Frau Staatssekretärin, seit wann werden die Planungen für diese Straße eigentlich betrie ben, und warum sind sie noch nicht abgeschlossen? Liegt das vielleicht auch daran, dass über die Jahre oder Jahrzehnte
verschiedene Planungsgrundlagen vorlagen, die sich immer wieder einmal änderten, oder welche sonstigen Gründe könn te es dafür geben?
Ich habe dem Abschlussbericht zum „Verkehrskonzept süd östlicher Kaiserstuhl“ entnommen, dass es bereits in den Fünf zigerjahren Überlegungen für eine Ost-West-Autobahnverbin dung – damals von Freiburg nach Breisach – gab. Es gab dann in den Sechzigerjahren Planungen für eine vierspurige Tras se in diesem Bereich. Es gab in den Siebzigerjahren eine Auf nahme in den Bedarfsplan. Es gab eine Herabstufung. Es gab die Einleitung eines ersten Planfeststellungsverfahrens und die Einleitung eines zweiten Planfeststellungsverfahrens. Es wurde dann ein Teilplanfeststellungsverfahren für den ersten Bauabschnitt abgeschlossen – der ist inzwischen fertiggestellt –, und dann wurde im Jahr 2006 das Planfeststellungsverfah ren für den zweiten Bauabschnitt eingeleitet.
2011 haben wir dann, wie gesagt, die Einschätzung gehabt, dass eine Finanzierungsperspektive innerhalb der Laufzeit ei
nes Planfeststellungsbeschlusses nicht gegeben sei, und ha ben deswegen keine weiteren Ressourcen in diese Planung stecken wollen.
Mir sagt dieser lange Verlauf, die Historie dieses Vorhabens, dass es offensichtlich kein einfaches Vorhaben ist. Es ist öko logisch problematisch, hier eine Neutrassierung durch die Landschaft zu legen, und nach dem, was mir über die Ausei nandersetzungen zu diesem Vorhaben in den letzten Jahren berichtet wurde, ist auch umstritten, welches der richtige Tras senverlauf in der Region wäre. Auch darüber gab es wohl über mehrere Jahrzehnte immer wieder Debatten und Diskussio nen.
Ich widerstehe der Versuchung, die inhaltlichen Fragen weiterzutreiben. Ich möchte nur die für mich entscheidende Frage stellen. Frau Staatssekretärin, ist der Landesregierung tatsächlich bewusst, dass der Stopp des fast zu Ende geführten Planfeststellungsverfahrens auf größten Unmut in der Region gestoßen ist und dass sich die überwiegende politische Mehrheit in der Region dafür aus spricht, dieses Planfeststellungsverfahren zeitnah zu Ende zu führen, was auch immer dabei herauskommen mag?
Sehr geehrter Herr Ab geordneter, uns ist bewusst, wie sich auch die politische Situ ation in der Region darstellt. Ich selbst war am 8. März 2012 in der Region und habe mich einer mehrstündigen Diskussi on zu diesem Vorhaben und zu unserer Ende 2011 gefassten Entscheidung gestellt. Inzwischen ist auch eine Klage mehre rer Gemeinden anhängig, die auf Entscheidung dringen. Das war ja der Kern der Frage des Herrn Abg. Rapp.
Das ist uns sehr wohl bekannt, und ich habe deswegen gesagt: Wir sind, nachdem diese Entscheidung so gewünscht wird, bereit, zeitnah eine Entscheidung zu fällen, ohne dass ich hier heute den Ausgang dieser Entscheidung beschreiben kann. Wir wollen das auch nicht hier im Landtag verkünden, son dern in einem geordneten Verfahren in die Region hinein kom munizieren. Aber uns ist die Stimmungslage in der Region sehr wohl bekannt.
Nichtsdestotrotz sind wir der Ansicht, dass es nicht hilft, zu versprechen, Maßnahmen voranzutreiben, wenn man selbst nicht davon ausgeht, dass sie dann auch zeitnah umgesetzt werden können. Für diese Position werbe ich jetzt seit gerau mer Zeit, mindestens seit 2011, um Verständnis.
Frau Staatssekretärin, eine ab schließende Frage: Erkennt das Ministerium an, dass die B 31 insgesamt Netzfunktion hat und dass zum endgültigen Aus bau lediglich der letzte Bauabschnitt – B 31 West, zweiter Bauabschnitt – fehlt, um diese Netzfunktion erfüllen zu kön nen?
Wir haben mit der An meldung dieses Vorhabens für den Bundesverkehrswegeplan 2015 deutlich gemacht, dass wir dies als ein Vorhaben sehen, das in diesen Rahmen zu stellen ist. Insoweit ist die Frage, die Sie gestellt haben, zu bejahen.
Nichtsdestotrotz wissen Sie, dass wir noch aus dem alten Bun desverkehrswegeplan 230 nicht realisierte Vorhaben haben, die auch nicht in der Kürze der Zeit umgesetzt werden kön nen. Insofern sind wir 2011 zu der genannten Entscheidung gekommen, die ich nach wie vor für gut begründbar halte.
