Protokoll der Sitzung vom 25.06.2014

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Man müsste allerdings vorher darüber reden, bevor man sol che Aussagen trifft, und genau das geschah nicht.

Das Ergebnis, meine Damen und Herren, ist bedauerlich. Wir haben keine Klarheit für die EnBW. Wir haben den örtlichen

Widerstand. Wir stehen unter einem erheblichen Zeitdruck. 2015 müssten die Probleme gelöst sein. Außerdem sind inner halb der Bundesrepublik die Lasten ungleich verteilt.

So ist es – jetzt komme ich zu den konkreten handwerklichen und politischen Fehlern dieser Regierung –,

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Der Bundesregie rung, oder was?)

wenn man den vierten Schritt vor dem dritten, den dritten Schritt vor dem zweiten und den zweiten Schritt vor dem ers ten macht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

So ist es, wenn man sich politisch festlegt, ohne die Sachfra gen vorher geklärt zu haben, wenn man einen Standort auf gibt, bevor man einen neuen gefunden hat, und wenn man Zu stimmung erwartet, ohne durch Gespräche und Dialog um die se Zustimmung geworben zu haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Wie paradox die Situation ist, meine Damen und Herren, zeigt sich darin, dass das Land für etwas plädiert, von dem es selbst sagt, dass es sich eigentlich gar nicht um eine Zusage des Lan des handelt. Ja, was ist es jetzt eigentlich? Ein Für-gut-Befin den, eine Aussage, aber keine Zusage.

Das Land kann auch nichts zusagen, weil es nämlich nicht – in keiner Phase – zuständig ist. Das Land kann keine Zusage geben – tut aber so, als hätte es eine gegeben –, denn den An trag stellt die EnBW, für die Genehmigung ist das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig, die örtlichen Probleme sind durch die Sitzkommunen zu bewältigen, und die Zuständig keit für die ganze Geschichte liegt beim Bund.

Nun haben Sie sich wahrscheinlich etwas besonders Schlau es ausgedacht – aber es wird Ihnen auf die Füße fallen –, näm lich: Geht es gut, waren es wir; geht es schief, waren wir nicht zuständig.

Tatsächlich, meine Damen und Herren, ist es genau umge kehrt: Geht es gut, dann, weil das Land nicht zuständig war. Geht es schief, dann deswegen, weil dieser Prozess unglaub lich dilettantisch und falsch eingefädelt worden ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Zurzeit, meine Damen und Herren, spricht alles dafür, dass dieses stümperhafte Vorgehen der Landesregierung dazu bei trägt, dass die Sache schiefgeht. Kompetente, sachorientierte und verantwortliche Politik sieht anders aus.

(Zuruf des Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE)

Über eine Politik des Gehörtwerdens sollten wir ab dem heu tigen Tag ohnehin schweigen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke der Präsidentin)

Entschuldigung, Herr Ab geordneter, gestatten Sie noch eine Nachfrage des Abg. Dr. Schmidt-Eisenlohr?

Sehr geehrter Herr Kollege, am Anfang Ihrer Ausführungen haben Sie von Verantwortung für Baden-Württemberg gesprochen. Ich hat te gehofft, die Ausführungen dazu falsch interpretiert zu ha ben; Ihre Ausführungen haben jedoch leider keine Klarheit gebracht. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, werfen Sie der Landesregierung vor, dass sie nicht in dem Sinn verant wortlich gehandelt hat, dass sie gesagt hat: „Wenn hier Müll produziert wird, müssen wir schauen, dass er möglichst weit weg von unserer Region kommt. Verantwortung für BadenWürttemberg zu übernehmen bedeutet, dass unser Müll weit weg muss, dass möglichst kein durch den Müll hervorgerufe nes Risiko für unsere Bürger entsteht.“ Wenn dies Ihre Hal tung ist, bin ich schon sehr erstaunt.

(Abg. Andreas Glück FDP/DVP: Frage!)

Habe ich dies richtig verstanden?

(Zuruf: Zuhören!)

Sie haben mich nicht richtig ver standen. Sie hätten nur zuhören müssen, was ich gesagt habe.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bevor ich Herrn Abg. Stober das Wort erteile, freue ich mich, im Zuhörerbereich als Gäste sehr herzlich den Prä sidenten des Parlaments der autonomen Provinz Vojvodina in Serbien, Herrn István Pásztor, und seine Delegation begrüßen zu dürfen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Mein Willkommensgruß gilt ferner dem serbischen General konsul in Stuttgart, Herrn Bozidar Vucurovic.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Herr Präsident Pásztor und Herr Landtagspräsident Wolf wer den in der Mittagspause eine gemeinsame Erklärung zur Zu sammenarbeit unserer beiden Parlamente unterzeichnen. Un sere Zusammenarbeit soll ein Zeichen sein für engere Bezie hungen der gewählten Vertretungen der Donauregionen. Wir freuen uns, sehr geehrter Herr Präsident, Sie und Ihre Dele gation hier willkommen zu heißen.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Jetzt darf ich für die SPD-Fraktion Herrn Kollegen Stober das Wort erteilen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Kollege Müller, ich muss ehrlich zugeben, dass ich entsetzt bin über das, was Sie hier von sich gegeben haben.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Gehen Sie auf die Fakten ein! – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Sie haben nämlich nichts anderes getan, als zu einem glatten Rechtsbruch aufzurufen. Sie haben gefordert, dass die Casto ren aus La Hague in das Zwischenlager in Gorleben eingela gert werden. Dies ist seit der Beschlussfassung über das Standortsuchgesetz für die atomaren Endlager – mit großer Mehrheit, parteiübergreifend im Deutschen Bundestag so be schlossen – verboten. Sie wollen sich über dieses Verbot hin wegsetzen. Das ist Rechtsbruch pur.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Staatssekre tär Ingo Rust: Rechtsbruch!)

