Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

es wird einem sofort klar, dass man dabei vieles überprüfen muss, im Gegensatz zum Landeserziehungsgeld, bei dem man aber auch viel überprüfen muss – muss das Land BadenWürttemberg 20 Millionen € an Verwaltungskosten tragen. Der Bund beschließt, und wir tragen die Verwaltungskosten.

Wir tragen diese Kosten gern, wenn es denn den Familien zugutekommt. Daran sieht man aber, dass es möglicherweise Instrumente sind, die viel Geld kosten und viel Bürokratie verursachen. Dieses Geld würde ich lieber für die Familien ausgeben.

Lasst uns also darüber diskutieren – wenn die Gesamtübersicht vorliegt –, ob wir auch im Land Baden-Württemberg – das wird aber nicht mehr in dieser Legislaturperiode passieren – im Lichte der Neuordnung der Familienförderung vielleicht einmal überlegen sollten, ob das, was wir umgestaltet haben, richtig ist.

Ich komme zum Programm STÄRKE. Das war eine Umgestaltung, liebe Kollegin Lösch. Damit wollten wir die Erziehungsfähigkeit der Eltern stärken, und zwar völlig unabhängig von der sozialen Zugehörigkeit. Wir wissen nämlich, dass Eltern aller sozialen Schichten bei der Erziehung möglicherweise Probleme haben und dankbar sind, wenn man ihnen Hilfen anbietet. Deshalb haben wir versucht, diese Hilfen zunächst einmal jedem diskriminierungsfrei anzubieten. Wir haben keine Problemgruppen identifiziert, sondern haben die Hilfen über Gutscheine angeboten.

Ich rate, zunächst einmal abzuwarten, wie diese Gutscheine angenommen werden. Tröstlich ist, dass die Mittel für die Gutscheine, die nicht eingelöst werden, nicht in die Tasche des Finanzministers fließen. Vielmehr werden diese Mittel für die Unterstützung von Familien in Problemsituationen eingesetzt. So können die Jugendämter vor Ort ganz gezielt Hilfestellung leisten. Lasst uns also erst einmal das testen, was wir geschaffen haben, und dann können wir weiter darüber reden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Ich freue mich natürlich sehr, dass mehr Mittel für die milieusensible Jugendarbeit – federführend ist der Landesjugendring – bereitgestellt werden. Für die Jugend gilt genauso wie für das Alter: Die Menschen sind so unterschiedlich und bunt wie die gesamte Gesellschaft. Manchmal ist es sinnvoll, über die bewährten Instrumente hinaus neue Instrumente anzudenken. Dazu soll dieser erhöhte Zuschuss einen Beitrag leis ten.

Lassen Sie mich noch etwas zum Landesseniorenrat sagen, weil dieser schon mehrfach angesprochen worden ist. Über 50 % der Menschen im Seniorenalter sind Seniorinnen. Ich möchte jetzt aber nicht Frauen gegen Männer ausspielen. Die se Mittel, die wir für die nächsten zwei Jahre veranschlagt haben, sind nicht für die Schaffung von Stellen oder den Ausbau von Geschäftsstellen gedacht, sondern für die Durchführung des Landesseniorentags. Das ist eine der wichtigsten Veranstaltungen, die inzwischen mit bis zu 2 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in riesengroßen Hallen stattfindet.

Der Vorstand war doch auch bei Ihnen und hat gesagt: Wir können das nicht mehr durchführen. Ich glaube, wir schlagen damit zwei Fliegen mit einer Klappe. Damit wird zunächst

einmal Aufklärungsarbeit im Hinblick auf die demografische Entwicklung unserer Gesellschaft geleistet. Außerdem sind wir doch froh, dass wir inzwischen landesweit flächendeckend Seniorenräte auf allen Ebenen haben. Den Mitgliedern dieser Seniorenräte soll nun einmal im Jahr eine kostenlose Fahrt und vielleicht ein kostenloses Essen in einer schönen Halle angeboten werden.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Ich bitte darum, keine Neidkomplexe zu schüren. Vielmehr sollten wir klipp und klar sagen: Ja, wir sind froh, dass es gelungen ist, dies für die nächsten zwei Jahre für den Landesseniorenrat zu retten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Herr Kollege Dr. Noll, Sie hatten zugesagt, noch eine Frage zu beantworten.

