Protokoll der Sitzung vom 09.06.2010

Im Übrigen, Herr Kollege Untersteller: Ich glaube, uns allen in der Politik würde es guttun, wenn wir mehr mit gesundem Menschenverstand und weniger mit juristischen Gutachten ar gumentieren würden.

(Abg. Ursula Haußmann SPD und Abg. Franz Unter steller GRÜNE: Dann macht das doch einmal!)

Da gibt es eine ganz einfache Weisheit: Ein Gesetz, das geän dert wurde, wird wieder so geändert, wie es damals auch ge ändert wurde.

(Abg. Dr. Nils Schmid SPD: Das kann aber auch nur ein Forstwirt behaupten!)

Das ist eine ganz einfache Weisheit. Ich weiß noch nicht, ob die Weisheiten eines Verfassungsrichters, der gerade aus dem Amt geschieden ist, von denjenigen, die im Amt sind, auch tatsächlich geteilt werden.

(Zuruf des Abg. Dr. Nils Schmid SPD)

Am Ende bleibt festzustellen: Konzeptionslosigkeit herrscht bei uns in Baden-Württemberg bei der Opposition. Die We ge, die Sie vorschlagen, sind Wege der Irrungen und Wirrun gen. Wir werden diese Wege nicht verfolgen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auf der Tribüne haben die Beauftragten der Evan gelischen Landeskirchen bei den Landtagen und den Landes regierungen gemeinsam mit dem Bevollmächtigten des Rates der EKD bei der Bundesrepublik und der Europäischen Uni on, Herrn Prälat Dr. Felmberg, Platz genommen. Die Gäste

treffen sich auf Einladung von Herrn Kirchenrat Weber in die sem Jahr turnusgemäß in Baden-Württemberg und tagen vom 8. bis 10. Juni 2010 in Stuttgart.

Sehr geehrter Herr Prälat Dr. Felmberg, sehr geehrte Damen und Herren, ich wünsche Ihnen einen interessanten Aufent halt in Baden-Württemberg und weiterhin viele angeregte und interessante Gespräche sowie informative Eindrücke. Seien Sie recht herzlich in unserem Land willkommen!

(Beifall bei allen Fraktionen)

Weiterhin möchte ich bekannt geben, wie wir jetzt die Tages ordnung handhaben, nachdem viele Kollegen nach vorn kom men und sich erkundigen:

Wir werden den Tagesordnungspunkt 2 noch vor der Mittags pause aufrufen.

(Unruhe)

Das müssen wir machen, weil es sich um eine Aktuelle De batte handelt.

Danach werden wir in die Mittagspause eintreten. Nach der Mittagspause werden wir mit der Regierungsbefragung fort fahren.

Was Punkt 3 der Tagesordnung betrifft, haben wir uns inzwi schen auf die Regelung verständigt, dass nur die Regierung eine ganz kurze Einführung gibt und die Fraktionen hierzu nicht sprechen bzw. ihre Reden zu Protokoll geben, sodass Punkt 3 in relativ kurzer Zeit abgearbeitet werden kann.

Wenn die Fraktionsgeschäftsführer den einen oder anderen weiteren Vorschlag für die Straffung der Sitzung haben, könn te dies während der Mittagspause besprochen werden. Denn wir sind jetzt natürlich zeitlich schon sehr weit in Verzug.

Ich habe gerade die Nachricht bekommen, dass die Fraktio nen übereingekommen sind, Punkt 11 – das betrifft die Druck sachen 14/6160, 14/6348 und 14/6210 – von der heutigen Ta gesordnung abzusetzen. Hierauf können Sie sich also schon jetzt einrichten.

Nach § 82 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich nun dem Fraktionsvorsitzenden der Fraktion der FDP/DVP, Herrn Abg. Dr. Rülke, zu einem weiteren Redebeitrag das Wort.

(Abg. Jürgen Walter GRÜNE: Oh du Schande!)

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dafür, dass wir, wenn wir über die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie über die Folgen und deren Bewältigung reden, nicht zu sehr in der Vergangenheit kramen, sondern uns über die Konzepte aus tauschen, wie wir aus dieser Krise herauskommen und viel leicht Wege finden können, so etwas in Zukunft zu vermei den.

Wenn Sie uns aber vorwerfen, wir würden mit unserer Politik krisenverschärfend wirken, dann, glaube ich, ist es schon not wendig, so, wie Kollege Hauk es getan hat, zu benennen, wie es zu dieser Krise kommen konnte. Es ist keine Polemik und keine Unterstellung, sondern es ist nun einmal eine Tatsache,

meine Damen und Herren, dass diese Hedgefonds unter RotGrün zugelassen wurden.

(Beifall des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Abg. Ha gen Kluck FDP/DVP: So ist es!)

Wenn der Kollege Kretschmann sagt, das habe damit zu tun, dass die Finanzmärkte nur global zu betrachten seien,

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

und es reiche nicht aus, zu Insellösungen zu kommen, dann ist das schon eine bemerkenswerte Aussage, meine Damen und Herren. Denn die derzeitige Bundesregierung wird stän dig dafür kritisiert, dass sie keine Finanzmarkttransaktions steuer einführt – das wäre auch eine Insellösung; das beträfe nur die Bundesrepublik Deutschland –, und zwar mit der Be gründung, andere würden dann vielleicht nachziehen. Viel mehr macht es doch Sinn, sich zu fragen, ob man nicht dem Standort Deutschland und insbesondere dem Finanzstandort Frankfurt schadet, wenn man eine solche Transaktionssteuer einführt. Wenn diese innerhalb der Eurozone eingeführt wür de, bliebe etwa der Finanzstandort London außen vor.

