Protokoll der Sitzung vom 04.02.2010

(Zuruf der Abg. Elke Brunnemer CDU)

dass Krankheitsvertreter eingestellt werden. Diese Schule hatte das schon im Stundenplan für das zweite Schuljahr eingeplant.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Die Freude währte einen Tag, und dann kam die Anweisung vom Kultusministerium, dass die Verträge nicht genehmigt werden, obwohl die Krankheitsvertreter faktisch schon im Lehrerzimmer angekommen waren. Das ist die Realität. Dazu bedarf es keiner weiteren Erklärung.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Zuruf des Abg. Norbert Zeller SPD – Gegenruf des Abg. Ha- gen Kluck FDP/DVP: Herr Zeller, seien Sie ruhig!)

Eine solche Situation gab es auch an anderen Schulen. Ich kann Ihnen Briefe zeigen, in denen die gleiche Situation geschildert wird. Die Krankheitsvertretungen waren bereits von der Schulverwaltung zugesagt – es ist also geprüft worden –, und die Zusagen wurden nachträglich zurückgenommen. Das ist die Situation.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Karl Zim- mermann CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Was haben Sie gegen Deputatsaufstockungen? Das verstehe ich gar nicht! – Unruhe – Glocke der Präsi- dentin)

Meine Damen und Herren, das Wort hat Frau Abg. Rastätter.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Jetzt sagen Sie nicht „Liebe Kolleginnen und Kollegen“!)

ich komme auf das Thema Imagekampagne zurück. Während also Kultusminister Rau versucht, das ramponierte Image durch die Imagekampagne aufzupolieren, versucht die FDP/ DVP derzeit, sich in Sachen Bildungspolitik vom Acker zu machen.

(Oh-Rufe von der CDU – Abg. Theresia Bauer GRÜ- NE: Bei jeder Gelegenheit!)

Kollegin Arnold verkündet bei fast jeder Podiumsdiskussion: „Da bin ich aber anderer Meinung als der Kultusminister.“

(Zuruf des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

Der Fraktionsvorsitzende der FDP/DVP ist inzwischen so weit, dass er in der „Ludwigsburger Kreiszeitung“ erklärt, die Kultusbürokratie werde zur Großbaustelle. Er beklagt das mangelnde Durchsetzungsvermögen des Kultusministers

(Abg. Thomas Knapp SPD: Da hat er ja recht! Aus- nahmsweise!)

und spricht davon, dass es nicht rund läuft und in der Bildungspolitik die Dinge schieflaufen.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wir sind froh, dass Herr Rülke nicht mehr unterrichtet! – Heiterkeit bei den Grünen und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP/DVP, Sie können dieses Spiel nicht betreiben: Hier im Landtag stellen Sie die Regierung, und außerhalb treten Sie auf, als ob Sie in der Opposition wären. Sie haben hier in den letzten vier Jahren jede bildungspolitische Entscheidung mitgetragen.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die Entscheidungen waren alle richtig! – Weitere Zurufe)

Deshalb sind Sie auch für die Probleme, die im Land bestehen, verantwortlich. Diese Verantwortung können Sie jetzt nicht abgeben, indem Sie sich außerhalb des Landtags als Opposition gerieren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP)

Wenn wir uns die Lebensrealität von Kindern anschauen, dann sehen und wissen wir auch, dass diese Unzufriedenheit im Bildungswesen weiter geht. Ich brauche die Werkrealschule und die daran geübte Kritik der Ihrer eigenen Partei angehörenden Bürgermeister nicht mehr zu erwähnen,

(Abg. Dr. Stefan Scheffold CDU: Kommen Sie ein- mal zu uns!)

ebenso wenig die Grundschulempfehlung mit dem Stress, den sie auslöst, und die Blockade bei neuen Modellschulen.

