Zur Erläuterung muss man vielleicht darauf hinweisen – sonst kommt es dem einen oder anderen eventuell etwas merkwür dig vor –, dass dies ein Gedanke aus der politischen Ebene ist. Ein Professor der Dualen Hochschule Mosbach beschäftigt sich auch mit den Fragen, ob so etwas grundsätzlich möglich ist und wie so etwas aussehen könnte. Da wir große Weltfir men und mehr als 100 000 Genossen haben, wäre diese Lö sung grundsätzlich denkbar.
Kann ich mit nach Hause nehmen, dass Sie keine grundsätz lichen Bedenken hätten, wenn eine Bürgergesellschaft, eine Genossenschaft eine Lösung zustande brächte? Sie weisen le
diglich auf das finanzielle Risiko für den Fall hin, dass diese Genossenschaft später den Zuschlag nicht erhält, hätten aber keine rechtlichen Bedenken und würden uns gegebenenfalls auch dabei unterstützen?
Herr Abgeordneter, Sie können mit nach Hause nehmen, dass wir, wie ich bereits aus geführt habe, im Moment noch nicht in der Entscheidungs phase sind. Im Moment laufen vielmehr die Planungen für das Projekt. Es wird noch mehrere Jahre bis zur Erteilung des Baurechts dauern. Das Problem auch bei diesen ÖPP-Projek ten ist bislang eher nicht die Finanzierung, sondern die Kom petenz bei Verhandlung und Abwicklung.
Die Frage, was für diesen Abschnitt der A 6 die beste Lösung ist, stellt sich meiner Ansicht nach zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Die Schwierigkeiten, die wir hinsichtlich einer Bürger genossenschaft sehen, habe ich geschildert.
Im Übrigen entscheidet der Bund, ob er das Vorhaben als ÖPP-Maßnahme durchführen will oder ob er es konventionell finanziert. Auch deshalb weise ich darauf hin, dass im Mo ment vonseiten des Landes keine Entscheidung zu treffen ist.
Die vorherige Frage nach Erfahrungen mit ÖPP-Projekten ist noch offen. Auf der A 5 kann man fahren. Das kann ich bestä tigen. Sie haben gesagt, dass Sie diese Strecke auch des Öf teren fahren. Ich würde anregen, dass Sie vielleicht auch den anderen Partner der ÖPP-Maßnahme nach seiner Einschät zung und seinen Erfahrungen fragen.
Im Zusammenhang mit dem Abschnitt der A 6, der jetzt ins Verfahren gegangen ist, der westlich des Abschnitts liegt, nach dem Sie gefragt haben, möchte ich darauf hinweisen, dass wir den Bund mehrfach darüber informiert haben, dass nach un serer Ansicht eine konventionelle Finanzierung vorteilhaft wä re, insbesondere was den Neckartalübergang angeht. Dort be steht dringender Handlungsbedarf. Wir meinen, dass das Pro jekt so schnell wie möglich realisiert werden muss. Wir ha ben auch die entsprechenden Mittel eingeplant. Einer konven tionellen Finanzierung steht daher eigentlich nichts im Weg. Trotzdem hat sich der Bund an dieser Stelle für ein ÖPP-Pro jekt entschieden.
Frau Staatssekretärin, Sie haben gerade von konventioneller Finanzierung gesprochen. Das heißt, der Bund nimmt weitere Schulden auf. Dann muss der Zinssatz, der zu refinanzieren ist, in einer Form in die Til gung einbezogen werden.
Gibt es Erkenntnisse zum Unterschied zwischen einer kon ventionellen Finanzierung – derzeit ca. 1 %, plus/minus – und einer Finanzierung bei ÖPP-Modellen, die der Bund indirekt auch bezahlt?