Deshalb würde ich mir an mancher Stelle von der Opposition etwas mehr Konsistenz in der Argumentation wünschen, ins besondere dann, wenn man der Regierung immer wieder ei nen Zickzackkurs vorwirft.

Dasselbe gilt auch für das, was der Kollege Hauk zur Entwick lung der Schulden, die aus dem Ruder gelaufen sind, gesagt hat. Es ist nun einmal eine Tatsache, dass Griechenland mit „getürkten“ Bilanzen vor etwa zehn Jahren in den Euroraum aufgenommen worden ist. Rot-Grün hat dies nicht verhindert, sondern hat dieser Aufnahme zugestimmt.

Tatsache ist auch, dass der ehemalige Finanzminister Eichel im Verbund mit – ich übernehme aufgrund der Kürze der Zeit die folgende Formulierung – „Gerhard Fischer“ zusammen den Eurostabilitätspakt aus den Angeln gehoben und das 3-%-Ziel aufgehoben haben. Denn dieses Ziel hat die dama lige deutsche Bundesregierung, die rot-grüne Koalition, nicht einhalten können.

(Abg. Reinhold Gall SPD: Sie halten es auch nicht ein!)

Deshalb wurde das Ziel aufgeweicht. Wenn aber der größte Mitgliedsstaat die Haushaltskonsolidierung aufgibt, ist es auch kein Wunder, dass bei anderen Mitgliedsstaaten ähnliche Ent wicklungen zu beobachten sind wie in Griechenland.

Wenn der Kollege Schmiedel sagt, Wachstumsförderung be deute, dass bestimmte Bereiche schrumpfen müssten, dann ist das schon eine bemerkenswerte marktwirtschaftliche Aussa ge. Denn wir sind uns bisher – das dachte ich zumindest; das galt auch für einige Vertreter der Grünen sowie für einige So zialdemokraten in diesem Haus – darin einig gewesen, dass wir ein Wachstum der Volkswirtschaft in Baden-Württemberg insgesamt wollen und dass wir dieses brauchen, um Arbeits plätze zu erhalten und zu schaffen und um die entsprechen den Steuereinnahmen durch Wirtschaftswachstum – und nicht etwa durch Steuererhöhungen – zu erreichen, damit wir den Haushalt konsolidieren können. Offensichtlich ist das aber nicht mehr die Politik der SPD in Baden-Württemberg, son

dern Sie wollen offensichtlich einen Nullsaldo: Überall dort, wo etwas wächst, muss etwas anderes schrumpfen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dummes Zeug! Quatsch! Bei den umweltfreundlichen Produkten wollen wir Wachstum, und bei den umweltfeindlichen wollen wir es nicht!)

So haben Sie es gesagt: Wenn das eine wächst, muss das an dere schrumpfen. So steht es im Protokoll, Herr Schmiedel; das kann man nachlesen.

Wenn die Fraktion GRÜNE Bürgschaften als ordnungspoli tisch problematisch einschätzt, sich Einzelfallprüfungen vor behält – das ist durchaus richtig; das machen wir auch; das ganze Bürgschaftskonzept sieht vor, dass man jeden Einzel fall prüft –, anschließend aber eine Pressemitteilung heraus gibt, in der steht, man wäre gegen eine bestimmte Bürgschaft, und dann anderen vorwirft, dass man darüber redet, was die Grünen in Pressemitteilungen bekannt geben, dann ist das schon bemerkenswert. In der Grünen-Fraktion weiß offen sichtlich die rechte Hand nicht, was die linke tut.

Herr Kollege Kretschmann, das, was Sie dem Ministerpräsi denten an Zickzackkurs vorgeworfen haben, fällt auf Sie selbst zurück.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Hagen Kluck FDP/DVP: Er sieht es ein!)

Gut, erfreulich.

Herr Kollege Schmiedel, Stichwort „Atombrücke“.

(Abg. Winfried Kretschmann GRÜNE: Spricht der Kluck schon für mich? Ist das mein Sprecher? Ich wusste nicht, dass ich einen Sprecher von der FDP/ DVP-Fraktion habe! – Gegenruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Es wurde nur über Sie gespro chen!)

Herr Abg. Dr. Rülke, Sie haben das Wort.

Ich dachte, Herr Kollege Kretschmann macht eine Kurzintervention.

Nein, er hat sich nicht zu Wort gemeldet. Deswegen hat er auch von mir das Wort nicht erteilt bekommen.

(Abg. Dr. Hans-Peter Wetzel FDP/DVP: Da sehen Sie einmal!)

Sie reden von der „Atombrücke“ – die Grünen tun es bis zu einem gewissen Punkt auch –, und das Interessante ist: Wir sind uns eigentlich alle darin einig, dass die Atomenergie eine Brückentechnolo gie ist. Selbst diejenigen, die spätestens zum Jahr 2022 aus steigen wollen, betrachten die Atomtechnologie als eine Brü ckentechnologie. Sonst hätten Sie schon vor zehn Jahren, als Sie diesen sogenannten Atomkonsens gemacht haben, be schließen müssen: Wir steigen sofort aus.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! Das war ja ein Konsens!)

Das haben Sie nicht gemacht, sondern Sie haben damals Rest laufzeiten von etwa 20 Jahren für notwendig befunden.