Die Eltern nehmen nämlich keine Rücksicht auf das vom Land vorgegebene Zeitfenster, erst ab 2013/2014 für 34 % der Kinder einen Betreuungsplatz zu schaffen. Der Bedarf an Kleinkindbetreuung steigt schneller als erwartet. Zurzeit beträgt die Betreuungsquote im Land 17,5 %. Um angemessen auf den kommenden Rechtsanspruch reagieren zu können, muss die Anzahl der Plätze schneller erhöht werden.
Das Land muss sich ab sofort und nicht erst ab 2013 mit der versprochenen Drittelfinanzierung an den Betriebskosten beteiligen.
Wir haben den Antrag eingebracht, die Mittel hierfür um 33 Millionen € pro Haushaltsjahr zu erhöhen. Über diesen Antrag wird beim Einzelplan 12 diskutiert. Wir haben auch in diesem Jahr als Gegenfinanzierung die Umwidmung des Landeserziehungsgelds vorgeschlagen,
aber natürlich nur die von Verpflichtungsermächtigungen freien Mittel. Diese 33 Millionen € wollen wir in den Ausbau der Infrastruktur stecken.
Das ist eine bessere Armutsprävention und eine nachhaltigere Maßnahme für junge Familien als reine Transferleistungen.
Zur Bekämpfung von Armut ist die Landesregierung in der Pflicht – darüber haben wir hier, glaube ich, schon dreimal diskutiert –, in Richtung Bund Druck zu machen. Wir warten noch immer auf die angekündigte Erhöhung und Anpassung der Kinderregelsätze und auf die Erhöhung der Kindergrundsicherung.
Familien- und gleichstellungspolitisch erfolgreiche Länder investieren nicht in Transfer, sondern in Dienstleistungen für Familien wie Kinderbetreuung und Bildung. Familien- und gleichstellungspolitisch erfolgreiche Länder investieren und pflegen ebenso ihre Strukturen und Vereinigungen, die auf dem Gebiet der Geschlechterpolitik und der Frauenförderung tätig sind.
Nun spreche ich unseren zweiten Antrag an, den Antrag auf Erhöhung der institutionellen Förderung, die der Landesfrauenrat gefordert hat, wie übrigens – die Kollegin Wonnay hat es vorhin schon angesprochen – der Landesseniorenrat auch. Der Unterschied dabei ist nur, dass dem Landesseniorenrat die Erhöhung zugebilligt worden ist, dem Landesfrauenrat aber nicht.
Es geht in diesem Fall nicht um das Ausspielen gegeneinander. Aber was für die einen recht ist, muss für die anderen auch gelten. Ich sage Ihnen, wie das ankommt: Es kommt an wie reine Klientelpolitik. Sind die Älteren der Landesregierung mehr wert als die Frauen, oder hat der Landesfrauenrat vielleicht zu viele Resolutionen und Beschlüsse gefasst, die der Politik der Landesregierung entgegenstehen? Wo ist da das Herz der FDP für die Frauen? Sie haben Geld übrig für den Landesseniorenrat, ja sogar für ein Ruderboot,
(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Was haben Sie gegen ein Ruderboot? – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Da dürfen sogar Frauen mitfahren!)
aber die Frauen lässt man im Regen stehen, Kollegin Berroth. Da kann doch irgendetwas nicht stimmen.
(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wir lassen unsere Frauen nicht im Regen stehen!)
Ein letzter Satz zum Landesfrauenrat. Der Landesfrauenrat erfüllt seine Aufgaben durch die gewählten ehrenamtlichen Vorstände. Die Aufgaben des Landesfrauenrats sind gewachsen, insbesondere bei der Mitwirkung in Beiräten und Gremien
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Ich lasse meine Frau nicht im Regen stehen! Das wissen Sie! – Gegenruf der Abg. Marianne Wonnay SPD: Eine tolle Anmer- kung!)
Das weiß ich nicht, Kollege Birk. – Um diese wachsenden Aufgaben des Landesfrauenrats weiterhin im Ehrenamt wahrnehmen zu können, ist eine Steigerung der hauptamtlichen Unterstützung notwendig. Der Landesfrauenrat braucht zum einen mehr personelle Unterstützung. Zum anderen plant der Landesfrauenrat viele themenorientierte Projekte. Zum Dritten geht es um die zunehmende Präsenz und Öffentlichkeitsarbeit des Landesfrauenrats.
Das ist die gleiche Argumentation wie diejenige, die dazu geführt hat, dass der Landesseniorenrat mehr Geld bekommt. Daher frage ich Sie: Warum gilt das für die einen, aber nicht für die anderen? Das ist nicht nachvollziehbar. Das hat nichts mit transparenter Politik zu tun. Deshalb fordere ich Sie auf, unserem Antrag und dem Antrag der SPD hierzu zuzustimmen.
Noch ein letzter Satz zum Thema Gesundheitspolitik. Meine Kollegin Mielich kann heute leider nicht da sein. Daher werde ich meine restliche Redezeit von zwei Minuten jetzt noch nutzen, um Ausführungen zur Gesundheitspolitik zu machen.