Ich danke Ihnen für die Frage. Aber auch diese lässt sich nicht pauschal beantworten. Wir wissen, dass sich der Bundesrechnungshof sehr kritisch mit der Wirtschaftlichkeit bei ÖPP-Projekten auseinandersetzt und darauf hinweist, was alles zu berücksichtigen ist. Es geht jeweils um eine sehr lange Laufzeit. Wie ich schon angespro
chen habe, gibt es unterschiedliche Modelle. Wenn man schon mit einer Anschubfinanzierung von etwa 50 % in das Projekt geht und der Erhaltungsanteil sehr hoch ist, stellt sich die Fra ge nach den wirtschaftlichen Vorteilen besonders deutlich. Wir haben Zweifel, ob man dies dann als wirtschaftlich bezeich nen kann. Letztendlich hat das aber der Bund zu entscheiden.
Herzlichen Dank. – Es liegen keine Zusatzfragen vor. Dann ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 2 beendet.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. P a u l L o c h e r e r C D U – A k t u e l l e P r e i s e n t w i c k l u n g w e s e n t l i c h e r A g r a r p r o d u k t e ; A k t i v i t ä t e n d e r L a n d e s r e g i e r u n g
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Berichterstattung in den Medien über die Krise in Russland bzw. in der Ukrai ne führt uns jeden Tag vor Augen, wie kriegsähnliche Zustän de nach Europa zurückgekehrt sind, und zwar in einer Weise, die wir uns nie hätten vorstellen können. Durch Handelsbe schränkungen sind die Auswirkungen nun vermehrt in der Landwirtschaft, aber auch in den Unternehmen zu spüren.
Ich bin der Kollegin Gurr-Hirsch sehr dankbar, dass sie am 24. September 2014 mit einer parlamentarischen Initiative nachgefragt hat, welche Auswirkungen sich z. B. in den Sek toren Milch, Obst und Fleisch zeigen. Tatsächlich sieht es so aus, dass bei einem Handelsvolumen im Export im Jahr 2013 – –
Ich denke, dies ist für alle wichtig; denn es geht hier um Existenzen. Deshalb mache ich diese Vorbemerkungen.
Im Jahr 2013 lag das Handelsvolumen in diesem Bereich bei 106 Millionen €, und die Handelsbeschränkungen machen in diesem Sektor immerhin ein Volumen von 37 Millionen € aus und sind damit enorm.
weltweiten politischen Situation die Entwicklung der Prei se für wesentliche Agrarprodukte, insbesondere im Bereich der Sonderkulturen und der Milch, in den kommenden Mo naten ein?
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Da men und Herren! Ich kann die Anfrage wie folgt beantworten:
Die Marktpreise für wichtige Agrarprodukte waren im Vor jahr hervorragend; sie sind jetzt allerdings unter Druck und lie gen deutlich unter den Vorjahrespreisen. Aufgrund der Markt lage und der Importbeschränkungen hat die Europäische Union bei Sonderkulturen und Milch Sondermaßnahmen ergriffen. Doch die Marktpreise sind das Ergebnis der Marktsituation insgesamt. Das heißt, Einfuhrbeschränkungen der Russischen Föderation sind nur ein Faktor neben anderen Faktoren, die zur aktuellen Preissituation beitragen.
Sie haben konkret nach dem Milchmarkt gefragt. Der Milch markt stand schon vor den Importbeschränkungen Russlands unter Druck. Dank weltweit sehr guter Milchpreise und einer günstigen Futtersituation stieg die Erzeugung bei den wichti gen weltweiten Exporteuren 2014 sehr deutlich an. Beispiels weise lag die Erzeugung in der Europäischen Union im ers ten Halbjahr 2014 um 5,8 % über dem Vorjahresniveau.
Dazu kommt ein etwas geringeres Wachstum bei den wichti gen Nachfragern aus Asien. Die Importbeschränkungen Russ lands haben diesen Druck noch verschärft. Russland nahm 2013 einen Anteil von rund 1,5 % der Milcherzeugung in der EU ab – vor allem im Bereich Käse. Die Marktlage wirkt ak tuell in allen Absatzmärkten und belastet die Verwertung durch die Molkereien. Erste Reaktionen – beispielsweise beim But terpreis durch die Discounter – sind durch die intensive Me dienberichterstattung bekannt geworden.
