Protokoll der Sitzung vom 12.12.2014

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Nur Gemeinschafts schulen!)

Deswegen: Wenn Sie jetzt gegen dieses Konzept ins Feld zie hen, ziehen Sie gegen ein Konzept ins Feld, das von der über wiegenden Zahl der Schulleiterinnen und Schulleiter an Re alschulen mitentwickelt wurde, dann ziehen Sie gegen eine verantwortliche pädagogische Förderung aller Schülerinnen und Schüler in diesem Land Baden-Württemberg ins Feld.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Das stimmt doch überhaupt nicht! Das hätten Sie gern! Nonsens!)

Die Realschulen werden durch dieses Konzept in die Lage versetzt, durch mehr individualisiertes Lernen, durch unter schiedliche Lernformen der Heterogenität ihrer Schülerschaft besser gerecht zu werden. Wir wollen die Realschulen ab dem kommenden Schuljahr auch durch zusätzliche Ressourcen un terstützen. Diese Ressourcen werden natürlich genauso wie auch die notwendigen Ressourcen für den Bereich der Inklu sion im Haushalt in einem Bildungsnachtrag verankert wer den.

Herr Kollege Wacker, wenn Sie von 1 300 zusätzlichen Stel len für Realschulen sprechen, muss ich Ihnen sagen: Diese Ta schenspielertricks können Sie hier nicht ernsthaft betreiben.

(Abg. Georg Wacker CDU: Sie haben das selbst ge sagt!)

Herr Kollege Wacker, wenn Sie eine Klassenteilersenkung vornehmen, was zunächst eine zu begrüßende Maßnahme ist,

(Abg. Georg Wacker CDU: Also! – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Zeller wollte damals 25!)

diese aber in der Qualitätsoffensive Bildung nur befristet bis 31. Dezember 2012 finanzieren, dann ist das – mit Verlaub – eine nicht nachhaltige Planung, weil die Stellen nicht solide durchfinanziert sind.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um auf die weiteren Herausforderungen zu sprechen zu kommen: Natürlich ist der große Bereich der Inklusion ein Thema, das uns in BadenWürttemberg genauso wie in allen anderen Bundesländern in Deutschland in den nächsten Jahren intensiv beschäftigen wird; denn im Zuge der Inklusion wird sich Schule verändern und verändern müssen.

Zu den strukturellen Änderungen, die wir planen und die aus meiner Sicht auch zwingend notwendig sind, gehört, dass wir ein Wahlrecht für die Eltern behinderter Kinder gesetzlich ver ankern werden. Diese sollen zukünftig nach Abschaffung der Sonderschulpflicht – wenn Sie heute die Pressemitteilungen lesen, sehen Sie: Baden-Württemberg wird dort aufgefordert, diese Sonderschulpflicht schnell aufzuheben – entscheiden, ob ihr Kind, bei dem ein Anspruch auf ein sonderpädagogi sches Bildungsangebot festgestellt wird, an einer allgemeinen oder an einer Sonderschule seinen Platz findet.

Es ist auch richtig, wie Frau Kollegin Boser gesagt hat, dass wir hier nicht bei null anfangen. Wir haben in unseren Schul amtsbezirken bereits intensive Bemühungen, dem Eltern wunsch schon heute gerecht zu werden. Wir haben nicht nur in den Schulversuchsregionen bereits intensive Inklusionsmo delle gefahren. Wir haben insbesondere an den Gemein schaftsschulen in den letzten Jahren schon hervorragende Er fahrungen mit diesem Thema gesammelt.

Deswegen haben wir bereits zum laufenden Schuljahr 200 De putate zur Stärkung der Inklusion ins System gegeben. Wir werden auch zukünftig nach Änderung des Schulgesetzes die notwendigen Ressourcen ins System geben, dass wir diese In klusion verantwortlich und in hoher Qualität durchführen kön nen.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, an dieser Stel le ist es auch wichtig und richtig, zu sagen: Wir werden hier in einer sehr verantwortbaren Weise stufenweise vorgehen müssen; denn wir haben gar nicht die personellen Ressour cen, um diese Doppelstruktur kurzfristig in höchster Qualität auszufüllen. Deswegen werden wir Jahr für Jahr einen Aus bau der inklusiven Strukturen in Baden-Württemberg haben. Wenn wir den Eltern ein Wahlrecht versprechen, müssen wir auch hohe Qualität für beide – für die Sonderschulen genau so wie für die allgemeinen Schulen – versprechen können.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Dass dies im Haushalt noch nicht verankert ist, liegt – das wis sen Sie auch – natürlich auch daran, dass wir derzeit in inten

