitet noch zwei, drei Jahre und ist dann für weitere
zwei, drei Jahre bereits von der Arbeit freigestellt, wird dafür aber noch entlohnt. Bislang haben wir dem Ziel einer zukunftsfähigen Arbeitswelt mit diesem Modell eher einen Bärendienst erwiesen,
In Deutschland haben wir nach wie vor eine negative Kultur der Altersarbeit. Der Beschäftigungsanteil der sogenannten älteren Menschen – ich muss immer „sogenannte ältere Menschen“ sagen, weil es in der Regel um Menschen geht, die älter als 50 Jahre sind; davon haben wir hier im Haus viele;
Klar ist auch, dass die geförderte Altersteilzeit hauptsächlich von großen Betrieben genutzt wird – ich betone: von großen Betrieben. Dort werden diese sogenannten Älteren als defizitäre Wesen betrachtet und ausgemustert. Dafür ist diese Regelung mitverantwortlich. Deshalb werden wir den Antrag der Fraktion der SPD, der heute hier vorliegt, nicht unterstützen, meine Damen und Herren.
Ich möchte Sie an dieser Stelle noch einmal daran erinnern: In der letzten Legislaturperiode – das ist noch gar nicht so lange her – hatten wir eine Enquetekommission zu den Herausforderungen des demografischen Wandels. Wir haben zahlreiche Experten angehört. Wir haben in den Handlungsempfehlungen festgestellt, dass die Beschäftigungsquote älterer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erhöht werden muss, dass in den Betrieben ein grundsätzliches Umdenken erforderlich ist, damit es eine Perspektive für altersgerechte Beschäftigung im Betrieb gibt. Wir haben schon damals beschlossen, durch eine Bundesratsinitiative darauf hinzuwirken, dass insbesondere die Förderung der Altersteilzeit vollständig aufgehoben wird. An dieser Beschlusslage halten wir Grünen fest, meine Damen und Herren.
Die Frage ist auch: Wer profitiert denn eigentlich davon? Zum einen – das habe ich gesagt – sind dies die großen Betriebe, es sind Beschäftigte im öffentlichen Dienst, es sind gut verdienende, hoch qualifizierte, überwiegend männliche Beschäftigte, es sind hauptsächlich Menschen in Büroberufen und eben nicht Menschen mit starker körperlicher Belastung.
Altersteilzeit wird hauptsächlich in großen Betrieben praktiziert: 85 % aller Betriebe mit mehr als 500 Beschäftigten haben Altersteilzeit. Bei den kleinen Betrieben mit weniger als 50 Beschäftigten sind es gerade einmal 4 % – obwohl man nicht behaupten kann, dass die Belastung für den Beschäftigten in einem kleineren Betrieb geringer als in einem großen ist.
Auch die Geringqualifizierten und Geringverdiener profitieren nicht. Deshalb wäre eine Verlängerung der geförderten Altersteilzeit aus Sicht der Grünen zutiefst unkorrekt, ungerecht und deshalb auch falsch, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der FDP/ DVP – Abg. Dieter Hillebrand CDU: Sehr gut! – Zu- ruf: Bravo!)
Jetzt wurde gesagt, Baden-Württemberg sei eine Hochrisikoregion. Die Frage ist: Ist die Altersteilzeit, die geförderte Altersteilzeit, als Kriseninterventionsinstrument überhaupt geeignet? Auch das ist sie nicht, meine Damen und Herren, weil sie das Beschäftigungsvolumen in einem Betrieb gar nicht reduziert. Zu Änderungen kommt es nur hinsichtlich dessen, wer da beschäftigt ist. Ältere Beschäftigte werden in den Ruhestand geschickt, um olympiareife junge Mannschaften in diesen Unternehmen zu formen. Der Personalbestand bleibt also gleich. Er wird nur verjüngt.