Herr Minister, Sie haben mir am Anfang Ihrer Rede unterstellt, ich hätte die Unwahrheit ge sagt, indem ich erwähnt habe, dass bereits im Sommer des Jahres 2012 von Ihrer Vorgängerin Gabriele Warminski-Leit heußer und den kommunalen Landesverbänden die ersten Eckpunkte vorgestellt wurden und dass sich daran im Wesent lichen nichts geändert hat.
Nun zu meiner Frage – Sie können die Unterlagen in Ihrem Haus bestimmt einsehen; sicher haben Sie auch noch einen guten Kontakt zu Ihrer Vorgängerin –: Stimmen Sie mir zu, dass sich im Hinblick auf die im Sommer des Jahres 2012 bei einer Informationsbesprechung mit der Arbeitsebene der kom munalen Landesverbände vorgelegten Eckpunkte gegenüber dem heutigen Gesetzentwurf so gut wie nichts geändert hat?
Die Frage ist: Stimmen Sie mir zu? Wenn Sie dem nicht zu stimmen, dann müssen Sie mir den Gegenbeweis erbringen.
Herr Kollege Wacker, ich darf kurz auf einen Punkt hinwei sen: Dies hier ist ein Parlament und kein Untersuchungsaus schuss, in dem Beweisanträge gestellt werden.
Ich habe vorhin gesagt: Wenn die kommunalen Landesver bände sagen, dass sich die Grundlagen der regionalen Schul entwicklung elementar geändert haben, seitdem ich im Janu ar 2013 mein Amt antrat, da die regionale Schulentwicklung nicht mehr als planerischer Prozess von oben, sondern als ak tiver und gemeinsam mit den Kommunen zu erarbeitender Prozess aufgestellt wurde, dann entnehme ich dem Horizont der kommunalen Landesverbände, dass sich in der grundsätz lichen Herangehensweise der regionalen Schulentwicklung Fundamentales zu den ursprünglichen Eckpunkten geändert hat. Wenn Sie das anders sehen, unterstelle ich, dass Sie die se Veränderung nicht zur Kenntnis genommen haben – mehr nicht.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zurufe: Bravo! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Ho rizont! – Abg. Martin Rivoir SPD: Das ist ein Hori zontproblem!)
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Landtagsfraktion hat von Anfang an gesagt – insofern unterstellen Sie uns hier wie derum etwas Unwahres –, dass wir einen vernünftigen Pro zess der regionalen Schulentwicklung brauchen. Vorausset
zung für einen vernünftigen Prozess der regionalen Schulent wicklung ist auch die Ausgewogenheit bei der Behandlung al ler Schulen in Baden-Württemberg. Deswegen haben wir als konstruktive Opposition wichtige Änderungsanträge einge bracht. Denn wir sind der Auffassung, dass ein Prozess der re gionalen Schulentwicklung nur dann gelingen kann, wenn al le Entwicklungen in der Schullandschaft in Baden-Württem berg einbezogen sind.
Deswegen, Herr Minister, darf ich diese Dinge noch einmal auf den Punkt bringen. Obwohl Sie den beruflichen Schulen bereits im letzten Jahr auf einem Verbandstag zugesagt haben, sie einbeziehen zu wollen, bleibt es im Grunde lediglich bei einer allgemeinen Formulierung. Den konkreten Prozess je doch, nämlich wie sich die Übergänge von den Schulen der Sekundarstufe I hin zu den beruflichen Schulen gestalten, blenden Sie aus. Das aber ist eine ganz entscheidende Schnitt stelle; das ist eine ganz entscheidende Weiche in unserem Bil dungssystem. Diese verweisen Sie, ebenso wie den Prozess der Inklusion, in eine Verordnungsermächtigung, indem Sie sagen: „Das Kultusministerium kann allein entscheiden.“ Sie führen sogar diesen wichtigen Prozess einfach am Parlament vorbei.
Meine Damen und Herren, wir wissen doch, welche emotio nale Debatte wir in diesen Tagen zum Thema Inklusion ge führt haben. Wir wissen doch, dass das Thema Ganztagsschu len vor Ort alle Kommunen bewegt, nicht nur die Grundschu len. Wir wissen, dass sich die beruflichen Schulen große Sor gen um ihre Zukunft machen. Dann ist es doch zwingend, dass genau diese Bereiche mit in dieses Gesetz aufgenommen wer den. Sie aber blenden das aus.
Vor diesem Hintergrund ist dieser Gesetzentwurf, den Sie ein bringen, inakzeptabel, meine Damen und Herren.
