Konzedieren Sie jetzt doch einfach, dass wir gerade an die sem Punkt etwas tun, indem wir nämlich die Lehrerausbil dung im Bereich von Haupt- und Realschulen zusammenfüh ren, indem wir die Grundschullehrerausbildung verändern und indem wir für beide Lehrerausbildungen nun acht Semester, also eine deutlich längere Studienzeit, vorsehen.
Wir sind also doch genau an den Baustellen dran, die von wis senschaftlicher Seite aus für notwendig gehalten werden, um mit den Problemen an den Schulen umgehen zu können. Las sen Sie uns das weiter tun.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Sehr gut! – Abg. Peter Hofelich SPD: Applaus gegen die Realität!)
Herr Präsident, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Die optimale Förderung jedes ein zelnen Kindes steht im Mittelpunkt der Bildungspolitik der SPD.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sehr gut! – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP und Abg. Volker Schebesta CDU: Was?)
Die kindgerechte Förderung beginnt im frühen Kindesalter – das wissen wir – und setzt sich in der Schule fort. Nicht Aus gabenreduzierung im Bildungsbereich ist angesagt, meine Da men und Herren. Was wir brauchen, sind vielmehr Konzepte für ein wohnortnahes, tragfähiges,
stabiles und gerechtes Bildungsangebot, auch in der Sekun darstufe, mit breit angelegten Abschlüssen.
Das, was Sie, Herr Schebesta, mit Ihrer Fraktion mit der Ein führung der Werkrealschule gemacht haben, ist aber genau das Gegenteil.
Eltern und Schulträger sind von dem neuen Konzept wenig überzeugt und wurden von der Schulverwaltung zum Teil schlecht, zum Teil falsch informiert und zum Teil in die Enge getrieben.
Sie genehmigen übrigens u. a. auch entgegen der gesetzlichen Regelung eine einzügige Werkrealschule ohne zehntes Schul jahr, obwohl die Schülerzahlen dies nicht hergeben.
Sie führen eine Notenhürde in der neunten Klasse ein, die es sonst in keiner einzigen Schulart gibt, weder in der Realschu le noch am Gymnasium. Frau Ministerin, Sie nennen dies ei ne Schutzmaßnahme. Ich sage Ihnen: Es ist keine Schutzmaß nahme, sondern ein weiteres Ausleseinstrument.
Sie bestrafen damit die Schwächsten in der Hauptschule, die jenigen, die eigentlich das zehnte Schuljahr dringend brau chen würden, um eher eine Lehrstelle zu erhalten. Sie er schweren damit praktisch die Lehrstellensuche. Herr Hundt – Frau Rastätter hat darauf hingewiesen – hat Ihnen dies deut lich gesagt. Der Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stutt gart hat Ihnen das ebenfalls gesagt. Die Wirtschaft beklagt – das haben Sie auch gelesen – fehlende Grundkenntnisse und Schlüsselqualifikationen sowie Sozialkompetenzen. Genau diesen schwächeren Schülern enthalten Sie die Möglichkeit zum Erwerb dieser Qualifikationen vor.
Sie nehmen komplizierte Klassenbildungen in der Werkreal schule vor, und dies wiederum muten Sie den Schwächsten der Schülerinnen und Schüler zu. Neue Bildungspläne fehlen. Infolgedessen kann es natürlich auch keine Lehrerfortbildung geben. Die Einführung dieser Werkrealschule ist – das sage ich Ihnen, meine Damen und Herren – eine chaotische, dilet tantische Einführung, wie sie sonst nirgendwo anzutreffen ist.
Da wundert es mich schon, Frau Schick – das sage ich Ihnen in aller Offenheit –, wie Sie voreilig, vielleicht sogar übereif rig das neue Werkrealschulkonzept hochgejubelt haben. Sie sind freundlich im Ton – das ist natürlich begrüßenswert und setzt sich auch wohltuend von Ihrem Amtsvorgänger ab –,
(Zuruf von der SPD: Das ist schon etwas! – Abg. Ma rianne Wonnay SPD: Das ist ein Fortschritt! – Abg. Volker Schebesta CDU: Können Sie das auch? – Zu ruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Vordergründig soll die Hauptschule qualitativ weiterentwi ckelt werden, übrigens – ich erinnere noch einmal daran – ge gen den Willen z. B. des Landeselternbeirats und vieler Haupt schulfachleute, denen Sie einen Maulkorb erteilen, wenn sie ihre Meinung sagen. Tatsächlich aber, meine Damen und Her ren, geht es um die Schließung kleinerer Hauptschulen,
(Abg. Volker Schebesta CDU: Jetzt schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an! Was sagen Sie denn zu den Zahlen?)
Die neue Werkrealschule stellt letztendlich keine pädagogi sche Verbesserung dar. Denn gute pädagogische Konzepte bei spielsweise an den kleinen Hauptschulen – ich nenne da Sipp lingen, Herr Kollege Wetzel, mit einem wunderbaren Kon zept; darin sind wir uns einig –
Bevor wir den Blödsinn mitmachen, den das Land uns vorschlägt, behalten wir lieber unsere Hauptschule.
Verschwiegen wird in der ganzen Debatte übrigens auch, dass es keine Unterschiede mehr zwischen den Bildungsinhalten einer Hauptschule und einer Werkrealschule gibt. Es ist ein und dasselbe.
Mit der Konzentration auf weniger Standorte geht eine Ver schlechterung der Lernbedingungen einher. Es gibt größere Klassen ohne zusätzlichen Förderunterricht. Es gibt längere Anfahrtswege, höhere Schülerbeförderungskosten. Die tragen die Eltern und die Landkreise. Das alles ist das Ergebnis Ih rer Politik. Die Leistungen engagierter einzügiger Hauptschu len werden von Ihnen herabgewürdigt. Ich könnte Ihnen da jetzt eine ganze Reihe von Beispielen nennen.
Maßnahmen der individuellen Förderung wie in Sipplingen, Herr Wetzel, wie z. B. kleine Klassen und großes Engagement der Lehrkräfte, werden hier zunichtegemacht.
Ich fordere Sie, Frau Schick, auf: Lassen Sie endlich kommu nale Schulentwicklungskonzepte zu, die die Schule im Dorf lassen.
Lassen Sie Verbundschulen zu, lassen Sie integrative Sekun darstufen zu. Wir werden Sie daran messen, ob Sie sich ge gen eine verbohrte CDU-Fraktion durchsetzen können.