Protokoll der Sitzung vom 17.12.2014

(Abg. Winfried Mack CDU: Seit 20 Jahren!)

Doch diese Erfolgsgeschichte könnte ein Ende haben.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das stimmt! Bei diesem Verkehrsminister! Das befürchten wir auch!)

Diese Erfolgsgeschichte könnte ein Ende haben, wenn Bun desfinanzminister Wolfgang Schäuble die Erhöhung der Mit tel für den Schienenverkehr im neuen Jahr infrage stellt.

Ich möchte es Ihnen einfach noch einmal darlegen: Seit 2002 sind die Regionalisierungsmittel, also das Geld, das das Land vom Bund für den regionalen Schienenverkehr bekommt, um 6 % gestiegen. Die Energiekosten, die Personalkosten sowie die Stations- und Trassenpreise sind überproportional stark gestiegen.

(Zuruf des Abg. Paul Nemeth CDU)

Die Trassenkosten pro Zugkilometer sind sogar um 28 % ge stiegen. Ein Anstieg der Regionalisierungsmittel um 6 % bei einer Zunahme der Trassenkosten um 28 % – liebe Kollegin nen und Kollegen, daran sieht man: Dieses System ist in ei ner Schieflage. Es besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich sage es ganz klar: Die Bundesregierung muss handeln, um das hohe Niveau des Schienenverkehrs in Deutschland und auch in Baden-Württemberg aufrechterhalten zu können. Denn eine ausreichende, eine gute Finanzierung des Schienenper

sonennahverkehrs ist eine Aufgabe des Bundes. So steht es in unserem Grundgesetz. Die Länder haben 1993 im Zuge der Bahnreform dem nur deshalb zugestimmt, weil signalisiert wurde, dass alle Lasten, die aus dem Schienenverkehr resul tieren, künftig vom Bund voll ausgeglichen werden.

Nun müssen sich Bundeskanzlerin Merkel und Bundesfinanz minister Schäuble bewegen. Sie müssen den rechtswidrigen Zustand, der momentan herrscht, beseitigen und müssen für eine auskömmliche Finanzierung des regionalen Schienenper sonennahverkehrs sorgen.

(Beifall bei den Grünen)

Das haben die Länder erkannt. Alle 16 Bundesländer haben sich in einem einstimmigen Beschluss im Bundesrat am 28. November 2014 auf einen gemeinsamen Gesetzentwurf für das Regionalisierungsgesetz geeinigt. Ich bin den Frakti onen von CDU und FDP/DVP im Landtag dankbar, dass sie sich unserer Initiative angeschlossen haben und wir in Sachen Regionalisierungsmittel an einem Strang ziehen. Diese ge meinsamen Interessen des Landes Baden-Württemberg für den Schienenverkehr müssen wir heute in Richtung Berlin ar tikulieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Der Bund ist nun aufgefordert, zum einen die Regionalisie rungsmittel von heute 7,5 Milliarden € auf 8,5 Milliarden € anzuheben. Das ist der Betrag, den alle 16 Bundesländer als angemessen errechnet haben: 8,5 Milliarden € für die künfti ge Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs.

Die zweite Forderung der Länder lautet, dass dieser Betrag künftig um jährlich 2 % zu dynamisieren ist, um den steigen den Kosten für Personal und Energie sowie den steigenden Stations- und Trassenpreisen künftig gerecht zu werden. Der Bund selbst hat ein Gutachten in Auftrag gegeben und geht davon aus, dass man mindestens 7,65 Milliarden € braucht. Der Bund hat in seinem Gutachten sogar eine erforderliche Dynamisierung von 2,6 % errechnet. Das heißt, es ist völlig unverständlich, dass sich Bundesfinanzminister Schäuble hier nicht bewegt. Ich habe den Eindruck, Herr Schäuble versteckt sich hinter seiner schwarzen Null und sieht vor lauter schwar zen Nullen die Probleme in diesem Land nicht mehr. Ich kann nur sagen: Herr Schäuble, wenn Sie so weitermachen, dann werden Sie der Totengräber des öffentlichen Personennahver kehrs in Deutschland.

(Beifall bei den Grünen)

Gerade für Baden-Württemberg wäre die neue Finanzierung, an der unser Verkehrsminister maßgeblich mitgewirkt hat, von großem Vorteil.

(Lachen der Abg. Nicole Razavi CDU)

Ja, lassen Sie sich doch einmal die Zahlen vorlesen, Frau Kollegin. – Statt heute 10,4 % würde das Land künftig 12,3 % der Gesamtmittel erhalten. Im nächsten Jahr würde BadenWürttemberg bei dieser neuen Finanzierung 142 Millionen € mehr Regionalisierungsmittel erhalten. Dadurch könnte der Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg gesi chert werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Es wäre doch ein schlechter Witz der Geschichte – der Bun desfinanzminister kommt ausgerechnet aus Baden-Württem berg –, wenn der Bundesfinanzminister den Ländern Gelder für den Schienenpersonennahverkehr streichen würde und in der Folge dann Züge abbestellt werden müssten. Das wäre der Treppenwitz der Geschichte, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Deswegen fordere ich den Bundesfinanzminister und auch die Bundeskanzlerin auf: Gehen Sie auf die Länder zu. Alle 16 Bundesländer haben einstimmig einen Gesetzentwurf für das Regionalisierungsgesetz verabschiedet. Gehen Sie auf die Länder zu, und stimmen Sie diesem Gesetzentwurf zu. Auch die Bundestagsabgeordneten der CDU rufe ich auf: Machen Sie sich im Deutschen Bundestag für den Schienenverkehr stark,

(Zuruf des Abg. Winfried Mack CDU)

damit den Interessen der Länder Rechnung getragen wird.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Köberle.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Lieber Kollege Schwarz, Sie haben ja recht. Die Geschichte des SPNV in Baden-Württem berg ist wirklich eine Erfolgsgeschichte.

