Protokoll der Sitzung vom 11.12.2014

Herr Ministerpräsident Kretschmann verkündete gestern üb rigens stolz – da hat er recht –: Mehr Geld aus Brüssel nach Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe: Bravo!)

Herr Minister Bonde mahnte gestern in Richtung Bundesre gierung an, mehr für die Milchbauern zu tun und sich im Üb rigen auch stärker auf der europäischen Ebene einzusetzen. Ich frage Sie, Herr Minister: Warum machen Sie das nicht di rekt, wo Sie doch so erfolgreich in der GAP verhandelt ha ben?

Um es nochmals klar zu sagen und klarzustellen und auch hier im Parlament noch einmal besonders zu würdigen: Tatsache ist und bleibt, dass die ehemalige Bundeslandwirtschaftsmi nisterin Ilse Aigner in Brüssel schlicht mehr Geld in den Sü den – nach Bayern und Baden-Württemberg – und mehr Geld für die kleinen und mittleren Strukturen geholt hat. Davon profitiert Baden-Württemberg natürlich, neben Bayern. Noch einmal: Das ist eine süddeutsche Lösung für die kleinen und mittleren Betriebe; für den Aufschlag in der ersten Säule bis 30 ha bzw. bis 45 ha haben sich Ilse Aigner und auch Elisa beth Jeggle erfolgreich eingesetzt. Jetzt erwarte ich Beifall von der Opposition.

(Vereinzelt Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe ausdrücklich ge würdigt, dass sich alle eingesetzt haben. Es war eben keine One-Man-Show, Herr Bonde. Deshalb nenne ich noch einmal die Namen Ilse Aigner und Elisabeth Jeggle.

Gestern kam im Parlament auch das große Thema Breit bandausbau zur Sprache. Ich möchte es noch einmal aufgrei fen: Aktuell hat der SPIEGEL aufgezeigt, dass das einzige

große Flächenland, das nicht in den Genuss von Mitteln der EU-Kommission für den Breitbandausbau kommt, BadenWürttemberg ist. Herr Minister Bonde, wir haben uns gestern darüber unterhalten. Man muss einfach klären, warum elf Bundesländer dabei sind, ausgerechnet ein großes Flächen land wie Baden-Württemberg jedoch nicht. Ich will nicht da rüber spekulieren, wer das nun verpatzt hat.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eine schwa che Regierung vielleicht!)

Das ist zu prüfen. Für den Breibandausbau wäre es nämlich gut, wenn EU-Mittel kämen. Dann müssten wir keine eigenen Mittel zur Verfügung stellen und könnten stattdessen andere Maßnahmen mit Haushaltsmitteln ausstatten.

(Glocke des Präsidenten)

Ein Thema, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen auch von der SPD, ist die Wohnraumförderung im ländlichen Raum. Warum ist im aktuellen Landeswohnungs bauförderungsprogramm der ländliche Raum nicht dabei? Schauen Sie sich die Liste der Fördermaßnahmen einmal an: Keine kleine oder mittlere Stadt, keine ländliche Gemeinde ist dabei. Das geht so nicht. Vom demografischen Wandel sind auch und vor allem der ländliche Raum und die kleineren Ge meinden betroffen.

Deswegen fordere ich Sie auf: Schauen Sie sich Ihre Woh nungsbauförderung auch unter dem Stichwort „Förderung des Wohnungsbaus im ländlichen Raum“ genau an. Hier fehlen ebenfalls Balance und Mitte, meine Damen und Herren; hier müssen Sie nacharbeiten.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Locherer, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Schmiedel?

Herr Kollege Schmiedel, ich ge statte sie am Schluss.

Zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz – GVFG –: Kann es sein – der Herr Verkehrsminister ist gerade nicht da; And reas Schwarz weiß es aber auch –, dass über Nacht die Mit telausstattung insbesondere für den ländlichen Raum von 75 auf 50 % gekürzt wurde?

(Zurufe von den Grünen: Nein! – Quatsch!)

