Protokoll der Sitzung vom 24.07.2014

Die Fraktionen sind übereingekommen, keine Aussprache zu führen. Die Regierung verzichtet ebenfalls auf eine mündli che Begründung des Gesetzentwurfs.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 15/5444 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Finanzen und Wirt schaft zu überweisen. – Es erhebt sich kein Widerspruch. Dann ist es so beschlossen und Punkt 4 der Tagesordnung er ledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz zur Vereinheitlichung des Umweltverwaltungs rechts und zur Stärkung der Bürger- und Öffentlichkeits beteiligung im Umweltbereich – Drucksache 15/5487

Das Wort zur Begründung erteile ich Herrn Minister Franz Untersteller.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen Abgeordnete! Lassen Sie mich gleich zu Beginn mei ner Rede betonen: Der heute hier im Hohen Haus vorgelegte Entwurf für ein Umweltverwaltungsgesetz stellt aus meiner Sicht einen Meilenstein im Zusammenhang mit der Bürgerin formation und der Bürgerbeteiligung bei Planungsverfahren

dar. Mit dem Gesetz erhalten Bürgerinnen und Bürger zukünf tig viel leichter als bislang Zugang zu Umweltinformationen. Die Beteiligungsrechte der Bürgerschaft bei umweltbedeut samen Vorhaben werden mit diesem Gesetz deutlich gestärkt. Darin, meine Damen und Herren, liegt auch eine Chance für den Umweltschutz.

Lassen Sie mich ein paar Bemerkungen zu den Zielen bzw. zu den Inhalten des vorliegenden Gesetzentwurfs machen. Das von uns vorgelegte Umweltverwaltungsgesetz wird im Kern von drei Säulen getragen.

Die erste Säule ist – ich will es einmal so bezeichnen – die Vereinfachung. Neu am Umweltverwaltungsgesetz ist, dass erstmalig und sogar bundesweit einmalig – darauf will ich aus drücklich hinweisen – das gesamte Umweltverfahrensrecht in einem einzigen Gesetzbuch gebündelt und zudem auch noch lesefreundlich gestaltet wird, sodass es auch für Nichtjuristen verständlich ist. Künftig kann jeder und jede schwarz auf weiß seine bzw. ihre Rechte und Pflichten erkennen. Es genügt ein Blick in dieses Gesetz.

Die zweite Säule, verehrte Kolleginnen und Kollegen, ist überschrieben mit einer Stärkung der Öffentlichkeitsbeteili gung. Kernstück des Umweltverwaltungsgesetzes ist die ver pflichtende frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei besonders umweltbedeutsamen Vorhaben. Der Vorhabenträger soll bei Vorhaben, die einer Umweltverträglichkeitsprüfung oder ei ner Planfeststellung bedürfen, bereits vor Stellung des Antrags die Öffentlichkeit über seine jeweiligen Projektvorstellungen informieren. Die Öffentlichkeit soll zu einem frühen Zeit punkt, wenn gegebenenfalls noch Alternativen möglich sind, über das Vorhaben unterrichtet werden. Der frühe Dialog kann zum einen dem gegenseitigen Verständnis dienen, kann aber zum anderen auch die Akzeptanz der jeweiligen Projekte, die sich im Verfahren befinden, fördern. Dies liegt, denke ich, auch im ureigenen Interesse der jeweiligen Vorhabenträger.

Mit dem Umweltverwaltungsgesetz treffen wir klare Rege lungen. Es ist damit auch – das will ich an dieser Stelle eben falls betonen – dem Bundesrecht überlegen, wo allenfalls halbherzige Zugeständnisse an die Rufe nach mehr Bürgerbe teiligung in der Vergangenheit umgesetzt wurden. Insbeson dere in den Regelungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes – schauen Sie einmal in § 25 Absatz 3 – kann ich nicht erken nen, dass hier den Beteiligungsrechten entsprechend Raum geschaffen worden wäre.

Erstmalig und – auch darauf möchte ich hinweisen – bundes weit einmalig wollen wir die Umweltmediation gesetzlich ver ankern. Die Umweltmediation ist mittlerweile ein wichtiges Instrument der Konfliktlösung, gerade bei Großvorhaben im Umweltbereich. Mit dem Umweltverwaltungsgesetz wollen wir die Umweltmediation stärken und dadurch mehr Transpa renz, mehr Verständnis und auch mehr Akzeptanz bei Groß vorhaben gewährleisten.

