(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Herr Rust ist ja da! Das ist auch ein netter Kerl! Er ist noch sympathi scher! – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/ DVP)
hat sich verschiedentlich geäußert. Er hat sich dahin gehend geäußert, dass der Landeshaushalt nicht darunter leiden soll.
Das kann nicht das Thema sein. Denn wir haben im Landes haushalt kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenprob lem, und damit kann der Wille zum Abbau der kalten Progres sion nicht behindert werden.
Ich komme gleich zum Schluss, und zwar mit dem Hinweis auf die Erblast. Dazu kann ich nur noch sagen: Wenn Ihnen das Erbe zu groß ist und es so schwie rig ist, geben Sie das Erbe zurück!
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Ein biss chen zack, zack! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Frau Aras muss Kommunalwahlkampf machen!)
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Keine Frage: Unser Steuersystem ist komplex: Progression, kalte Progression, Durchschnittssatz, Grenzsteuersatz usw. Da kann der Laie schon manches durch einanderbringen.
Dafür habe ich noch Verständnis. Aber von Vertretern dieses Hohen Hauses erwarte ich schon ein bisschen mehr.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU: Wir sind keine Vertreter, wir sind Mit glieder!)
Nun zur Klarstellung. Ich nehme einmal den Begriff „progres siver Steuertarif“. Lieber Kollege Rülke, der progressive Steu ertarif ist kein Versehen, kein Unfall, sondern er ist gewollt. Er besagt nämlich, dass der, der mehr verdient, von seinem Einkommen auch mehr Steuern abgeben muss als der, der we niger hat,
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Hat Ihnen das jemand aufgeschrieben, bevor Sie meine Rede gehört haben?)
Wer also 60 000 € im Jahr verdient, muss natürlich einen grö ßeren Teil abgeben als jemand, der nur 30 000 € verdient. Das ist auch gut so.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wer bestrei tet das? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das ak zeptieren wir!)
Unser progressiver Einkommensteuertarif ist also sozial ge recht. Das belegen auch nachfolgende Ausführungen: 10 % der Steuerzahler zahlen nämlich mehr als 50 % der Einkom men- und Lohnsteuer, 28 % der Beschäftigten zahlen gar kei ne Steuern, weil sie nämlich zu wenig verdienen, und 40 % der Erwachsenen zahlen auch keine Steuern – da kommen al so noch andere hinzu wie z. B. Rentner.
dann würden Sie andere Instrumente vorstellen oder angehen. Denn die Abschaffung der kalten Progression, die Sie sowie so nicht verstanden haben,
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben?)
Ich mache einmal an einem Beispiel klar, welchen Effekt die kalte Progression hat. Das können Sie auch nachlesen. Das führt ein Steuerexperte, ein Dozent an der Berliner Hochschu le, aus.
Ein Single, also ein Lediger, erhält eine Gehaltserhöhung um 3 %; das Gehalt steigt um 900 € im Jahr. Wir nehmen das Jahr 2014 mit einer Inflationsrate von 1,3 %. Von diesen 900 € mehr Gehalt gehen 148 € in die normale Steuerprogression, die ja gewollt ist und die Sie ja anscheinend auch wollen.
Das ist auch in Ordnung. Das tragen Sie doch hoffentlich mit. Dann kommen noch ein paar kleinere Rechtsänderungen, und auf die besagte kalte Progression entfallen gerade einmal 2 € mehr Steuern.
dass man jetzt quasi für die Geringverdiener ein Mittel ent deckt hätte, um mehr Steuergerechtigkeit zu schaffen.
An diesem Beispiel kann man sehr deutlich sehen, dass die Abschaffung der kalten Progression nur dazu missbraucht wird, instrumentalisiert wird, Steuerentlastungen für die All gemeinheit zu realisieren.
(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Steuerent lastungen für die Allgemeinheit! Zu diesem „Verbre chen“ bekennen wir uns!)
Sie merken aber – das haben Sie vorhin gehört –, dass 28 % der Beschäftigten gar keine Steuern zahlen. Das sind nämlich die Menschen, die relativ wenig verdienen.
Die kalte Progression hat noch einen anderen Aspekt. In Zif fer 1 Buchstabe b Ihres Antrags fordern Sie,
dass der Staat nicht von Lohnerhöhungen profitiert, de nen keine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen zugrunde liegt...
Ein weiteres Beispiel: Wenn die Inflation 2 % beträgt und wenn Sie bedenken, dass der Staat ja auch mehr Einnahmen haben muss, nämlich entsprechend der Höhe der Inflation, da mit er seinen Beschäftigten auch höhere Gehälter zahlen kann – oder woher nehmen Sie das Geld für die Finanzierung von Tariferhöhungen, Lohnerhöhungen? – – Das ist ein zweiter Aspekt der kalten Progression.
Hinzu kommt, Kollege Rülke und Kollege Kößler: Die Ab schaffung der kalten Progression würde – selbst wenn man sie so hochrechnet wie Sie, also nicht bereinigt; wenn man Ihre Zahlen nähme – dieses Land 350 Millionen € pro Jahr mehr kosten. Da frage ich Sie, wie Sie das finanzieren wollen. Ges tern wollten Sie 400 Millionen € mehr Schulden abbauen, zu sätzlich sofort eine Nullverschuldung realisieren, heute wol len Sie auf 350 Millionen € verzichten, indem Sie die kalte Progression abbauen. Da frage ich mich schon, wie es bei Ih nen mit den Grundrechenarten aussieht.
Außerdem: Die kalte Progression gibt es schon immer – es gibt sie seit der Gründung der Bundesrepublik; es gab sie al so auch zu Zeiten, als Herr Kohl und Herr Genscher in der Bundespolitik das Sagen hatten. Damals hatten wir Eingangs steuersätze von an die 30 % und Spitzensteuersätze von 53 %.