Protokoll der Sitzung vom 15.04.2010

Lassen Sie Verbundschulen zu, lassen Sie integrative Sekun darstufen zu. Wir werden Sie daran messen, ob Sie sich ge gen eine verbohrte CDU-Fraktion durchsetzen können.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: So ein Blödsinn!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Arnold.

Sehr verehrter Herr Prä sident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr ver ehrten Damen und Herren! Zunächst einige Anmerkungen zu den einführenden Worten der Opposition. Frau Rastätter, Sie haben eingangs gesagt, die Hauptschule sei nur noch eine Schule für Migrantenkinder und sozial benachteiligte Schü lerinnen und Schüler.

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Die hat keine Ahnung!)

Sie fangen schon wieder damit an, solche Aussagen zu ma chen. Ich habe gedacht, Sie würden endlich einmal damit auf hören, diese Schulform schlechtzureden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Genau!)

Denn was bedeutet an dieser Stelle das Wörtchen „nur“? Las sen Sie es endlich weg. Diese Schülerinnen und Schüler sind genauso wertvoll wie alle anderen auch.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: So ist es! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Ich möchte Sie auch darauf hinweisen, dass z. B. an den Re alschulen in Mannheim mittlerweile 50 % der Schülerinnen und Schüler Migrantenkinder sind. Das ist eine sehr positive Entwicklung. Wollen Sie jetzt damit anfangen, auch die Re alschule schlechtzureden? Also hören Sie endlich damit auf!

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Das kommt noch!)

Die Schule im Dorf lassen, das wollen wir alle.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dann müssen Sie auch etwas dafür tun!)

Aber Sie sagen an keiner Stelle, wie das konkret umgesetzt werden soll.

(Zurufe von der SPD)

Dort, wo Ihre Vorschläge umgesetzt werden – Zusammenle gung von Schularten – oder sogar versucht wird, die Gemein schaftsschule einzuführen, gehen die Menschen auf die Bar rikaden. Schauen Sie nach Hamburg, schauen Sie nach Ber lin und Bremen. Dort sehen Sie, welche Folgen Ihre Bildungs politik hat. Hören Sie endlich auf. Kommen Sie aus Ihrem Wolkenkuckucksheim herunter, und machen Sie Politik für die Menschen vor Ort.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: Jawohl!)

Meine Damen und Herren, um es klar zu sagen: Die FDP/ DVP-Landtagsfraktion steht hinter dem Konzept der neuen Werkrealschule.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ur sula Haußmann SPD: Auf einmal!)

Wir standen von Anfang an hinter diesem Konzept, Frau Haußmann. Dieses Konzept beinhaltet drei Kernelemente, die wir in unseren Bemühungen um die Weiterentwicklung der Hauptschule schon sehr früh gefordert haben. Ich darf sie noch einmal nennen: eine frühe, schon in Klasse 5 beginnende in dividuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler,

(Beifall des Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP)

eine frühe und intensive Berufsorientierung und für möglichst viele dieser Schülerinnen und Schüler den mittleren Bildungs abschluss als Regelabschluss. Das stand schon – ich darf da ran erinnern – in unserem Hauptschulpapier vom Dreikönigs tag 2008. Wir freuen uns, dass es jetzt auch umgesetzt wer den kann.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Ur sula Haußmann SPD: Oje!)

Aber das Stichwort lautet Umsetzung, und hierbei, meine Da men und Herren, bleiben wir bei unserer Position. Wir haben sie schon mehrfach kundgetan. Wir haben Probleme mit der Umsetzung dieser Konzeption im Land. Wir haben von An fang an unseren politischen Willen artikuliert. Gerade mit Blick auf die unterschiedliche Situation der Hauptschulen in unserem Land brauchen wir bei der Umsetzung möglichst viel Flexibilität, damit sich die Schulen und die Schulträger bei der Einführung dieses Bildungsangebots passgenau auf die örtlichen Bedingungen und die örtlichen Bedürfnisse einlas sen können.

Wir haben diesen politischen Wunsch auch gesetzlich umge setzt. Ich darf es Ihnen noch einmal beweisen: Im novellier ten § 6 des Schulgesetzes steht ein Satz, der vorher eben nicht im Gesetzentwurf stand. Er lautet:

die Werkrealschule –

… kann auf mehrere Standorte verteilt sein.