Wir verbessern mit diesem Gesetz aber auch die Mitwirkungs rechte und die Mitwirkungsmöglichkeiten der Umweltverbän de. Über wichtige Vorhaben sollen sie von der Zulassungsbe hörde künftig direkt benachrichtigt werden. Damit erleichtern wir den Verbänden die Arbeit. Wir zeigen damit auch, dass wir auf die Expertise und auf die Fachkenntnis der Umwelt verbände großen Wert legen. Deren Verdienste im Umwelt

schutz sind, denke ich, über alle Fraktionsgrenzen hinweg un bestritten.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Die dritte Säule schließlich, verehrte Kolleginnen und Kolle gen, möchte ich mit „Bürgerfreundlicher Umweltinformati onsanspruch“ überschreiben. Wir wollen mit dem Gesetz den Zugang der Bürgerinnen und Bürger zu Umweltinformatio nen zukünftig erleichtern. Unsere Behörden sind zukünftig zu einem offensiveren Informationsverhalten gehalten. Hinzu tritt die Pflicht, Umweltinformationen aktiv für die Bürgerschaft zugänglich zu machen.

Umweltinformationen müssen für die Bürgerinnen und Bür ger in unserem Land aber auch erschwinglich sein. Künftig wollen wir deshalb für die Übermittlung von Umweltinfor mationen, die keinen erheblichen Arbeitsaufwand verursa chen, auf eine Gebührenerhebung verzichten.

Insgesamt versprechen wir uns durch die neuen Regelungen eine neue Qualität der Informationskultur im Umweltbereich. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dem Umwelt verwaltungsgesetz zeigen wir, dass wir es ernst meinen mit Öffentlichkeitsbeteiligung und mit Transparenz. Dadurch er öffnen wir neue Chancen für einen engagierten Umweltschutz.

Das Umweltverwaltungsgesetz ist aber auch für den Wirt schaftsstandort Baden-Württemberg von Vorteil. Die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung kann zu einem integralen Bestand teil einer innovativen Unternehmenspolitik werden. Wir brin gen hier also Umweltschutz, Bürgerbeteiligung und Wirt schaftsinteressen zusammen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Mit dem Umweltverwaltungsgesetz setzen wir – auch das will ich deutlich sagen – bundesweit ein Zeichen. Deshalb hoffe ich, dass wir im Landtag mit diesem Gesetzentwurf, der uns in den von mir vorgestellten Fragen ein gutes Stück voran bringt, auf eine breite Zustimmung stoßen. Ich freue mich auf die Diskussion im Umweltausschuss.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Herren, für die Aussprache in der Ersten Beratung hat das Präsidium eine Re dezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion spricht Kollege Lusche.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Verwaltungsverfahrensrecht, Umweltverwaltungs recht als letzter Punkt vor der Mittagspause, und das am letz ten Sitzungstag des Plenums vor der parlamentarischen Som merpause. Das mag nicht jeden in fiebrige Erregung verset zen, aber ich stimme Ihnen, Herr Minister, völlig zu, dass wir es hier mit einem wichtigen Gesetzgebungsvorhaben zu tun haben. Zu Recht weisen Sie in der Begründung darauf hin, dass neben den Fachgesetzen – Immissionsschutzrecht, Was serrecht und Ähnliches – auch das Verfahrensrecht eine der Kernmaterien des Umweltrechts ist. Gleichwohl: Gerade weil es eben solch ein wichtiges Gesetzesvorhaben und ein Stand

ortfaktor für die Wirtschaft ist, will ich hier erneut einmal ein Fragezeichen setzen, welches Signal Sie mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf geben.

Ich darf die bisherige Rechtslage, die bisherige Situation un ter Bezugnahme auf Aussagen der Kollegin Rolland von der SPD noch einmal zusammenfassen. Wir hatten hier im März dieses Jahres schon eine Diskussion zum Thema „Umsetzung des Umweltinformationsgesetzes“. Ich darf mit Ihrer Erlaub nis, Herr Präsident, zitieren:

Man kann als Fazit eigentlich sagen: Das Gesetz hat sich bewährt.

So die Kollegin Rolland zu dem, was die CDU-geführte Lan desregierung auf den Weg gebracht hatte. – Uneingeschränk te Zustimmung.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Frage ist jetzt: Wohin führt uns das, was uns hier neu vor gelegt wird? Wer könnte gegen Vereinfachung, wer könnte gegen Lesefreundlichkeit, wer könnte gegen Bürgerfreund lichkeit, wer könnte gegen Transparenz sein? Niemand, na türlich auch die CDU nicht. Vielmehr begrüßen wir es aus drücklich, wenn dieses Gesetz dazu beiträgt. Dahinter müs sen wir allerdings nach wie vor erhebliche Fragezeichen set zen.