siven Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden sind. Inklusion ist nämlich nicht nur eine Frage der verbesser ten Ausstattung mit Lehrern oder Sonderpädagogen an den allgemeinen Schulen und den Sonderschulen, sondern Inklu sion ist ein Zusammen- und Ineinandergreifen aller Ebenen, und dazu gehören im Besonderen natürlich die Schulträger, dazu gehören die Städte und Gemeinden genauso wie die Landkreise. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir diese Gesprä che zeitnah erfolgreich abschließen werden und Inklusion ge meinsam auf einen guten Weg bringen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, um zu einem weite ren Bereich zu kommen: Baden-Württemberg hat noch immer einen riesengroßen Nachholbedarf bei Ganztagsangeboten. Sie tragen nicht nur zur pädagogischen Weiterentwicklung der Schulen – gerade im Grundschulbereich – bei, sondern sie tra gen auch zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Bereits 164 Grundschulen und 15 Grundstufen von För derschulen sind nach der vom Landtag im Sommer beschlos senen Gesetzesänderung als Ganztagsschulen gestartet. Un ser Ziel ist es, dass bis in etwa zehn Jahren – das ist der Aus bauhorizont – 70 % der Grundschulen und der Grundstufen von Förderschulen Ganztagsschulen sind.

Für die neuen Ganztagsschulen haben wir für die nächsten beiden Jahre zusätzliche Ressourcen im Umfang von 572 De putaten eingeplant.

Wer den „Chancenspiegel“ der Bertelsmann Stiftung anschaut, wird sehr schnell feststellen, dass genau in den Bereichen, in denen Sie aus ideologischen Gründen gebremst haben, Ba den-Württemberg einen der letzten Plätze in Deutschland be legt. Diese Landesregierung wird dafür sorgen, dass BadenWürttemberg auch in diesem Bereich, wo es um soziale und Bildungsgerechtigkeit geht, an der Spitze stehen wird.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich ist auch der Spracherwerb eine zentrale Voraussetzung für den Erwerb von Kompetenz und Wissen. Deswegen haben wir uns entschie den, auch das Sprachförderprogramm SPATZ weiter zu ver bessern. Auf einen guten Start kommt es an. Es freut mich, dass Frau Kollegin Boser und Herr Kollege Fulst-Blei bereits auf die intensiven Bemühungen der Landesregierung hinsicht lich des frühkindlichen und vorschulischen Bereichs hinge wiesen haben. Dorthin gehört gerade auch das Sprachförder programm SPATZ.

Wir müssen allen Kindern, unabhängig von der Sprache, die im Elternhaus gesprochen wird, unabhängig davon, aus wel chen sozialen Milieus die Eltern stammen, bestmögliche För derung gewährleisten. Deswegen haben wir das Fördervolu men ab dem Kindergartenjahr 2014/2015 um weitere 4 Mil lionen € auf rund 21 Millionen € aufgestockt. Damit senken wir z. B. die Gruppengrößen deutlich ab. Auf einen guten Start kommt es an. Da spielt Sprachförderung eine zentrale Rolle für uns in Baden-Württemberg.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ein weiteres zentra les Thema sind natürlich die Menschen, die in unser Land Ba den-Württemberg kommen, und insbesondere die, die als

Flüchtlinge zu uns kommen. Wir, die Landesregierung, stel len insbesondere auch für diesen Bereich – gerade auch für den wichtigen Bereich Bildung – zusätzliche Ressourcen be reit. Wir haben bereits 11,7 Millionen € im Jahr 2015 und 13 Millionen € im Jahr 2016 eingeplant. Die Bildung von Vor bereitungsklassen erleichtern wir dadurch, dass wir die Min destzahl von zehn Schülern ausgesetzt haben.

