Protokoll der Sitzung vom 10.03.2010

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Jawohl! – Sehr richtig! – Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

In Wahrheit haben Sie, Herr Kollege Kretschmann – auch wenn Sie es nie zugeben werden –, doch bis zum heutigen Tag noch nicht richtig verarbeitet, dass die Kollegin Gönner und die CDU-Landtagsfraktion ein Gesetz initiiert haben, das bis zum heutigen Tag in ganz Deutschland einmalig ist, das Er

folg hat und das wir fortschreiben werden. Dass das Erneuerbare-Wärme-Gesetz so gut funktioniert und wir Ihnen da ein Stück weit die Kohlen geklaut haben, das ärgert Sie doch. Seien Sie doch einfach einmal ehrlich. Aber wir machen das aus Überzeugung, weil es inhaltlich richtig ist.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Wir sind doch nicht so kleinkariert wie ihr!)

Wenn Sie vorhin gut zugehört haben, wissen Sie – darauf können Sie sich verlassen –: Ich werde alles dafür tun, dass wir das Thema Umwelttechnologie – übrigens haben schon heute 24 % aller Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland, die in diesem Bereich unterwegs sind, ihren Sitz in Baden-Württemberg – in Baden-Württemberg massiv voranbringen, meine Damen und Herren.

Jetzt ein vierter und letzter Punkt.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Schade, schade!)

Beim Thema Bildung haben Sie wie vorher auch der Kollege Nils Schmid an der einen Stelle, zu der Sie sich immer zu Wort melden, richtig herumgeeiert. Denn natürlich wissen auch Sie – Sie lesen ja auch Umfragen –, dass auf Basis einer forsaUmfrage vom September 2009 – – Das forsa-Institut ist nicht bekannt dafür, besonders CDU-nah zu sein.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch!)

Es war, wenn ich mich richtig erinnere, immer das schrödersche Haus- und Hofinstitut, bei dem immer gerade das herauskam, was von dort gewünscht war.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber Schröder ist nicht mehr! – Gegenruf des Abg. Klaus Herrmann CDU: Den Schröder wollten sie doch nicht mehr! Warten Sie ab, Herr Schmiedel, nächstes Jahr sind Sie auch weg! – Weitere Zurufe)

Jetzt ist es Merkel; auch in Ordnung.

(Unruhe)

Übrigens, Kollege Kretschmann – das hätte ich fast vergessen –: Eines müsste ich Ihnen fast übel nehmen. Ich grüble bis zum jetzigen Moment noch, ob Sie es aus Ihrer Sicht gut mit mir gemeint haben oder mich beleidigen wollten, als Sie sagten, ich „merkle“ vor mich hin. Ich kann Ihnen nur sagen: Sie werden auch in Zukunft klare – sehr klare – Entscheidungen bekommen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie bei der CD! Mein lieber Mann, das war ein Schlingerkurs!)

Darüber diskutieren wir morgen, Kollege Schmiedel. Ob Sie danach noch immer so viel Freude haben, bin ich mir nicht ganz sicher. Aber das sehen wir dann einmal.

Sie können sich bei mir darauf verlassen, dass die Linie steht – Merkel hin oder Merkel her.

(Zuruf des Abg. Jürgen Walter GRÜNE)

Jetzt noch einmal zum Thema Bildung. Bei der letzten forsaUmfrage vom September 2009 waren 31 % der Bundesbür

ger der Meinung, dass wir eine Einheitsschule brauchen. 69 % waren der Meinung, dass das gegliederte Schulsystem in Deutschland das richtige ist.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Ich verspreche Ihnen beiden, dass ich Sie aus einem vor der Landtagswahl mit großer Freude nicht herauslasse: Wenn wir das machen würden, was Sie wollen, nämlich große regionale Zentren, Einheitsschule,

(Abg. Renate Rastätter GRÜNE: Das will doch hier niemand!)

Gemeinschaftsschule, Regionalschule – oder wie immer Sie das nennen –,

(Abg. Reinhold Gall SPD: Das will doch gar nie- mand! Das ist alles eine Lüge, was Sie da erzäh- len!)

dann müssen Sie vor Ort die Frage beantworten, wie Sie es im ländlichen Raum mit den Schulstandorten halten, meine Damen und Herren. Da werde ich Sie nicht herauslassen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Jawohl!)

Wer Ihr Schulmodell will – man kann es wollen; das ist auch in Ordnung –, muss den Bürgern draußen sagen: Im tiefen ländlichen Raum und in kleineren Kommunen wird es diese Schulstruktur in Zukunft nicht mehr geben. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Rein- hold Gall SPD: Das ist Ihr Problem! Auf die Diskus- sion freuen wir uns!)

Das ist mir recht, wenn Sie sich darauf freuen. Warten Sie einmal ab, ob nicht in den nächsten Wochen eine Umfrage zutage tritt, bei der genau dieses Thema untersucht wird. Ich bin mir nicht sicher, ob Sie dann noch genauso viel Freude an diesem Thema haben werden.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Wollt ihr wieder Landes- geld verplempern? – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Ich will abschließend noch für eines werben: Ich bin sehr dafür, im richtig verstandenen Sinn über Themen zu streiten. Ich glaube, das gehört zu einer guten demokratischen Kultur. Das gehört übrigens auch zu einer parlamentarischen Kultur. Ich finde es durchaus erfrischend, wenn es zwischendurch in der Sache hoch hergeht.

Bei aller Überzeugung, die Sie haben, erwarte ich allerdings von Ihnen, wenn es um dieses Land geht, wenn es um Themen wie den Länderfinanzausgleich oder anderes geht, bei denen wirklich eindeutig ist, wer den Nutzen und wer den Schaden hat, dass auch die Oppositionsparteien zuallererst die Interessen dieses Bundeslands vertreten. Das erwarte ich von Ihnen.

(Anhaltender Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zurufe von der CDU: Bravo! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sehr gut!)

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich Herrn Fraktionsvorsitzendem Kretschmann das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir wollen den Schmiedel hören, nicht den Kretschmann! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Es ist doch eigentlich alles ge- sagt, Herr Kretschmann! – Gegenruf: Aber noch nicht von jedem! – Zuruf: Es kann nicht besser werden!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, bezüglich der Haushaltspolitik kann ich erst einmal festhalten, dass mein Vorwurf stimmt, dass in dieser Regierungserklärung dazu nichts steht. Das haben Sie selbst eingeräumt.

(Beifall bei den Grünen)

Sie haben in Ihrer Regierungserklärung gesagt: Hier wird unter dem Strich sichtbar, wie schnell und wie nachhaltig wir das Land zu einer neuen Normalität nach der Krise zurückführen. Gar nichts ist sichtbar geworden.

Sie haben jetzt irgendwelche harten Sparvorschläge angekündigt. Aber in Ihrer Regierungserklärung steht dazu schlichtweg kein einziger Vorschlag.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Bis zur Wahl wird er auch nichts sagen!)

Ich stelle noch einmal fest: Sie haben in Ihrer Regierungserklärung zu diesen Themen Fragen gestellt: Fragen nach der Aufgabenkritik und einer Aufgabenreduktion des Staates. Sie haben Fragen nach den richtigen Standards gestellt. Aber Sie haben keine Antworten gegeben, auch jetzt nicht in Ihrer Erwiderung.

Sie haben keinen einzigen Pfad aufgezeigt, auf den sich die Bürger einstellen können: Wo geht es in Zukunft hin? In welche Richtung geht es? An welchen Stellen des Staates soll umgebaut werden und an welchen nicht? Das alles haben Sie nicht dargelegt.

Den Kern meines Vorwurfs also, dass Ihre Regierungserklärung, jedenfalls in diesem zentralen Punkt, nur aus diffusen Ankündigungen und „wohlfühligen“ Allgemeinplätzen bestand, konnten Sie an keiner Stelle der Haushaltspolitik widerlegen.

Sie haben das Beispiel der Schulsozialarbeit und der Pädagogischen Assistenten angeführt. Zunächst einmal habe ich festgestellt und Sie dafür gelobt, dass Sie Ihre neue Kultusminis terin sofort zurückgepfiffen haben, nachdem sie gesagt hatte: „Wir brauchen gar keine Schulsozialarbeiter, das können die Lehrer selbst.“ Dafür waren wir zunächst einmal dankbar.

Nun aber sagen Sie: „Die Schulsozialarbeit müssen die Kommunen machen, und die Pädagogischen Assistenten fallen in unsere Zuständigkeit.“ Ich sage Ihnen, dass die Kommunen in der Fläche dazu allein nicht in der Lage sind. Wenn wir gerade jetzt, da wir sehen, wie viele Migrantenkinder z. B. schon verloren gehen, etwa die Schulsozialarbeit nicht stärken, geht wieder etwas verloren. Sie haben aber gerade gesagt: Wir wollen in diesem Bereich keinen Euro sparen.

Weiter haben Sie gesagt, wer so wie ich durch die Gegend laufe und für Schulsozialarbeit sei und auch dafür sei, dass sich

das Land dabei stärker mit Zuschüssen – mit einem Drittel – beteilige, der könne nicht gleichzeitig mitsprechen, wenn es um die Haushaltskonsolidierung gehe. Wenn über Haushaltskonsolidierung gesprochen wird, müssen aber immer auch die Dimensionen beachtet werden. Die Dimension einer stärkeren Beteiligung an der Schulsozialarbeit durch das Land, das sind 5 bis 10 Millionen € in den zukünftigen Jahren. Doch allein die Realisierung des einen Vorschlags, den wir z. B. zu den Pensionen gemacht haben, hätte 150 Millionen € eingespart.

Man sollte, wenn Sie auf Fairness drängen und wenn es um den Haushalt und um Zahlen geht, doch wirklich einmal so fair sein, hier die richtigen Dimensionen zu berücksichtigen und nicht verschiedene Dimensionen durcheinanderzubringen. Ich glaube, da müssen Sie sich einmal an die eigene Nase fassen.

(Beifall bei den Grünen)

Jedenfalls wären nach unseren Vorschlägen in diesem Doppelhaushalt 50 Millionen € mehr eingespart worden als nach dem, was die Regierung vorsieht – 50 Millionen € mehr. Wenn ich die Auflösung der Rücklage für Stuttgart 21 dazunehme, sind es eine halbe Milliarde Euro. Damit haben wir aber keine Ausgabewünsche von uns befriedigt, sondern diese Mittel wollen wir rein für die Schuldentilgung verwenden, um deutlich zu machen, dass es sich nicht um Spielgeld handelt, mit dem wir unsere Wünsche erfüllen. Vielmehr wissen wir, dass wir das Geld dann in andere Verkehrsstrukturen hineinstecken müssen. Wir wollen die Mittel aktuell also zunächst einmal für die Schuldentilgung verwenden. Das war, glaube ich, eine ganz klare Ansage.