Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Da liegt es nahe, zu sagen: Es ist in erster Linie Sache des Ver eins, des Verbands selbst, wie er seine Vorstände wählt und zusammensetzt. Der erste Teil der Frage klingt so, Herr Kol lege Hitzler, als trügen wir, die Landesregierung, die Schuld am Rücktritt des Vereinsvorstands.

(Abg. Bernd Hitzler CDU: So ist es publiziert!)

Ich habe in der Mitgliederversammlung, bei der Sie auch an wesend waren, ein Grußwort gehalten und in diesem Zusam menhang viele Fragen, die sich mit der Notarreform verbin den, erörtert. Ich glaube nicht, dass dies der wirkliche Grund für den Rücktritt des Vorstands gewesen ist. Denn die außer ordentliche Sitzung des Verbandsbeirats, bei der die Neuwahl des Vorstands vorbereitet werden soll, war schon lange vor gesehen, bevor die Mitgliederversammlung in Ulm angesetzt war.

In Ulm habe ich nichts gesagt, was der Vorstand nicht schon wusste. Ich habe nichts gesagt, was aus Gesprächen, die wir mit dem Verband regelmäßig führen, nicht schon bekannt war. Dies gilt insbesondere für das Thema „Besondere Vorruhe standsregelung für Notare im Landesdienst“, auf die der Ver ein jetzt abstellt. Der Verein fordert, dass Notare im Landes dienst, die am 1. Januar 2018 über 55 Jahre alt sind, abschlags frei in den Ruhestand gehen dürfen.

Das Justizressort hat dem Verband zugesagt, zu prüfen, ob we gen der besonderen Umstände der Notariatsreform ein ab schlagsfreier Vorruhestand mit 63 Jahren in Betracht kommt. Nach gut zwei Jahren umfangreicher Diskussionen hat sich gezeigt, dass eine politische Mehrheit dafür nicht zu finden ist. Den Vereinsvorstand habe ich schon im Januar und im September darauf hingewiesen, dass die Aussichten für eine solche Regelung nicht gut sind.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Dass sich keine Mehrheit findet, gilt übrigens nicht nur für die Regierungsfraktionen. Die Kollegen Hitzler und Professor

Goll haben in ihren Grußworten eine Vorruhestandsregelung ebenso abgelehnt.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

In früheren Verbandsmitteilungen wurde das, bezogen auf die CDU, durch den Verband bereits festgestellt.

Natürlich werden wir nicht Däumchen drehend zuwarten, bis Anfang 2015 ein neuer Vorstand gewählt ist. Ich habe die No tarinnen und Notare mehrfach – zuletzt auf der Jahrestagung in Ulm – zum Gespräch eingeladen. Das gilt für den künfti gen Vorstand ebenso wie für den derzeit kommissarisch wei ter im Amt befindlichen Vorstand. Außerdem suchen die Mit arbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses das Gespräch mit den Notaren in den einzelnen Sprengelversammlungen vor Ort, die derzeit stattfinden und bei denen wir umfangreich und breit über die Notarreform informieren.

Herr Kollege Hitzler, auf den zweiten Teil Ihrer Frage – was die Landesregierung unternehme, um eine sozial verträgliche Reform zu gewährleisten – habe ich in meinem Grußwort in Ulm eine ausführliche Antwort gegeben. Was wir nicht tun, lieber Kollege Hitzler, ist, den Notarinnen und Notaren Ver sprechungen zu machen, die wir nicht halten können.

Ich kann den Notaren im Landesdienst, die künftig keine Zu satzeinnahmen aus dem Beurkundungsgeschäft mehr erhal ten, nicht versprechen, diesen Einnahmeausfall durch außer ordentliche Zulagen auszugleichen. Das werden auch Sie nicht tun, falls Sie tatsächlich im Jahr 2016 wieder an die Regie rung kommen sollten, wovon keineswegs auszugehen ist.

(Abg. Peter Hauk CDU: Wenn Sie so weitermachen, schon! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie geben uns Hoffnung!)

Hätten Sie das gewollt, Herr Kollege Hitzler? Herr Kollege Hauk, Sie waren damals an den Beschlussfassungen zur No tariatsreform mit beteiligt.

(Abg. Winfried Mack CDU: Sie auch! Sie haben auch zugestimmt!)

