Protokoll der Sitzung vom 04.06.2014

Wie in jeder Haushaltsrede lautet das Motto dieser Landesre gierung: Wir setzen auf konsequentes Konsolidieren, schritt weises Sanieren und gezieltes Investieren. „Konsequent“ heißt aber gerade nicht, Hals über Kopf loszustürmen, die notwen dige Sanierung und die dringenden Investitionen in die Zu kunft unseres Landes links liegen zu lassen. Deswegen küm mern wir uns z. B. auch um den Sanierungsstau und die not wendigen Investitionen bei den Straßen und Brücken in un serem Land.

Im Nachtragshaushalt, den wir im vergangenen Jahr verab schiedet haben, haben wir die Mittel für den Straßenerhalt noch einmal deutlich aufgestockt. Mit diesem Nachtragshaus halt schaffen wir die Voraussetzungen dafür, dass zusätzliche Bundesmittel durch die Landesstraßenbauverwaltung und über den Landeshaushalt abgerufen werden können.

Wir haben in den vergangenen knapp drei Jahren den Sanie rungsstau durch die erhöhten Mittel aus der Sanierungsrück lage deutlich abtragen können und damit die verdeckte Ver schuldung des Landes deutlich reduziert.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die dringenden Investitionen haben wir auch angepackt. Vom Kollegen Schwarz sind bereits die zusätzlichen Mittel für die Kleinkindbetreuung im Land genannt worden. Mehr Mittel für die Ganztagsschulen werden folgen. Außerdem wird ein Solidarpakt mit den Hochschulen vorbereitet, damit sie Pla nungssicherheit bis 2020 haben.

Ein neues Element dieses Solidarpakts wird sein, dass wir die Sanierungskomponente in die Planungssicherheit aufnehmen, damit die Hochschulen des Landes nicht Baumittel aus ihren Betriebsmitteln zur Verfügung stellen müssen. Auch dabei gilt: Investitionen, also die Pflege der Quellen unseres Wohlstands, insbesondere Investitionen in Schule und Hochschule, wer den ein Schwerpunkt der kommenden Haushalte sein. Ganz nebenbei: Die Unterrichtsversorgung wird selbstverständlich auch sichergestellt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Mit diesem Nachtragshaushalt leisten wir einen wichtigen Beitrag zu Investitionen in Bildung, Innovationskraft und Ge sundheitsversorgung. Über den Änderungsantrag, den die Re gierungsfraktionen dankenswerterweise eingebracht haben, sichern wir die Liquidität des Universitätsklinikums Ulm.

Ich freue mich, dass die Opposition diesen Antrag mittragen wird. Mit diesem Antrag machen wir aber nichts anderes, als Versäumnisse aus Ihrer Regierungszeit auszubügeln. Sie ha ben das Universitätsklinikum Ulm in ein Bauprojekt hinein getrieben, das auch noch ein PPP-Projekt ist. Dabei konnte es die Bauherreneigenschaft nur unzureichend ausüben, und die Unterstützung durch den Landeshaushalt hat gefehlt. Sie sind Verursacher der Liquiditätskrise beim Universitätsklinikum Ulm. Wir korrigieren das jetzt. Das ist eine gute Nachricht für das Klinikum in Ulm und die dort Beschäftigten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das ist auch ein klares Bekenntnis zur Rolle der Universitäts kliniken und zu den Notwendigkeiten, die wir bei den Uni versitätskliniken auch in Zukunft sehen und die auch Teil der Solidarpaktverhandlungen sein werden. Wir stehen dazu. Wir sichern eine hohe Qualität der medizinischen Versorgung in unserem Land. Wir sichern vor allem auch die Arbeitsplätze an diesen Kliniken. Wir halten damit Fachkräfte in der Regi on und tragen dazu bei, dass es sich bei uns ganz gut leben lässt. Auch das gehört für mich zu einer nachhaltigen Haus haltspolitik.