Im Übrigen warten wir jetzt auf die Bewertung dieses Vorha bens und all der anderen angemeldeten Vorhaben durch den Bund. Der Bund wird eine Bewertung der von den Ländern angemeldeten Vorhaben vornehmen und danach entscheiden, wie und in welcher Einstufung die Maßnahmen in den neuen Bundesverkehrswegeplan aufgenommen werden. Wir sind uns der Tatsache bewusst, dass der Bund zu einer anderen Ein schätzung kommen kann als die, die wir, das Land, getroffen haben. Das ist aber abzuwarten. Wir wissen nicht, wie der Bund im Moment dieses Vorhaben im Vergleich zu vielen an deren Vorhaben im Land bewertet.
Frau Staatssekretärin, ich denke, Sie kennen die Stimmungslagen in dieser und in vie len anderen Regionen, die parallel einzuschätzen sind. Stim men Sie mit mir darin überein, dass die Ursachen für diesen Unmut im Land nicht in der Verantwortung der Landesregie rung liegen, sondern in der Tatsache, dass der Bund dem Land Baden-Württemberg viel zu wenig Geld für Bundesstraßen überweist,
und dass insoweit die Frage der Priorisierung immer nur eine Hilfskonstruktion ist, um den Notstand zu verwalten?
Herr Abg. Haller, ich stimme Ihnen weitestgehend zu, möchte aber noch etwas hin zufügen. Ich glaube, die Stimmungslage bezüglich vieler die ser Vorhaben in vielen Regionen und Gemeinden in unserem Land hat auch damit zu tun, wie die Straßenbaupolitik in den vergangenen Jahrzehnten gemacht wurde. Es wurden Verspre chungen gemacht. Ich war beispielsweise zum Thema Falken steigtunnel zu einem Vor-Ort-Termin in Falkensteig.
Ich finde es immer sehr gut nachvollziehbar, wenn die Men schen, die an einer stark befahrenen Bundes- oder Landesstra ße wohnen und denen man immer gesagt hat, es komme eine Umfahrung, irgendwann sagen, sie müsse jetzt aber auch wirklich kommen, und die Erwartung zum Ausdruck bringen, dass sie nun auch kommt. Es tut dann weh, sagen zu müssen, dass sie wahrscheinlich nicht so schnell kommen kann, weil es so viele Versprechungen und so viele Projekte gibt, für die eben viel zu geringe Finanzierungsmöglichkeiten bestehen.
Insoweit ist die Stimmungslage im Jahr 2011 oder 2012 na türlich nicht irgendwie vom Himmel gefallen, sondern sie hat etwas mit dem zu tun, was man den Menschen in den Regio nen, in den Orten über eine lange Zeit vermittelt hat, nämlich dass quasi jeder Ort eine Ortsumfahrung bekommen könne. Ich halte die Erwartungen, die in vielen Orten vorhanden sind, an vielen Stellen nicht für realisierbar, zumal wir uns auf die Erhaltung des Straßennetzes konzentrieren müssen. Das ist bei den Verkehrsministern der Länder und des Bundes inzwi schen auch Konsens. Insofern muss man das in die Gesamt betrachtung mit einbeziehen.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Jeder? – Abg. Friedlin de Gurr-Hirsch CDU: Dann will ich auch noch ein mal!)
Frau Staatssekretärin, im Zuge der Debatte über den Neubau der B 31 West haben sich zahl reiche Politikerinnen und Politiker aus Bund und Land vor Ort ein Stelldichein gegeben, um sich um die Situation zu küm mern. Ich möchte Sie fragen, ob Sie die Meinung des Herrn Abgeordnetenkollegen Schmiedel teilen, der vor ca. einem Jahr bei einem Vor-Ort-Besuch in Ihringen-Wasenweiler ge sagt hat: „Solange sich die Gemeinden der Region über eine Trassenführung nicht einig sind, wird diese Straße wahr scheinlich niemals gebaut werden.“
Herr Abg. Pix, mir ist diese Aussage aus der Presse bekannt, und ich habe dies und Ähnliches auch von anderen Politikerinnen und Politikern ge hört. In einer Situation, in der man ohnehin nicht alle Wün sche erfüllen kann, wird man natürlich nicht ausgerechnet die Straßen zuerst bauen, die vor Ort umstritten sind. So sortiere ich auch diese Äußerung ein. Ich finde sie höchst vernünftig.
Frau Staatssekretärin, Poli tik hat etwas mit verantwortlichem Handeln von Personen, von Gruppen zu tun.
Sie haben aber vorhin in der Beschreibung, was alles verspro chen wurde, immer nur imaginär von „man“ gesprochen oder davon, eine Fata Morgana sei über das Land gekommen. Sie haben nicht gesagt, wer da was alles versprochen hat. Wissen Sie, wer wann wo wie was versprochen hat?
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Tho mas Blenke CDU: Sie hatten heute noch nicht Gele genheit, dieses Wort zu sagen! Jetzt aber! – Weitere Zurufe)
Herzlichen Dank, Frau Staatssekretärin. – Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Zif fer 4 beendet.
M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. T h o m a s B l e n k e C D U – A u f w e r t u n g d e s F r e i w i l l i g e n P o l i z e i d i e n s t e s d u r c h d a s n e u e L a n d e s p e r s o n a l v e r t r e t u n g s g e s e t z ( L P V G )