Die Lebensrealität wird auch in zwei Studien deutlich, die gerade aktuell erstellt wurden. Die forsa-Studie zeigt auf: 28 % der Kinder in Baden-Württemberg klagen über zu hohen Leis tungsdruck und Angst vor schlechten Noten. Das ist die höchste Quote unter allen 16 Bundesländern.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bei der Angst vor schlechten Noten müssen Sie einmal die Eltern fra- gen! – Weitere Zurufe, u. a. des Abg. Karl Zimmer- mann CDU)

Gleichzeitig hat Baden-Württemberg die höchste Quote an Nachhilfe; die Eltern geben in unserem Bundesland durchschnittlich 131 € pro Jahr für Nachhilfe aus.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das ist doch schön!)

Auch hier sind wir bundesweit an der Spitze.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir steigern das Brut- tosozialprodukt!)

Deshalb brauchen wir in Baden-Württemberg vor allem eines: eine Verbesserung der individuellen Förderung und mehr soziale Gerechtigkeit im Bildungswesen.

(Unruhe)

Ich trage schlaglichtartig vier Forderungen der Grünen zum Haushalt vor.

Erstens: Sie betonen den Wert der frühkindlichen Bildung. Aber Sie tun nicht genug dafür. Sprachtests und das Projekt „Schulreifes Kind“ sind nicht die Antwort auf die Herausforderung der Sprachförderung. Wir brauchen ein ganzheitliches Sprachförderkonzept vom ersten Kindergartentag an.

(Zuruf des Abg. Jörg Döpper CDU)

Wir fordern die Bereitstellung von zusätzlich 22 Millionen € in diesem Haushalt für Sprachförderung vom ersten Kindergartentag an.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Woher?)

Wir verlangen auch die verbindliche Umsetzung des Orientierungsplans für den Kindergarten. Inzwischen haben Sie diesen Orientierungsplan auf die lange Bank geschoben. Wir brauchen Qualitätsstandards, die verbindlich in jedem Kindergarten umgesetzt werden. Deshalb haben wir heute auch dazu einen Antrag eingebracht.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Kein Wort zum Elternhaus! – Gegenruf der Abg. Theresia Bauer GRÜNE)

Zweitens: Sie versprechen den Schulen in freier Trägerschaft einen Kostendeckungsgrad von 80 % bei der Finanzierung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Die wollen Sie ja plattmachen!)

Aber Sie brechen Ihr Versprechen. In dem vorliegenden Haushaltsentwurf haben Sie nur den Deckungsgrad, der wieder unter die Mindestdeckung von 70,5 % gesunken war, wenigstens wieder auf 70,5 % angehoben.

Dazu muss ich eines sagen: Die Schulen in freier Trägerschaft haben einen Anspruch darauf, dass auch sie ihre Schülerinnen und Schüler ohne Sonderung fördern können. Auch die Schulen in freier Trägerschaft müssen sozial gerecht ausgestattet sein. Deshalb ist ein Deckungsgrad von 80 % der Kosten eines Schülers an staatlichen Schulen eine Mindestforderung.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wir arbeiten darauf hin! – Zurufe von der SPD)

Ich richte diese Kritik vor allem an die FDP/DVP, an Frau Kollegin Berroth, die sich überall als Retterin der Schulen in freier Trägerschaft aufspielt: Sorgen Sie dafür, dass dieses Versprechen eines Kostendeckungsgrads von 80 % endlich eingelöst wird. Heute geben wir Ihnen die Chance dazu.

(Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Das ist äußerst großzügig! – Abg. Alfred Winkler SPD: Jetzt, Frau Berroth!)

Wir fordern in unserem Antrag, zusätzlich 27,5 Millionen € zur Förderung der Schulen in freier Trägerschaft einzustellen, damit wir heute wenigstens einen Teil der für einen Kostendeckungsgrad von 80 % erforderlichen Mittel von 47,5 Millionen € bereitstellen. Wenn Sie das nicht tun, dann nehmen Sie in Kauf, dass der Deckungsgrad bereits im nächsten Jahr wieder unter 70,5 % sinken wird. Das können Sie den Schulen in freier Trägerschaft, die einen Ausdruck der bildungspo

litisch gewollten Vielfalt in unserem Land darstellen, nicht antun.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Drittens: Sie müssen jetzt aufgrund der UN-Behindertenrechtskonvention in Baden-Württemberg ein inklusives Schulsystem schaffen. Aber Sie stellen dafür nicht genügend Sonderpädagogen ein.