Ja, Herr Rülke, dann hören Sie zu. Ich habe etwas gelernt. Da können Sie bestimmt auch noch etwas dazulernen.
Im Bereich der Gesundheitspolitik, Kollege Zimmermann, können wir konstatieren, dass der große Investitionsstau bei Krankenhäusern im letzten Jahr deutlich abgebaut werden konnte. Das betrifft auch Sie, weil auch Sie im Landkreis Esslingen davon profitiert haben. Dies war durch die zusätzlichen Mittel aus dem Konjunkturpaket II des Bundes in Höhe von insgesamt 155 Millionen € und die eingesetzten Landesmittel möglich. Das ist positiv, da kann man wirklich nichts sagen –
auf den ersten Blick. Aber auf den zweiten Blick bleibt ein Investitionsstau von immerhin 1 Milliarde € stehen. In BadenWürttemberg fehlt nach wie vor ein zukunftweisendes Konzept für den Aufbau einer Krankenhauslandschaft, die sowohl die Grundversorgung in der Fläche sicherstellt als auch die medizinisch notwendige Spezialisierung in ausreichendem Umfang sichert.
(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Aber die Leute blei- ben doch jetzt gesünder! – Abg. Karl Zimmermann CDU: Wie kommen Sie darauf? Wer sagt denn das?)
Jetzt kommen wir zu einem zweiten Thema, Herr Kollege. Das ist der demografische Wandel. Dieses Thema wurde schon heute Morgen kurz angesprochen. Wir alle wissen, dass die Zahl der pflegebedürftigen Menschen in Baden-Württemberg bis zum Jahr 2030 um 50 % steigen wird. Wir müssen uns deshalb heute und nicht erst übermorgen dringend Gedanken darüber machen, wie wir dieser Tatsache begegnen. Die meisten Menschen wollen so lange wie möglich zu Hause leben. Deshalb brauchen wir Strukturen, die das Leben im Quartier, in der Gemeinde und im gewohnten Umfeld sichern.
Um neue Strukturen zu entwickeln, um zu schauen, wie es andere Bundesländer vormachen, und um Modelle zu erproben, müssen wir aber Kapazitäten schaffen. Ihnen, meine Damen und Herren von der Landesregierung, ist dies gerade einmal 1,5 Millionen € wert, beginnend ab dem nächsten Jahr.
Deshalb haben wir den Antrag eingebracht, Kollege Birk, 6,5 Millionen € zusätzlich in die Entwicklung von wohnortnahen Versorgungsstrukturen zu stecken, weil wir Modellprojekte auf den Weg bringen wollen, mit denen neue Wohn- und Lebensformen für alte Menschen erprobt werden. Davon profi
tiert der Landkreis Göppingen, davon profitiert Stuttgart, und davon wird auch der Landkreis Ravensburg profitieren.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf von der FDP/DVP: Warum nicht Reutlingen? – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Nur nicht die Stadt!)
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Der wichtigste Satz im Bericht zum Haushalt des Sozialministeriums lautet – er ist heute schon einmal zitiert worden –: „Leistungen an Bürger/Verbände erfahren deshalb keine Kürzungen.“
Gut so. Aber ein bisschen nachdenklich muss man natürlich trotzdem werden. Gestern wurde von der Büchse, vom „Füllhorn der Pandora“ gesprochen. Das Füllhorn hat offensichtlich noch nicht ausgedient. Die Büchse der Pandora scheint mir bei dieser Verschuldungshöhe doch grenzwertig zu sein. Ich schlage deshalb vor, zu den nächsten Haushaltsberatungen, bei denen ich nicht mehr dabei sein werde, einen Bericht der Demografiebeauftragten zum Thema Generationenbilanz anzufordern. Vielleicht fällt es dann bei künftigen Haushaltsberatungen leichter, auch der Bevölkerung klarzumachen, dass Einsparungen nicht um des Sparens willen, sondern im Interesse künftiger Generationen unverzichtbar sind.
Lassen Sie mich nun zum Sozialhaushalt kommen. Sein Anteil am gesamten Landeshaushalt beträgt gerade einmal 3,5 %. Lassen Sie mich sagen: Mit diesem vergleichsweise wenigen Geld schaffen wir es zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern, den bürgerschaftlich Engagierten, den Kommunen, den Verbänden der Wohlfahrtspflege und den Selbsthilfegruppen, hier im Land Baden-Württemberg Großes für die soziale Landschaft zu erreichen und zu stabilisieren.
Deswegen stehe ich dazu und finde es richtig, dass wir bei unseren Zuschüssen an keiner Stelle gekürzt haben – bei all dem von mir Genannten. Dazu, dass wir an der einen oder anderen Stelle etwas draufgelegt haben, sage ich nachher noch etwas. Das kann man durchaus unterschiedlich sehen.
Witzig finde ich allmählich, dass man sich noch rechtfertigen muss, wenn man in einem Bereich einmal zur Verfügung stehende knappe Mittel zusätzlich ausgibt. Ein Stück weit, liebe Kollegin Wonnay, ist das für mich dann schon ein Ausspielen der Verbände gegeneinander. Aber wir kommen noch dazu.