Ja, ich halte Zusagen ein.

Bitte, Frau Abg. Wonnay.

Lieber Herr Kollege Noll, würden Sie mir zugestehen, dass es überhaupt nichts mit einer Neiddebatte zu tun hat, wenn wir an dieser Stelle insistieren? Ich möchte noch einmal in Erinnerung rufen: Wir reden bei der bisherigen Bezuschussung des Landesfrauenrats über einen Betrag von 80 000 €. Sie wissen, dass das, was beim Landesseniorenrat insgesamt mit der Zuwendung für den wichtigen Landesseniorentag – dessen Wichtigkeit streiten wir nicht ab – …

Das ist schon einmal gut.

… jetzt an Förderung ankommt, nahezu das Dreifache ausmacht und dass dies angesichts gestiegener Aufgaben eben auch für den Landesfrauenrat gelten sollte. Schauen Sie sich einmal an, liebe Kolleginnen und Kollegen, was in dem Gender-Atlas für uns in Baden-Württemberg an Hausaufgaben enthalten ist: Der größte Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern ist in Baden-Württemberg festzustellen, die wenigsten Frauen in Führungspositionen sind in Baden-Württemberg zu finden. Da sind doch genauso Aufklärung, Sensibilisierung und Mobilisierung notwendig. Das ist der Grund, weshalb wir sagen: Es darf nicht eine solche Ungleichbehandlung geben. Deshalb sagen wir: Geben Sie sich einen Ruck, und stimmen Sie jetzt zu! Darum geht es, Herr Kollege.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE – Glocke des Präsidenten)

Ich darf noch einmal nach Ihrer Frage an den Kollegen Dr. Noll fragen. „Haben Sie das jetzt verstanden?“, oder was war die Frage?

Ich habe es verstanden.

Die Frage hatte ich ganz am Anfang gestellt.

Die Frage war, ob Kollege Noll mir zugesteht, dass es nicht um eine Neiddebatte, …

… sondern um Gleichbehandlung geht.

Bitte, Herr Kollege Dr. Noll.

Ich nehme das Wort „Neiddebatte“ ausdrücklich zurück, weil ich weiß, dass es wirklich ernsthafte Argumente gibt. Aber dann sage ich Ihnen: Es gibt einen Landesverband für Körper- und Mehrfachbehinderte. Da könnte ich auch fragen: Warum bekommt der bloß 40 000 € – so viel sind es, glaube ich – pro Jahr?

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Das macht es jetzt aber nicht besser!)

Wir hatten das Prinzip, ungekürzt das fortzuführen, was wir bisher gemacht haben. Wir haben jetzt an einer Stelle aus einem bestimmten Grund projektbezogen etwas daraufgelegt. Sie wissen, dass das haushaltstechnisch geht und dass es nicht möglich ist, zu sagen: „Ihr bekommt mehr Stellen.“ Genau das scheint mir ein bisschen das Missverständnis zu sein, dass offensichtlich nicht klar war, dass es nicht um eine Aufstockung der Stellen bei der Geschäftsstelle des Landesfrauenrats ging. Das ist mir erst heute nahegebracht worden.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Aber es ist doch noch nicht zu spät!)

Aber jetzt sage ich einfach einmal: Darüber muss man noch einmal reden,

(Abg. Rita Haller-Haid SPD: Sie müssen bloß zustim- men!)

wenn es um konkrete Projekte geht, die mit der Durchführung eines Landesseniorentags vergleichbar sind. Ich glaube, dass sich die Damen, insbesondere aber auch die Herren in diesem Hohen Haus noch einmal auf Diskussionen einlassen könnten und projektbezogen durchaus Überlegungen anstellen könnten.

Nur: So, wie es bisher beantragt worden ist, passt es schlicht und einfach nicht in die bisherige Haushaltssystematik.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Für die Landesregierung darf ich Frau Sozialministerin Dr. Stolz das Wort erteilen.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das ist jetzt der vierte Einzelplan eines Ressorts, der heute beraten wird. Es zeigt sich einmal mehr, dass die Beratung dieses Doppelhaushalts wirklich auch im Lichte einer Finanz- und Wirtschaftskrise erfolgt, die uns alle gefangen hält. Ich will so anfangen wie alle meine Vorredner auch: Es besteht die Notwendigkeit, mit diesem Haushalt zu sparen, zu konsolidieren, die geringeren Mittel, über die wir verfügen, auch sinnvoll einzusetzen.

