Protokoll der Sitzung vom 15.04.2010

Seit seiner Konstituierung hat man nichts mehr von diesem Gremium gehört.

Das Zweite: Es ist richtig, dass wir in europäischen Ländern und im Osten Deutschlands stärkere Absetzbewegungen in die Städte verzeichnen. Dass wir etwas schwächere Bewegungen als der Osten Deutschland haben,

(Abg. Peter Hauk CDU: Nicht etwas, sondern über haupt die schwächeren!)

die auf andere Gründe zurückzuführen sind, ist doch keine Entschuldigung und schon gar keine Ausrede, sondern müss te bei unserer Historie eigentlich zu verstärkten Anstrengun gen führen.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Wal ter Rüeck CDU)

Es ist leider bei Ihnen allein schon strittig, dass hier ein Pro blem entsteht. Das ist das Problem. Wir kommen heute nicht

einmal zu einer Therapie. Sie sind ja nicht einmal mit der Di agnose einverstanden. Darin sehe ich das Problem.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Fritz Buschle SPD: Jawohl! – Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Von den 1 100 Gemeinden in Baden-Württemberg haben 600 weniger als 5 000 Einwohner. Mehr als die Hälfte aller Ge meinden haben also dieses Problem.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Wollen Sie die auf stocken, oder wie?)

Sie auch nicht mehr in Ihrem Alter.

(Heiterkeit – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Kommt darauf an! Ich habe vier Kinder!)

Meine Damen und Herren, ich möchte zum Schluss kommen. Es ist schade, dass wir diesen Tagesordnungspunkt nicht da zu genutzt haben, Ansätze zu entwickeln, wie wir dieser Ver änderung entgegensehen können.

(Abg. Reinhold Pix GRÜNE: Das kommt jetzt!)

Schade. Es waren Lobpreisungen statt Ansätze, wie wir die Situation verbessern können. Ich kann nur sagen, liebe Kol leginnen und Kollegen von der CDU und der FDP/DVP: Die ser Tagesordnungspunkt war „pour le chat“.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Mur schel.

Herr Köberle,

(Abg. Dr. Klaus Schüle CDU: Herr Minister Köber le! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Sie haben gesagt, wir würden wieder herummäkeln und hät ten einen Argumentationsnotstand. Sie begründen Ihre sehr positive Darstellung des ländlichen Raums durch Umfrageer gebnisse. Von „Spitzenergebnissen“ haben Sie gesprochen. Fragen Sie doch einmal die Jugendlichen im ländlichen Raum, ob sie wirklich damit einverstanden sind, dass sie quasi abge schnitten sind, wenn sie auf den ÖPNV angewiesen sind und um 19:00 Uhr irgendwohin in die Stadt wollen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dann geht man zum Fußballtraining!)

Wie kommt man denn von Bad Waldsee ab 19:00 Uhr nach Stuttgart?

(Abg. Peter Hauk CDU: Mit dem Auto!)

Ja, mit dem Auto. Genau das ist es. Sie bringen die jungen Menschen dazu, dass sie quasi zwangsweise ein Auto brau chen.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Ojemine! Herr, schmeiß Hirn vom Himmel!)

Sie sagen: „Noch nie gab es einen so guten ÖPNV.“ Aber noch nie mussten so viele junge Menschen so mobil sein wie heu

te. Schon allein das Werkrealschulkonzept, das Sie dem länd lichen Raum überstülpen, wird den jungen Menschen mehr Mobilität abverlangen. Und Sie schaffen die Mobilität ab. Sie haben Regionalzüge gekappt. Sie haben keinen Super-ÖPNV, sondern Sie haben den ÖPNV in den letzten Jahren einfach verschlechtert.

(Beifall bei den Grünen – Lachen bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Was?)

Kurz ein Wort zum Thema Landwirtschaft und dazu, was wir diesbezüglich eigentlich wollen. Herr Kollege Kluck, von Ih nen oder einem anderen Kollegen wurde vorhin gefragt, was wir hinsichtlich der Landwirtschaft wollen. Nach dem Jahr 2013 wird es richtig interessant. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat vor wenigen Wochen – Mitte März – einstimmige Beschlüsse gefasst. Jetzt können Sie sagen: „Ja, die tragen wir mit.“ Dann sind wir auf einem guten Weg. Ich bin aber überzeugt davon, dass Sie in Ihrem alten, rückwärts gewandten Trott bleiben und sagen: Nein, das ist nichts.

Was will man auf europäischer Ebene? Zahlungen aus der so genannten ersten und zweiten Säule sollen zukünftig aus schließlich an erwerbstätige Landwirte, Landschaftspflege verbände oder Institutionen, die Kulturlandschaftspflege be treiben, geleistet werden. Das heißt für Baden-Württemberg: nicht mehr 30 Millionen € an Südzucker transferieren und dort den Zuckerexport subventionieren, was die Weltmärkte ka putt macht, sondern das Geld an die Landwirte geben. Da kön nen Sie mitmachen. Das ist der richtige Weg.

Die Zahlungen aus der ersten und zweiten Säule sollen zu künftig an den vorhandenen und den geschaffenen Arbeits plätzen ausgerichtet werden. Das heißt: weg von der hoch in dustrialisierten Massenproduktion mit viel Technik, aber we nig Mensch, und hin zu einer bäuerlichen Landwirtschaft. Da können Sie mitmachen. Bisher haben Sie immer das Gegen teil gemacht.

Neue Maßnahmen sollen sich am Klimaschutz orientieren. Außer dass Sie darüber reden, machen Sie nichts. Ausgleichs zahlungen für Nutzungsbeschränkungen aus dem Naturschutz sollen nicht mehr möglich sein. Bisher haben Sie immer ge sagt: „Die Landwirte machen so viel, deswegen müssen sie immer etwas bekommen.“

(Zuruf des Abg. Gundolf Fleischer CDU)

Bleiben Sie weiterhin bei Ihrer alten, rückwärtsgewandten Ag rarpolitik, oder öffnen Sie sich einer europäischen Landwirt schaftspolitik, die Zukunft hat? Das ist die Frage. Ein Bauer aus dem Schwarzwald hat es einmal so formuliert:

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Wie hat er gehei ßen?)

„Wo keine Kühe mehr stehen, kann man auch keine Touris ten mehr melken.“ Das ist ein wunderbares Gleichnis für das, was der ländliche Raum braucht. Er braucht nämlich die Be ziehung zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Natur schutz.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Ich habe einen Esel, eine Ziege und ein Schaf! Was haben Sie?)

Dieses magische Dreieck ist die Zukunft des ländlichen Raums. Wenn Sie in der Debatte schon so hochtrabend vom ländlichen Raum als Rückgrat des Landes Baden-Württem berg sprechen, dann müssen Sie auch etwas dafür tun.

Ich komme noch einmal zum Thema Ärzte. Sie sagen: „Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt.“ Andere haben sie schon vor fünf Jahren erkannt. In Sachsen gibt es schon lange Maß nahmen, die dazu dienen, die Versorgung mit Ärzten im länd lichen Raum zu fördern und zu unterstützen. Das reicht bis hin zu der Maßnahme, dass Studenten im Medizinbereich ein Stipendium erhalten, wenn sie sich verpflichten, später min destens drei Jahre im ländlichen Raum tätig zu sein.

(Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Herr Rösler richtet es ja gerade!)

Sie haben immerhin gesagt, Sie hätten die Zeichen der Zeit erkannt. Dennoch kommt das reichlich spät. Tun Sie etwas. Wir sind auf jeden Fall die Garanten für die Stärkung des länd lichen Raums. Das ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Um Gottes willen! Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! Lasst das nächste Mal wieder Herrn Pix re den! Der macht wenigstens ordentlichen Wein!)

Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Die Aktuelle Debatte unter Punkt 2 der Tagesordnung ist da mit beendet.

(Unruhe)

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf und bitte Sie, sich zu beruhigen:

(Heiterkeit)

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Einführung eines Hinterlegungsgesetzes und zur Änderung landesrechtlicher Vorschriften – Drucksa che 14/6094

Die Fraktionen sind übereingekommen, heute auf eine Aus sprache zu verzichten. Der Gesetzentwurf soll an den Ständi gen Ausschuss überwiesen werden. – Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 3 der Tagesordnung ist damit erledigt.