Protokoll der Sitzung vom 04.02.2015

(Auszählen der Stimmen)

Meine Damen und Herren, ich gebe das Wahlergebnis be kannt:

An der Wahl haben sich 127 Abgeordnete beteiligt.

Auf den Wahlvorschlag der Fraktion der CDU, Herrn Abg. Wilfried Klenk, entfielen 90 Stimmen.

(Anhaltender Beifall im ganzen Haus)

Mit Nein haben fünf Abgeordnete gestimmt. Zehn Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Auf andere Namen entfielen 22 Stimmen: 21 Stimmen auf Frau Abg. Gurr-Hirsch und eine Stimme auf Frau Abg. Lösch.

(Heiterkeit – Zuruf von der CDU: Herzlichen Glück wunsch! – Weitere Zurufe)

Danke.

Ungültig war kein Stimmzettel.

Herr Abg. Wilfried Klenk hat also mehr als die Hälfte der ab gegebenen gültigen Stimmen erhalten und ist damit gemäß § 4 Absatz 4 der Geschäftsordnung zum Präsidenten des Land tags gewählt.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich frage Sie, Herr Abg. Wilfried Klenk, ob Sie die Wahl an nehmen.

Frau Präsidentin, ich nehme die Wahl an und bedanke mich sehr herzlich für das Vertrauen.

(Beifall im ganzen Haus – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo! – Präsident Wilfried Klenk nimmt Glückwünsche entgegen.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf nun dem sehr geehrten neuen Herrn Land tagspräsidenten das Wort geben.

Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Gäs te! Wer mich kennt, der weiß, ich rede nicht drum herum: Die Entscheidung meiner Fraktion, einen Mann für das Amt des frei gewordenen Postens des Landtagspräsidenten zu nomi nieren, hat in den vergangenen Tagen bis heute teils sehr kri tische Reaktionen hervorgerufen. So ist Demokratie. Das ge hört dazu, genauso wie Wahlen.

Wesentlich war: Die Kritik ging nicht ins Persönliche. Meine Person wurde von niemandem infrage gestellt. Das habe ich als wohltuend empfunden. Vor allem blieb das Fundament für ein erfolgreiches, nachhaltiges Wirken als Landtagspräsident unversehrt.

Ihr heutiges Votum, liebe Kolleginnen und Kollegen, bestä tigt das. Ich danke Ihnen allen von ganzem Herzen für das in mich gesetzte große, auch fraktionsübergreifende Vertrauen. Es wird mir nicht nur Verpflichtung, sondern auch immer wie der Ansporn sein.

An dieser Stelle begrüße ich alle Gäste am heutigen Tag hier in diesem Haus und rufe jedem ein herzliches Willkommen zu. Ganz besonders freue ich mich, dass die früheren Vorgän ger im Amt, die Landtagspräsidenten a. D. Erich Schneider und Peter Straub, heute hier sind. Ebenso richte ich einen herz lichen Gruß an meine direkten Vorgänger, an Sie, lieber Wil li Stächele, und an den neuen Vorsitzenden der CDU-Frakti on, an Sie, lieber Guido Wolf.

In dieser Legislaturperiode bin ich der dritte Landtagspräsi dent. Wir alle wissen, wie die Wechsel zustande gekommen sind. Aber ich denke, wir alle spüren auch: Dieses Amt braucht jetzt Kontinuität, damit seine Bedeutung nicht erodiert.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das stimmt!)

Mein Bestreben wird deshalb sein, es seiner Bestimmung ge mäß mit der gebotenen Neutralität auszuüben. Die vornehms te Pflicht dabei ist natürlich, die Rechte des Parlaments zu wahren, ihnen Geltung zu verschaffen und sie, wenn nötig, entschlossen einzufordern.

Der Ankauf der EnBW-Anteile lehrt – Kollege Wolf hatte das in seiner Antrittsrede auch schon betont –, wie viel Wachsam keit auch für ein Parlament geboten ist.

Um unsere Glaubwürdigkeit und unser Ansehen zu festigen, müssen wir Abgeordneten uns immer wieder aufs Neue be wusst machen, von wem wir unsere Mandate eigentlich be kommen haben: von den Bürgerinnen und Bürgern. Sie haben ihr Vertrauen in uns gesetzt und uns gewählt. Ihnen allein sind wir verpflichtet.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Als Landtagspräsident bin ich, wie gesagt, zur Neutralität ver pflichtet, doch bin ich selbst nach wie vor auch aktiver Poli tiker mit Landtagsmandat und Mitglied meiner Fraktion. Es ist mir wichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihnen allen auch in Zukunft auf Augenhöhe zu begegnen. Deshalb spre

che ich meine ersten Worte als Präsident – eine hergebrachte Tradition durchbrechend – von hier, von unserem Rednerpult aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, wir leben seit fast 70 Jahren in ei ner funktionierenden, lebendigen Demokratie. Mehr noch: Die Demokratie erscheint mir – erfreulicherweise – so stark wie lange nicht mehr. Das Bedürfnis nach Beteiligung wächst. Vor allem bei jungen Menschen erlebe ich ein hohes Maß an po litischem Interesse.