Nein, ich gestatte jetzt ebenfalls keine Zwischenfragen. Ich mache das – wie der Minister – am Ende meiner Ausführungen. Eine Nachfrage von Herrn Kol legen Lehmann lasse ich dann gern zu.
Wenn Sie keine Rede zeit mehr haben, können Sie gemäß der Geschäftsordnung kei ne Zwischenfrage mehr zulassen.
Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, Herr Minister. Dabei handelt es sich meines Erachtens um ein Thema, mit dem Sie vor Ort einen gewaltigen Konfliktstoff erzeugen. Es geht dabei um die Mindestschülerzahl von 16. Es ist richtig – ich selbst habe im Bildungsausschuss auf die frühere Rege lung hingewiesen –, dass es auch in dem Organisationserlass eine Mindestschülerzahl von 16 gibt. Dieser Erlass legt fest, wann Werkrealschulen – denn um diese geht es im Besonde ren – die Möglichkeit haben, neue Eingangsklassen zu bilden. Dieser Organisationserlass hat in der Vergangenheit aber Fle xibilität zugelassen.
Herr Minister, wir haben im Grunde nur ein Petitum: Lassen Sie doch Ausnahmen zu, wenn die betreffende Schule über viele Jahre wirklich eine hervorragende und vorbildliche pä dagogische Arbeit nachweisen kann.
Ich rede nicht von den Schulen, die seit Jahren nicht mehr als vier Schüler haben, sondern ich rede von Schulen, die auf grund ihrer besonderen Qualität wirklich eine besondere Per spektive bieten. Diese lassen Sie außen vor. Es hat aber nichts mit Flexibilität oder der Entscheidungsfreiheit der Kommu nen zu tun, wenn Sie kategorisch Nein sagen.
Dabei geht es um die Lehrer, meine Damen und Herren. Na türlich hat keine Lehrkraft mit dem Beamtenstatus einen le benslangen Anspruch darauf, an ein und derselben Schule bleiben zu können. Aber es gehört zum Handeln eines verant wortungsvollen Dienstherrn, rechtzeitig zukünftige Verwen dungsmöglichkeiten gegenüber den Betroffenen aufzuzeigen, wenn die Schule irgendwann möglicherweise geschlossen wird.
Es geht auch darum, diesen Menschen aufzuzeigen, welche Qualifikationsmöglichkeiten sie erhalten, damit sie diese auch wahrnehmen können. Auch gegenüber den Schulleitungen sollte aufgezeigt werden, ob sie möglicherweise auf die Funk tion eines Grundschulrektors degradiert werden. Nichts ha ben Sie dazu gesagt.
Wir fordern ein Personalentwicklungskonzept. Die Regie rungsfraktionen haben jetzt nur deswegen mit einem Ent schließungsantrag reagiert, weil wir mit einem eigenen An trag in Vorleistung gegangen sind. Wir werden Sie daran mes sen. Das hätten Sie bereits seit zwei Jahren in die Wege leiten können. Sie hätten endlich auch einmal an die Beschäftigten an den betroffenen Schulen in diesem Bereich denken kön nen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Dazu gibt es ein In teressenbekundungsverfahren!)
Herr Kollege Wacker, ich hatte Sie bereits darauf hingewiesen: Wenn Ihre Redezeit vorbei ist, haben Sie nach der Geschäftsordnung nicht mehr die Möglichkeit, eine Zwischenfrage zuzulassen. Ihre Rede zeit ist seit 24 Sekunden vorbei. Deswegen kann ich die Zwi schenfrage nicht zulassen.
Wobei in diese 24 Sekunden auch die 15 Sekunden Redezeit des Präsidenten einzubeziehen sind. – Deswegen, meine Damen und Herren, darf ich in einem letz ten Satz noch auf eines hinweisen: Die Prognosen, die Sie vor geben, sind alles andere als stichhaltig.
Sie dokumentieren ein Wunschdenken, und daraus ergibt sich eine Unschärfe, die sogar dazu führt, dass sich selbst Antrag steller von Gemeinschaftsschulen benachteiligt fühlen. Die vielen Klagen belegen das. Es gibt einen konkreten Fall in Meckesheim, wo ein SPD-Bürgermeister mit großer Energie alle Kräfte gegen diese Vorgaben des Kultusministeriums mo bilisiert.
Insofern kann man nur sagen: Auch die Prognosen und Be rechnungen sind absolut unscharf und werden noch zu großen Problemen führen.
Ich möchte in diesem Zusam menhang eine Frage weitergeben, die uns bereits auf der „di dacta“ gestellt wurde: Warum ist es in Baden-Württemberg so schwer, sich auf ein Zweisäulenmodell zu verständigen, das in anderen Bundesländern bereits Realität ist?