Neu ist darüber hinaus, dass Vorbereitungsklassen nun auch an Realschulen und Gymnasien eingerichtet werden können. Hinzu kommen vorbereitende und unterstützende Angebote im beruflichen Schulwesen und Kurse für Kinder und Jugend liche, die nicht einmal die lateinischen Schriftzeichen kennen. Für die frühkindliche Förderung von Kindern aus Zuwandererfamilien haben wir ebenfalls zusätzliche Haushaltsmittel in Höhe von jeweils 1,2 Millionen € zur Verfügung gestellt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, auch bei diesen The men stößt natürlich die Umsetzung an Grenzen: Wir brauchen Lehrerinnen und Lehrer in großer Zahl und in viel größerer Zahl als in der Vergangenheit, die mit dieser wichtigen und sehr schwierigen und auch große Sensibilität erfordernden Aufgabe gut umgehen können. Deswegen wollen wir recht zeitig für das kommende Schuljahr auch durch die entspre chende Aus- und Weiterbildung der Lehrerinnen und Lehrer die Voraussetzungen schaffen, dass diese wichtige Aufgabe übernommen werden kann. Wir haben eine große Verantwor tung für die Menschen, die zu uns kommen. Wir wollen vor allem den jungen Menschen in unserem Land einen hervorra genden Start bieten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Darüber hinaus stärken wir auch den Bereich der Prävention durch zusätzliche Mittel. Diese werden wir vor allem für den Ausbau des Systems der Beratungslehrerinnen und Beratungs lehrer einsetzen. Für 2015 ist eine Steigerung um 2,6 Millio nen € und für 2016 um 4,5 Millionen € vorgesehen. Wir wol len, dass an unseren Schulen durch ein vernetztes Arbeiten, durch Schulsozialarbeit – die wir erheblich ausgebaut haben –, durch Beratungslehrerinnen und Beratungslehrer die Leh rerinnen und Lehrer auch bei diesen Aufgaben entlastet wer den, und wir wollen, dass es zu einer Selbstverständlichkeit wird, dass wir an unseren Schulen in Teams arbeiten, um die komplexer werdenden Herausforderungen, die es dort gibt, zu bewältigen. Dies ist Verantwortung, insbesondere gegenüber den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch gegenüber den Schü lerinnen und Schülern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zum Bereich der be ruflichen Schulen: In dem Ihnen nun vorliegenden Entwurf des Doppelhaushalts sind rund 1,015 Milliarden € pro Jahr für berufliche Schulen veranschlagt. Etwa jeden zehnten Euro des Kultusetats geben wir für die berufliche Bildung junger Men schen aus. Den Auftrag der Enquetekommission „Fit fürs Le ben in der Wissensgesellschaft – berufliche Schulen, Aus- und Weiterbildung“ nehmen wir damit sehr ernst. Damit ermögli chen wir, dass junge Menschen einen Platz in der Arbeitswelt finden und dass die heimische Wirtschaft gut ausgebildete Fachkräfte beschäftigen kann.

Es bleibt weiterhin ein vorrangiges Ziel dieser Landesregie rung, dass jeder junge Mensch ohne Brüche und Warteschlei

fen eine gute, für den Arbeitsmarkt qualifizierende Bildung erhält – im dualen System, an beruflichen Vollzeitschulen oder auch an Hochschulen. Wir haben uns daher nicht mit Sonn tagsreden begnügt, sondern haben uns in einem Bündnis für Ausbildung mit der Wirtschaft auch auf eine Reform des Übergangssystems verständigt

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

und wollen den direkten Übergang in die berufliche Ausbil dung verbessern. Jugendliche, die eine zusätzliche Unterstüt zung benötigen, können künftig in eine duale Form der Aus bildungsvorbereitung, das sogenannte AV Dual, wechseln. Dort bekommen sie bis zu zwei Tage Betriebspraktikum pro Woche. Zusätzlich werden wir die berufliche Orientierung an den allgemeinbildenden Schulen im Rahmen unserer Bil dungsplanreform stärken und das Fach „Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung“ einführen. All dies ist bereits in die sem Doppelhaushalt durch Ressourcen unterlegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dieses Thema relevant ist, können Sie daran sehen, dass bundesweit in den Zeitungen und Zeitschriften, insbesondere in den Wirtschafts teilen, über die Pläne dieser Landesregierung zur Einführung dieses Fachs, insbesondere zur Verstärkung der Berufsorien tierung, berichtet wird. Auch hier wird Baden-Württemberg an der Spitze stehen. Wir wollen den Kindern in unserem Land einen guten Start in eine berufliche Ausbildung oder in eine Hochschulausbildung gewährleisten.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Thema Privatschu len sagen. Von den Vorgängerregierungen war immer wieder angekündigt und versprochen worden, die Zuschüsse an die Privatschulen so zu erhöhen, dass ein Kostendeckungsgrad von 80 % erreicht wird. Dieses Ziel wurde von den Vorgän gerregierungen jedoch bei Weitem nicht erreicht. Sie kamen über Kostendeckungsgrade von knapp über 70 % kaum hin aus. In den vergangenen Haushalten hat diese Landesregie rung die Zuschüsse bereits strukturell mit einer Jahreswirkung von fast 40 Millionen € erhöht. Mit der letzten Erhöhung, die dieser Landtag beschlossen hat, erreichen wir schon jetzt ei nen Kostendeckungsgrad von fast 79 %, genau 78,7 %.