Auch die Erzeugerpreise werden diese Marktsituation wider spiegeln. Allerdings erfolgt die Anpassung hier durch die Marktmechanismen zeitlich verzögert. Das heißt, die Zeichen stehen in den kommenden Monaten auf „sinkende Erzeuger preise“, wobei noch niemand ernsthaft zu sagen vermag, wie stark dieser Rückgang sein wird. Entscheidende Faktoren wie die Witterung, die Futterversorgung auf der Südhalbkugel, die Entwicklung der Weltwirtschaft insgesamt, aber vor allem auch die Nachfragesituation in Asien sind hierbei momentan schwer abschätzbar.
Zum Bereich Kernobst – insbesondere Äpfel –, den Sie ange sprochen hatten: Im für Baden-Württemberg wichtigen Seg ment der Äpfel treffen Importbeschränkungen auf eine gleich zeitige Spitzenernte in der gesamten Europäischen Union. Die Lagerkapazitäten für Tafelware sind knapp bzw. zu gering. Daher drängt mehr Ware aus der Ernte auf den Markt, und die Durchschnittspreise für Tafeläpfel liegen aktuell mit 35 € pro Dezitonne sehr deutlich unter dem Vorjahresniveau. Die Aus sichten für Exporte aus der aktuellen Ernte sind durch den Im portstopp Russlands deutlich verschlechtert. Traditionell fin den Exporte in den russischen Markt ab Weihnachten statt, wenn die dortige Ernte verbraucht ist.
Das trifft in der Europäischen Union direkt vor allem Polen. Polen hat 2013 allein 89 % der EU-Exporte nach Russland ge liefert. Das merken wir jetzt an der Preisentwicklung im euro päischen Markt. Die Preise für reichlich vorhandenes Mostobst lagen zum Saisonbeginn nur bei 3 bis 4 € pro Dezitonne. Ak tuell haben wir eine leichte Verbesserung auf 7 bis 8 € pro De zitonne zu verzeichnen. Das bedeutet insgesamt, dass der Ap felmarkt in der Europäischen Union voraussichtlich noch bis zum Abschluss der Ernte unter Druck bleiben wird.
Zu Ihrer Frage, Herr Abgeordneter, nach den Aktivitäten: Sie wissen, dass wir in einem Gemeinsamen Europäischen Bin
nenmarkt unterwegs sind und insofern die alleinige Hand lungskompetenz für Marktmaßnahmen bei der Europäischen Union liegt. Die Europäische Union hat für Obst und Gemü se sowie für Milchprodukte zeitlich und mengenmäßig befris tete Sondermaßnahmen ergriffen.
Die erste Stützungsrunde ist bereits erfolgt. Deutschland kam hier nicht zum Zug. Die zweite Stützungsrunde befindet sich im Moment in den letzten Beratungen. Das zuständige Bun desministerium hat eine Durchführungsverordnung fast fer tiggestellt, um die Möglichkeiten, die die EU anbietet, für Deutschland umzusetzen. Das ist kein mitbestimmungspflich tiger Teil – der Bundesrat befasst sich also nicht damit –, son dern liegt in der alleinigen Zuständigkeit der Bundesregie rung.
Es ist vorgesehen, im zweiten EU-Sonderprogramm in Deutsch land nur Maßnahmen der kostenlosen Verteilung von Tafel äpfeln und -birnen an begünstigte Einrichtungen anzubieten. Der Bund hat entschieden, die Möglichkeit der Marktrück nahme – also auch die der Vernichtung von Lebensmitteln – zu finanzieren, in Deutschland nicht anzuwenden – aus mei ner Sicht zu Recht.
Wir werden die EU-Maßnahmen hier im Land entsprechend der Durchführungsverordnung des Bundes verwaltungsmäßig umsetzen.
Die Sondermaßnahmen für Milch werden national von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, der BLE, umgesetzt.
Ich will deutlich sagen, dass Forderungen einzelner Mitglieds staaten wie beim letzten Agrarrat, den EU-Binnenmarkt mit hilfe von Exporterstattungen zu entlasten, von uns abgelehnt werden.
