Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Haller.

In einem gebe ich der Frau Kollegin Razavi recht: Konstanz liegt in der Straßenbaupolitik bezüglich Landesstraßen in Baden-Württemberg vor, allerdings auf niedrigstem Niveau. Das ist festzustel

len, und das ist keine Feststellung der SPD, sondern eine Feststellung der Landesregierung. Die Frau Kollegin hat nicht einmal die Vorlage richtig gelesen, sondern nur die Sprechblasen wieder aus dem Computer herausgeholt und immer dort, wo das Land versagt, mit dem Finger auf etwas anderes gezeigt und so nach dem Motto „Haltet den Dieb!“ vom eigenen Versagen abgelenkt.

(Zuruf des Abg. Dr. Klaus Schüle CDU)

Wechseln Sie doch im PC bitte einmal die Satzsegmente aus,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Kommen Sie zur Sa- che!)

und bedienen Sie sich dort, wo Sie originär Verantwortung haben, Ihres eigenen Verstandes!

(Beifall bei der SPD)

Natürlich ist Verkehr ein vernetztes System. Das bestreitet doch niemand, Herr Bullinger. Da sind wir uns doch völlig einig. Wenn Sie zugehört hätten, hätten Sie mitbekommen, dass ich gesagt habe, dass auch wir uns mehr Geld vom Bund wünschten. Aber dem Vergleich – um es nur einmal am Rande anzusprechen – zwischen dem, was Rot-Grün in den Jahren zuvor dem Land gegeben hat, und der Situation heute hält Rot-Grün immer stand.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Zuruf: Aber hallo!)

Das haben wir in der Vergangenheit lange und oft genug diskutiert. Da brauchen wir uns für nichts zu schämen.

Um Ihnen diesen Zustand mit verkommenen Landesstraßen einmal zu verdeutlichen, nenne ich noch ein Beispiel: Ich habe ein Schreiben von einer Bürgerinitiative, allerdings nicht aus meinem Wahlkreis, bekommen. Darin teilte sie mit: „Vergangene Woche wurden zwei Zeitungsausträgerinnen in unserer überwiegend gehweglosen Ortsdurchfahrt von einem Pkw angefahren.“ So etwas kommt vor. Ortsdurchfahrten mit Landesstraßen, die noch nicht einmal einen Gehweg haben – das ist der Zustand in diesem Lande.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Gibt es das?)

Das ist Ihre Verantwortung. Kämpfen Sie darum, dass sich das verändert, Frau Razavi, und beschönigen Sie nicht das Versagen!

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Alfred Winkler SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Staatssekretär Köberle.

Verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir haben zu dem Antrag der Fraktion der SPD eine, wie Sie selber zugestehen, ehrliche Stellungnahme vorgelegt und alle Zahlen offengelegt. Deshalb reichen, glaube ich, ein paar wenige Anmerkungen, obwohl das Thema wirklich ganz wichtig ist. Wir sollten das Thema Straßeninfrastruktur/Verkehrsinfrastruktur nicht unterschätzen. Es ist für Baden-Württem

(Staatssekretär Rudolf Köberle)

berg als Wirtschaftsstandort auch Teil der Standortpolitik und damit bedeutend.

Die Landesregierung, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, bekennt sich ausdrücklich zu ihrer Verantwortung für den Landesstraßenbau. Wir werden manchmal leider sogar auch für Straßen verantwortlich gemacht, für die wir nicht zuständig sind. Ein Beispiel hat Kollege Haller gerade vorgetragen. Wenn an einer Ortsdurchfahrt kein Gehweg vorhanden ist, dann ist das – das müssten Sie als ehemaliger Oberbürgermeister wissen – zunächst einmal Thema der Kommune und nicht Thema des Landes.

(Beifall bei der CDU)

Wir werden aber nicht nur für kommunale Versäumnisse verantwortlich gemacht, sondern auch für fehlende Investitionen des Bundes. Wir bekennen uns zu unserer Verantwortung auf Landesebene, gleichwertige Lebensbedingungen in allen Landesteilen zu schaffen und die verkehrliche Mobilität auch in Zukunft zu sichern. Insofern, lieber Kollege Haller, sind wir uns ja auch weitgehend einig. Ich finde Ihren Antrag gar nicht unangenehm, muss ich sagen. Wenn wir gemeinsam der Meinung sind, dass Straßen wichtig sind, kann man auch die Frage stellen, wie der Zustand unserer Straßen aussieht, und sich gemeinsam bemühen, diese Situation zu verbessern.

