Das vorgeschlagene Konzept verdeutlicht, wo wir die Real schule in Zukunft als Schule innerhalb eines Zweisäulensys tems wiederfinden möchten. Dieses Zweisäulensystem stellt für die Eltern eine Wahlmöglichkeit dar, und zwar zum einen für das Gymnasium – das dann ausschließlich das erweiterte Niveau anbietet – und zum anderen für Schularten, die unter schiedliche Lernniveaus anbieten und die Schülerinnen und Schüler entsprechend fördern und ihnen dabei Entwicklungs möglichkeiten zu mehreren Schulabschlüssen hin bieten.
Kolleginnen und Kollegen, das vorliegende Realschulkonzept ist der letzte große Baustein in unserer Schulstrukturreform. Wir geben damit Antworten auf Herausforderungen, die wir beim Regierungswechsel 2011 vorgefunden haben. Ich nen ne beispielsweise den Rückgang der Schülerzahlen, das ver änderte Bildungswahlverhalten nach dem PISA-Schock so wie Defizite im Bereich der Bildungsgerechtigkeit, die in Ba den-Württemberg deutlich zutage getreten sind. Wir sind der Auffassung, dass wir jetzt die Leitplanken für die Weiterent wicklung unserer Schullandschaft definiert haben und dass die Konturen des Zweisäulenmodells klar formuliert sind. Jeder, der vor diesem Hintergrund erneut ankündigt, alles umkrem peln zu wollen, sollte sich der Konsequenzen seiner Worte be wusst sein.
Denn Sie verunsichern Eltern, Lehrerinnen und Lehrer sowie Schülerinnen und Schüler. Was sich Eltern und Lehrkräfte wünschen, ist eine nachhaltige Entwicklung der Schulland schaft und ein Ende des Parteiengezänks.
(Abg. Thomas Blenke CDU: Das Sie angefangen ha ben! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das liest er alles ab!)
Es bleibt aber zu hoffen, dass mit der Wahl Ihres Spitzenkan didaten pünktlich zum Nikolaustag die politische Vernunft in die Reihen der CDU zurückkehrt – auch wenn ich sagen muss, dass es mir gerade am heutigen Tag sehr schwer fällt, dies zu glauben. Wie auch immer – Lehrkräfte, Eltern sowie Schüle rinnen und Schüler würden es Ihnen danken. Es ist Zeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Fulst-Blei, Sie haben gerade stichwortartig genannt, was Sie 2011 vorgefun den haben.
die Absolventen waren als Fachkräfte bei den Unternehmen sehr gefragt –, eine Realschule, die die jungen Menschen in hervorragendem Maß sowohl auf eine duale Ausbildung als auch für den Durchstieg in Richtung allgemeine Hochschul reife vorbereitet hat. Die Realschule war eine aufstiegsorien tierte, differenzierte, leistungsstarke Schulart inmitten eines erfolgreichen, differenzierten Bildungssystems, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU zu Grünen und SPD: Und was haben Sie daraus gemacht?)
Heute ist die Heterogenität an den Realschulen so hoch wie nie zuvor. Fast 30 % der Schülerinnen und Schüler in den Ein gangsklassen haben keine Bildungsempfehlung für die Real schule. Die Sitzenbleiberzahlen haben sich an den Realschu len versechsfacht.
Die Realschulen haben aber sehr rasch reagiert und haben Ih nen, Herr Kultusminister, kurz nach Ihrer Amtsübernahme 8 500 Unterschriften für den Erhalt der Realschulen über reicht. Der Verband Bildung und Erziehung hat diese Aktivi tät mit einer Aktion für die Realschulen begleitet, und die CDU-Landtagsfraktion hat mit ihrer Kampagne „Pro Real schule“ mit über 70 Veranstaltungen
Im Auftrag der CDU-Landtagsfraktion wurde in einer Umfra ge durch Infratest dimap der hohe Stellenwert der Realschu len bei den Bürgerinnen und Bürgern untermauert. Der Kul tusminister hat jedoch keine andere Idee gehabt, als die Seri osität dieses Meinungsforschungsinstituts infrage zu stellen. Das war sein einziger Kommentar.
Überall dort, wo Bürger tatsächlich gefragt wurden, wurde ein positives Stimmungsbild für das differenzierte Schulwesen bestätigt – in Bad Saulgau, in Hirschberg, in Salem, in Riela singen. Überall dort, wo Bürgerinnen und Bürger befragt wur den, gab es klare Mehrheiten für das differenzierte Schulwe sen. Sie aber, Herr Kultusminister, haben trotz dieses positi ven Votums der Bürgerinnen und Bürger die Realschule in Sa lem schließen lassen.
Meine Damen und Herren, die Realschulen stehen weiterhin unter Druck. Die Benachteiligungen sind nach wie vor erkenn bar, sowohl in der Lehrerausstattung als auch bei den Sach kosten. In der Lehrerausstattung gibt es nach wie vor eine kla re Benachteiligung gegenüber den Gemeinschaftsschulen; was die Sachkostenbeiträge betrifft, gibt es ebenfalls eine klare Benachteiligung gegenüber den Gemeinschaftsschulen. Die se klare Benachteiligung gegenüber den Gemeinschaftsschu len besteht auch in Bezug auf den Ganztagsschulausbau.
Die Realschulen sind trotzdem – zu Recht – von ihrem her vorragenden pädagogischen Konzept überzeugt. 209 Gemein schaftsschulen sind bislang genehmigt worden. Es hat sich aber nicht einmal jede 20. Realschule im Land für die Ge meinschaftsschule entschieden.
Meine Damen und Herren, das Fazit lautet: Den Realschulen steht das Wasser bis zum Hals, und, Herr Kultusminister, Ih nen steht bei diesem Thema ebenfalls das Wasser bis zum Hals.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Er hat Schwimmen gelernt!)
Deswegen haben Sie den Realschulen jetzt einen Rettungs ring zugeworfen. Aber eine klare Perspektive für die Real schule zur Aufrechterhaltung des eigenen pädagogischen Pro fils ist daraus noch nicht erkennbar, meine Damen und Her ren.
Die CDU-Landtagsfraktion hat vor einem Jahr ihr Konzept zur Stärkung der Realschule vorgelegt. Wir haben hierzu in der gesamten Fläche des Landes viel Zustimmung erfahren. Die Arbeitsgemeinschaft der Realschulrektoren hat sich 1 : 1 unserem Konzept angeschlossen. Hier kann man nur sagen: Opposition wirkt.
Sie haben unser Konzept zu bestimmten Teilen übernommen; dennoch machen sich klare Unterschiede deutlich bemerkbar. Ich möchte nur einige wesentliche Unterschiede herausarbei ten:
Wir setzen darauf, dass die Schülerinnen und Schüler spätes tens ab Jahrgangsstufe 7 einen leistungsbezogenen, differen zierten Unterricht in Deutsch, Mathematik, einer Fremdspra che und Naturwissenschaften erhalten,
sodass sie zielgerichtet und leistungsstark entlang ihrer Be dürfnisse optimal auf ihren jeweiligen Abschluss vorbereitet werden können.
Wenn Sie die Pädagogen in unserem Land fragen – dies gilt übrigens zunehmend auch für die Pädagogen an Gemein schaftsschulen –, wird bei Ihnen die Erkenntnis zunehmen: Je älter die Schülerinnen und Schüler werden, umso mehr wird die Notwendigkeit gesehen, dass leistungshomogene Lern gruppen gebildet werden müssen, da leistungsdifferenzierter Unterricht zielführender ist als integrativer Unterricht in sehr heterogenen Lerngruppen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist doch eine Binsenweisheit!)
Das ist tatsächlich eine Binsenweisheit, meine Damen und Herren, und viele Pädagogen vertreten diese Auffassung mitt lerweile auch.
Deswegen sagen wir in aller Deutlichkeit: Was Sie den Real schulen mit Ihrem Konzept bieten, ist ein Minischritt in die richtige Richtung, aber nicht mehr. Zwei Stunden pro Haupt fach – und dies so, wie es Ihr Schreiben nun formuliert. Sie haben nämlich, Herr Minister, auf der Hauptversammlung der AG der Realschulrektorinnen und Realschulrektoren in Ba den-Württemberg in der letzten Woche noch etwas anderes gesagt. Wenn man sich aber Ihr Schreiben genau anschaut, er kennt man hier einen sehr feinen, aber deutlichen Unterschied.