Weiter ist bei Forderungen nach zusätzlichen Maßnahmen zu bedenken, dass das Geld, das für Krisenmaßnahmen in der EU ausgegeben wird, zulasten der sogenannten Krisenreserve geht. Sie wissen, das ist ein Mechanismus, der aus den Direkt zahlungen für die landwirtschaftlichen Betriebe finanziert wird. Das heißt, jede zusätzliche Sondermaßnahme würde über die Direktzahlungen auch direkt die Liquidität in der Landwirtschaft belasten. Das bedeutet beispielsweise, Sekto ren, die aktuell ebenfalls unter schlechten Preisen leiden – ich spreche die Schweinehaltung, aber auch die Ackerkulturen an –, würden durch die Maßnahmen zusätzlich belastet, ohne dass es zu einer tatsächlichen Entlastung der Betriebe käme, weil keine politische Implikation, sondern nur die Marktlage zugrunde liegt.
Insgesamt zeigt die aktuelle Situation, dass auf EU-Ebene weiterhin Bedarf besteht, geeignete Instrumente zu prüfen, wie auf Marktkrisen mit besserer Prävention und Handhabung reagiert werden kann. Gerade für den Milchmarkt haben die Bundesländer bei der vergangenen Agrarministerkonferenz in Potsdam Deutschland noch einmal eindringlich aufgefordert, sich aktiv in die Diskussion einzubringen. Denn beim Milch markt muss über die Marktsituation hinaus Folgendes beach tet werden: Teile des Mengenwachstums, das wir sehen, sind Vorboten des Auslaufens der Milchquotenregelung, sodass wir hier der Auffassung sind, die europäischen Mechanismen müs sen weiter gestärkt werden, um handlungsfähig zu bleiben.
Ich glaube, die Dimension der Marktausrichtung macht auch deutlich: Rein nationale Aktivitäten oder gar Aktivitäten der Bundesländer können keine Lösung sein, sondern wir brau chen eine handlungsfähige europäische Agrarpolitik.
Darüber hinaus ist klar, dass die Verbraucherinnen und Ver braucher ein wichtiger Bestandteil für den Absatz heimischer Produkte sind und beispielsweise Regionalität, Qualität und Angebot mit ein Beitrag zur Marktstabilisierung sein können.
Das macht allerdings auch noch einmal die Situation deutlich, weshalb wir bei der Ausrichtung der Agrarumweltprogram me, der anderen Agrarprogramme aus der zweiten Säule, bei denen wir, das Land, gestalten können, bewusst Grünland als Schwerpunkt der Förderung gewählt haben – um nämlich die absehbaren Folgen im Bereich der Milchproduktion über die Stärkung der regionalen Grünlandstrukturen aufzufangen.
Herr Minister, Kol lege Locherer hat nach den wesentlichen Agrarprodukten ge fragt, sprich nach dem Schweinemarkt – Borstenvieh und Schweinespeck –, den Sie am Rande erwähnt haben. Dieser Markt ist auch für die Erzeuger in Oberschwaben, im Donau gebiet, auf der Baar und vor allem in Hohenlohe-Franken, die unter einem riesigen Preisdruck stehen – nicht nur die Kon kurrenten in Dänemark und den Niederlanden –, sehr wich tig. Wie schätzen Sie den Schweinemarkt ein, vor allem auch das Problem der radikal zurückgehenden Ferkelproduktion bei uns in Baden-Württemberg, speziell auf den russischen Markt bezogen?
Vielen Dank für die Nachfrage. – Wie Sie wissen, sind Probleme mit dem russischen Markt nicht neu und nicht auf die aktuelle internationale Situation zurückzu führen. Schon vor Ausbruch der Krise hat der Import von deutschen Schweineprodukten oder anderen Fleischproduk ten durch Aktivitäten Russlands massiv gelitten. Hier gibt es also keine neuen Auswirkungen durch die aktuelle Situation und durch Reaktionen vonseiten Russlands auf europäische Sanktionen, sondern wir haben hier insgesamt eine Marktent wicklung, die die Schwierigkeiten in der Branche durch einen deutlichen Rückgang der Erzeugerpreise weiter verstärkt hat.