Protokoll der Sitzung vom 13.11.2014

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Löffler das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! „Überfordert“ – das Staatsministeri um sei überfordert, schreibt die „Stuttgarter Zeitung“. Was ist passiert? Das Staatsministerium übergab Privatkorrespondenz zwischen Bürgerinnen und Bürgern und dem früheren Minis terpräsidenten Mappus an einen pensionierten Richter und prominenten S-21-Gegner, der unserer Justiz ein bräunliches Verhältnis zur Demokratie vorwirft.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ui! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Unglaublich!)

Die Briefe landeten bei der Presse. Darunter befand sich auch ein Schreiben eines Rechtsanwalts, der den Ministerpräsiden ten zu konsequentem Vorgehen bei S 21 ermunterte. Die Sa che wurde publik. Der Anwalt ist mit einer Richterin verhei ratet, die S-21-Verfahren verhandelt und S-21-Gegner verur teilt hatte. Gut recherchiert! Das Amtsgericht änderte darauf hin die Zuständigkeit der Richterin. Wer glaubt da noch an Überforderung?

Unliebsamen Staatsanwälten ergeht es auch nicht viel besser. Am 14. Oktober 2011 schrieb Kollege Sckerl dem Justizmi nister und forderte eine vertrauliche Einschätzung über alle Vorgänge an, die der Leitende Oberstaatsanwalt bearbeitet.

(Zurufe von der CDU und von der FDP/DVP – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Skandal!)

Gleichzeitig mahnte der grüne Chefankläger die Änderung der Zuständigkeit des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungs verfahrens an; ein Befangenheitsantrag der Grünen lag schon vor, gefolgt von öffentlichen Anschwärzungen. Die Folge: Dieser Staatsanwalt ging vorzeitig in Ruhestand.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ist der Herr Schulz noch da, damit er das hören kann? – Abg. Dr. Bern hard Lasotta CDU: Unglaublich!)

Der erwähnte pensionierte Richter stand unter besonderem Schutz der Grünen. Der Mann fürs Grobe? Als die Staatsan waltschaft Ermittlungen gegen diesen Richter einleitete, weil er im Verdacht stand, Einsatzpläne der Polizei zu besitzen, trat Kollege Sckerl erneut als Zuchtmeister in Aktion. Der Justiz minister sollte die Umstände dieses Ermittlungsverfahrens und die Hausdurchsuchung erläutern und darstellen; denn es be stünden deutliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Aha! – Abg. Dr. Bernhard Lasotta CDU: Zum Rapport bestellt!)

Das schrieb er am 14. Juli 2012.

Dieser Richter ging im Staatsministerium ein und aus und hat te offenbar eine besondere Nähe zum Ministerpräsidenten, wie der Kollege Sckerl den Justizminister wissen ließ. Er solle In formationen aus dem Untersuchungsausschuss „Schlossgar ten“ erhalten, habe das Büro des Ministerpräsidenten ange ordnet, und der Obmann der Grünen solle ihm alle Fragen be antworten.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Dieser Richter schrieb, offenbar unter Beteiligung der Frau eines Kriminalhauptkommissars, ein Buch über S 21. Gegen diesen Beamten ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Ver letzung von Dienstgeheimnissen; denn er stand im Verdacht, den polizeiinternen Rahmenplan 2 an die S-21-Gegner wei tergegeben zu haben. Natürlich intervenierte Kollege Sckerl auch hier.

(Zuruf von der CDU: Unglaublich!)

Kollege Sckerl holte zum Rundumschlag gegen die Justiz aus. Der Justizminister antwortete dem Chefankläger der Grünen unterkühlt:

Von einer weiter gehenden Bewertung der gerichtlichen Entscheidung habe ich wegen verfassungsrechtlicher Un abhängigkeit der Gerichte Abstand genommen.

Das war deutliche Kritik. Beim Kollegen Sckerl sitzt ein tie fes grünes Misstrauen gegen die Justiz. Grüne Moral geht über den Rechtsstaat.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Es ist unerträglich, wie sich der Justizminister für die Arbeit der Justiz rechtfertigen muss. Aber er hat es sich selbst einge brockt. Gottesfürchtig und längst eine Marionette der Grünen,

(Zurufe von den Grünen)

hat er die Unschuld längst verloren, weil er sich dem Drän gen der grünen Vizepräsidentin, ein Verfahren gegen den Sohn ihres Zweitkandidaten einstellen zu lassen, nicht offensiv ent gegenstellte.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Da tut sich ja ein Sumpf auf! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Un glaublich!)

In einer Aktuellen Debatte haben wir schon einmal eine E-Mail thematisiert, in der stand, dass auf Wunsch des Minis terpräsidenten alle Anzeigeerstatter in Sachen S 21 mit Na men und Anschrift dem Staatsministerium gemeldet werden sollten. Damals hatte die Staatsministerin diesem Parlament versichert, man habe nur statistische Angaben abgefragt. Nie mand habe die Absicht gehabt, Namen zu erfragen.