Wir konsolidieren nicht nur, sondern wir sanieren und inves tieren auch, weil wir verstanden haben: Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Natürlich sind die Rahmenbedingungen für den Doppelhaushalt 2015/2016 besonders günstig. Natürlich ist es verlockend, eine Nullneuverschuldung für 2014 zu for dern, wie es verschiedentlich getan wurde.

Meine Damen und Herren, Sie konnten in dieser Debatte er leben, dass auch dieser Schuss kein Treffer war. Natürlich wollen auch wir die Nettonullverschuldung. Wir wollen sie aber nur dann, wenn für bestehende und bekannte Risiken die notwendige Absicherung getroffen wurde. Wir sehen uns für den Doppelhaushalt 2015/2016 großen Risiken gegenüber.

Das erste Risiko besteht darin, dass wir mit deutlich steigen den Flüchtlingszahlen rechnen müssen.

Das zweite Risiko besteht in einer unmittelbar bevorstehen den Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Altersdiskriminierung von Beamtinnen und Beamten. Die hie raus resultierende finanzielle Belastung wird sicherlich eine dreistellige Millionenhöhe annehmen, weil wir davon ausge hen müssen, dass der Europäische Gerichtshof einerseits ei ne rückwirkende Besserstellung und andererseits eine Anpas sung der Besoldungsstrukturen in Baden-Württemberg ver langt. Es wäre fahrlässig, diese Risiken nicht einzukalkulie ren.

Drittens gilt es, steigende Ausgabereste zu berücksichtigen. Wer jetzt, wie es die CDU beantragt hat, das Streichen von Kreditermächtigungen fordert, gefährdet wichtige Ausgaben posten im Landeshaushalt. Lieber Kollege Mack, die Umset zung Ihres Antrags hätte zur Folge, dass die Kommunen nicht die ihnen zustehenden Mittel aus dem Landessanierungspro gramm erhalten.

(Abg. Winfried Mack CDU: Stimmt doch nicht!)

Die Umsetzung Ihres Antrags hätte zur Folge, dass die Hoch schulen nicht die Hochschulausbaumittel erhalten.

(Abg. Winfried Mack CDU: Stimmt doch nicht! Un sinn!)

Die Umsetzung Ihres Antrags hätte zur Folge, dass die Stra ßenbaumittel, die als Reste im MVI angefallen sind, nicht wei ter verbaut werden. Sie gefährden mit Ihrem Antrag die Zu kunft des Landes.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Deshalb sage ich ganz klar: Ihr Vorschlag bringt schlicht und ergreifend nichts; denn das ist eine zusammengeschusterte Null, und das macht keine nachhaltige Konsolidierung aus.

Das wird keine schwarze Null, sondern höchstens eine Null nummer. Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP/DVP, deswegen sitzen Sie auf der Reservebank bzw. auf der Oppositionsbank goldrichtig.

Uns geht es bei unserer Haushaltspolitik seit dem Jahr 2011 nicht um Szenenapplaus für spektakuläre Aktionen, sondern wir wollen das Spiel gewinnen. Das Spiel heißt, nachhaltig den Landeshaushalt zu konsolidieren.

Was bringt uns eine Nettonullverschuldung für 2014 – wie von Ihnen beantragt –, wenn uns die Risiken im nächsten Jahr umso härter treffen? Das würde im Klartext bedeuten, dass keine Vorsorge für die Risiken getroffen würde mit der Fol ge, dass wir uns in den Jahren 2015 und 2016 noch höher ver schulden müssten als ursprünglich angenommen. Die Umset zung Ihres Antrags würde eine höhere Neuverschuldung in den Folgejahren nach sich ziehen. Das ist das Gegenteil einer nachhaltigen Haushaltspolitik.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Diese Politik der billigen Effekthascherei hat uns den Zustand der Landesfinanzen im Jahr 2011 beschert, den wir durch den Kassensturz ans Licht gebracht haben.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Es gibt ein strukturelles Defizit in Höhe von 2,5 Milliarden €. Sie sind seit zweieinhalb Jahren den Nachweis schuldig ge blieben, wie Sie die Beseitigung dieses strukturellen Defizits angehen wollen.