Das hätten Sie ja im Zuge der landesrechtlichen Umsetzung der Notariatsreform machen können, wenn Sie das gewollt hätten. Sie haben die Gesetze damals auf den Weg gebracht. Alle Forderungen des Württembergischen Notarvereins lagen damals auf dem Tisch. Alle waren bekannt und wurden mit den Fraktionen, mit der Landesregierung eingehend diskutiert. Für keine dieser Forderungen haben Sie auch nur ansatzwei se Schritte der Umsetzung in die Wege geleitet.

Diesem Haus werden wir demnächst einen Gesetzesvorschlag vorlegen, der den Notaren, die beim Land bleiben, die bishe rigen Beförderungschancen ihrer Sonderlaufbahn erhält, da mit sie weiterhin eine berufliche Perspektive haben. Diese Sonderlaufbahn und damit die entsprechenden Beförderungs chancen der Betroffenen hatten Sie, lieber Kollege Hitzler, und Ihre Fraktion in der letzten Legislaturperiode abgeschafft.

Im Übrigen sollten wir auch bedenken, meine Damen und Herren, dass die Notare nur einen Teil der 3 000 Bediensteten ausmachen, die von der Notariatsreform betroffen sind. Wir müssen deshalb alle Bediensteten im Blick behalten. Für alle

Bediensteten hat der Ministerrat am 24. Juli dieses Jahres be schlossen, dass zur Absicherung der Sozialverträglichkeit der Notariatsreform dieselben Standards zur Anwendung kom men sollen, die schon bei der Verwaltungsreform oder der Po lizeistrukturreform angewendet wurden.

Außerdem arbeiten wir daran, Unterstützungskräften, die das wünschen, die Chance zu eröffnen, zu einem selbstständigen Nur-Notar zu wechseln, ohne die Sicherheit ihres bisherigen Arbeitsplatzes aufgeben zu müssen, und helfen ihnen bei der entsprechenden Weiterqualifizierung. Denn anders als bei den Notarinnen und Notaren werden wir bei den Unterstützungs kräften 2018 mehr Bedienstete haben, als wir für die Fortfüh rung der gerichtlichen Aufgaben der Notare benötigen.

Wir kennen die Auswirkungen der Reform auf die im Notari atsbereich beschäftigten Bediensteten. Deshalb haben wir in den letzten Jahren Schritt für Schritt Maßnahmen zur Verbes serung der Sozialverträglichkeit auf den Weg gebracht und werden das nach Abstimmung innerhalb der Landesregierung weiterhin tun. Dabei waren und bleiben wir mit den Notari atsbeschäftigten und ihren Berufsverbänden – es gibt auch noch den Badischen Notarverein – im Gespräch und tauschen uns weiterhin konstruktiv aus.

So viel zu Ihrer Frage.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Vielen Dank, Herr Mi nister. – Es liegen Zusatzfragen vor. Zunächst eine Zusatzfra ge des Herrn Abg. Filius von der Fraktion GRÜNE.

Vielen Dank. – Herr Justizmi nister, worin liegt aus Sicht der Landesregierung die beson dere Beeinträchtigung der Notare im Landesdienst, die sich durch die Notariatsreform, die von der Vorgängerregierung auf den Weg gebracht worden ist, ergibt?

Vielen Dank, Herr Kollege Filius. – Die Notariats- und die Grundbuchamtsre form – ich nehme das einmal zusammen – sind Jahrhundertreformen, die alle staatlichen Notare und alle derzeit dort tä tigen Bediensteten grundlegend betreffen.

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

Die Eingliederung des gerichtlichen Bereichs in die Amtsge richte wird für alle Bediensteten gewisse örtliche Veränderun gen bringen. Das liegt auf der Hand, und das will ich auch nicht kleinreden. Insoweit gilt aber für die Notare im Landes dienst dasselbe wie für andere Bedienstete des Landes auch.

Konzentrieren wir uns jetzt einmal auf den württembergischen Landesteil – Sie haben ja in Ihrer Anfrage auf den Württem bergischen Notarverein Bezug genommen –: Den Notaren, die nicht in das selbstständige Nur-Notariat wechseln, bleiben ihr Status und die damit verbundenen Bezüge als Beamte erhal ten. Das heißt, sie bleiben Notarvertreter in der Besoldungs gruppe A 12 bzw. Bezirksnotare in der Besoldungsgruppe A 13 oder A 14. Indem wir die Sonderlaufbahn fortsetzen, was die alte Landesregierung nicht gemacht hat, erhalten wir den meist jüngeren Notarvertretern in der Besoldungsgruppe A 12 und den Bezirksnotaren in A 13 auch ihre Chance, nach A 13 bzw. A 14 befördert zu werden.