Ich möchte noch einmal daran erinnern, dass es uns in BadenWürttemberg besonders wichtig war, dass bei der Endlager suche auf einer weißen Landkarte begonnen wird, sodass zu nächst einmal jeder Standort infrage kommt – Gorleben also genauso wie Standorte bei uns, in Bayern oder in anderen Bundesländern. Dies ist erreicht worden. Es gab aber in Nie dersachsen die Befürchtung, dass man dadurch, dass man das Zwischenlager in Gorleben weiter offenhält, sozusagen eine Entscheidung pro Gorleben präjudiziert. Dieser Befürchtung ist man dann nachgekommen. Darüber kann man unterschied licher Meinung sein. Deswegen haben wir gesagt: Wir ma chen eine ergebnisoffene Suche auf einer weißen Landkarte in großem parteipolitischem Konsens.

Ich bin schon entsetzt, dass sich die CDU Baden-Württem berg – nicht die Bundes-CDU, da will ich ausdrücklich tren nen – bzw. deren Landtagsfraktion in dieser Art und Weise über diesen parteiübergreifenden Konsens hier hinwegsetzt.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Ich habe mich vorhin, Herr Hauk, über einen Zwischenruf ge freut, nämlich als Sie gesagt haben, dass der Transport der Castoren ein Sicherheitsrisiko sei. Wir hätten uns gefreut, wenn Sie deutlich früher – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Das habe ich nicht gesagt! Ich habe gesagt, dass die Frau Sitzmann ein Sicher heitsrisiko ist! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/ DVP: Frau Sitzmann ist kein Castor! – Gegenruf des Abg. Peter Hauk CDU: Noch nicht!)

Wenn ich den Zwischenruf falsch verstanden habe, dann möchte ich das natürlich in dieser Art und Weise nicht wie derholen, sondern dies zurücknehmen.

Aber was ich sagen möchte – das ist, glaube ich, unstrittig –: Die Kernenergie ist ein Sicherheitsrisiko. Das gilt für den Be trieb, die Endlagerung, die Zwischenlagerung, und es gilt erst recht für die Transporte. Dieses Problem ist dadurch geschaf fen worden, dass wir die Kernenergie in Baden-Württemberg und in Deutschland eingesetzt haben. Das Problem ist dadurch immer größer geworden, dass es hier eine Landesregierung gab, die über Jahrzehnte daran festgehalten hat, obwohl die Risiken schon bekannt waren, und die dafür gesorgt hat, dass immer mehr strahlender Atommüll entstanden ist und wir im mer größere Probleme bekommen haben.

Man kann jetzt gern darüber diskutieren – ich werde auch noch einmal auf diese Frage eingehen –, wie wir mit den Cas toren aus La Hague umgehen. Aber wer sich über Jahre in die ser Dreistigkeit diesen Fragen widersetzt hat und diese Prob leme ignoriert hat, der hat nun nicht das Recht, hier in diesem Haus so aufzutreten, wie Sie das heute getan haben.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Sehr gut! – Zurufe der Abg. Karl Klein CDU und Beate Böhlen GRÜNE)

Eigentlich will ich diese Auseinandersetzung nicht führen; denn es ist mir wichtig, dass wir die Energiewende und das, was dazugehört – Atomausstieg, Endlagersuchgesetz –, im Einvernehmen machen – wenn auch mit manchen Diskussio nen und Auseinandersetzungen –, dass wir aber auch akzep tieren und respektieren, was der Bundestag parteiübergreifend beschlossen hat. Das ist eben das Standortsuchgesetz.

Da gibt es jetzt natürlich die Frage: Wohin kommt der wie deraufbereitete Abfall aus La Hague und aus Sellafield? Da brauchen wir eine Lösung, weil es in Gorleben nicht mehr geht. Die Landesregierung hat nichts anderes gemacht, als zu sagen, dass sie bereit ist, wenn man in Baden-Württemberg eine Möglichkeit hierzu sieht, keinen Widerstand zu leisten; sie ist bereit, der Bundesregierung gegenüber – die natürlich die politische Verantwortung an dieser Stelle hat –, wenn Ba den-Württemberg für einen Teil der Lösung geeignet ist, nicht Nein zu sagen, sondern den Prozess konstruktiv zu begleiten. Ich glaube, es wäre gut, wenn das nicht nur die Länder Ba den-Württemberg und Schleswig-Holstein tun würden, son dern auch andere Bundesländer wie Hessen oder Bayern, die ebenfalls über viele Jahrzehnte hinweg Atommüll produziert haben und jetzt genauso in der Verantwortung stehen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)