(Lachen des Abg. Karl Zimmermann CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: Niemand!)

Aber ein handschriftlicher Vermerk des Justizministeriums belegt das Gegenteil:

(Zurufe von der CDU: Ui!)

Wegen des Drängens des Staatsministeriums musste die da malige Ministerialdirigentin und heutige Präsidentin des BGH ein persönliches Gespräch mit dem Staatsministerium führen. Ganz konfliktfrei scheint das nicht verlaufen zu sein; denn das Staatsministerium forderte, von Allmachtsfantasien getragen, dass die Staatsanwaltschaft ihre Abschlussverfügungen dem Staatsministerium vorzulegen hat.

(Lachen bei der CDU – Zurufe von der CDU: Was? – Wie bitte?)

Was führt man in der Villa Reitzenstein im Schilde?

Gott sei Dank stellte sich das Justizministerium wieder quer und erteilte dem Staatsministerium eine Absage. Frau Staats ministerin Krebs hat dem Parlament den Sachverhalt ganz im Stile von Collodis Pinocchio völlig anders dargestellt. Kolle gin Sitzmann sprach gar von ungeheuren Vorwürfen. Wenn Sie für Transparenz sind, Frau Sitzmann, dann lassen Sie uns doch alle Korrespondenz offenlegen. Moralisch richtig wäre das allemal. Von der ehemaligen Umweltministerin und ihren Beamten fordern Sie das schließlich auch. Aber bitte keine Halbwahrheiten mehr!

In den letzten Wochen versuchte das Staatsministerium mit allen Mitteln, die Vollstreckung eines rechtskräftigen Urteils des höchsten Verwaltungsgerichts im Land zu vereiteln, pri vate E-Mails des früheren Ministerpräsidenten zu löschen.

(Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Privat?)

Der VGH Mannheim verurteilte das Staatsministerium hier zu aus Gründen der Verfassung und des Datenschutzes. Nach langem Hin und Her beugte sich das Staatsministerium dem Rechtsstaat gegen die Kritik der grünen Faktion und beschä digte somit nicht nur das Ansehen des Gerichts, sondern auch das Ansehen des Landes.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Ministerpräsident, wenn eine Regierung rechtskräftige Urteile nicht mehr gegen sich gelten lassen will, öffnet sie die Tür zum totalitären Staat. Sind wir uns da einig?

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Jesses!)

Eine Perlenkette von grünen Mauscheleien: Einflussnahme auf die Zuständigkeit von Gerichten und Staatsanwaltschaft, vertrauliche Vorlagen von staatsanwaltschaftlichen Vorgän gen an die Grünen, Vorlage von staatsanwaltschaftlichen Ab schlussverfügungen zusammen mit der Offenlegung von An schriften von Anzeigeerstattern in S-21-Verfahren, Nichtan erkennung rechtskräftiger Urteile. Dies zeichnet ein morali sches Sittengemälde

(Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)

der selbst ernannten grünen Bürgerregierung und erinnert an „Des Kaisers neue Kleider“.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Abgeordneter, ge statten Sie eine Zwischenfrage des Abg. Filius?

Nein, vielleicht später. – „Winfried! Mir graut’s vor dir.“ All das erinnert an Gretchens Ausruf in der Kerkerszene in Goethes „Faust“ – allerdings in der schwäbischen Fassung.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und der FDP/ DVP)

„Die Unabhängigkeit der Gerichte beginnt mit meiner Ernen nung“, hat der Ministerpräsident auf einer Pressekonferenz in der Manier des Sonnenkönigs gesagt. Was für ein Schmarrn! Vor diesem Haus habe ich einmal vom „grünen Bananenstaat“ gesprochen. Ich bitte alle Bananenstaaten um Entschuldigung.

(Vereinzelt Heiterkeit bei der CDU – Beifall bei Ab geordneten der CDU – Zuruf von den Grünen: Un glaublich!)

Diese Regierung ist auch moralisch überfordert. Aber das wä re vielleicht noch das Harmloseste. Gott schütze dieses Land!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Herr Kollege Filius.

Herr Kollege Löffler, ist Ihnen bekannt, dass ein Untersuchungsausschuss Rechte hat und die se entsprechend auch ausüben kann? Denn Sie haben vorhin gesagt, es würden hier die Gerichtsentscheidungen nicht res pektiert. Es gibt viele Gerichtsentscheidungen, die genau das besagen, dass nämlich Untersuchungsausschüsse entsprechen de Möglichkeiten haben. Dies ist Ihnen doch bekannt? Es dürfte Ihnen bekannt sein.