(Zuruf von der CDU: Bisher!)

Eine wichtige Voraussetzung für diesen Erfolg war, ist und bleibt eine ausreichende Zuteilung von Regionalisierungsmit teln durch den Bund. Deshalb fordern wir schon seit zehn Jah ren, also nicht erst ab der heutigen Aktuellen Debatte, eine Revision der Regionalisierungsmittel.

Wir alle erinnern uns an die Kürzungen 2004 und 2006 bis 2008. Es war wahrlich eine schwierige Geschichte, das da mals so umzusetzen, dass nicht der Eindruck entsteht, diese Kürzungen könne ein reiches Land leicht wegstecken. Immer wieder kritisieren Sie, was wir damals getan haben. Es war je doch wohlüberlegt, als Ausgleich für einen Teil der Kürzun gen eigene Haushaltsmittel einzustellen, aber auch deutlich zu machen, dass es so nicht weitergeht.

Mit der Aussage, dass dort viel Luft drin sei und sehr viel Blödsinn mit Regionalisierungsmitteln gemacht werde, haben damals Koch und Steinbrück diese Kürzungen begründet und Mehrheiten in den Gremien gefunden.

Ganz anders die Situation bei uns in Baden-Württemberg. Beim SPNV war Baden-Württemberg das erfolgreichste Land. Wir haben mit den Möglichkeiten, die uns ab 1995 gegeben waren, mehr gemacht als die anderen Länder.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb, meine Damen und Herren, hat Baden-Württemberg immer eine angemessene Dynamisierung und einen neuen Verteilungsschlüssel unter den Ländern gefordert. Damals er reichten wir eine Revisionszusage für 2014. Diese Zusage ist leider noch nicht umgesetzt. Der Bund hat aber nochmals für 2015 1,5 % zugelegt. Das werte ich als ein Zeichen für die

Gesprächsbereitschaft. Wir sind der Meinung, dass 2015 – nicht erst 2019 oder überhaupt nie – eine klare Entscheidung gefällt werden muss, womit wir in Zukunft bei den Regiona lisierungsmitteln rechnen dürfen.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Andreas Schwarz und Andrea Lindlohr GRÜNE)

Logisch ist, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass wir die Er gebnisse der Verkehrsministerkonferenz vom Oktober dieses Jahres und die Umstellung auf den sogenannten Kieler Schlüs sel begrüßen. Wir fordern übrigens auch mehr als 1,5 % Dy namisierung. Wir brauchen – das wissen wir alle – annähernd das Doppelte. Wir halten es auch nicht für zweckdienlich, wenn die Revision und die zukünftige Regelung in eine neue Föderalismuskommission hineingepackt werden. Das Thema Regionalisierungsmittel ist ein Problempaket für sich.

Ich will noch einmal betonen, dass wir zwei Mal in diesem Jahr hier im Landtag auf der Grundlage von fraktionsüber greifenden Anträgen einstimmig votiert haben, dass der Bund bei der Fortschreibung der Regionalisierungsmittel in der Pflicht steht. Da frage ich mich schon, an die Adresse der Grü nen gerichtet, was die Behandlung dieses Themas hier und heute und vor allem in dieser Form als Aktuelle Debatte soll. Sie tun sich und der Erreichung des gemeinsamen Ziels kei nen Gefallen, wenn Sie hier versuchen, die CDU und übrigens in gleicher Weise die SPD,

(Zustimmung des Abg. Hans-Martin Haller SPD)

die ja auf Bundesebene in der Koalition steht, auseinanderzu dividieren und vorzuführen oder gegen den Bund zu instru mentalisieren.

(Abg. Thomas Blenke CDU: So machen sie es doch immer!)

Wir sollten hier nicht einerseits in Gemeinsamkeit arbeiten und andererseits bei der nächstmöglichen Gelegenheit uns wieder gegeneinander ausspielen.

(Vereinzelt Beifall)

Aber wenn man sich mit dem Gedanken befasst, dann wird einem zunehmend klar, dass es Ihnen eigentlich mit Ihrem heutigen Vorstoß, der gegen den Bund gerichtet ist, um etwas ganz anderes geht. Mit dem Fingerzeig nach Berlin wollen Sie von der eigenen Verantwortung

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Genau!)

beim SPNV ablenken

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

und wollen einem drohenden Unheil vorbeugen.

Wir haben alle noch die berauschende Rede unseres Verkehrs ministers bei der Haushaltsberatung in der letzten Woche in Erinnerung.