Sie haben Übergangsquoten von 100 %, entweder in die wei terführende Schule oder in die berufliche Ausbildung. Aber ihnen gehen die Kinder aus. Jetzt frage ich Sie: Glauben Sie im Ernst, dass dadurch, dass Sie eine Werkrealschule machen, der Drang in Richtung Realschule und Gymnasium im länd lichen Raum gestoppt wird und die Eltern ihre Kinder jetzt freudig für Ihre neu etikettierte Hautschule anmelden? Glau ben Sie im Ernst, dass Sie die Schulen im ländlichen Raum mit diesem Konzept stärken?
Wenn wir uns in dem Ziel einig sind, dass die Schulen in den ländlichen Räumen eine wichtige Funktion haben, einen Stel lenwert haben, um im Wettbewerb um die junge Familie mit den Ballungsräumen mithalten zu können, dann lassen Sie uns darüber reden, welches das richtige Konzept ist.
Lassen Sie es doch zu, dass die Hauptschulen im ländlichen Raum so attraktiv werden, dass sie tatsächlich im Wettbewerb mit Realschulen und Gymnasien mithalten können. Lassen Sie es doch zu, dass sie einen richtigen Realschulabschluss anbieten können. Dann nehmen die Anmeldungszahlen der Kinder zu, und dann haben diese Schulen eine Entwicklungs chance. Dann befinden sie sich im Wettbewerb. Deckeln Sie sie nicht länger. Lassen Sie die neuen Wege zu. Das ist die einzige Chance dafür, dass die Schule im Dorf bleibt und die Dörfer in Baden-Württemberg im Hinblick auf die jungen Fa milien eine Entwicklungschance haben.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Hagen Kluck FDP/DVP – Gegen ruf der Abg. Ursula Haußmann SPD: Hagen, sei ru hig!)
Die Werkrealschule ändert auch nichts an dem Thema „Schlech ter Übergang von den Hauptschulen oder Werkrealschulen in
die berufliche Ausbildung in den Städten“. Da spielen näm lich ganz andere Zusammenhänge eine Rolle.
Sie haben gesagt, Sie wollten in der frühkindlichen Erziehung einen Schwerpunkt setzen. Da sind wir alle dabei. Das for dern wir schon lange. Jetzt frage ich Sie: Wenn Sie es ernst meinen, warum lassen Sie die Kommunen dann bei der Um setzung des Orientierungsplans im Stich?
Natürlich lassen Sie sie im Stich. Die Kommunen sind an gesichts ihrer finanziell begrenzten Mittel darauf angewiesen, dass sie bei der Herausforderung der Umsetzung des Orien tierungsplans unterstützt werden.
Jetzt haben Sie einen Plan, der nicht umstritten ist und den wir alle gut finden, der aber nicht für alle in der gesamten Umset zung verbindlich wird,
weil er mehr Personal und mehr Aufwand erfordert, wenn man die Ziele erreichen will. Deshalb müssen wir die Kommunen da unterstützen. Da helfen keine schönen Worte, sondern wirk lich nur Taten.
Das, was Sie zur Wirtschaft gesagt haben, war wieder einmal nur Statistik. Aber Sie gehen auf kein einziges der Themen ein, mit denen die Unternehmer, die Handwerker uns konfron tieren, wenn wir im Land unterwegs sind.
Ein Beispiel: Sie haben darauf hingewiesen, dass das Kon junkturpaket des Landes hilft, dass es wirkt, dass es für Un ternehmen Beschäftigung gebracht hat. Dʼaccord, das haben wir gemeinsam hier beschlossen und verabschiedet.
Jetzt haben wir aber den Umstand, dass es fast immer die glei chen Gewerke sind, mit denen die Handwerker beauftragt werden. Deshalb gibt es jetzt eine Ballung – es muss noch in diesem Jahr begonnen werden, damit die Zuschüsse fließen –, jetzt in wenigen Monaten das abzuarbeiten, was als Konjunk turpaket auf den Weg gebracht wurde. Das ist nicht möglich. Entweder die Aufträge gehen woanders hin, oder es wird be gonnen, bleibt dann liegen, und irgendwann wird weiterge macht.
Deshalb haben wir vorgeschlagen, den Zeitraum bis ins Jahr 2012 zu strecken. Sie haben das abgelehnt. Jetzt kommt von der Handwerkskammer Freiburg der Hilferuf – eine Forde rung an das Land –: Verlängert die Fristen doch bis ins nächs te Jahr hinein, damit unsere Unternehmen eine Chance haben, die Aufträge anständig und sauber abzuarbeiten. Die Krise ist doch am 31. Dezember nicht endgültig vorbei. Lassen Sie uns wirklich auf die Themen eingehen, die die Unternehmen vor bringen, und nicht einfach hier schnöde darüber reden: Wir sind gut, wir sind stark, wir sind immer besser, wir sind so wieso die Besten. Wer so argumentiert, der verschließt die Au gen vor den realen Themen und hilft nicht, diese zu lösen.