Ein Beispiel: Sie wollen verschlanken. Jetzt haben Sie das Projekt der obligatorischen frühzeitigen Beteiligung der Öf fentlichkeit. Herr Minister, durch das Planvereinheitlichungs gesetz wurde das Verwaltungsverfahrensgesetz geändert; § 25 Absatz 3 haben Sie angesprochen. Diese Regelung soll in das Landesverwaltungsverfahrensgesetz übernommen werden. Man muss deshalb schon einmal die Frage stellen, warum Sie parallel dazu im jetzt vorliegenden Gesetzentwurf im Grunde das Gleiche, nämlich eine möglichst frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit, durch eine parallele Vorschrift regeln wol len. – Vereinfachung? Verschlankung?

Dazu kommt – alle aus der Fachwelt haben das bedauert –, dass es kein Umweltgesetzbuch auf Bundesebene gegeben hat. Aber sosehr es Sie auch antreiben mag, Sie werden das jetzt und in Ihrer Landeszuständigkeit nicht korrigieren kön nen. Trotzdem haben Sie offenbar den Anspruch, derartige Prestigeprojekte auf den Weg zu bringen.

Das führt dann etwa beim Thema Zuständigkeit zu schwieri gen Abgrenzungsfragen. Ich nenne etwa den Bereich der Be teiligung der Umweltverbände, die Hinweispflicht. Wie ver hält sich das denn außerhalb des Bereichs der Bundesbehör den, bei dem Sie ohnehin keine Regelungskompetenz haben? Wie verhält sich das im Rahmen der Auftragsverwaltung? Wie sieht das im Verhältnis zu Präklusionsvorschriften aus?

Das klingt alles furchtbar technisch. Wir müssen dies aber be sprechen, damit wir hier nicht einen Mehraufwand produzie ren, obwohl wir angeblich doch vereinfachen wollen. Da wer den wir in der weiteren Gesetzesberatung sehr genau hinse hen.

Das Gleiche gilt für Folgendes: Künftig sollen zwei Ministe rien für die Anerkennung von Umweltverbänden zuständig sein. Erklären Sie uns einmal, warum das sein muss. Die

gleichzeitige Zuständigkeit von MLR und UM ist für uns an diesem Punkt überhaupt nicht nachvollziehbar. Möglicherwei se haben hier gewisse Ressortinteressen eine Rolle gespielt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Also insgesamt: Vereinfachung ist immer gut, aber es muss dann eine echte Vereinfachung sein. Wir werden das, weil es eine trockene, schwierige Fachmaterie ist, im Ausschuss ein zeln besprechen müssen.

Eine Frage habe ich aber noch; sie tauchte schon in der von mir vorhin angesprochenen Debatte zu Recht beim Kollegen Glück von der FDP/DVP auf. Sie haben im Koalitionsvertrag groß angekündigt, dass die Landesregierung ein allgemeines Informationsfreiheitsgesetz einbringen werde, das das gesam te Behördenhandeln betreffe und nicht nur den Umweltbe reich. Dazu zitiere ich einmal Minister Untersteller aus der Debatte vom März:

Gehen Sie einmal davon aus, dass zeitnah, sprich noch vor der Sommerpause, vom Innenministerium ein entspre chender Entwurf vorgelegt wird.

So viel zur Ankündigung eines Informationsfreiheitsgesetzes.

Ich frage Sie jetzt einfach einmal: Wenn wir verschlanken, vereinfachen wollen, wie kann es dann sein, dass jetzt das Umweltministerium vorprescht, obwohl wir nicht wissen, ob da etwas vom Innenministerium kommt, obwohl wir nicht wissen, ob es da einen Gleichlauf gibt? Wenn Sie also wirk lich vereinfachen wollen, dann machen Sie die Sache konsis tent und einheitlich. Dann sollte nicht jeder für sich – viel leicht auch von dem einen oder anderen Profilierungsgedan ken getragen – agieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)

Wir sind im Grundsatz bereit, hier konstruktiv mitzuarbeiten. Aber es muss im Vergleich zu dem Zustand, den mein ein gangs angeführtes Zitat der Kollegin Rolland beschreibt, wo nach das Gesetz gut laufe, wirklich zu einer Verbesserung kommen. Dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Aber den Weg, irgendwie geartete Prestigeprojekte zu starten, bundesweit Meilensteine setzen zu wollen, die dann keine sind, werden wir sicherlich nicht mitgehen.

Ich freue mich auf eine konstruktive Beratung und Diskussi on.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. An dreas Glück FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht der Kollege Marwein.

Herr Präsident, meine Da men und Herren! Heute beraten wir in erster Lesung das Um weltverwaltungsgesetz, ein Gesetz zur Vereinheitlichung des Umweltverwaltungsrechts und zur Stärkung der Bürger- und Öffentlichkeitsbeteiligung. Das ist, wie Sie schon gehört ha ben, eine ziemlich trockene Materie. Aber man muss genau er hinschauen, was das Gesetz bewirken soll.