Sie finden auch in der Begründung des Schulgesetzes an kei ner Stelle eine Formulierung, die ausschließen würde, dass die Klassen 8 und 9 parallel einzügig unter einer gemeinsa men Schulleitung an zwei Standorten geführt werden können.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Die Realität sieht aber anders aus, Frau Kollegin! – Zuruf der Abg. Rita Hal ler-Haid SPD)

Wir wollten vor allem den Kommunen entgegenkommen, die überhaupt bereit sind, sich zusammenzutun und zu kooperie ren. Es ist schon ein Riesenschritt nach vorn, wenn zwei oder sogar drei Kommunen sagen: „Wir wollen uns zusammentun, um dieses Bildungsangebot zu realisieren.“ Deshalb haben wir uns an dieser Stelle mehr Flexibilität gewünscht, damit wir möglichst viele Schulen im Dorf lassen können und da

mit möglichst viele neue Werkrealschulen realisiert werden können.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Nor bert Zeller SPD: Sie machen das Gegenteil!)

An dieser Stelle wird immer wieder gesagt, pädagogische Gründe sprächen gegen diese Regelung. Herr Schebesta, Sie werden sich daran erinnern: Wir haben uns von Anfang an im mer an diesem Punkt gerieben. Ich bleibe bis heute bei mei ner Einschätzung der Situation: Es ist doch gar kein so gro ßes Problem, wenn man zwei einzügige Hauptschulen hat. Ich bin fest davon überzeugt, dass sie auch die Wahlpflichtfächer anbieten und realisieren können. Dann müssen die Schüler eben notfalls für zwei Stunden in der Woche den Schulstand ort wechseln.

(Zuruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Durch die Auflagen, die Sie jetzt gemacht haben, sieht es so aus, dass die Schüler in sechs Jahren unter Umständen drei mal die Schule wechseln müssen, und das ist doch ein viel hö herer organisatorischer Aufwand. Mir erschließt sich also lei der bis heute der pädagogische Mehrwert an dieser Stelle nicht.

(Abg. Marianne Wonnay SPD: Falsche Blickrich tung! – Zuruf der Abg. Rita Haller-Haid SPD – Glo cke des Präsidenten)

Frau Abg. Dr. Arnold, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Lehmann?

Ich bin gleich fertig, Herr Lehmann. Dann dürfen Sie fragen.

Aber, wie gesagt: Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlos sen. Wir haben es gerade gehört: Es gibt noch rund 400 Haupt schulen in unserem Land, die offensichtlich noch zuwarten und die weitere Entwicklung abwarten wollen. Hier würde ich sehr gern noch einmal eine Äußerung unserer neuen Frau Kul tusministerin wiedergeben dürfen, eine Äußerung, die mich sehr beeindruckt hat. Sie wird im „Badischen Tagblatt“ vom 25. Februar mit den aus meiner Sicht sehr bemerkenswerten Worten wiedergegeben, Querdenkerin wolle sie nicht sein, eher – jetzt wörtlich – „Voraus- oder Nachdenkerin mit Spaß am Ausloten vorhandener Möglichkeiten“. Dieser Satz hat mich sehr beeindruckt, Frau Dr. Schick, und ich versichere Ih nen: Sie haben uns an Ihrer Seite, wenn Sie „voraus“-denken, aber auch, wenn Sie „nach“-denken wollen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie man sich so verbiegen kann!)

Das Wort erteile ich der Frau Mi nisterin für Kultus, Jugend und Sport, Frau Professorin Dr. Schick.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Her ren! Selbstverständlich bleibt die Schule im Dorf.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf von der CDU: Genau!)

Aber bitte lassen Sie doch gleichzeitig auch die Kirche im Dorf.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja! Genau! – Zu ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Das, was wir bisher gehört haben, lässt mich daran jedoch et was zweifeln.

Lieber Herr Zeller, Sie sagten, die Bildungspläne fehlten. Hochinteressant. Hier sind die Bildungspläne für die neue Werkrealschule.

(Die Rednerin hält die Bildungspläne hoch.)

Diese stehen seit Februar im Netz und sind für jeden, der das umsetzen will, verfügbar.