Protokoll der Sitzung vom 03.02.2010

Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Stuttgart–Ulm bedeuten Zukunft für dieses Land, für die Menschen, die hier leben, für die Wirtschaft und die Arbeitsplätze und vor allem für künftige Generationen.

Es war ein langer und schwieriger Weg. Ich möchte im Namen der CDU-Fraktion der Landesregierung sowie den Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP und der SPD für die große Geschlossenheit,

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das wird ein Alb- traum!)

für Mut, für Geduld und Verlässlichkeit danken. Als eine der wirtschaftsstärksten Regionen Europas ist Baden-Württemberg auf schnelle und leistungsfähige Verkehrswege angewiesen. Seine Einbindung in das europäische Schienennetz ist seit gestern gesichert. Darauf können wir gemeinsam stolz sein.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Wer ein solches Projekt plant und umsetzt, muss die Bedürfnisse und Anliegen der Menschen im Auge haben und ernst nehmen. Ich habe Respekt vor denen, die gestern protestiert haben. Mein Respekt wäre allerdings größer, wenn die Meinungsführer selbst Alternativen aufzeigen würden. Herr Wölfle, erklären Sie doch endlich einmal, wie Sie die Verkehre durch das Filstal, durch das Neckartal, durch Stuttgart führen würden. Sagen Sie den Menschen, wie die Belastungen aussehen würden. Sagen Sie vor allem, wer es bezahlen soll, und hören Sie endlich mit dem Märchen auf, dass ohne Stuttgart 21 mehr Geld für andere Maßnahmen im Land da wäre.

(Abg. Werner Pfisterer CDU: Sehr gut!)

Es wäre überall, nur nicht in Baden-Württemberg. Dieser Realität muss man ins Auge sehen.

(Beifall bei der CDU sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)

Sie spielen mit den Ängsten der Menschen, geben aber selbst keine Antworten. Ich finde das sehr schlimm. Zum Glück können wir jetzt nach vorn schauen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Der zügige Ausbau der Rheintalschiene ist das zweite zentrale Schienenprojekt für Baden-Württemberg. Als europäische Güterverkehrsstrecke, aber auch als Fern- und Nahverkehrsstrecke ist die Rheintalschiene für die CDU-Fraktion ein wichtiges Anliegen. Wir haben auch immer betont, dass wir eine Planung erwarten, die Rücksicht auf Mensch und Umwelt nimmt. Dies ist für uns die Grundvoraussetzung für eine finanzielle Beteiligung des Landes an den Mehrkosten dieses Bundesprojekts. Wir erwarten, dass sich Bund und Bahn an die Vereinbarungen halten und den Projektbeirat ernst nehmen.

Der Schienenpersonennahverkehr, meine Damen und Herren, schreibt seit vielen Jahren, seit der Regionalisierung, eine beeindruckende Erfolgsgeschichte. Der Integrale Taktfahrplan im ganzen Land, immense Steigerungen bei den Fahrgastzahlen und gute Angebote sprechen für sich.

Auch künftig wollen wir Angebot und Qualität erhalten und ausbauen. Weil vom Bund nicht mehr Regionalisierungsmit

tel zu erwarten sind, ist dies eine wirklich große Herausforderung. Wir setzen deshalb mit dem neuen Verkehrsvertrag auf mehr Wettbewerb und Markt, und wir erwarten von den Verkehrsunternehmen Investitionen in die Qualität.

Wir setzen aber auch auf die neuen Möglichkeiten, die durch Stuttgart 21 für den SPNV entstehen. Es ist einfach falsch, wenn behauptet wird, Stuttgart 21 sei zum Nachteil des Schienenpersonennahverkehrs. Im Gegenteil, es fördert ihn sogar.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dietmar Bachmann FDP/DVP: So ist es!)

Neben der Schiene sind besonders die Straßen die wichtigen Verkehrsadern im Land und deren Bau und Erhaltung damit entscheidende Zukunftsinvestitionsmaßnahmen. Auch hier nimmt die CDU ihre Verantwortung sehr ernst. Trotz der schwierigen Haushaltssituation klug in den Neu- und Ausbau sowie in den Erhalt der Landesstraßen zu investieren war deshalb für uns in den Beratungen ein zentrales Anliegen.

Deshalb ist der Straßenbau einer der wenigen Bereiche, die von Kürzungen verschont geblieben sind. Daher ist es richtig und wichtig, dass 2010 und 2011 mit 157,6 Millionen € bzw. mit 152,5 Millionen € mehr Mittel dafür zur Verfügung stehen als im vergangenen Jahr. Aus dem Impulsprogramm kommen für die vier Großprojekte im Landesstraßenbau rund 55 Millionen € hinzu.

Dass gerade auch für den Erhalt unserer Landesstraßen noch mehr Geld nötig wäre, ist uns durchaus bewusst. In der derzeitigen Situation sind wir allerdings froh, dass die Mittel auf 50 Millionen € jährlich verstetigt werden konnten. Hinzu kommen in diesem Jahr 21 Millionen € aus dem Landesinfrastrukturprogramm.

Klar ist für die CDU, dass neben Erhaltungsmaßnahmen auch dringend Neu- und Ausbaumaßnahmen benötigt werden. Um Straßen, die sich bereits im Bau befinden, und die verbleibenden 21 Projekte aus dem Landesstraßenbauprogramm 2008/2009 finanzieren zu können, ist uns eine Erhöhung der Mittel auf 69 Millionen € bzw. auf 65 Millionen € wichtig.