Der Parteienwettbewerb ist von der Verfassung gewollt und sollte deshalb als selbstverständlich angesehen werden. Aber nicht die Schärfe, die Lautstärke oder die Polemik unserer De batten überzeugen die Menschen, sondern der Gehalt unserer Worte und die Wahrhaftigkeit unserer Überzeugungen in der Sache.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie Abge ordneten der Grünen und der SPD)

Als Sozialpolitiker und vor allem aus meinem langen Berufs leben weiß ich: Menschlich zu sein macht mutig, offen, zupa ckend, aber auch sensibel. Wir müssen auf die Menschen ein gehen. Sie wollen unsere Entscheidungen verstehen, und durch mehr Transparenz können wir allesamt mehr Vertrauen und Sympathie gewinnen.

Besonders vordringlich scheint mir die Aufgabe, Politik zu er klären und die Gestaltungsmöglichkeiten in Gesellschaft und Gesetzgebung konkret aufzuzeigen.

Lassen Sie uns ungeachtet aller Meinungsunterschiede Poli tik positiv ins Land tragen – bei jeder Begegnung, bei allen Besuchen, bei allen Besichtigungen, einfach immer. Räumen wir mit dem Vorurteil auf, Politikerinnen und Politiker seien abgehoben. Lassen Sie uns gemeinsam zusätzliche Wege fin den, die Arbeit des Parlaments gegenüber der Öffentlichkeit zur Geltung zu bringen.

Eine Voraussetzung dafür ist, zu bedenken: Die Zeiten ändern sich. Doch anständige Umgangsformen sind immer noch mo dern. Ich appelliere an uns alle: Achten und beachten wir ei nander.

Fragen wir uns auch: Welche Werte halten unsere Gesellschaft zusammen? Wahrlich, es ist nicht „der Tanz ums goldene Selbst“. Es ist die Gemeinschaft. Bei uns in Baden-Württem berg wird ehrenamtliches Engagement besonders vielfältig und intensiv gelebt. Das macht uns reich. Das ist ein Stand ortvorteil. Mein Herz schlägt für ein bürgerschaftlich gepräg tes Gemeinwesen, das von innen heraus stark und wider standsfähig ist. Den ehrenamtlich Tätigen im Land zolle ich meinen größten Respekt. Sie werden in mir einen aufmerksa men Beobachter und auch einen Zuhörer für ihre Sorgen und Nöte finden.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Sie sehen: Ich freue mich auf die Herausforderungen meines Amtes, nicht zuletzt auf den in der Geschäftsordnung festge schriebenen Auftrag, die Landtagsverwaltung zu leiten. Ihm werde ich mich zielorientiert widmen. In meinem Beruf bin ich es seit über drei Jahrzehnten gewohnt, straff, aber mit

Teamgeist und Kollegialität zu führen und ein breites Spekt rum administrativ zu verantworten. Ich habe keine Zweifel: Die Landtagsverwaltung und ich – das „passt“.

Die Bedeutung der Landtagsverwaltung als Dienstleistungs einrichtung – in erster Linie auch für uns Abgeordnete – wächst kontinuierlich weiter. Wir befinden uns in einer wirk lichen Erneuerungsphase. Viele Bedienstete sind durch die laufenden Umbaumaßnahmen berührt und leisten im Hinter grund Enormes, um den Parlamentsablauf zu garantieren. – An dieser Stelle gebührt Ihnen, meine Damen und Herren in der Landtagsverwaltung, ein herzlicher Dank.

(Beifall bei allen Fraktionen)

Unterstreichen möchte ich: Was Sie, Herr Fraktionsvorsitzen der Wolf, mir übergeben, liegt im Plan – zeitlich und finanzi ell –, entwickelt sich gut oder bewährt sich in der Praxis. Da für herzlichen Dank.

Dass der Landtag gut dasteht, rührt auch her vom guten Ein vernehmen im engeren Landtagspräsidium – sprich von den Anstößen, die Sie, Frau Kollegin Lösch, und Sie, Herr Kolle ge Drexler, gegeben haben. Dieses gewachsene Miteinander möchte ich selbstverständlich pflegen und fortsetzen. Ich freue mich auf unsere gemeinsame Arbeit.

Das letzte Fünftel dieser Wahlperiode bricht jetzt an. Die po litische Auseinandersetzung und der Wettstreit der Parteien werden deshalb naturgemäß prägnanter und temperamentvol ler werden. Das muss kein Nachteil sein – sofern wir den Aschermittwoch in diesem Jahr beim 18. Februar und im nächsten Jahr beim 10. Februar belassen.

Verlieren wir bei aller Fokussierung auf den Wahltag 2016 nicht den Blick auf die übergreifenden Entwicklungen in un serem Land, die sich unbeeinflusst vom Zeittakt der Landes politik vollziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, im Bewusstsein der besonderen Verantwortung, mit Gestaltungsfreude und mit der Bereit schaft, zuzuhören – so möchte ich mein neues Amt dem Par lament und der Bürgerschaft dienend ausüben.

Möge immer ein guter Geist durch die Räume des Landtags und der Landtagsverwaltung wehen. Auf eine gute Zusam menarbeit und einen offenen Umgang miteinander.

Ganz herzlichen Dank.

(Anhaltender Beifall bei allen Fraktionen und auf der Regierungsbank)

Herr Präsident, ich darf Sie jetzt bitten, die Leitung der Sitzung zu übernehmen.

(Stellv. Präsidentin Brigitte Lösch begrüßt Präsident Wilfried Klenk am Präsidiumstisch. – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Man küsst sich! – Zuruf von der CDU: Oi, oi!)

Meine Damen und Herren, das sind die angenehmen Seiten im Amt des Präsidenten, wenn die Vizepräsidentin mich so begrüßt und ich sie verabschie den darf.