Ich freue mich außerordentlich, dass die Grünen jetzt endlich einmal in den Klub derer eingeschwenkt sind, die mehr und bessere Straßen wollen.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Mehr nicht!)

Ich kann Ihnen eigentlich nur empfehlen, mehr Vor-Ort-Aktionen zu machen und Ihre Fraktionssitzungen häufiger draußen zu machen, damit Sie mit der Wirklichkeit konfrontiert werden.

(Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Rich- tig!)

Ich mache Ihnen aber auch den Vorschlag, nicht nur dorthin zu gehen, wo es grüne Bürgermeister gibt, sondern überall dorthin, wo es Probleme gibt.

(Abg. Dr. Gisela Splett GRÜNE: Wir nennen Ihnen ganz viele Straßen, die wir nicht wollen!)

Wissen Sie, es ist nicht zielführend, wenn Sie genau das teuerste Projekt von diesen über 1 300 im Generalverkehrsplan aufgelisteten Straßen herausnehmen – ein 60-Millionen-€-Projekt – und sagen: „Konzentrieren wir die ganzen Landesstraßenbaumittel darauf“, weil dort ein Parteikollege von Ihnen das Amt des Bürgermeisters übernommen hat.

(Zuruf des Abg. Winfried Scheuermann CDU)

Aber ich sehe das als Lob und als guten Ansatz. Ich weiß nicht, ob sich die Grünen vor ein paar Jahren dort für einen Tunnelbau für 60 Millionen € eingesetzt hätten.

Meine Damen und Herren, es ist unbestritten – ich glaube, da sind wir uns einig –: So wie es im Bundesfernstraßenbau erheblichen Bedarf für Erhaltung, Neu- und Ausbaumaßnahmen gibt, gibt es genauso im Land erheblichen Bedarf für Erhaltung, Neu- und Ausbaumaßnahmen.

Es hilft auch nicht weiter – wie es jetzt mit Zwischenrufen gemacht worden ist –, zu sagen: „Jetzt sind wir beim Land. Jetzt diskutieren wir über Maßnahmen des Landes.“ Bund und Land haben ähnliche Probleme – nicht in der Bewertung, wie viele Straßen man braucht, sondern in der Frage, wie wir bei der heutigen Situation der öffentlichen Haushalte unsere Ziele erreichen können. Da sollten wir nicht immer aufeinander zeigen und uns gegenseitig Vorwürfe machen, sondern wir sollten uns gemeinsam Gedanken machen, wie wir vorankommen.

Wir haben dem Bund Vorschläge gemacht und tun es immer wieder, wie er aus seiner schwierigen Situation herauskommen kann, nämlich mit ähnlichen Finanzierungssystemen, wie wir sie in der Schweiz und in Österreich haben, also mit der Einführung einer Vignette. Wenn so etwas auf Landesebene möglich wäre, dann müsste man intensiver auf Landesebene darüber nachdenken. Aber ich würde meinen, dass in dieser Frage zunächst einmal der Bund gefordert ist. Auf Landesebene ist es weniger möglich, das umzusetzen.

Wir sind in einem typischen Zielkonflikt. Der Bund ist in einem Zielkonflikt, und wir auf Landesebene genauso. Wir wollen auf der einen Seite gute Straßen, mehr Straßen, bessere Straßen, weniger Staus, mehr Ortsumfahrungen, weniger Belastung und auf der anderen Seite die Nullneuverschuldung erreichen, und beide Ziele sind sinnvoll. Weil man beide Ziele nicht gleichzeitig erreichen kann – es geht ja nicht nur um Landesstraßenbau; wir haben vorher über Weiterbildung diskutiert; da fordern Sie genauso sehr stärkere Prioritätensetzung; da geht es bei der Lehrerversorgung genauso um mehr Engagement des Landes –, geht eben die Rechnung nicht auf. Da müssen Sie auch ehrlich sagen: Wir geben das Ziel der Nullneuverschuldung auf. Aber gehen Sie davon aus, dass die Regierung aus CDU und FDP/DVP konsequent am Ziel der Nullneuverschuldung bis zum Jahr 2011 festhält.

(Zuruf des Abg. Siegfried Lehmann GRÜNE)

Weil das so ist, können wir nicht wesentlich mehr Geld für den Straßenbau einsetzen, als wir das momentan tun. Wir tun das im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten: einerseits um einen ordnungsgemäßen Zustand unserer Straßen zu erhalten, andererseits um den Neu- und Ausbau der Landesstraßen angemessen zu berücksichtigen.