Aus der Sicht der Landes und dem daraus resultierenden In teresse sage ich auch ganz deutlich: Wir brauchen die Notare über den Reformstichtag hinaus. Denn in einem Notariat wird nicht nur der Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Grundstücks oder die Änderung von Gesellschaftsverhältnis sen beurkundet. Vielmehr werden in einem Notariat auch ge richtliche Aufgaben erledigt. Das wird in der öffentlichen Dis kussion vielfach etwas verkürzt gesehen. Diese Aufgaben blei ben natürlich beim Land. Wer, wenn nicht die bisherigen No tare im Landesdienst, soll diese Aufgaben denn erledigen?

Deshalb droht den Notarvertretern und Bezirksnotaren, die beim Land bleiben, keine fachfremde Verwendung. Die ge richtlichen Aufgaben in den Bereichen Nachlass, Betreuung und Grundbuch, die schon bisher ihre Laufbahn ausmachten, bleiben ihnen erhalten. Dies gilt übrigens auch für ihre beson deren Kompetenzen, die über diejenigen eines Rechtspflegers hinausgehen.

Es ist auch nicht so, dass die Beurkundungstätigkeit den Schwerpunkt der Notartätigkeit bildet. Im württembergischen Rechtsgebiet machen die gerichtlichen Aufgaben – also die Aufgaben, die nach der Umstrukturierung weitergeführt wer den können – im Schnitt rund 60 % der Tätigkeit aus.

Klar ist: Mit dem Wegfall der Beurkundungstätigkeit fallen die Zusatzeinnahmen, welche die Notare im Landesdienst der zeit aus ihrer Gebührenbeteiligung erhalten, weg. Diese Zu satzeinnahmen sind aber sehr volatil und ungleich verteilt. Die jungen Notarvertreter erhalten diese Gebührenbeteiligungen nur, wenn ihnen ihr Bezirksnotar sozusagen etwas von seiner Beteiligung abgibt.

Es gibt bei den älteren Notaren sicher Spitzenverdiener, es gibt aber auch solche, deren Gebührenbeteiligung nicht ein mal 1 000 € im Jahr erreicht. Diese älteren Spitzenverdiener – wie ich sie einmal genannt habe – haben jahrelang von die sen Zusatzeinnahmen profitiert, allerdings ohne darauf ver trauen zu können, dass diese Einnahmen laufend fließen wer den. Hinzu kommt, dass diese Zusatzeinnahmen nicht ruhe gehaltsfähig sind. Mit dem anstehenden Ruhestand enden sie also ohnehin.

Zwei Punkte sollte man in diesem Zusammenhang auch be denken: Wer konstant hohe Zusatzeinnahmen hatte, war auch in der Lage, für den absehbaren Reformstichtag vorzusorgen, und viele haben das auch getan. Wir sollten auch sehen, dass im Zuge der Gebührenänderung auf Bundesebene die Notari ate auch höhere Einnahmen erzielen, ohne dass die Gebüh renbeteiligung der Notare reduziert worden ist. Auch daraus erwächst ein Vorteil.

Zusammenfassend kann man also durchaus feststellen: Die Notare im Landesdienst, die beim Land bleiben, werden durch die Notariatsreform beeinträchtigt, weil sie Zusatzeinnahmen verlieren. Dabei handelt es sich um eine besondere Chance, auf deren Fortbestand sie allerdings nicht vertrauen konnten. Eine amtsangemessene Beschäftigung und Vergütung ist auch nach dem Stichtag 2018 für alle Notare sichergestellt, die beim Land bleiben.

Eine weitere Zusatzfra ge, Herr Abg. Binder von der SPD.

Herr Minister Stickelberger, Kol lege Hitzler spricht in seiner Anfrage an das Justizministeri um von 3 000 Betroffenen, redet aber eigentlich nur von den Notaren. Deshalb die Frage: Wie sozial verträglich wird die Notariatsreform für die Beschäftigten bei den Grundbuchäm tern und den jetzigen Notariaten?