Im kommenden Doppelhaushalt schlagen wir dem Landtag vor, die Zuschüsse an die Schulen in freier Trägerschaft zum August 2015 nochmals um 6,7 Millionen € erhöhen zu kön nen, was in der Jahreswirkung ab 2016 eine Zuschussanhe bung von 16 Millionen € bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Schulen in frei er Trägerschaft in Baden-Württemberg haben mit dieser Lan desregierung einen Partner, der aus Versprechungen endlich Taten resultieren lässt und der den Wert der freien Schulen wirklich anerkennt. Die freien Schulen sind ein wichtiger Im pulsgeber für das Bildungssystem in Baden-Württemberg, und deswegen handelt die baden-württembergische Landesregie rung in dieser Weise und stützt und unterstützt diese Schulen in ihrer Arbeit.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Sporthaushalt sagen. Über 3,7 Millionen Menschen in Baden-Württemberg sind in

Sportvereinen aktiv. Wir wollen die Sportorganisationen im Land unterstützen, damit sie ihren wichtigen gesellschaftli chen Aufgaben weiterhin erfolgreich gerecht werden können. Deswegen hat die Landesregierung diesen Bereich mit dem Solidarpakt Sport im Doppelhaushalt 2015/2016 abgesichert. Wir haben die Fördersummen um jährlich 400 000 € erhöht. Im Haushalt für das Jahr 2015 sind insgesamt 86,7 Millio nen € für die Sportförderung vorgesehen.

Bei der Förderung des kommunalen Sportstättenbaus gibt es ebenfalls Steigerungen. Jetzt sind 29 Millionen € eingeplant; das sind 5 Millionen € mehr als im letzten Doppelhaushalt.

Auch das neue Format „Freiwilliges soziales Jahr Sport und Schule“ stößt auf riesengroße Resonanz. Wir haben es ge schafft, durch das freiwillige soziale Jahr „Sport und Schule“ in den Schulen einen wichtigen Impuls zu setzen; viele junge Menschen, die ein freiwilliges soziales Jahr absolvieren, sind dabei in engem Kontakt mit der Schule. Wir haben von dort hervorragende Rückmeldungen, insbesondere auch, was die Stärkung der Vereine angeht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn, wie es derzeit geschieht, der Präsident des Deutschen Olympischen Sport bunds, Hörmann, in der Bundesrepublik herumreist und – zu letzt im Willy-Brandt-Haus in Berlin – darauf hinweist, dass die Landesregierung in Baden-Württemberg, das Kultusmi nisterium, mit der Rahmenvereinbarung mit den Sportverei nen eine bundesweite Vorbildfunktion einnimmt, dann wissen Sie, dass diese Landesregierung den Sport ganz weit obenan stellt.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Durch diese Rahmenvereinbarung soll die Grundlage dafür geschaffen werden, dass es für jedes Kind, unabhängig von seinem sozialen Hintergrund, eine Selbstverständlichkeit wird, mit Sport und Bewegung in Kontakt zu kommen. Deswegen ist in unserem Konzept die Öffnung der Ganztagsschule auch für außerschulische Partner und vor allem auch die Einbezie hung der Sportvereine eine riesengroße Chance für unser Land – nicht nur, was die sportliche Betätigung angeht, sondern auch, was Fragen der Sozialkompetenz, der Gesundheit wie auch alle weiteren Aspekte im Bereich des Sports betrifft.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wo ist der STB-Präsident?)