Das gilt natürlich auch bei einem Wachstumsfeld. Es ist übri gens lustig, was Sie dazu gesagt haben. Sie werfen der SPD und den Grünen vor, dass sie eine Politik machen, die erklärte Ziele hat, nämlich dass bestimmte Wirtschaftsbereiche wach sen sollen und andere nicht wachsen sollen,
und sagen, das sei ganz ungeheuerlich. Ein paar Sätze später sagen Sie aber, Sie wollten die Elektromobilität hier wachsen lassen.
Was ist denn das? Das ist politische Einflussnahme, oder? – Jetzt runzeln Sie die Stirn. Das ist doch so.
(Zuruf des Ministerpräsidenten Stefan Mappus – Abg. Peter Hauk CDU: Es geht um die Frage: Anrei ze oder Verbote?)
Moment. Wenn etwas wächst, dann schrumpft auch etwas anderes, und zum Schrumpfen kommen wir gleich noch.
(Lachen bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Pe ter Hauk CDU: Genau das ist Ihre Philosophie! Ge nau das ist doch das Problem! – Abg. Dr. Hans-Ul rich Rülke FDP/DVP: Das ist vielleicht bei Ihnen so! – Abg. Wolfgang Drexler SPD zur CDU: Sie machen genau das Gleiche! – Weitere Zurufe)
Sie machen genau das Gleiche, nur machen Sie es nicht ziel gerichtet, weil Sie letztlich eine Scheu davor haben, bei dem Thema konsequent zu sein.
Jetzt kommen wir zum Thema Atomkraft. Wenn es nur um die Atomkraft ginge, dann könnte man Ihre Ideologie noch ver stehen.
Investitionen im Energiebereich sind Investitionen, die über einen Zeitraum von 20, 30 oder 40 Jahren gehen.
Deshalb braucht man Rahmenbedingungen, die über einen Zeitraum von 10, 15 oder 20 Jahren verlässlich sind. Das ist der Erfolg des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, weil es über einen Zeitraum von 20 Jahren Sicherheit bringt. Deshalb hat es diese Investitionswelle bei den erneuerbaren Energien be wirkt.
Zu diesem Konzept, die erneuerbaren Energien wachsen zu lassen, gehört aber auf der anderen Seite auch, eine andere Form der Energieerzeugung schrumpfen zu lassen, und zwar geordnet schrumpfen zu lassen. Wenn die Atomenergie eine Übergangstechnologie ist, dann hat sie ein Ende.
Dann gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen gibt es die Mög lichkeit, dieses Ende geordnet herbeizuführen und diese Form der Energieerzeugung auslaufen zu lassen. Das ist in einem Vertrag mit allen Energieunternehmen in Deutschland gesche hen. Das ist in einem Gesetz geschehen, das die Zustimmung des Bundestags gehabt hat – der Bundesrat hat nicht zuge stimmt, richtig –,
Wenn Sie schlicht ignorieren, dass z. B. inzwischen der Deut sche Städtetag erklärt, welche verheerenden Wirkungen das Weiterlaufen der Atomkraft auf die Perspektive der Stadt werke, auf Investitionen der Stadtwerke, auf regionale Wirtschaftskreisläufe, auf Arbeitsplätze, Wertschöpfung und Wachstum vor Ort hat, dann sind Sie einfach blind.
Sie sind im Kern ein Atomfetischist, der an nichts anderes denkt als an die Atomkraftwerke, die es in Baden-Württem berg gibt, der nicht daran denkt, dass es inzwischen Tausen de von Unternehmen gibt – in Deutschland und auch in Ba den-Württemberg –, die im Bereich der regenerativen Ener gien unterwegs sind, die auf einen neuen Energiepfad setzen, die darauf setzen, dass die Rahmenbedingungen verlässlich sind. Genau diese lassen Sie mit Ihrer Politik im Stich, Herr Ministerpräsident. Einmal wollen Sie die Laufzeit um zehn Jahre verlängern, einmal um 15 Jahre, einmal bis zum tech nischen Auslaufen. Jede Woche gibt es eine neue Ansage zur Atomkraft. Es gibt einen unsäglichen Streit mit dem Bundes umweltminister, der zusätzlich noch einmal alle durcheinan derbringt.
Kehren Sie zurück zu dem verlässlichen Plan für einen geord neten Ausstieg, nicht von heute auf morgen, sondern geord net bis zum Jahr 2022. Dann werden wir den Aufgaben ge recht, die Energieversorgung in Baden-Württemberg und in Deutschland nachhaltig und zukunftsfähig zu gestalten sowie Arbeitsplätze und Wachstum in dieser Zukunftsbranche zu si chern.
Sie haben angekündigt, Sie wollten etwas zur Finanzpolitik sagen, haben dann aber nicht wirklich etwas gesagt. Vielmehr haben Sie einen Popanz aufgebaut, den niemand behauptet hat.