Es gibt allerdings eine Ausnahme, die ich Ihnen zugestehen will. Die Wiedereinführung der Studiengebühren würde den Haushalt strukturell entlasten. Ansonsten haben Sie keinen einzigen Vorschlag zum Abbau dieses strukturellen Defizits gemacht. Auch in der heutigen Debatte haben Sie keinen ein zigen Vorschlag dazu gemacht.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das gibt es gar nicht mehr! Das ist ein Potemkinsches Dorf!)

Das zeigt, dass Sie keinerlei Aussagen dazu treffen können, wie Sie mit den von Ihnen beschriebenen Ausgabensteigerun gen im Landeshaushalt umgehen wollen. Sie sagen, die Aus gaben seien gestiegen. Natürlich sind die Ausgaben gestiegen. Nennen Sie mir bitte eine Ausgabenposition von größerer Be deutung, die Sie streichen wollen. Wollen Sie kein Geld in die Kleinkindbetreuung stecken? Wollen Sie kein Geld in den Ausbau der Ganztagsschulen stecken? Wollen Sie kein Geld in die Erhöhung der Straßenbaumittel stecken? Wollen Sie kein Geld in die Erhöhung der ÖPNV-Investitionen stecken?

Nennen Sie mir eine Ausgabensteigerung

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Polizeireform! Na tionalpark!)

jenseits der Abschaffung von Studiengebühren und jenseits des mickrigen Themas Nationalpark, bei der Sie der Meinung sind, die Einsparung dieser Ausgaben würde dazu beitragen, das strukturelle Defizit von 2,5 Milliarden € zu beseitigen.

Diesen Beweis sind Sie bis heute schuldig geblieben. Deshalb sitzen Sie zu Recht dort, wo Sie sitzen, nämlich auf der Re servebank, und spielen nicht im Mittelfeld.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine Damen und Herren, wir haben damals den Neuanfang gewagt. Wir haben eine Strategie gegen die Schulden und ge gen die strukturelle Deckungslücke im Landeshaushalt erar beitet, eine Konsolidierungsstrategie, die nachhaltig wirkt und struktureller Natur ist und mit der nicht nur reine Haushalts kosmetik betrieben wird.

Unser gemeinsames Ziel ist klar, nämlich die Einhaltung der im Grundgesetz festgeschriebenen Schuldenbremse im Jahr 2020.

Herr Kollege Rülke, wenn Sie im Zusammenhang mit dem Thema Schuldenbremse von Unsinn reden, fällt das auf Sie zurück. Denn Sie haben in den vergangenen zweieinhalb Jah ren nicht gelernt, was der Paradigmenwechsel infolge der Ein führung der Schuldenbremse bedeutet.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Das bedeutet, dass wir das strukturelle Defizit verringern. Wenn Sie Anträge in dieses Parlament einbringen, mit denen Sie zum Ausdruck bringen, man könne die Nullneuverschul dung sofort erreichen, müssen Sie nachweisen, wie Sie ab so fort die Nullneuverschuldung

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

nicht durch konjunkturelle Effekte wie steigende Steuerein nahmen, sondern strukturell erreichen wollen. Diesen Beweis sind Sie bis heute schuldig geblieben.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Sie geben es doch selbst zu!)

Sie haben Anträge gestellt, aber nicht nachgewiesen, wie Sie das strukturelle Defizit auf null reduzieren wollen. Sie sind dazu nicht in der Lage. Sie verwechseln nach wie vor die ein malige Nullneuverschuldung,

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Einmal? Viermal schon!)

die durch die Nutzung von Steuermehreinnahmen erreicht werden kann, und die strukturelle Nullneuverschuldung. Von der strukturellen Nullneuverschuldung sind wir aber aufgrund der von Ihnen hinterlassenen Defizite leider nach wie vor weit entfernt.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Sie haben bis heute nicht den Unterschied zwischen einem strukturellen Defizit und einer einmaligen Nullneuverschul dung begriffen. Das heißt, wenn jemand seit Jahren Unsinn redet, dann sind Sie das, Herr Dr. Rülke, und niemand anders.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)