Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich den Titel der heu tigen Aktuellen Debatte gelesen habe, musste ich schmunzeln. Gestern habe ich einen Anruf von einer Erzieherin bekom men, die meinte: „Da will sich Grün-Rot feiern lassen.“
Meine Damen und Herren, bei geplanten Steuermehreinnah men von 2,5 Milliarden € für die Jahre 2015 und 2016
kann man selbstverständlich auch die Haushaltsansätze für die Kleinkindbetreuung weiter erhöhen, auch finanziert durch die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Das dürfen wir nicht ver gessen.
Die Frage für mich und für viele Erzieherinnen und Erzieher im Land ist nur: Kommt das Geld auch zielgerichtet an? Bil dung, Erziehung und Betreuung der Kinder in unserem Land liegen in der vorrangigen Verantwortung der Eltern. Auftrag des Staates, des Landes und der Kommunen ist es, die Eltern bei der Wahrnehmung dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu unterstützen und die erforderlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit man Familie und Beruf gut miteinander vereinbaren kann.
Der Orientierungsplan wurde eingeführt. Programme wie „Singen – Bewegen – Sprechen“ wurden eingeführt. Die Zahl der Betreuungsplätze auch für Kinder unter drei Jahren wur de wesentlich erhöht. Wir, die CDU, meine Damen und Her ren, setzen immer auf den Dreiklang in der Familien- und Kin derpolitik:
auf die qualifizierte Betreuung in Kindertagesstätten mit fle xiblen Öffnungszeiten, auf das Betreuungsgeld für Familien mit Kindern unter drei Jahren und auf die individuelle Betreu ung durch die engagierten Tageseltern in unserem Land.
Bei der Erhöhung der Mittelzuweisungen für die frühkindli che Bildung muss aber eine gleichberechtigte Förderung er folgen.
Wie bereits angesprochen wurde, ist beim Ausbau der KitaPlätze vieles passiert. Es geht hier nicht mehr nur um die Aus stattung der Betreuungsplätze, sondern es geht um gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Betreuungsqualität, meine Damen und Herren.
Es müssen dringend die Rahmenbedingungen für Tagesmüt ter, Tagesväter und die engagierten Fachkräfte in den Kinder tagesstätten optimiert werden. Die Rahmenbedingungen müs sen verbessert werden.
Mit dem Orientierungsplan, der seinerzeit von der CDU ein geführt worden ist, haben wir gemeinsam mit vielen Bildungs experten den Bildungsauftrag der Kindertagesstätten ausge weitet. Neueste Erkenntnisse der Frühpädagogik, der Entwick lungs- und Motivationspsychologie sind in diesen Orientie rungsplan eingeflossen.
Wir hatten den Orientierungsplan eingeführt; das war bundes weit ein Leuchtturmprojekt. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, haben seinerzeit in der Oppo sition gefordert: „Wir wollen einen flächendeckenden Ausbau des Orientierungsplans.“ Aber nichts ist passiert.
Halten wir fest: Verbindliche Einführung des Orientierungs plans – Fehlanzeige. Eine wesentliche Qualitätsverbesserung? – Nichts passiert.
Nächstes Beispiel: Ausbau der von der CDU-Landesregierung eingeführten Bildungshäuser, die eine optimale Verzahnung von Grundschule und Kindertagesstätte, von Eltern und Er zieherinnen und Erziehern sowie Pädagogen in den Schulen ermöglichen. Alle sagen: Das ist ein ganz tolles Projekt, Bil dungshäuser müssen ausgebaut werden. Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die Landesregierung hat da aber nichts getan. Es hat keinen weiteren Ausbau der Bildungshäuser gegeben. Neuanträge wie in Marbach – u. a. von der Gemeinderatsfraktion der Grünen gefordert – wurden abgelehnt. Auch beim Ausbau der Bildungshäuser Fehlanzei ge, nichts passiert. Neuanträge abgelehnt.
Im Koalitionsvertrag hatten Sie den Bürgerinnen und Bürgern Inklusion für alle versprochen. Auch bei dem wichtigen The ma „Inklusion in der Kleinkindbetreuung“ gibt es kein schlüs siges, kein pädagogisches Konzept und keinen Finanzierungs plan. Halten wir fest: Inklusion in der Kleinkindbetreuung – Fehlanzeige.
Dass eine anspruchsvolle Betreuung nur von gut ausgebilde tem und qualifiziertem Personal ausgeführt werden kann, da sind wir uns alle einig, denke ich. Mit dem Ausbau der Be
treuungsplätze gehen viele Maßnahmen einher, die auch den notwendigen Zuwachs von Fachkräften sicherstellen. Deshalb haben wir gemeinsam auch den Fachkräftekatalog erweitert, leider aber ohne die von der CDU-Fraktion geforderte um fangreiche Evaluation. Das Kita-Bündnis für Baden-Württem berg hat unsere Forderung unterstützt und ebenfalls eine Eva luation – eine richtig gute Evaluation – gefordert.