Der Bundesfernstraßenbau, meine Damen und Herren, ist und bleibt das Sorgenkind Nummer 1 im Land. Der Bedarfsplan 2001 bis 2015 umfasst für Baden-Württemberg ein Gesamtvolumen von rund 7,5 Milliarden € allein für Straßen im Vordringlichen Bedarf. Weil wir aber über die vielen Jahre deutlich zu wenig Geld vom Bund bekommen haben, sind für die restlichen fünf Jahre noch Vorhaben mit einem Volumen von rund 5 Milliarden € zu finanzieren. Weil wir aber davon ausgehen müssen, dass wir künftig eher weniger als mehr Mittel bekommen, ist die Annahme, dass dies gelingen könnte, völlig unrealistisch.

Hinzu kommt die Sonderfinanzierung des Albaufstiegs im Zuge der A 8 in Höhe von rund 500 Millionen €. Die Landesregierung hat deshalb unsere volle Unterstützung, wenn sie fordert, auf das Aufbauprogramm Ost müsse jetzt ein Ausbauprogramm West folgen. Wer will, dass Baden-Württemberg auch künftig in den Länderfinanzausgleich zahlt, muss dafür sorgen, dass hier Straßen gebaut werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Die Misere im Bundesfernstraßenbau macht aber vor allem eines erforderlich, nämlich einen Systemwechsel, den Schritt von der Finanzierung nach Kassenlage zur Nutzerfinanzierung, bei der die Einnahmen zweckgebunden und 1 : 1 in den Fernstraßenbau investiert werden. Dann stünde uns auch mehr Geld für den Landesstraßenbau zur Verfügung. Es reicht eben nicht aus, Herr Haller, Mängel bei den Straßen anzuprangern; Sie müssen auch Antworten darauf geben, woher das Geld kommen soll.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Antworten haben wir!)

Die Pkw-Maut ist der entscheidende Schlüssel hierfür; das wissen wir alle. Richtig gemacht ist sie sinnvoller und gerechter als das jetzige System

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann legt doch ein Konzept vor!)

und wird auch von den Bürgern akzeptiert werden. Deshalb hat die Landesregierung unsere volle Unterstützung bei ihrem erneuten Vorstoß.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Sehr gut!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Haller das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Kollege Kluck hat vorhin einen seiner wenig gefürchteten Schablonensätze geäußert: „Ihr versucht, die Arbeit der Polizei schlechtzureden.“ Nonsens! Wir von der SPD bewundern die Polizei; wir bewundern, wie sie angesichts der von dieser Regierung vorgegebenen Rahmenbedingungen ihre Arbeit leistet. Hut ab!

(Beifall bei der SPD – Abg. Rainer Stickelberger SPD: Sehr gut!)

Damit will ich die Debatte nicht noch einmal aufmachen, aber ich möchte doch klarstellen, Herr Kluck: Sie sollten auf das hören, was wir sagen, und nicht hinter Ihren eigenen Vorurteilen herrennen. Was die Polizei angeht, so bewundern wir die Kolleginnen und Kollegen.

(Zuruf von der CDU)

Sie leisten auch in Sachen Verkehr gute Arbeit.

Damit leite ich zum Thema Verkehr über. Baden-Württemberg braucht aufgrund seiner Lage in Europa als Transitland Nummer 1 und aufgrund seiner Wirtschaftsstruktur gute Verkehrsrahmenbedingungen. Da sind wir uns in einer großen Koalition einig. Insoweit war der gestrige Tag ein glücklicher Tag für Baden-Württemberg. Darauf brauche ich nicht mehr einzugehen; es ist hinreichend beschrieben worden.

Wir hoffen allerdings noch auf viele solcher guten Tage und fordern diese Regierung auf, sich im Schulterschluss mit möglichst vielen Parteien in Berlin endlich durchzusetzen, sodass wir im Land eine ausreichende Verkehrsinfrastruktur bekommen: Ausbau der Rheintalbahn, Albüberquerung und natürlich Ausbau der Schienenlinien Südbahn und Gäubahn – Pro

jekte, die nun zumindest in den Medien heftig infrage gestellt sind. Es kann nicht sein, dass wir als Wirtschaftsland Nummer 1 in Deutschland immer mehr in einen gewissen Verkehrsschatten kommen.

Natürlich hat der Bund das Sagen. Aber, meine Damen und Herren, Sie als Landesregierung haben hierbei eine große Verantwortung. Sie begeben sich viel zu oft auf den Weg des Jammerns und Klagens in Richtung Bund, um das eigene Versagen dadurch zu verdecken. Das ist der Kern Ihres Handelns seit fast 50 Jahren.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Oi, oi!)

Das Ergebnis ist die mangelhafte Verkehrsinfrastruktur in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD)

Das kommt daher, dass Sie sich nicht ausreichend durchsetzen können. Egal, ob der Verkehrsminister im Bund nun von der CDU oder von der SPD kommt: Wir sind hier in BadenWürttemberg!

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ja!)

Da muss mehr Druck in Richtung Berlin erfolgen; es geht nicht an, immer wieder in vorauseilendem Gehorsam nachzugeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wie wenig einflussreich Sie sind, zeigt sich beim Thema PkwMaut. Natürlich ist das ein Schmarrn. Aber Sie können sich doch noch nicht einmal in Ihrer eigenen Partei durchsetzen. Sonst würde das Thema doch kommen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: So ist es!)

Da setzen Sie wieder eine Schimäre in die Landschaft und sagen, das diene der Finanzierung. Am Ende jedoch haben wir gar nichts. Das Ergebnis ist nur ein weiterer Abbau der Verkehrsinfrastruktur auf der Schiene und der Straße. Das ist Ihre Sackgassenpolitik, die auch das Land in die Sackgasse führt. Dagegen wollen wir Zeichen setzen: