Die frühe Beteiligung der Schülerinnen und Schüler durch Mitsprache und Mitgestaltung in der Schülermitverantwortung und durch die Teilnahme an Schulprojekten ist, denke ich, ein sehr gutes Beispiel in Sachen Übung in Demokratie. Wer schon einmal als Schülersprecher oder Schülersprecherin in einer kontrovers diskutierten Angelegenheit einen Konsens hat herbeiführen müssen, hat bereits eine wichtige Erfahrung im demokratischen Interessenausgleich gemacht. Wer schon einmal im Rahmen eines Schulprojekts eine Gedenkstätte für politisch verfolgte Menschen besucht und diese Thematik auch bearbeitet hat, setzt sich mit der Geschichte des eigenen Landes und den demokratischen Grundwerten anders auseinander als beim Lesen eines der zahlreichen Bücher darüber.
Wir müssen die jungen Menschen zum Mitwirken motivieren, ihnen zahlreiche Handlungsspielräume aufzeigen. Vor allem müssen wir Vorbilder dafür sein, sich nicht auf das bequeme Sofa der Beobachtungsdemokratie zu setzen, wie das weite Teile der Bevölkerung leider tun.
Das ist die Zielsetzung der politischen Bildung in Schulen, Kindergärten und in der Gesellschaft insgesamt.
Die Jugendverbände in Baden-Württemberg leisten hierzu einen wertvollen Beitrag außerhalb der schulischen Bildung. Denn Demokratie lebt vom Mitmachen aller. Die im Bündnis für die Jugend zusammengeschlossenen Jugendverbände in Baden-Württemberg stehen für eine Jugendarbeit der Partizipation und der Selbstverwirklichung, in der die jungen Menschen durch Mitbestimmung ihr eigenes Leben gestalten lernen.
Die Landeszentrale für politische Bildung bietet zahlreiche offene Seminare in ihrem Tagungszentrum „Haus auf der Alb“ in Bad Urach an. Diese Angebote sind vielfältig und wenden sich an politisch interessierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger. Viele neu gewählte Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sind auch schon durch Seminare der Landeszentrale auf ihre neuen Aufgaben vorbereitet worden.
Die Landeszentrale richtet sich mit ihrem Bildungsangebot vor allem auch an Lehrerinnen und Lehrer sowie andere Mul
tiplikatoren aus dem Bildungsbereich. Mit einem umfangreichen Internetangebot ergänzt die Landeszentrale das Spektrum der politischen Bildung. E-Learning, Onlinespiele, WahlO-Mat sind nur einige Beispiele, die eine hohe Nutzungszahl erzielen.
In Baden-Württemberg können wir in der politischen Bildung auf ein breit gefächertes Angebot zurückgreifen. Dies ist eine gute Ausgangsposition, um Menschen aller Alters- und Zielgruppen für die Politik und die Mitwirkung in unserem demokratischen Gemeinwesen zu gewinnen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist in diesem Hohen Haus völlig unstrittig, dass wir in der gesamten Gesellschaft alle Anstrengungen unternehmen müssen, damit junge Menschen Demokratie sehr früh erlernen, diese erfahren, praktische Bezüge hergestellt bekommen und sich damit aktiv in die Gesellschaft einbringen können.
Ich denke, es ist auch Selbstzweck, wenn wir darüber diskutieren. Denn jede demokratische Partei ist auf eine Vielzahl solcher jungen Persönlichkeiten angewiesen. Es ist das legitime Interesse jeder demokratischen Gruppierung in unserer Gesellschaft, möglichst intensiv Nachwuchsförderung zu betreiben, damit wir auch in Zukunft Persönlichkeiten in der Demokratie haben, die das demokratische Gemeinwesen gestalten. Insofern sprechen wir hier über einen Grundkonsens, und wir diskutieren vielleicht über die eine oder andere strittige Frage, über Instrumente, wie wir dieses Ziel erreichen können.
Ich möchte aber gleichzeitig betonen, dass zur Demokratieerziehung nicht nur die Vermittlung theoretischen Wissens gehört. Erziehung zur Demokratie ist nur möglich, wenn wir viele gute Beispiele in unserer Gesellschaft haben und damit auch Vorbilder haben, die der Gesellschaft zeigen, dass es sich lohnt, sich für demokratische Prozesse zu engagieren oder, um es noch einfacher zu formulieren, sich überhaupt für die Mitmenschen in der Gesellschaft zu engagieren.
Vor diesem Hintergrund stelle ich fest, dass es im Zusammenhang mit diesem gesamtgesellschaftlichen Auftrag vielfältige Möglichkeiten der Partizipation junger Menschen gibt. Partizipationsmöglichkeiten, Beteiligungsrechte oder Mitwirkungsrechte können vielerorts wahrgenommen werden. Dies belegt auch die sehr häufig zitierte Studie der Bundesregierung aus dem Jahr 2007, wonach sich 42 % unserer Bürgerinnen und Bürger im Ehrenamt engagieren. Um es noch konkreter auf die Zielgruppe, von der wir hier reden, zuzuschneiden: 46 % der 14- bis 30-Jährigen tun dies, und sie tun es, weil sie vielfältige Möglichkeiten haben, mitzubestimmen, mitzugestalten. In ihren Vereinen, in ihren Gruppen vor Ort sind sie auch Träger demokratischer Entscheidungsprozesse und haben demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten.
Deswegen besteht nicht die Notwendigkeit, zusätzliche Partizipationsformen in unserer Gesellschaft zu schaffen. Viel
mehr müssen wir gerade bei den jungen Menschen dafür werben, diese vielfältigen Partizipationsmöglichkeiten zu nutzen, und müssen klarmachen, dass es sich lohnt, sich hierfür zu engagieren. Es gibt also kein Defizit an Angeboten, sondern es ist unsere gemeinsame Aufgabe, für die Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten in unserer Gesellschaft zu werben.
Ich möchte in diesem Zusammenhang deutlich sagen, dass bei diesem gesamtgesellschaftlichen Auftrag der Staat natürlich eine Kernaufgabe hat. Der Staat hat den Bildungs- und Erziehungsauftrag wahrzunehmen, und zwar gemeinsam mit den Elternhäusern. Das ist ein Auftrag nach der Landesverfassung, dem wir uns stellen müssen, und diesem stellen wir uns auch.
Es sind einige konkrete Punkte angesprochen worden. Ich beginne bei der Erzieherinnenausbildung. Wir haben die Erzieherinnenausbildung weiterentwickelt, und wir haben die Erzieherinnenausbildung im Übrigen – jetzt hat der Kollege Kluck gerade den Saal verlassen; er hatte vorhin einen entsprechenden Zwischenruf in Richtung Regierungsbank gemacht – auch im Hinblick auf die Sozialkompetenz gestärkt. Die Frage, wie Kinder das soziale Miteinander gestalten, ist wesentlicher Bestandteil des Erziehungsauftrags und ist eine wichtige Vorstufe auch für die Demokratieerziehung.
Im Zusammenhang mit der Bildungsplanreform aus dem Jahr 2004 haben wir ganz bewusst die Persönlichkeitsbildung in den Mittelpunkt dieses Bildungsauftrags gestellt. Diese Persönlichkeitsbildung ist sozusagen der rote Faden, der sich durch alle Bildungsfelder zieht. Zur Persönlichkeitsbildung gehört auch, dass junge Menschen zu mündigen Bürgern heranreifen. Wenn wir Bildung so gestalten wollen, dass wir die jungen Menschen zu mündigen Bürgern heranbilden, ist es selbstverständlich wichtig, dass Demokratieerziehung und der Umgang miteinander in der Demokratie, im Gemeinwesen, integrativer Bestandteil dieser Persönlichkeitsbildung ist. Wir haben diesen Bereich also gerade im Zusammenhang mit der Bildungsplanreform 2004 ganz bewusst in den Mittelpunkt gestellt.
Auch die Gestaltung der Kontingentstundentafel und der Fächerverbünde unterstreicht dies. Es reicht nicht aus, wenn man Demokratieerziehung nur dadurch betreibt, dass man im Gemeinschaftskundeunterricht oder im Geschichtsunterricht entsprechendes Faktenwissen oder Wissen über demokratische Entscheidungsprozesse theoretisch vermittelt. Nein, dazu gehört, thematische Bezüge zu anderen Feldern herzustellen, und genau dies haben wir mit der Neukonzeption der Fächerverbünde getan. In der Hauptschule bzw. zukünftig in der Werkrealschule geschieht dies beispielsweise im Fächerverbund „Welt, Zeit, Gesellschaft“; im Gymnasium betrifft dies den Fächerverbund „Geografie, Wirtschaft, Gemeinschaftskunde“. Damit haben die politischen Themen, die Themen der demokratischen Bildung, einen breiteren Raum erhalten; sie sind ohnehin Bestandteil eines durchgängigen Bildungskonzepts.
Natürlich wollen wir auch die Lehrerpersönlichkeiten nicht nur hierfür sensibilisieren, sondern auch dafür sorgen, dass sie das notwendige Rüstzeug haben, um in den jungen Menschen das entsprechende Interesse zu wecken. Dazu gehört aber, dass Lehrkräfte selbst bereit sind, eine Vorbildrolle zu übernehmen. Wenn man sich anschaut, welche jungen Menschen sich an
unseren Pädagogischen Hochschulen, an unseren Universitäten für ein Lehramtsstudium bewerben, und wenn man ihren Biografien entnimmt, was sie vor der Aufnahme ihres Studiums getan haben, dann, meine ich, kann man durchaus zuversichtlich sein. Denn ein beachtlicher Anteil von Lehramtsstudierenden hat bereits Erfahrungen in Vereinen gesammelt. Sie haben Erfahrungen mit praktischer Demokratie und bringen diese Kompetenzen in ihr Lehramtsstudium ein, um sie später auch in der Schule zu vermitteln.
Neben diesen vielfältigen Möglichkeiten, die es bereits gibt, und neben den Angeboten zur Demokratieerziehung ist es also wichtig, dass wir im Sinne des gesamtgesellschaftlichen Auftrags alles dafür tun, selbst ein positives Beispiel abzugeben und für die verschiedenen Betätigungsmöglichkeiten zu werben.
Was auch noch wichtig ist – Herr Kollege Bayer, Sie haben es angesprochen –, ist das Thema „Jugendarbeit und Schule“. Von Ihrer Seite ist die Entwicklung eines Gesamtbildungskonzepts hin und wieder kritisch beleuchtet worden. Wir entwickeln gerade im Zusammenhang mit dem Ergebnis der Bündnisvereinbarung gemeinsam mit den Jugendverbänden ein Gesamtbildungskonzept. Dieses Konzept, das in vielen Arbeitsgruppen gemeinsam mit den Partnern der Jugendarbeit erarbeitet wird, bietet eine Chance, auf dem Weg des intensiven Dialogs gerade diesen Bereich der Jugendbildung dahin gehend zu stärken, dass Schulen und Einrichtungen der außerschulischen Jugendbildung partnerschaftlich zusammenarbeiten und dass dieses Aufgabenfeld nicht auf die Schule begrenzt bleibt, sondern die Jugendlichen, auch wenn sie die Schule verlassen haben, in ihren Jugendfreizeitstätten entsprechende Angebote wahrnehmen können. Im Übrigen ist es auch ein Auftrag des Jugendbildungsgesetzes des Landes an die Jugendverbände, genau diese Aufgaben wahrzunehmen.
Die Landeszentrale für politische Bildung ist in der Tat ein wichtiges ergänzendes Modul. Sie kann und darf zwar niemals allein diese Aufgabe wahrnehmen, sie ist aber ein wichtiger Impulsgeber in die Schulen hinein.
Deswegen bedanke ich mich auch ganz herzlich bei allen Mitstreiterinnen und Mitstreitern der Landeszentrale für politische Bildung, die wichtige Partner für unsere allgemeinbildenden Schulen sind, die richtigen Akzente setzen, das richtige Informationsmaterial bereitstellen und die Informationen so aufbereiten, dass es auch derjenige versteht, der zunächst einmal weniger Interesse und einen weniger ausgeprägten Zugang zu politischen Themenfeldern hat.
Deswegen bin ich dem Landesgesetzgeber dankbar, dass im Haushaltsjahr 2010/2011 eine Zuschusserhöhung um immerhin 300 000 € vorgenommen wurde. Vielleicht stellt sich hier auch eine Trendwende bei der Bezuschussung ein.
In diesem Sinn, meine Damen und Herren, sehen wir gemeinsam, dass es wichtig ist, auch historische Themen in Augenschein zu nehmen. Das Thema „20 Jahre Mauerfall“ war im Rahmen der Demokratieerziehung und der Gemeinschaftskunde wichtig. Insofern ist die Bildungspolitik auch darauf ausgerichtet, anhand von aktuellen Ereignissen sowie von besonderen historischen Daten die Sensibilität der jungen Menschen zu wecken. Der Blick sowohl in die jüngste als auch in die ältere Geschichte ist wichtig, denn junge Persönlichkeiten
können sich nur dann aktiv und demokratisch in die Gesellschaft einbringen, wenn sie hierzu das notwendige Wissen und die Kompetenzen haben.
In diesem Sinn haben wir eine breite Palette von Möglichkeiten. Wir als Gesellschaft müssen diese nur gemeinsam nutzen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Hel- mut Walter Rüeck CDU: Sehr gut! Gute Rede! – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Guter Mann!)
Meine Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Große Anfrage erledigt. – Herr Abg. Bayer.
(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ihre Zeit ist abge- laufen, Herr Bayer! – Abg. Renate Rastätter GRÜ- NE: Habe ich noch Zeit?)
Antrag der Fraktion der FDP/DVP und Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum – Auswirkungen der aktuellen Holzmarktlage auf die Forst- und Holzwirtschaft in Baden-Württemberg – Drucksache 14/3856
Das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, Herr Forstminister Köberle, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn unser Antrag bereits ein Jahr alt ist, ist das Thema aufgrund der darniederliegenden Baukonjunktur – im vergangenen Jahr hatten wir die niedrigste Baugenehmigungsrate in Deutschland seit den Fünfzigerjahren –, aber auch wegen des sehr schneereichen Winters und der damit fehlenden Frischholzmengen hochaktuell.
Der Zusammenbruch der Auslandsmärkte – ausgelöst von der Bau- und der darauf folgenden Bankenkrise in den USA, aber auch in Europa, insbesondere in Großbritannien und Spanien – und nicht zuletzt die kränkelnde Konjunktur bei uns stellten und stellen die Holz verarbeitenden Betriebe und damit die gesamte Forst- und Holzwirtschaft in einem Land, das auf der Skala der waldreichsten Länder Deutschlands auf Platz 2 liegt, also hier in Baden-Württemberg, vor ganz besondere Herausforderungen.
Die zahlreichen Stürme und der Boom auf dem Exportmarkt in den vergangenen zehn, 15 Jahren führten dazu, dass die Verarbeitungskapazitäten auch bei uns in Baden-Württemberg erheblich gestiegen sind. Allein in den Jahren 2006 und 2007 stieg die Einschnittkapazität der Sägewerke in Bayern und Baden-Württemberg um beachtliche 4,5 Millionen Festmeter.
Die Marktveränderungen schlagen natürlich auf die Waldbesitzer durch, da diese letztendlich von der Holzindustrie abhängig sind. Die derzeit durchaus akzeptablen Rohholzpreise können nicht darüber hinwegtäuschen, dass viele Kleinwaldbesitzer unrentabel wirtschaften müssen. In Anbetracht der veränderten Situation am Holzmarkt ist es daher erforderlich,
einen ausgeglichenen Holzfluss zu akzeptablen Preisen anzustreben. Insbesondere unsere heimischen Holz verarbeitenden Unternehmen mit ihren mittelständischen Strukturen brauchen eine kontinuierliche Holzversorgung.