Jetzt will ich eines hinzufügen. Kollege Haller hat eine Statistik vorgelegt. Sie wurde ja von uns erstellt, deshalb kann ich der Statistik gar nicht widersprechen. Aber es reicht eben nicht aus, wenn Sie im Straßenbau eine Straße nur nach dem Zustand bewerten. Für uns ist ein anderes Kriterium wesentlich wichtiger, das auch mit dem Zustand der Straße zu tun hat. Die entscheidende Frage ist: Ist eine Straße sicher, oder ist sie nicht sicher? Das ist ein wichtigeres Thema als die Frage, ob eine Straße schön oder in ordnungsgemäßem Zustand ist. Beim Auto ist es haargenau gleich. Die entscheidende Frage ist, ob ein Auto sicher ist, ob es sicher fährt. Erst in zweiter Linie stellt sich die Frage, in welchem optischen Zustand etwas ist. Das Bild, das Sie anhand dieser Statistik zu malen versucht haben, trifft eben nur einen Teil der Wirklichkeit. Eine genaue Aussage, eine interessantere Aussage und ein Maßstab für die Prioritätensetzung bei uns ist eher die Frage, ob eine Straße sicher ist, ob die Sicherheit auf einer Straße garantiert ist.

(Staatssekretär Rudolf Köberle)

Wir haben Ihnen die Zahlen offengelegt, die zeigen, was das Land in den vergangenen Jahren für Neubau, Ausbau, Erhaltung und Planung ausgibt. Es lohnt sich, noch ein paar Zahlen zu erwähnen, weil eben viel Geld dahintersteht. So war es im Jahr 2005 möglich, 37 laufende Maßnahmen fortzusetzen und außerdem mit neun neuen Maßnahmen zu beginnen. Im Jahr 2006 waren es trotz Haushaltssperre, Schwierigkeiten und Engpässen im Haushalt 42 laufende Maßnahmen und 14 neu aufgerufene Maßnahmen.

Wie sieht es im kommenden Doppelhaushalt 2007/08 aus? Dazu laufen die Gespräche.

Zum Vorschlag der Kollegin von den Grünen: Es ist die Politik der Landesregierung, angekündigt in der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten und in der Koalitionsvereinbarung, von Sonderprogrammen abzurücken und wieder in die reguläre Haushaltsführung im Landesstraßenbau hineinzugehen. Das ist ein ganz konkretes Ziel. Es wird jetzt im kommenden Doppelhaushalt zumindest in einem ersten und wesentlichen Schritt umgesetzt werden müssen.

Gehen Sie davon aus, dass wir alle Anstrengungen unternehmen, um auch in Zukunft das erreichen zu können – wenn auch nicht alles Wünschenswerte –, was wir uns in einem finanziellen Kraftakt leisten können.

Noch eine Anmerkung abschließend zum Thema Generalverkehrsplan. Kollege Bullinger ist ja auch auf diese Thematik eingegangen. Der Generalverkehrsplan hat für uns und für die Bevölkerung im Land den gleichen Stellenwert wie der Bundesverkehrswegeplan, weil nämlich eine Orientierung darüber gegeben wird, was an Baumaßnahmen angestrebt wird und überhaupt möglich ist.

Wir haben uns entsprechend der Koalitionsvereinbarung vorgenommen, den Generalverkehrsplan aus dem Jahr 1995 fortzuschreiben. Kollege Bullinger, die Arbeiten laufen an. Wir könnten ganz schnell eine Vereinbarung mit dem Landtag treffen, wie wir schneller vorankommen. Wenn unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Haus nicht fast rund um die Uhr damit gebunden wären, alle möglichen Detailfragen zu tausend Straßen im Land zu beantworten, sondern wenn ihre Arbeitszeit und Arbeitskraft auf die Fortschreibung des Generalverkehrsplans konzentriert werden könnte,

(Beifall des Abg. Jochen Karl Kübler CDU)

bräuchten wir dafür – ohne zusätzliches Personal einzustellen – nicht drei Jahre, sondern könnten die für die Fortschreibung erforderliche Zeit wesentlich verkürzen. Aber dafür wäre eine entsprechende Vereinbarung die Voraussetzung. Rechte, die jeder Landtagsabgeordnete hat, stelle ich gar nicht infrage. Aber alles können wir nicht erreichen.

Zentraler Punkt, liebe Kolleginnen und Kollegen – – Ich sehe gerade eine Wortmeldung.

(Glocke der Präsidentin)