Allein bei mir im Allgäu, bei den Maßnahmen für die Elekt rifizierung der Allgäubahn, sind es 3,3 Millionen € weniger für die Kommunen. Das kann so wirklich nicht sein. Ich hof fe, dass ihr da noch etwas tut; denn sonst lasst ihr die Gemein den einfach im Stich – das gilt übrigens auch bei der Bahn steigmodernisierung –, und das ist unverantwortlich.

Meine Damen und Herren, zum Schluss zu den Anträgen: Sehr erfreulich ist, dass wir die Zustimmung der Regierungsfrak tionen zu zwei Anträgen bekommen haben. Dafür bedanke ich mich bei Ihnen, und dies tue ich auch im Namen der Erwach senenbildung im ländlichen Raum. Dass der entsprechende Antrag nun angenommen wurde – einer von über 100 Anträ gen vonseiten der Opposition –, spricht für Sie; es spricht aber auch für uns. Denn wir haben diesen Antrag eingebracht. Dass

Sie noch weitere Mittel in Höhe von 20 000 € hinzugeben – Chapeau; vielen Dank. Wir sind uns da einig: Es gibt nichts Wichtigeres als Bildung, in diesem Fall Erwachsenenbildung.

Als Zweites hatten wir – dies sage ich an die Adresse des Kol legen Martin Hahn – den Antrag gestellt – wir waren uns ei nig; im Juli gab es hierzu im Landwirtschaftsausschuss einen einstimmigen Beschluss –, dass wir eine eigene Eiweißstra tegie zur Vermeidung bzw. Verminderung von Importen von GVO-Soja auflegen wollen. Ich habe den Antrag eingebracht, um die vier Futtertrocknungseinrichtungen zur Gewinnung von Futtermitteln aus Grünland, die wir in Baden-Württem berg haben, nicht im Stich zu lassen. Ich habe die Zusage der Regierungsfraktionen, hier eine Förderung, eine Unterstüt zung zu gewähren. Dies ist übrigens besonders für die Em mentaler-Käse-Produktion sehr wichtig. Von meiner Seite da für ein Dankeschön; ich setze auf Sie, dass wir das entspre chend umsetzen können.

Ein weiterer Punkt: Was halten Sie von einer Verfassungsän derung, wie sie in Bayern erfolgt ist? Da hat die SPD als Op positionsfraktion dem Antrag zugestimmt, gleichwertige Le bensverhältnisse in Stadt und Land zu schaffen. Was halten Sie von einer solchen Verfassungsänderung? Wir werden hier zu, hoffentlich noch in der laufenden Legislaturperiode, Herr Kollege Claus Schmiedel, einen entsprechenden Entwurf auf den Tisch legen, übrigens mit dem weiteren Ziel, auch das Eh renamt anzuerkennen. Sie wissen, dass gerade im ländlichen Raum das Ehrenamt mit einer hohen Quote einen entschei denden Beitrag zur Lebensqualität leistet.

Einen bedeutenden Haushaltsantrag finden Sie auf Ihren Ti schen: Wir wollen brachliegende Flächen in Ortszentren nach dem Grundsatz „Innenentwicklung vor Außenentwicklung“ stärker in den Fokus nehmen und dies auch finanziell durch einen Fonds begleiten. Gibt es, meine Damen und Herren, ei nen besseren Naturschutz, als durch Aktivierung von Flächen im Innenbereich nicht in den Außenbereich, auf Wiesen und Felder, ausweichen zu müssen, um neue Baugebiete auszu weisen? Diesem Ziel dient unser Antrag. Lassen Sie die Ge meinden – die häufig Mehrkosten haben, um die Innenent wicklung darzustellen – bei dieser Aufgabe nicht allein.

(Zuruf des Abg. Manfred Lucha GRÜNE)

Manne Lucha, du weißt ganz genau, dass wir das tun. Aber dazu brauchen die Gemeinden Hilfe. Denn viele sind nicht in der Lage, die höheren Kosten, die durch die Erschließung im Innenbereich entstehen – Kosten für Abbruch und vieles an dere –, zu schultern. Innenentwicklung vor Außenentwicklung ist bester Naturschutz. Daher ist unser Antrag, die Mittel hier für aus dem Naturschutzetat zu nehmen. Deshalb bitte ich Sie um Zustimmung.