Wir konnten im Sozialressort zwar einsparen – das ist gut so –, aber trotz dieser Einsparungen ist es nicht zur Kürzung von Leistungen an Bürgerinnen und Bürger sowie an Verbände gekommen. Es sind keine Kürzungen notwendig gewesen. Das verdeutlicht die Notwendigkeit, auch weiterhin zu beachten, dass es nicht immer unbedingt nur um die Menge des Geldes geht. Vielmehr geht es wirklich darum, das Geld, das wir haben, sinnvoll und effizient einzusetzen.

Deswegen sollten wir nicht reflexhaft immer nach mehr Geld rufen und auch nicht reflexhaft reagieren, wenn Effizienz und Effektivität von Maßnahmen überprüft werden, sondern die Zielsetzung bei allem, was wir machen, muss sein, dass die Menschen, die Unterstützung und Hilfe brauchen, diese auch bekommen. Daran müssen wir arbeiten. Effizienz und Effektivität heißt, die Mittel wirklich dort einzusetzen, wo wir Hilfe gewähren wollen. Auf Bundesebene wird sicher darüber diskutiert: Wie gestalten wir das Hartz-IV-System sinnvoll weiter? Wo setzen wir die richtigen Anreize? Wo werden Fehlanreize gesetzt? Das betrifft genauso unser Ressort und die Fragen: Wo stellen wir Hilfen zur Verfügung? Und kommt das Geld wirklich dort an, wo wir es haben wollen?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das wird auch die Aufgabe der zukünftigen Haushalte sein. So viel nur zum Anfang.

Wir wissen auf der einen Seite, dass wir konsolidieren müssen, aber wir wissen auf der anderen Seite auch, dass wir im Rahmen dieser Wirtschaftskrise nach wie vor stabilisierende und fördernde Maßnahmen durch den Staat brauchen. Wir brauchen in Zeiten der Unterbeschäftigung zielgerichtete Maßnahmen, und wir brauchen die Unterstützung der Unternehmen und die der Bürgerinnen und Bürger.

Dass ein rigoroser Sparkurs in allen Bereichen nicht angezeigt sein kann, belegt schon der Erfolg der Konjunkturprogramme und der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.

Ich wollte eigentlich nicht auf die Konjunkturprogramme eingehen, aber ich muss für unser Ressort einfach sagen: Dieses Konjunkturprogramm hat den Krankenhäusern einen zusätzlichen Schub gegeben. Frau Lösch, von Ihnen kommt immer diese reflexhafte Forderung nach Konzepten. Ich bitte Sie: Schauen Sie sich doch einfach einmal die Dinge richtig an – dann entdecken Sie auch das Konzept –, bevor Sie reflexhaft immer nach Konzepten rufen. Wir haben ein Konzept, das die Krankenhäuser betrifft. Wir haben z. B. eine Schlaganfallversorgung, die in der Bundesrepublik vorbildlich ist, ein beispielhaftes Konzept der abgestuften Versorgung. Es gab erst jetzt eine Untersuchung, die ergab, dass in Baden-Württemberg aufgrund seiner abgestuften Versorgungsstruktur in vorbildlicher Weise 70 % der Schlaganfälle wirklich rechtzeitig und frühzeitig so versorgt werden, wie sie versorgt werden müssen. Einen solchen Anteil erreicht kein anderes Bundesland.

(Beifall bei der CDU)

Dahinter steckt ein Konzept.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Es ist schon komisch, dass Baden-Württemberg in den Rankings hinsichtlich der Krankenhausstruktur als vorbildhaft dargestellt wird, was Effizienz und Versorgung betrifft. Sie fragen immer nach dem Konzept. Schauen Sie es sich doch einfach einmal an, bevor Sie reflexhaft solche Forderungen stellen. Aber das wollte ich eigentlich gar nicht erwähnen.