Das ist ganz wichtig. Vielen Dank, Herr Kollege Binder. – Es gibt einen sehr um fassenden Personalkörper im Bereich des Notariatswesens mit ganz unterschiedlich Beschäftigten wie Beamten des gehobe nen und des mittleren Dienstes und Tarifbeschäftigten. Wir müssen alle in den Blick nehmen. Deshalb hat der Minister rat beschlossen, dass wir, wie bei früheren Reformvorhaben, die Grundsätze der Landesregierung zur sozial verträglichen Umsetzung der Neuordnung von Behörden zur Anwendung bringen. Diese Umsetzung sieht im Einzelnen wie folgt aus:

Ich fange mit den Beamtinnen und Beamten an, damit man sieht, wie sich das entwickelt. Beamtinnen und Beamte der Notariate sollen statusgleich versetzt werden. Ihr Status bleibt also unberührt. Gegebenenfalls sollen Tätigkeiten übertragen werden, die der früher ausgeübten Tätigkeit entsprechen.

Bei Stellenbesetzungen sollen bei gleicher Eignung reform betroffene Bedienstete vorrangig berücksichtigt werden, um noch bestehende Härtefälle abzubauen. Die Interessenlage teilzeitbeschäftigter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ih re Arbeit nur in räumlicher Nähe zu ihrem Wohnort ausüben können, soll besonders berücksichtigt werden. Das betrifft na türlich insbesondere tarifbeschäftigte Frauen.

Betriebsbedingte Kündigungen soll es allenfalls bei der Ab lehnung eines zumutbaren Arbeitsplatzes geben.

Beschäftigten, die reformbedingt im gegenseitigen Einverneh men aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden, sollen nach Maß gabe der Tarifverträge über den Rationalisierungsschutz Ab findungen gewährt werden.

Schließlich soll die Arbeitsplatzsicherheit bei Versetzung von Tarifbeschäftigten gewährleistet werden, indem mindestens ein gleichwertiger Arbeitsplatz ohne Änderung der bisherigen Eingruppierung und des Beschäftigungsumfangs angeboten wird. Gegebenenfalls soll zur Grundsicherung ein neuer Ar beitsplatz angeboten werden.

Sie erinnern sich: Wir haben am 15. Oktober dieses Jahres das Gesetz über das Absehen von der Zusage der Umzugskosten vergütung in besonderen Härtefällen aus Anlass der Grund buchamts- und Notariatsreform verabschiedet. Dieser sperri ge Begriff, der uns immer wieder erheitert, gilt natürlich auch hier jetzt wieder. Das heißt, es werden trennungsgeldrechtli che Regelungen zugunsten der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch zur Abmilderung von besonderen Här tefällen angewandt.

Wir werden natürlich ab 2018 auch im Nur-Notariat – die Stel len werden von den Notarinnen und Notaren wahrgenommen – viele ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benöti gen. Das sind dann in der Regel unsere Tarifbeschäftigten. Wir werden diesen Kräften den Wechsel zu einem selbstständigen Notar erleichtern. Diese Möglichkeit werden sie natürlich nur nutzen, wenn sie die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes in ihrem

öffentlichen Dienstverhältnis als Tarifbeschäftigte nicht auf geben müssen.

Rechtstechnisch soll dies im Falle von Beamtinnen und Be amten entsprechend den Beamtenvorschriften realisiert wer den. Für die Beschäftigten im Tarifbereich müssten wir eine Regelung finden, die etwa der der Personalgestellung ent spricht, wie wir das in anderen Bereichen auch haben.

Sie wissen, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz setzt uns da enge Grenzen. Aber wir sind dabei, auch zusammen mit der Bundesministerin für Arbeit und Soziales entsprechende Re gelungen auszuarbeiten, damit unsere Tarifbeschäftigten dann auch gern zu den Nur-Notaren gehen – dort werden sie als qualifizierte Kräfte benötigt –, aber andererseits im Ergebnis nicht auf die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes beim Land Ba den-Württemberg verzichten müssen.

Sie sehen, wir haben eine ganze Reihe von Schritten eingelei tet und noch Maßnahmen vor uns, damit wir hier zu vernünf tigen Lösungen für die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter kommen.