(Vereinzelt Beifall)

Arbeitsgemeinschaft Ländlicher Raum – in Tübingen funkti oniert das hervorragend. Die Kollegen von Rot und Grün sind permanent dabei; wir haben gute Diskussionen, wir haben gu te Initiativen. Stimmen Sie doch unserem Antrag zu, solche Arbeitsgemeinschaften für den ländlichen Raum auch in an deren Regierungsbezirken einzurichten. Ich frage mich schon: Wo ist das Problem? Lehnen Sie diesen Antrag nur deshalb ab, weil er von der Opposition kommt?

Auch mit der Einrichtung eines Kabinettsausschusses Länd licher Raum beim Herrn Ministerpräsidenten Kretschmann tun Sie Gutes. Richten Sie einen solchen ein! Denn der länd liche Raum und die Balance zwischen den Ballungsräumen und den ländlichen Räumen sind so auch am Kabinettstisch gewährleistet.

(Vereinzelt Beifall)

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Die CDU-Landtagsfraktion war und ist verlässliche Partnerin des ländlichen Raums. Die Regierungsfraktionen können zeigen, ob sie da mitkommen.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das sieht man, wenn man in unsere Reihen schaut!)

Ich bitte Sie deshalb und fordere Sie auf, unseren Anträgen zuzustimmen.

Herzlichen Dank. Meine Redezeit hat gerade knapp ausge reicht. Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall)

Schreiben Sie im Protokoll bitte nicht „Spärlicher Beifall“. Ich kann nichts dafür, dass so wenige von uns im Saal sind. Das ist durch eine außerordentliche Fraktionssitzung der CDU bedingt.

Vielen Dank, Herr Kol lege.

(Abg. Paul Locherer CDU begibt sich zu seinem Ab geordnetenplatz. – Abg. Claus Schmiedel SPD: Halt! – Zurufe von den Grünen und der SPD: Moment! – Nachfragen!)

Herr Kollege Locherer ist lange genug im Landtag, um die Geschäftsordnung zu kennen. Wenn er keine Redezeit mehr hat, kann ich auch keine Nachfragen zulassen. Das weiß je der. Da seine Redezeit abgelaufen ist, kann er auch keine Fra gen mehr beantworten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das sehen wir ja nicht!)

Denn sonst könnte jeder seine eigene Redezeit mit anschlie ßenden Fragen verlängern. Das geht nicht.

(Zurufe)

Wenn ein Redner sagt, dass er eine Zwischenfrage später zu lassen will, dann muss der Fragesteller damit rechnen, dass er seine Frage eventuell nicht mehr stellen kann.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber keine Ausnahmen machen! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wir ha ben im Gegensatz zum Präsidenten keine Uhr, auf der wir sehen, wie viel Redezeit er noch hat!)

Aber wenn ich Herrn Kollegen Locherer auffordere, an sei nen Platz zu gehen, dann ist doch klar, dass seine Redezeit ab gelaufen ist. Sonst könnte er vorn stehen bleiben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber man könnte ihn auch auffordern, aufzuhören, damit man noch eine Frage stellen kann! – Heiterkeit)

Ich werde hier niemanden auffordern. Es ist so.

(Abg. Walter Heiler SPD: Wir können es aber auch draußen abklären!)

Für die Fraktion GRÜNE erteile ich Herrn Abg. Dr. Murschel das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zumindest eines ist neu bei einer Haushaltsdebatte, auch wenn es um den ländlichen Raum geht: dass man sozusagen Schwerpunkte auf der Seite der Kol legen der SPD und der Grünen findet. Ich habe aber Verständ nis für das, was gerade auf der Seite der Kollegen der CDU passiert.

Lieber Herr Kollege Paul Locherer, Sie haben das Szenario in den Raum gestellt, eigentlich seien Sie die Gruppierung der jenigen, die sich für den ländlichen Raum einsetzen, und es sei prima, dass die Grünen ab dem Jahr 2011 darauf gekom men seien, dass es das Thema „Ländlicher Raum“ gebe, und sie zu diesem Thema einen Parteitag veranstaltet hätten.