Durch die Erweiterung des Fachkräftekatalogs und die neuen Wege der Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern – Stichwort PIA – konnte der Fachkräftemangel gemildert wer den.
Aber wir müssen in diesem Bereich weiterarbeiten, meine Da men und Herren. Wir müssen Qualität und Weiterbildung ge meinsam voranbringen. Da fehlen mir die Konzepte. Es gibt von Grün-Rot keine Konzepte in der Fort- und Weiterbildung. Fehlanzeige.
Meine Damen und Herren, damit wir die Betreuungsqualität für die Erzieherinnen und Erzieher in den Kindertagesstätten in Baden-Württemberg verbessern können, schlägt die CDUFraktion einige Maßnahmen vor. Beispielsweise schlagen wir vor, den Anrechnungsschlüssel von PIA bei den Auszubilden den abzuschaffen. Derzeit können pro Azubi bis zu 0,4 Stel lenanteile angerechnet werden. Das funktioniert in der Praxis aber nicht. Wenn Sie einmal mit Erzieherinnen und Erziehern in den Kitas sprechen, sagen die ganz klar: Die sind wochen lang in der Schule; das funktioniert so nicht. Wir können auf dieser Basis keine gute Betreuung sicherstellen.
Ferner müssen wir die Anerkennungsregelungen verbessern: Es kann nicht sein, dass Erzieherinnen aus NRW, die hierher nach Baden-Württemberg kommen, weil sie hier eine verbes serte berufliche Chance sehen, nur schlecht anerkannt werden. Wir müssen Strategien zur Rückgewinnung von Fach- und Assistenzkräften entwickeln. Bei uns im Land gibt es viele Mütter, die Erzieherinnen sind, die jedoch einige Jahre wegen der Betreuung der eigenen Kinder aus dem Beruf ausgestie gen sind. Wir müssen Rahmenbedingungen schaffen, damit wir sie wieder besser in den Beruf zurückholen.
Wir müssen auch den demografischen Wandel berücksichti gen. Meine Lieblingserzieherin ist noch heute in der Kita tä tig –
nach 40 Jahren. Es kann doch nicht sein, dass diese Erziehe rin noch weiterhin Kinder im Sandkasten betreut. Da brau chen wir Konzepte.
Bei allen Punkten, die ich aufgezählt habe – die Probleme ken nen Sie, weil Sie auch, wie ich weiß, Gespräche mit dem Ki ta-Bündnis führen –: Fehlanzeige.
Kommen wir nun – Herr Bayer hat es auch angesprochen – zur dritten Säule in der Kleinkindbetreuung, der Kindertages pflege. Das ist mit über 20 000 Kindern, die betreut werden, ein sehr erfolgreiches Modell. Im Jahr 2013 hat die CDULandtagsfraktion auch hier verbesserte Rahmenbedingungen gefordert, beispielsweise die Kostenbeiträge der Eltern für die Kindertagespflege in der Gebührentabelle flächendeckend zu harmonisieren und die Vergütung der Tagespflegeeltern zu ent bürokratisieren. Auch hier gilt: Auf dem Papier steht es, aber fragen Sie einmal die Tageseltern im Land, wie es in der Pra xis aussieht: schlecht. Hinsichtlich der Unterstützung des Ta gesmütterverbands Baden-Württemberg bei einer Werbekam pagne, z. B. bei TigeR, ist nichts passiert. Auch beim weite ren Ausbau der Kindertagespflege im ländlichen Bereich ist nichts passiert.
Halten wir noch einmal fest: Mittel im Haushaltsplan wurden dafür zunächst gar nicht eingestellt, sondern erst durch einen fraktionsübergreifenden Antrag wurden Mittel für die Tages eltern zur Verfügung gestellt. Meines Erachtens ist das ein Ar mutszeugnis.
Die Erzieherinnen und Erzieher, die Eltern und Träger unse rer Kindertageseinrichtungen, das Kita-Bündnis, die Gewerk schaften, alle sind hier engagiert, aber alle wollen keine Mit tel nach dem Gießkannenprinzip, sondern zielgerichtete För dermaßnahmen. Ich denke, wir sollten gemeinsam die Kon zepte gegen die Probleme, die ich aufgeführt habe, entwi ckeln. Noch einmal: Es geht hier nicht nur um die Betreuungs plätze, sondern es geht um die Qualität zum Wohl der Kinder und Eltern in Baden-Württemberg.
(Beifall bei der CDU und des Abg. Andreas Glück FDP/DVP – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Was ist mit meiner Frage, Herr Kollege?)