Bernd Murschel

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Ich hätte gern noch ei ne Konkretisierung zu den Prognoseberechnungen. Aus mei ner eigenen Erfahrung auf kommunaler Ebene weiß ich,
dass es doch einigen Spielraum bzw. Flexibilität gibt
bei der Beantwortung der Frage: Was ist eigentlich in Zukunft der Bedarf für unsere Kommunen? Das Statistische Landes amt Baden-Württemberg macht diese Berechnungen auch als Service für die Kommunen. Die Frage ist:
Sind denn die Kommunen in Zukunft stärker oder strikt dar an gebunden, dass diese Vorgaben oder Berechnungsmetho den, die das Statistische Landesamt vornimmt, auch in der Kommune anzuwenden sind, oder besteht ein gewisser Spiel raum? Wenn ja, wie groß wäre denn dieser Spielraum, der in den Kommunen besteht, um zu sagen: „Für uns gilt das Gan ze so nicht, weil wir eh ganz andere Rahmenbedingungen oder Ähnliches haben“?
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Uhr tickt uner bittlich, die 14. Wahlperiode geht ihrem Ende entgegen. Ich hatte das Glück, im Jahr 2006 zum ersten Mal in dieses Ho he Haus hineingewählt zu werden und gleich mit dem Thema Agrogentechnik beginnen zu können. Das war eine spannen de Sache. Fünf Jahre lang haben wir dieses Thema
immer und immer wieder besprochen. Fünf Jahre Agrogen technikdebatte im Landtag von Baden-Württemberg sind,
wenn man es in Zahlen fassen will, 14 parlamentarische Ini tiativen allein von uns Grünen.
Das sind ungefähr drei pro Jahr. Das sind aber auch 14-mal Blockaden von CDU und FDP/DVP gegen gentechnikfreie Zonen, gegen eine Landwirtschaft, die auf Gentechnikfreiheit setzt. Sie hatten 14-mal die Gelegenheit, über unsere Anträge abzustimmen. Sie haben sie 14-mal abgelehnt.
Heute dürfen Sie, Herr Kollege, das Gleiche noch zweimal fortsetzen. Es liegen zwei Anträge vor – einer von den Grü nen und einer von der SPD –, die jeweils einen Beschlussteil enthalten. Mit der heutigen Beratung ist die Debatte über das angesprochene Thema in dieser Wahlperiode beendet, und wir setzen sie – vielleicht in anderer Konstellation – in der neuen Wahlperiode fort.
Fünf Jahre Agrogentechnikdebatte im Land Baden-Württem berg bedeuten, dass der Verbraucherwunsch fünf Jahre lang mit den Füßen getreten wurde.
80 % der Verbraucher wollen keine Gentechnik und wollen einen anderen Verbraucherschutz, den Sie aber nicht mittra gen.
Nein, ich würde gern die letzte Rede, die ich halten darf,
ungestört von irgendwelchen fragwürdigen Zwischenfragen abschließen und noch einmal sagen, was fünf Jahre Agrogen technikdebatte in Baden-Württemberg wirklich heißen.
Diese fünf Jahre bedeuten auch, dass in Baden-Württemberg jahrelang Gentechnikversuche durchgeführt wurden, mit de nen bewiesen werden sollte, dass es eine friedliche Koexis tenz gibt. Das waren untaugliche Versuche. Sie haben sie selbst eingestellt, als Frau Aigner auf Bundesebene gesagt hat: „Das hat eigentlich gar keinen Sinn.“ Für Baden-Württem berg hat das schon gar keinen Sinn, weil die Kleinteiligkeit eine Koexistenz gar nicht hergibt.
Fünf Jahre Agrogentechnikdebatte sind fünf Jahre Diskussi on über Clothianidin, über Neonicotinoide, zuletzt über Di
oxin, also über die ganze Palette an Giften, die es gibt. Sie wa ren in diesem Hohen Haus immer wieder Diskussionspunkte.
Fünf Jahre Agrogentechnikdebatte sind Debatten über Jahre löchriger Kontrollen auf GVO-Saatgut mit der Folge gesetz widriger Pannenaussaaten von GVO-Saatgut.
Im Jahr 2009 waren es 170 ha in Baden-Württemberg. Im Jahr 2010 wurde dieses Saatgut aus Versehen auf 700 ha ausge bracht, weil man schlechte Kontrollen hat.
Fünf Jahre Agrogentechnikdebatte im Landtag von BadenWürttemberg sind fünf Jahre CDU-Landwirtschaftsminister. Erst war es Herr Hauk. Nun ist es Herr Köberle.
Das einzige Grüne, was ich in diesen Debatten erlebt habe, war die häufig vorzufindende grüne Krawatte des Exministers Hauk. Herr Köberle, Sie haben eine angehaucht grüne Kra watte. Das war das einzige Grüne in dieser Agrogentechnik debatte. Sie war immer zum Nachteil der Landwirte und zum Nachteil der Verbraucher. Wir haben immer gesagt: Wir be kämpfen die Gentechnik nicht per se, sondern wir bekämpfen sie, weil sie eine Risikotechnologie darstellt. Diese ist, wenn sie einmal „freigesetzt“ ist, nicht mehr rückholbar. Wir wol len Baden-Württemberg zu einem gentechnikfreien Land ma chen.
Das ist übrigens etwas, was Sie, Herr Köberle, im letzten Jahr betont hatten – das war das Erstaunliche –: Unser Land, un sere Verbraucher, unsere Landwirte brauchen die Gentechnik gar nicht.
Das eine ist die Ankündigung. Das andere ist die Realität.
Das muss man einfach so sehen. Wir haben eine durchaus er folgreiche Politik gemacht. Wir Grünen haben mit unserer Ar beit dafür gesorgt, dass es im Jahr 2011 keinen kommerziel len Anbau gibt, dass es im letzten Jahr keine Freilandversu che gab – ich hoffe, auch in diesem Jahr wird es sie nicht ge ben –, dass wir im Land Baden-Württemberg mehr und mehr gentechnikfreie Zonen haben, dass die Bevölkerung sensibi lisiert wurde und Druck für mehr Gentechnikfreiheit in Ba den-Württemberg, in Deutschland und in Europa ausübt.
Ich werde vielleicht in der zweiten Runde die Gelegenheit nut zen, noch etwas deutlicher auf den Antrag einzugehen.
Ich bedanke mich für Ihr Interesse.
Frau Präsidentin, mei ne Damen und Herren! Lassen Sie mich noch ein paar Begriff lichkeiten klarstellen und dabei auf meine Vorrednerinnen und Vorredner eingehen.
Frau Chef, Sie hatten gesagt,
dass in Nürtingen die Versuche eingestellt worden seien, weil gewalttätige Demonstranten die Pflanzen niedergetrampelt hätten.
Das Institut für Angewandte Forschung an der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen hat jahrelang Gelder von Drittmittelgebern angenommen, um in diesem Be reich zu forschen. Die Beträge lagen dabei im niedrigen fünf stelligen Bereich,
was für die Hochschule absolut keine Rolle spielt und margi nal ist. Dafür hat die Hochschule aber in Kauf genommen, dass wegen der Forschung eines einzelnen Professors auf Jah re hinaus ein Imageschaden für sie entstanden ist,
der den Rektor der Hochschule dazu gebracht hat
jetzt seien Sie doch einmal ruhig! –, zu sagen: Wir stellen diese Versuche ein. Diese Entscheidung, die die Hochschule getroffen hat, war die einzig richtige.
Sie müssen die Tatsachen zur Kenntnis nehmen. Dann wis sen Sie auch, was die Wahrheit und was dagegen reine Erfin dung ist.
Sie sehen auch, dass es in dieser Diskussion, wie sie gerade stattfindet, immer darum geht, die Gentechnik zu verharmlo sen und zu verschleiern. Es heißt dann: „Ein bisschen GVO – das kann man doch gar nicht mehr aufhalten.“
Wenn man wollte, könnte man Qualität in Baden-Württem berg hinbekommen. Aber man muss es halt auch wollen.
Herr Fischer, Sie haben gesagt:
„Das ist heute meine erste und gleichzeitig letzte Rede.“ Ich will das jetzt nicht kommentieren. Aber was Sie ausgeführt haben klang eher wie eine Werbebroschüre von Monsanto.
Sie haben eine Verharmlosung an die andere gereiht und eine beschwichtigende Darstellung an die nächste. Es ist doch nicht wahr, dass durch Gentechnik der Hunger auf der Welt besei tigt würde. Die Wahrheit ist vielmehr, dass der Hunger zu nimmt. Denn die Welt ist ungerecht,
und die Gentechnik trägt nichts dazu bei, dies zu verändern. Die Wahrheit ist, dass Landwirte in eine zunehmende Abhän gigkeit gedrängt werden, die sie dazu zwingt, Gelder an Ag rogroßkonzerne zu zahlen, die hinterher dann dem landwirt schaftlichen Kreislauf fehlen. Das ist die Wahrheit.
Den Hunger besiegen Sie mit der Gentechnik in keiner Wei se.
Nein. Ich bin gleich fer tig. Wir können ja nach der Sitzung heute Abend weiter dar über diskutieren.
Sie haben das Gentechnikgesetz angesprochen und dabei auch die Frage der Haftung angeführt. Ohne grüne Initiativen in diesem Bereich hätte es diese Regelung der Haftungsfrage nicht gegeben.
Das ist das einzig Richtige. Deswegen haben wir hier Gen technikfreiheit; denn wir haben uns dafür eingesetzt,
dass derjenige, der Gentechnik anwendet, für die Folgen haf tet. Das ist ein toller grüner Erfolg.
Die EU-Freisetzungslinie hatten Sie, Herr Winkler, bereits an gesprochen, hatten dies aber eher unter dem Aspekt getan, da mit seien Chancen verbunden, nämlich insofern, als die EU sage, die Mitgliedsstaaten sollten dies in eigener Zuständig keit regeln. Das mag eine Chance sein; es ist gleichzeitig aber auch ein relativ großes Risiko. Denn es kann nicht angehen, dass wir in Europa ein Sammelsurium unterschiedlicher Be stimmungen über die Zulassung haben, die örtlich differieren. Wir brauchen eine EU-weite verbindliche Regelung, die ein fach klar sagt: Hier in Europa ist GVO-Anbau nicht erlaubt.
Nun noch ein paar Sätze zu den beiden vorliegenden Anträ gen: Der Antrag zu den Themen MON 810 und NK 603 stammt aus dem Jahr 2009; so alt werden hier manche Anträ ge.
Das ist nun Vergangenheit. Aber die Beschlussvorschläge sind nach wie vor aktuell. Denn man muss sich einfach auf der Zunge zergehen lassen, wie Sie auf den Beschlussteil unseres Antrags reagieren. Wir sagen in Abschnitt II dieses Antrags, wir möchten
eine zusammenfassende Dokumentation zum Ablauf der festgestellten Verunreinigungen des Maissaatguts mit NK 603 und MON 810...
und wünschen eine offensive Form der Herangehensweise bei der Veröffentlichung. Die Landesregierung nimmt hierzu wie folgt Stellung:
Die Vorgänge im Zusammenhang mit GVO-Spuren wer den von den zuständigen Behörden dokumentiert
das ist schön –
und können nach Terminabsprache dort eingesehen wer den.
Das ist eine unglaubliche Transparenz und Bürgerfreundlich keit.
Mein letzter Satz – ich komme zum Ende –: Wir sagen: In Zukunft sollen bei solchen Vorfällen, nämlich dann, wenn versehentlich genverändertes Saatgut ausgebracht wurde, die Pflanzen umgehend unterge pflügt werden. Es darf nicht sein, dass zunächst irgendwelche anderen Verfahren vorgeschaltet werden. Was schreibt die Landesregierung dazu?
Falls es dennoch zu einer Aussaat kommt, müssen im Ein zelfall nach dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit entspre chende Maßnahmen eingeleitet werden.
Das ist die GVO-Politik des Landes Baden-Württemberg, und das wollen wir ändern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir behandeln heute in zweiter Lesung den Gesetzentwurf zur Änderung des Vermessungsgesetzes. Über die Inhalte haben wir bereits in der ersten Lesung und auch im Ausschuss diskutiert.
Große Diskrepanzen gibt es in diesem Bereich eigentlich nicht. Unsere Fraktion hält die Änderungen, die mit dem Ge setzentwurf zur Änderung des Vermessungsgesetzes beabsich tigt sind, im Wesentlichen für fair und gerecht. Es geht um das Spannungsfeld: Welche Aufgaben sollen die Vermessungsäm ter und die öffentlich bestellten und vereidigten Vermessungs ingenieure einerseits und die freiberuflichen Vermessungsin genieure andererseits in Zukunft wahrnehmen? Wo liegen da die Aufgabenfelder und Zuständigkeiten?
Vom Grundsatz her wird gesagt: Wir wollen einen höheren Privatisierungsanteil im Vermessungswesen. Ein Privatisie rungsanteil von 80 % stand schon vor Jahren im Raum.
Wie in der Vergangenheit ist auch heute das Problem, dass dies in den Kommunen und den Landkreisen sehr unterschied lich gehandhabt wird, was sich auch in einem unterschiedli chen Zielerreichungsgrad niederschlägt. Das ist auch disku tiert und besprochen worden.
Auf eine der Änderungen, die wir wollen, möchte ich noch einmal eingehen. Dies betrifft die Abmarkungen. Wir halten es – analog zu dem, was die SPD will – nach wie vor für rich tig, dass Abmarkungen die Regel und nicht die Ausnahme sein sollten. Das heißt, es sollte am Grundsatz festgehalten wer den, dass Abmarkungen stattfinden und auf Antrag auf die Ab markung verzichtet werden kann. Wir haben deshalb einen Änderungsantrag zu § 6 Abs. 1 formuliert.
Damit die Interessenlagen der Landkreise zum Tragen kom men – gerade im Hinblick auf den unterschiedlichen Zieler reichungsgrad –, wollen wir die Übergangsfristen für die Ka tastervermessungen jeweils um ein Jahr verlängern. Das heißt, wir wollen, dass in § 8 Abs. 2 Nr. 5 aufgenommen wird, dass die Katastervermessung wahlweise von einem ÖbV oder von Vermessungsbehörden gemacht werden können, und zwar ex akt um ein Jahr länger, als es in dem Gesetzentwurf vorgese hen ist.
Das Gleiche gilt analog natürlich auch für die Übergangsre gelungen in Artikel 3. Das ist sinngemäß gar nicht anders zu machen.
Ich möchte auch noch mit ein paar Worten auf die Weihnachts baumkulturen eingehen. Es ist natürlich schon eine relativ in teressante Geschichte, dass man über den Umweg eines Ver messungsgesetzes plötzlich das Landwirtschafts- und Landes kulturgesetz, das vor einem Jahr geändert wurde, sozusagen im Huckepackverfahren wieder ändert.
Herr Kollege, effizient wäre es, wenn Sie sagen würden: Das, was wir vor einem Jahr gemacht haben, war Blödsinn. Machen wir doch einfach das Gesetz wieder rückgängig und machen Weihnachts- und Christbaumkulturen einfach wieder genehmigungspflichtig.
Dann gibt es null Bürokratie und null Aufwand für die Kom munen, und die Kommunen haben wieder die Planungshoheit und die Mitsprachemöglichkeit, die sie haben wollen.
Ihre Vorgehensweise beinhaltet eine Krux. Damit sagen Sie: Okay, wir haben eingesehen, dass in manchen Kommunen vielleicht etwas schiefläuft. Jetzt korrigieren wir das klamm heimlich ein Stück weit über das Landesvermessungsgesetz und geben den Kommunen die Möglichkeit, über Satzungen regelnd einzugreifen.
Wir sind nicht die Einzigen, die nicht der Ansicht sind, dass damit alles erledigt und für die Kommunen einfach zu hand haben ist.
Der Aufwand, den man betreiben muss, um eine Satzung rechtssicher zu gestalten, ist nicht unerheblich.
Es ist nicht damit getan, dass man eine Mustersatzung nimmt.
Das dürfen sie sein. – Sie können ohne Weiteres die Kom munen mit Mustersatzungen unterstützen. Sie müssen aber ganz klar – das steht auch im Gesetzestext – Kartierungen auf den Weg bringen. Das heißt, sie sind gezwungen, flächende ckend die Gemarkung nach bestimmten Kriterien zu untersu chen.
Nur dann können sie festlegen, wo Aufforstungsgebiete sind und wo Nichtaufforstungsgebiete sind.
Wir sehen das als ein Signal und als einen ersten Schritt an, auf die Kommunen zuzugehen. Es wird aber zu einem fal schen Instrument gegriffen. Ich denke, wir sollten in Zukunft schauen, dass wir noch einen Schritt weiter gehen.
Sicher.
Es war ja nicht der Forst wirtschaft zugeordnet. Das ist völlig richtig. Es gilt als land wirtschaftliche Kultur.
Es geht darum, dass ein Zustand im Einvernehmen aller – das muss ich hier feststellen – geregelt werden soll. Dabei geht es um die Frage, wie man den bürokratischen Aufwand minimie ren kann.
Diese Aufgabe steht für das Jahr 2011 an.
Ich glaube, wir werden uns da auf einen gemeinsamen Weg begeben können.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! In den Ausführungen meiner beiden Vor redner ist, glaube ich, sehr deutlich geworden, wo die eigent lichen Inhalte des Entwurfs zur Novellierung des Vermes sungsgesetzes liegen. Deswegen brauche ich nicht in großen Teilen darauf einzugehen und kann mich auf die Punkte be schränken, die wir als Grüne noch betonen wollen.
Sicherlich geht es darum, einen gerechten Ausgleich zwischen den Interessen öffentlich bestellter Vermessungsingenieure, den Interessen privater Vermessungsingenieure und den Inte ressen der Vermessungsverwaltung in den Landratsämtern bzw. der Landratsämter selbst zu finden.
Die Vermessung unterliegt einem starken Wandel. Spätestens dann, wenn das europäische Satellitensystem in Betrieb geht bzw. nutzbar sein wird, wird sich das Vermessungswesen noch einmal gravierend verändern und insofern auch Auswirkun gen auf die Tätigkeit aller Vermessungsingenieure haben.
Wir sind der Meinung, dass es richtig ist, 80 % der Vermes sungstätigkeiten der öffentlichen Hand an freiberuflich tätige Vermessungsingenieure zu vergeben und damit einen Groß teil der Vermessungstätigkeit zu privatisieren. Diese Zielvor gabe ist in den Landratsämtern unterschiedlich verwirklicht. In meinem Heimatlandkreis Böblingen ist sie gut verwirklicht. In anderen Landkreisen, in denen einfach kein starkes finan zielles Interesse vorhanden sein kann, weil hier nicht so viel Geld verdient werden kann, ist diese Vorgabe nicht umgesetzt. Ich glaube aber, dass die Landratsämter sehr viel Zeit gehabt haben, sich auf diese Umstellung vorzubereiten, und dass die in dem Gesetzentwurf enthaltenen Ansätze richtig sind, um die Entwicklung – salopp gesagt – zu pushen.
Wir sind allerdings auch der Meinung, dass es im Ermessen der Kommunen und der Bürger, der Privatpersonen liegen soll, ob für die Vermessungstätigkeit Vermessungsingenieure aus der Landesverwaltung herangezogen werden sollen oder ob private Vermessungsingenieure diese Tätigkeiten ausüben sol len.
Wir sind auch der Meinung – da schließe ich mich den Aus führungen des SPD-Kollegen an –, dass wir auf jeden Fall noch einmal darüber diskutieren sollten, ob es der richtige Weg ist, die Pflicht zur Abmarkung aufzuheben und diesbe züglich Wahlfreiheit vorzusehen. Denn die Gemarkung – Marksteine und Abgrenzungen – hat durchaus etwas mit Rechtsfrieden zu tun und stellt für viele ein hohes Gut dar. Da rüber werden wir im Ausschuss noch einmal zu diskutieren haben.
Ansonsten werden wir das im Entwurf vorliegende Gesetz konstruktiv begleiten.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Wertschöpfung in der Landwirtschaft sinkt seit vielen Jahren. Die EU hat festgestellt, dass sie im Schnitt bei nur noch knapp 20 % liegt – vor ein paar Jahren waren es noch 28 %. Dies ist einer der Gründe, warum die EU sagt, wir müssten in der anstehenden EU-Agrarreform etwas für die Landwirtschaft tun.
Gerade haben wir gehört, dass die billigen Lebensmittel zum Wohlstand vieler geführt haben. Aber genau diese billigen Le bensmittel haben auch zur Verarmung sehr vieler Landwirte beigetragen.
Wir reden darüber, dass Landwirte heutzutage von ihrer Pro duktion, also dem Erzeugen von Lebensmitteln, gar nicht mehr leben können. Ohne qualifizierte Unterstützung durch den Staat würden Landwirte heute gar nicht mehr überleben können. Fast die Hälfte der Einnahmen landwirtschaftlicher Betriebe sind staatliche Zahlungen.
Der Antrag wurde zu einem Zeitpunkt eingebracht, als die Milchbauern auf die Straße gingen und gesagt haben: „Mit je
dem Liter Milch, den wir erzeugen, zahlen wir drauf.“ Sie ha ben sich von der Politik wie auch von den eigenen Verbänden im Regen stehen gelassen gefühlt.
Die Schwankungen auf dem Markt, was Preise und Erlöse von Milch und Getreide anbelangt – es ist gerade angesprochen worden –, sind gigantisch. Sie steigen von Jahr zu Jahr.
Insofern stellt sich die Frage nach der konkreten Situation der Landwirte. „Wir sind ein verlässlicher Partner der familiären bäuerlichen Betriebe“, so klingt es immer wieder.
Auf der anderen Seite gibt es einen Strukturwandel, der dazu führt, dass 2 % bis 3 % der Betriebe pro Jahr dichtmachen und dann nicht mehr existieren.
Wo gibt es noch eine andere Branche, die über Jahre und Jahr zehnte solch einen gravierenden Verlust an Betrieben und an darin arbeitenden Menschen hat?
Ich möchte einfach einmal erleben, wie es wäre, wenn wir so etwas hier im Parlament von Baden-Württemberg hätten – wir sind 139 Abgeordnete –, wenn wir also sagen würden, jedes Jahr hätten zwei, drei oder vier Abgeordnete wegzugehen, und dazu sagten, dies sei überhaupt kein Verlust, weil die anderen das locker wettmachen würden,
sondern dies bringe qualitativ eigentlich sogar noch eine Stei gerung, eine Effizienzverbesserung mit sich.
Das wären also zwei von der CDU, je einer von der SPD und den Grünen und alle zwei Jahre einer von der FDP/DVP – da mit es nicht so wenige werden.
Ich glaube, dann würde es hier schnell eine andere Variante geben, nämlich den Appell: Unterstützt und rettet das Landes parlament! Was die Landwirte angeht, ist so etwas jedoch lei der nicht passiert.
Das Bruttojahreseinkommen eines landwirtschaftlichen Be triebs pro Familienarbeitskraft schwankt zwar über die Jahre hinweg, liegt jedoch im Schnitt bei etwa 20 000 €. Das ist im Vergleich zu anderen Beschäftigten nicht gerade gravierend viel. Man kann also ganz bestimmt nicht sagen, dass hier Freu de herrsche und dass es hier prima in die Zukunft gehe.
Genau, Herr Kollege Kluck. Deshalb frage ich: Wohin soll es gehen?
Die Europäische Union sagt in ihren Papieren zur Agrarre form, die Landwirtschaft werde grüner. Das ist auch richtig so. Die Landwirtschaftspolitik in Baden-Württemberg hat sich komplett isoliert. Sie hat sich von der Agrarpolitik der Euro päischen Union isoliert. Sie hat sich z. B. auch von der Wis senschaft isoliert.
Ich möchte zum Abschluss eine Frankfurter Zeitung vom 24. Oktober 2010 zitieren, in der zu lesen war, dass 30 Agrar ökonomen eine Reform fordern.
Wenn Sie eine solche Reform machten, wäre das vielleicht richtig.
Die „Frankfurter Allgemeine“ zitiert aus einer Erklärung von 30 europäischen Agrarprofessoren:
Die bisherige Agrarförderung verfehle ihre wichtigsten gesellschaftlichen Aufgaben... Sie diene weder der För derung von Artenvielfalt, Tierschutz und Klimaschutz noch der Landschaftspflege oder der Schaffung eines fai ren Wettbewerbs. Dennoch seien nicht nur Agrarstaaten wie Deutschland und Frankreich, sondern auch die Eu ropäische Kommission und das Europaparlament offen bar nicht willens, die anstehende Diskussion über die Zu kunft der Agrarpolitik für tiefgreifende Reformen zu nut zen... Sie beugten sich der Agrarlobby und wollten den Status quo bewahren.
Zum Abschluss sagen die Professoren zu den Direktzahlun gen, die immer wieder im Gespräch sind – nach wie vor Zitat FAZ –:
Die Direktzahlungen sollten schrittweise gestrichen wer den. Sie würden den Bauern ohne Gegenleistung gewährt, heißt es in der Erklärung.
Sinnvoller sei es, diese für die Erfüllung von Aufgaben wie dem Klimaschutz zu bezahlen. Den Lebensstandard auf dem Land zu sichern sei nicht Aufgabe der Agrar-, sondern der Sozialpolitik. Kern der Agrarpolitik solle die Förderung einer klima- und umweltfreundlichen Land wirtschaft sein.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirte werde am bes ten gefördert, wenn sich die EU am Markt orientiere und etwa auf Exportsubventionen verzichte.
Sie sehen an diesen Ausführungen: Die Agrarpolitik aufsei ten der Wissenschaft unterscheidet sich diametral von dem, was hier im Land Baden-Württemberg gefahren wird.
Die EU-Agrarpolitik läuft diametral in eine andere Richtung. Gott sei Dank läuft sie in eine andere Richtung, sonst hätten
wir auch in Zukunft einen Verlust der landwirtschaftlichen Be triebe.
Danke schön.
Frau Ministerin Gönner, ich möchte gern etwas konkreter nachfragen, weil das doch etwas schwammig im Raum stand. Sind allein die Kommu nen für die Aufstellung von Lärmaktionsplänen, konkret für die Integration von Geschwindigkeitsbegrenzungen in diese Pläne, zuständig, und dies, ohne das Einvernehmen mit der höheren Straßenverkehrsbehörde herzustellen?
In verschiedenen Drucksachen haben Sie den Hinweis gege ben, dass es bei den Luftreinhalteplänen nach § 47 des Bun des-Immissionsschutzgesetzes anders sei, bei Lärm allerdings allein die Kommune zuständig sei. Wie verhält es sich jetzt konkret?
Frau Ministerin Gönner, da wir gerade dabei sind: Sie hatten gesagt, Sie unterstützten die Kommunen bei der Umsetzung von Lärmschutzmaßnah men, das Land steuere hierzu 50 Cent pro Einwohner bei. Mich würde einfach Ihre Einschätzung interessieren: Halten Sie bei den anstehenden Maßnahmen in diesen Aktionsplänen – Pi mal Daumen: was von den Kommunen bisher eingebaut wurde – diese 50 Cent pro Einwohner für wenig, mittel oder viel Unterstützung für die Kommunen?
Frau Ministerin, Sie sag ten eben, dieser Brief des Eisenbahn-Bundesamts sei um 17:11 Uhr bei den entsprechenden Behörden eingegangen. Man konnte an diesem Abend auch über das Internet, über fluegel.tv – die machen Liveübertragungen – miterleben, dass der Pres sesprecher der Parkschützer – Herr von Herrmann heißt er, glaube ich –
ich wollte nur wissen, ob Sie noch bei der Sache sind – mit der Einsatzleitung telefonisch über dieses Schreiben und die Tatsache, dass keine Bäume gefällt werden sollten, sprach.
Haben Sie oder hat die Behörde diese Informationen auch an die Einsatzleitung weitergegeben, oder hatten Sie dies aus die sen faktischen Gründen für nicht notwendig erachtet?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema „Ländlicher Raum“ ist ein Querschnittsthema. Jeder weiß das. Wer die Debatten gestern und heute hier verfolgt hat – gerade ist das Thema „Straßen in Baden-Württemberg“ angesprochen worden; daneben ging es um den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg und heu te Morgen auch um das Thema Bildung –, der sieht, dass es ein Unterschied ist, ob man über Ballungsräume, über Groß städte redet, oder ob man diese Themen in Bezug auf den länd lichen Raum betrachtet.
Eines zieht sich durch diese Debatten ebenfalls hindurch, und das ist ein sehr klischeehaftes Vorgehen: Wenn man vonsei ten der Opposition Verbesserungsvorschläge macht, wenn man Ideen einbringt und sagt, wo es Schwachstellen gibt, dann heißt es: schlechtreden. Während wir versuchen, darüber hi nauszukommen, bleiben Ihre Ausführungen einfach an die sem Klischeehaften hängen. Gerade war es auch wieder so. Herr Kollege Locherer, ich schätze Sie ebenfalls. Aber wenn Sie in einer Debatte fünf Minuten lang nur die Vorzüge dar stellen und so reden, als sei alles in Ordnung, wenn Sie so tun, als gäbe es als einziges Problem nur noch die Ärzteversorgung –
die wir ja jetzt im Griff hätten, weil wir das Problem erkannt haben –, dann gehen Sie einfach an dem Thema vorbei.
Tatsächlich ist im ländlichen Raum doch etwas ganz anderes zu bemerken. Ich nenne nur einmal das Thema Demografie, das hier angesprochen wurde. Exstaatsrätin Claudia Hübner hat noch im letzten Jahr gesagt, sie befürchte ein Ausbluten des ländlichen Raums. Warum? Weil es bestimmte Regionen gibt – Zollernalbkreis, Calw, Sigmaringen, Göppingen –,
die deutliche Verluste verzeichnen, während die Stadtkreise oder auch der Bodenseekreis – Sie müssen einfach zur Kennt nis nehmen, was die Fakten sind; da nützt es auch nichts, wenn Sie dazwischenrufen – die Gewinner sind.
Diese Wanderungsverluste führen dazu, dass die Dynamik im ländlichen Raum drastisch abnimmt, und zwar mit der Folge, dass sich ein Prozess, der schon lange da ist, noch verstärkt, nämlich das weitere Ausdünnen der Infrastruktur, ein weite res Abwandern. Die Post schließt, die Banken machen zu, die Geschäfte schließen usw. Das ist ein Kreislauf, den wir über all beobachten, und der kann uns nicht gleichgültig sein. Da können wir nicht sagen: Das Problem haben wir erkannt, es wird sich schon irgendwie lösen.
Stichwort Ärzteversorgung – auch das wurde eben von mei nen beiden Vorrednern angesprochen –: Die Lücken in der Ärzteversorgung sind weitaus dramatischer, als es dargestellt wurde. Über 20 % der Ärzte auf dem Land sind 60 Jahre alt oder älter. Wenn Sie die Diskussion in der Presse verfolgen, werden Sie feststellen, dass der normale Hausarztbesuch auf dem Land zu einem richtigen Halbtagsereignis wird. Sie müs sen warten; ein Hausarzt hat ständig ein volles Wartezimmer. Hier müssen Sie wirklich etwas tun. Und wenn die Menschen
im ländlichen Raum einen Facharzt brauchen, müssen sie so wieso weit, weit fahren.
Was die ärztliche Versorgung angeht, so sind der Bereich der Krankenhäuser und der Bereich der sonstigen vertragsärztli chen Mediziner unterschiedlich geregelt.
Aber das Land muss hier natürlich mitsteuern, mitorganisie ren. Das Land ist zuständig für die Krankenhäuser, und die Kassenärztlichen Vereinigungen sind auch keine losgelösten Vereinigungen, die ohne Rückhalt durch die Landespolitik et was machen könnten.
Ich denke, da hat die Landesregierung in ihren eigenen Stel lungnahmen durchaus die nötigen Ansätze erkannt, hält sie aber unter dem Teppich und sagt: „Wir haben alles im Griff“, während sie insgeheim denkt: „Hoffentlich merkt niemand, wie es wirklich ist.“
Nur noch ein weiteres Beispiel in dieser ersten Runde, näm lich die Landwirtschaft. Ländliche Politik ist nicht Landwirt schaftspolitik. Darin sind wir alle uns einig. Das war in der Vergangenheit sicherlich wesentlich stärker der Fall; da war die Landwirtschaftspolitik eher ausgeprägte Landespolitik. Aber ländlicher Raum ohne Landwirtschaft, das ist ein Prob lem, das ist etwas, was man sich heutzutage gar nicht vorstel len kann, und zwar aus ganz unterschiedlichen Gründen.
Wenn Sie von Strukturkrise reden, dann klingt das sehr be schönigend. Es ist keine Strukturkrise, wenn in den letzten 100 Jahren 90 % der Betriebe dichtgemacht haben, also von zehn Landwirten nur noch einer übrig geblieben ist, oder wenn seit 1960 rund 85 % der Milchbauernbetriebe in Baden-Würt temberg dichtgemacht haben. Das ist keine Strukturkrise, son dern das ist ein Massensterben der Landwirtschaft im ländli chen Raum.
Dem haben Sie nichts entgegenzusetzen, außer zu sagen: Wachsen oder Weichen,
Industrialisierung, Massenproduktion. Das sind die falschen Antworten auf die Frage, wie man ländliche Räume stärken kann. Sie müssen die Landwirtschaft stärken.
Darauf will ich in der zweiten Runde gern eingehen.
Herr Köberle,
Sie haben gesagt, wir würden wieder herummäkeln und hät ten einen Argumentationsnotstand. Sie begründen Ihre sehr positive Darstellung des ländlichen Raums durch Umfrageer gebnisse. Von „Spitzenergebnissen“ haben Sie gesprochen. Fragen Sie doch einmal die Jugendlichen im ländlichen Raum, ob sie wirklich damit einverstanden sind, dass sie quasi abge schnitten sind, wenn sie auf den ÖPNV angewiesen sind und um 19:00 Uhr irgendwohin in die Stadt wollen.
Wie kommt man denn von Bad Waldsee ab 19:00 Uhr nach Stuttgart?
Ja, mit dem Auto. Genau das ist es. Sie bringen die jungen Menschen dazu, dass sie quasi zwangsweise ein Auto brau chen.
Sie sagen: „Noch nie gab es einen so guten ÖPNV.“ Aber noch nie mussten so viele junge Menschen so mobil sein wie heu
te. Schon allein das Werkrealschulkonzept, das Sie dem länd lichen Raum überstülpen, wird den jungen Menschen mehr Mobilität abverlangen. Und Sie schaffen die Mobilität ab. Sie haben Regionalzüge gekappt. Sie haben keinen Super-ÖPNV, sondern Sie haben den ÖPNV in den letzten Jahren einfach verschlechtert.
Kurz ein Wort zum Thema Landwirtschaft und dazu, was wir diesbezüglich eigentlich wollen. Herr Kollege Kluck, von Ih nen oder einem anderen Kollegen wurde vorhin gefragt, was wir hinsichtlich der Landwirtschaft wollen. Nach dem Jahr 2013 wird es richtig interessant. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat vor wenigen Wochen – Mitte März – einstimmige Beschlüsse gefasst. Jetzt können Sie sagen: „Ja, die tragen wir mit.“ Dann sind wir auf einem guten Weg. Ich bin aber überzeugt davon, dass Sie in Ihrem alten, rückwärts gewandten Trott bleiben und sagen: Nein, das ist nichts.
Was will man auf europäischer Ebene? Zahlungen aus der so genannten ersten und zweiten Säule sollen zukünftig aus schließlich an erwerbstätige Landwirte, Landschaftspflege verbände oder Institutionen, die Kulturlandschaftspflege be treiben, geleistet werden. Das heißt für Baden-Württemberg: nicht mehr 30 Millionen € an Südzucker transferieren und dort den Zuckerexport subventionieren, was die Weltmärkte ka putt macht, sondern das Geld an die Landwirte geben. Da kön nen Sie mitmachen. Das ist der richtige Weg.
Die Zahlungen aus der ersten und zweiten Säule sollen zu künftig an den vorhandenen und den geschaffenen Arbeits plätzen ausgerichtet werden. Das heißt: weg von der hoch in dustrialisierten Massenproduktion mit viel Technik, aber we nig Mensch, und hin zu einer bäuerlichen Landwirtschaft. Da können Sie mitmachen. Bisher haben Sie immer das Gegen teil gemacht.
Neue Maßnahmen sollen sich am Klimaschutz orientieren. Außer dass Sie darüber reden, machen Sie nichts. Ausgleichs zahlungen für Nutzungsbeschränkungen aus dem Naturschutz sollen nicht mehr möglich sein. Bisher haben Sie immer ge sagt: „Die Landwirte machen so viel, deswegen müssen sie immer etwas bekommen.“
Bleiben Sie weiterhin bei Ihrer alten, rückwärtsgewandten Ag rarpolitik, oder öffnen Sie sich einer europäischen Landwirt schaftspolitik, die Zukunft hat? Das ist die Frage. Ein Bauer aus dem Schwarzwald hat es einmal so formuliert:
„Wo keine Kühe mehr stehen, kann man auch keine Touris ten mehr melken.“ Das ist ein wunderbares Gleichnis für das, was der ländliche Raum braucht. Er braucht nämlich die Be ziehung zwischen Landwirtschaft, Tourismus und Natur schutz.
Dieses magische Dreieck ist die Zukunft des ländlichen Raums. Wenn Sie in der Debatte schon so hochtrabend vom ländlichen Raum als Rückgrat des Landes Baden-Württem berg sprechen, dann müssen Sie auch etwas dafür tun.
Ich komme noch einmal zum Thema Ärzte. Sie sagen: „Wir haben die Zeichen der Zeit erkannt.“ Andere haben sie schon vor fünf Jahren erkannt. In Sachsen gibt es schon lange Maß nahmen, die dazu dienen, die Versorgung mit Ärzten im länd lichen Raum zu fördern und zu unterstützen. Das reicht bis hin zu der Maßnahme, dass Studenten im Medizinbereich ein Stipendium erhalten, wenn sie sich verpflichten, später min destens drei Jahre im ländlichen Raum tätig zu sein.
Sie haben immerhin gesagt, Sie hätten die Zeichen der Zeit erkannt. Dennoch kommt das reichlich spät. Tun Sie etwas. Wir sind auf jeden Fall die Garanten für die Stärkung des länd lichen Raums. Das ist uns Grünen ein wichtiges Anliegen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Auch wenn das Finanzkonstrukt des Einzelplans 08 dadurch, dass es sehr, sehr viele Förderprogramme gibt, dass es Kofinanzierungen gibt, dass es Querfinanzierungen gibt, wirklich schwer zu durchschauen ist, bleibt dennoch eines ganz klar:
Dieser Haushalt hat Kontinuität. Er wird gerade so weitergeführt wie bisher. Es ist ein „Weiter so wie bisher!“. Zwischen den Haushalten der Vergangenheit und dem jetzigen Vorschlag gibt es keine großen Unterschiede. Sie von der Regierung lassen sich hier vielleicht feiern. Aber angesichts der Herausforderungen der Haushalts- und der Finanzlage, der neuen Herausforderungen, die auch von der EU kommen, und der Situation bei den Landwirten enthält dieser Einzelplan keine Antworten; er gibt nur unzureichende Antworten auf das, was heutzutage gefragt ist.
Wo wollen wir denn in der Landwirtschaft hin, und wie sieht es real aus? Wir wollen eine Landwirtschaft, bei der die Bauern von ihrer Landbewirtschaftung und ihrer Tierhaltung leben können.
Herr Locherer, Sie haben vorhin kritisch angemerkt, die Grünen würden immer wieder in ein nostalgisches Bild einer Landwirtschaft abgleiten, von der heute niemand mehr leben kann. Faktisch ist es andersherum. Seit Jahren zeigt sich ein Höfesterben; seit Jahren können immer weniger Landwirte von dem leben, was sie auf ihrer Scholle verdienen. Sie sagen, dies sei die Struktur, dies sei Ihre Agrarpolitik und dies sei richtig. Sie sagen, man müsse lediglich investieren, um wettbewerbsfähig zu werden, und dann gehe es unseren Bauern gut. Selbst wenn der letzte Bauer seinen Hof geschlossen hat, wird das wahrscheinlich noch immer Ihre Argumentationsschiene sein.
Wir wollen, dass die Landwirte von ihrer Arbeit leben können. Hierfür werde ich noch Beispiele bringen. Wir wollen Qualität hineinbringen.
Wir wollen tiergerechte Bedingungen in den Vordergrund rücken. Wir wollen Genfreiheit als Markenzeichen, und wir wollen regionale Produkte unterstützen.
Sie wissen doch genau, was ich meine.
Die Welternährung, die vorhin bereits von meinem Vorredner angesprochen worden ist, werden wir nicht durch eine Intensivierung der Landwirtschaft in Europa oder Nordamerika retten. Der Weltagrarbericht hat eindeutig zum Ausdruck gebracht: „Business as usual is not an option.“
Das heißt, Ihr Ansatz, die Fortsetzung einer Landwirtschaftspolitik, die auf eine hohe Intensivierung mit all ihren negativen Folgen setzt – in Baden-Württemberg setzen wir, beispielsweise über die SchALVO, seit Jahrzehnten große Beträge für die Nitratreduzierung ein, um die Auswirkungen der Agrarpolitik zu bekämpfen, damit wir wieder „gesundes“ Wasser haben –, wird das Problem der Welternährung nicht lösen.
Im Gegenteil, es ist eine energieeffiziente Landwirtschaftsform geboten. Energieeffizienz bedeutet nicht die 12 000-Liter-Kuh im Stall mit allen Inputs, die diese Kuh braucht, die nur noch Maschine ist, was mit „tiergerecht“ nichts mehr zu tun hat. Energieeffizienz bedeutet vielmehr eine deutlich reduzierte Form der Landwirtschaft mit einer 6 000-Liter-Kuh, die, gemessen am wesentlich geringeren Input an Energie, eine wesentlich höhere Effizienz aufweist.
Sie sollten auch einmal die Forschungsberichte lesen, die etwa von der Universität Hohenheim oder von anderen Agrarforschungseinrichtungen verfasst worden sind.
Wir haben Vorschläge gemacht, die darauf abzielen, strukturell etwas in diesem Haushalt zu verändern. Wir wollen zweistellige Millionenbeträge bei der Flurneuordnung einsparen.
Das ist vorhin bereits angesprochen worden. Über 60 % der Mittel, die in die Flurneuordnung gesteckt werden, sind für den Wegebau vorgesehen. Deshalb frage ich, weshalb wir ein verstecktes Wegebauprogramm brauchen, das das Land finanziert. Das muss nicht sein.
Ich erkenne die positiven Aspekte einer Flurbereinigung durchaus an.
Die Flurneuordnung soll ihren Zweck in der Verbesserung der Kulturlandschaft und der Bedingungen für die Landwirte haben. Wenn damit Wegebau verbunden ist, dann sollen das die Kommunen machen und hinterher auch finanzieren.
Zum Stichwort „Klimaschutz in der Landwirtschaft und bei der Nahrungsmittelproduktion“: Herr Locherer, Sie haben gesagt, wir dürften den Bogen beim Klimaschutz in der Landwirtschaft nicht überspannen. Darin klingt an: Bitte macht nicht allzu viel.
Das ist genau das, was dabei herauskommt. Bei der Beratung des Einzelplans 07 hat der Wirtschaftsminister vorhin gesagt: Wir wollen 20 % des Stroms und 16 % der Wärme regenerativ erzeugen. Außerdem wollen wir 100 Bioenergiedörfer in der Zeitspanne XY. Na, klasse! Ob das nun ein ambitioniertes
Ziel ist, weiß ich nicht. Das ist ja wirklich gar nichts. Da überholen uns alle links und rechts und vorn und hinten und machen wesentlich mehr, und wir lehnen uns zurück und sagen: 16 % Wärme. Früher gab es einmal 100 % Regenerativwärme. So kommen wir dem Ziel nicht nahe,
das wir beim Klimaschutz in der Landwirtschaft erreichen wollen.
Wir wollen den Klimaschutz und die Landwirtschaft zusammenbringen. Die Landwirtschaft ist einerseits Opfer, andererseits aber auch Täter. So wurde im Rahmen des Forschungsprojekts „Klimarelevante Gase“ der Universität Hohenheim ermittelt, dass die landwirtschaftlich genutzten Flächen in Baden-Württemberg derzeit durchaus noch nicht, wie Sie meinten, Herr Locherer, als Senke für klimarelevante Gase fungieren und bis zu 10 % dieser Gase binden; vielmehr werden mindestens 10 % der Treibhausgase durch die Landwirtschaft freigesetzt. Hier zeigt sich derzeit also eine gegenläufige Entwicklung, und es besteht ein großes Potenzial, von 10 % plus auf 10 % minus zu kommen. Vorschläge gibt es dazu genügend. Die müssen in die entsprechenden Programme umgesetzt werden. Da nützt es nichts, zu sagen: Das haben wir doch alles im MEKA drin; das funktioniert doch alles.
Wir haben mit unseren Anträgen eine ganze Reihe von Vorschlägen eingebracht, die in Richtung Stickstoffoptimierung gehen: stickstoffsparende Produktion, mineralische Dünger, Einführung einer Stickstoffüberschussabgabe, konkrete Maßnahmen beim Grünland, Verbot des Umbruchs von Niedermooren und Anmooren, nachhaltige Produktion von Biomasse mit klaren Qualitätskriterien. Das geht weiter bei den Fragen, wie Regionalität stärker gefördert werden kann und wie der Fleischkonsum, sage ich einmal, auch von einer Landesregierung mitgesteuert werden kann.
Wir wollen
die Modulationsmittel nicht nur in die Milch fließen lassen. Denn angesichts der neuen Herausforderungen ist es ein Trugschluss, zu meinen, man könnte mit Umschichtungen in Höhe von ein paar Millionen Euro die Milchbauern zufriedenstellen. Das greift zu kurz; denn dieses Geld ist hinterher für Maßnahmen beispielsweise im Interesse des Klimaschutzes nicht mehr vorhanden. Das greift viel zu kurz. Damit wird einfach nur das Ventil ein bisschen geöffnet, damit die Landwirte, im konkreten Fall die Milchbauern, nicht so stark protestieren. Strukturell hilft das den Milchbauern nicht. Sie müssen hier in die Mengensteuerung hineingehen, und davor drücken Sie sich und versuchen, mit ein bisschen Geld, das hinterher an anderer Stelle fehlt, etwas zu erreichen.
Ja, genau. Sie wollen das mit marktwirtschaftlichen Methoden steuern, indem Sie Geld hineinpumpen. So viel Geld kön
nen Sie aber gar nicht hineinpumpen. Das Geld, das bundesweit zur Verfügung steht, würde gerade einmal reichen, um das auszugleichen, was in Baden-Württemberg notwendig ist – ganz zu schweigen von dem, was für die anderen Bundesländer notwendig ist. Das ist also Augenwischerei, was Sie da machen. Das bringt überhaupt nichts.
Sie haben immerhin eines verstanden: Der Klimaschutz ist auch ein Thema für die Landwirtschaft. Das entnehme ich Ihrer Aussage, Sie wollten hinsichtlich der Gefahr von Hagelschlag etwas für die Obstbauern tun. Dann haben Sie sehr freundlich und sehr ausdrucksvoll gesagt: Die CDU
Fraktion war die einzige Fraktion, die die Obstbauern unterstützt; Sie seien jetzt dafür, dass es einen Zuschlag zur Hagelversicherung gibt, und Sie wollten sogar einen Beitrag von 40 000 € für den Hagelflieger leisten. Dann klopfen Sie sich stolz auf die Schultern und sagen ganz deutlich: Aber die Grünen waren nicht dabei.
Wir waren nicht dabei, weil wir schon zwei Wochen zuvor dort unten gewesen waren und Gespräche geführt hatten.
Nein, nein. Wir waren als Allererste dort und hatten die Forderung auch deutlich in den Raum gestellt. Umso mehr freuen wir uns, dass Sie unseren Forderungen jetzt folgen. Da sind wir völlig d’accord.
Der Verbraucherschutz muss auf neue Füße gestellt werden. Das ist ganz klar. Wir brauchen mehr Lebensmittelkontrolle, wir brauchen auch mehr Lebensmittelüberwachung. Die Tierärzte klagen, dass sie ihre Pflichtaufgaben nicht mehr erfüllen können. Es gibt also noch eine ganze Reihe von Baustellen in diesem Agrarhaushalt, die Bedarf aufweisen. Dieser Haushalt hier ist ein „Weiter so!“ und gibt keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich will schlagwortartig noch Folgendes ansprechen:
Flurneuordnung: Herr Minister, Sie sagen, am Ende werde eine positive Bilanz stehen. Das Ziel einer positiven Bilanz dürfen Sie beibehalten. Das geht aber auch, ohne dass wir als Land den Straßen- und Wegebau fördern.
Gentechnik: Sie beziehen sich auf die Mittelständler. Hier geht es aber nicht um Mittelständler. Hier geht es um Agrarkonzerne wie Monsanto, und es geht um Drittmittelforschung, darum, dass im Auftrag von Monsanto an Forschungseinrich
tungen geforscht wird. Das geschieht zum Schaden der Landwirte hier.
Milch: Sie sagen, wir würden Sand in die Augen streuen. Zusätzliche Mittel in der Größenordnung von 2 oder 3 Millionen € werden vom Land für die Milchbauern ausgegeben. Gebraucht werden aber 300 Millionen € pro Jahr. Wer streut denn da Sand in die Augen?
Sie sagen: Durch Grünland leisten wir einen positiven Beitrag zum Klimaschutz. 2,5 % Grünlandverlust gab es jedoch allein zwischen 2002 und 2008. Die EU hat den Grenzwert auf 5 % gesetzt. Das heißt, in wenigen Jahren werden wir die Grenze erreicht haben, von der an die EU beim Grünlandverlust einschreiten muss. So viel zum Thema Klimaschutz.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beraten heute in erster Lesung über das Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2007/2/EG, der INSPIRE-Richtlinie. Eingedeutscht geht es in dieser Richtlinie um den Aufbau einer „Infrastruktur für räumliche Informationen in Europa“. Es geht um den Aufbau einer Geodateninfrastruktur für umweltrelevante Geodaten.
Das ist an sich ein sehr positiver Ansatz. Es geht nicht darum, neue Daten zu erfassen. Es geht vielmehr um die Optimierung vorhandener Daten. Dazu habe ich noch eine kleine Seitenbemerkung: Dem Land Baden-Württemberg würde es sicher gut anstehen, wenn es im Bereich der Geodaten, also der Digitalisierung und der Vektorisierung von Daten, einen Schritt vorankommen würde. Ich denke dabei z. B. an flächendeckende Bodenschutzkarten, die nicht mehr vollständig im Maßstab von 1 : 25 000, sondern nur in einem gröberen Raster flächendeckend erfasst werden.
Mit dem Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie werden in Baden-Württemberg bodenschutzrechtliche, wasserrechtliche und abfallrechtliche Vorschriften umgesetzt. Sie sagten es vorhin.
Im Zusammenhang mit den bodenschutzrechtlichen Fragen begrüße ich es sehr, dass in der Begründung des Gesetzentwurfs steht, der Bodenschutz mache an den nationalen Grenzen nicht halt und deshalb müsse durch eine Änderung des
Bodenschutzrechts eine Öffnung für diese Daten erfolgen. Mit genau der gegenteiligen Begründung hat man die europäische Bodenschutzrichtlinie hier im Land bisher immer abgelehnt. Wenn jetzt eine Kehrtwende stattfindet, indem man der Bodenschutzrichtlinie künftig zustimmt, würde ich das sehr begrüßen.
Im Kern geht es um drei unterschiedliche Bereiche. Es geht zum Ersten um Geodaten. Das sind georeferenzierte, in ein Koordinatensystem eingepasste raumbezogene Informationen.
Es geht zum Zweiten um Metadaten, also um Daten zu den eigentlichen Daten. Darum rankt sich schließlich die ganze Frage des Datenschutzes.
Zum Dritten geht es um Geodatendienste, um eine ganze Palette von Möglichkeiten, wie man die Daten visualisiert und verfügbar macht. Es geht um Suchdienste, um die Fragen, welche PC-Plattform man schafft und welche Möglichkeiten geschaffen werden, damit ein Nutzer die Daten auch herunterladen kann. Vor allem geht es auch um die Frage, wie die unterschiedlichen Transformationssysteme, die es in einzelnen Bundesländern, aber auch in Nationalstaaten gibt, über Softwarelösungen so praktikabel gemacht werden können, dass der Nutzer eine einheitliche Transformationsebene hat.
Wir unterstützen die Bereitstellung von Geodaten mit Umweltbezug „für alle“. Wir sehen aber die diesbezüglichen Regelungen zum Datenschutz noch sehr kritisch. Bisher gibt es keine Kriterien für die Abgrenzung personenbezogener Daten und Sachdaten. Jeder könnte über das Liegenschaftskataster und den Flurstücksbezug im Prinzip sofort einen Personenbezug herstellen.
Auf europäischer und auf Bundesebene wurde über die sogenannte Ampelstudie des Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein diskutiert. Man hat versucht, die Daten nach einem Ampelsystem zu klassifizieren. Eine grüne Ampel steht für den freien Zugang für alle. Eine gelbe und eine orangefarbene Ampel verweisen auf Beschränkungen. Dabei muss man in jedem Einzelfall prüfen, ob personenbezogene Daten geschützt werden sollen. Schließlich hat man gesagt: Bei Rot gibt es keinen freien Zugang.