Was das Demokratieprinzip angeht, Herr Kollege Müller: Wir haben zu diesem Thema namhafte Professoren befragt, und sie haben Gutachten erstellt. Die Gutachten, auf die Sie sich berufen, haben Sie zu Ihrer Regierungszeit eingeholt. Diese sind völlig überholt. Sie sind nicht auf dem Stand der Diskus sion.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Keine Frage beantwortet! Wer den die Antworten schriftlich nachgereicht? – Weite re Zurufe von der CDU – Unruhe)
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, der Herr Minister für Ver kehr und Infrastruktur, Hermann, hat nochmals um das Wort gebeten. Sofern danach noch Redebedarf besteht, werde ich den Fraktionen die entsprechenden Redezeiten zuteilen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möch te gern noch auf einige Argumente eingehen, die von verschie denen Rednerinnen und Rednern vorgetragen worden sind. Ich möchte das kurz und knapp tun; denn wir haben ja noch weitere Möglichkeiten, ausführlicher zu diskutieren.
Mehrfach ist über die verkehrlichen Leistungen des Bahnhofs gesprochen worden. Ich will hier noch einmal deutlich ma chen, was im Rahmen des Schlichtungsverfahrens und beim Stresstest wirklich herausgekommen ist. Es hat sich dabei he rausgestellt, dass Stuttgart 21 im Bahnhofsbereich tatsächlich Verspätungen abbauen kann – aber im Sekundenbereich.
Das eigentliche Ziel war, dass insgesamt alles beschleunigt wird und dass es im Knotenbereich insgesamt zu Verbesse rungen und Beschleunigungen kommt.
(Zurufe von der CDU – Gegenruf des Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Lasst ihn schwätzen! Es hat eh kei nen Wert!)
Es ist gesagt worden, die S-Bahn werde damit nicht belastet. Natürlich wird die S-Bahn belastet; denn es wird mehr Misch
verkehre geben und dadurch auch mehr „Zwangspunkte“ bzw. Engpässe. Das führt dazu, dass die S-Bahn schlechter und mit noch mehr Verspätungen fährt.
Einige Kollegen haben die Rede auf neue Strecken mit rech nerischen Fahrzeitverkürzungen gebracht. Ja, das gibt es. Es gibt aber auch Gegenbeispiele. Bahnfahrer wissen, dass die rechnerische Fahrzeit und die rechnerische Fahrzeitverkür zung leider meist eine Illusion bleiben, weil in der Praxis oft vieles schiefgeht, vor allem beim Umsteigen.
Zu den Kosten des Projekts: Kollege Schmiedel hat deutlich gemacht, dass der Risikopuffer etwas Besonderes ist. Lange Zeit hat man Projekte im Infrastrukturbereich immer ohne Ri sikopuffer durchgeführt.
Auch heute ist dies bei vielen Projekten noch der Fall. Man wollte in Stuttgart einen neuen Weg gehen und das Risiko durch einen Puffer abdecken. Das war als Idee gar nicht schlecht. Aber die Idee und das Konzept sind faktisch kom plett unterlaufen; denn die Konzeption, das Risiko während der Bauphase durch eine Vorababsicherung einzufangen, ist quasi konterkariert, weil schon vor Baubeginn alles aufge braucht wird. All das, was zur Verbesserung des Konzepts führt, all das, was zu erkennbaren Problemen führt, die einer zusätzlichen Finanzierung bedürfen, hat die Kosten schon stei gen lassen. Deshalb ist der Puffer weg.
Zu Ihrer Debatte zu den Ausstiegskosten will ich, nachdem Kollege Stickelberger schon vieles dazu gesagt hat und auch im Gesetzentwurf dazu etwas steht, nur noch eines sagen: Sie wären richtig schlechte Verhandlungspartner der Bahn – egal, zu welchem Thema –, wenn Sie schon vorab die Milliarden der anderen Seite anerkennen würden. Wenn man schon vor ab die 1,5 Milliarden € von der anderen Seite anerkennt, dann kann man nur noch zahlen. Es wäre ziemlich unklug, wenn wir so etwas gemacht hätten.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rül ke FDP/DVP: Aber 500 Millionen € hat der Minis terpräsident anerkannt!)
Nun wurde mehrfach behauptet, dieses Projekt sei sowieso fi nanziert und gehe überhaupt nicht zulasten anderer Projekte. Ich glaube, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie werden sich in Ihren Wahlkreisen noch wundern, was wir in den nächsten Jahren noch an Gefechten darüber haben werden, ob da und dort noch ein Bahnsteig verlängert wird, ob der Bau der Stadt bahn bzw. S-Bahn wirklich begonnen werden kann oder ob wir das alles verschieben müssen, weil wir uns im Zusammen hang mit Stuttgart 21 Kosten aufgelastet haben.
Es fließen z. B. 285 Millionen € an Regionalisierungsmitteln hinein. Damit kann man verschiedene Strecken anstoßen. Da
(Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt finanzieren wir also doch Bundesstrecken! – Zurufe der Abg. Wolfgang Drexler und Claus Schmiedel SPD)
Das Gleiche gilt bei den GVFG-Mitteln. Das gleiche Problem hat der Bund. Der Bund, der ja keinen beliebig großen Finan zierungstopf für seine Schienenwegeprojekte hat, muss nach Ihrer Position diese teuren Projekte jetzt anfinanzieren. Wir haben schon die ersten Effekte: Der Bau der Strecke Kehl– Appenweier, ein Teil dieser großen Achse Paris–Bratislava, wird verschoben.
Was für eine Logik ist das, wenn man auf der einen Seite nicht das tut, von dem man behauptet, es tun zu wollen,
und auf der anderen Seite das Geld hineinsteckt? Das ist nicht logisch. Das bringt uns nicht weiter.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Volker Schebesta CDU: Herr Schmiedel, Sie müssen noch einmal ans Rednerpult!)
Herr Hauk hat mit großem Pathos von einer möglichen Ver untreuung durch Minister Hermann gesprochen, der das Geld nicht rechtzeitig überwiesen habe. Wir haben da einmal im Haus nachgefragt. Das Interessante ist, dass die Landesregie rung bis zu diesem August nicht ein einziges Mal – Sie haben richtig gehört: nicht ein einziges Mal! – zu dem Zeitpunkt ge zahlt hat, der vereinbart war. Das waren Sie. Das war Ihre Re gierung.
Weil selbst unter Ihrer Regierung die Verwaltung gesagt hat: Bestimmte Spielregeln gelten. Um das entsprechende Geld zu erhalten, muss die Bahn wie alle anderen die Belege dafür lie fern, dass die Ausgaben getätigt wurden, dass sie korrekt ge tätigt wurden, und wir haben dies zu testieren. Wir haben da zu sogar eine Gesellschaft engagiert, die das für uns macht. Was war? Die Bahn hat nie rechtzeitig Belege abgeliefert, und außerdem gab es ordentlich Prüfungsbedarf.
Auch wir haben prüfen lassen. Auch wir haben daher eine kleine Verzögerung gehabt, aber dann anschließend doch fast pünktlich bezahlt. Nur so viel zum Thema Veruntreuung.
Ein letzter Punkt: Schweizer Demokratie und Schweizer Mo dell. Herr Hauk, Sie haben eingeklagt, wir sollten ein faires Verfahren durchführen. Das finde ich auch, das finde ich klas se. Wir werden eine Broschüre erstellen, in der es faire Infor mationen zu beiden Positionen geben wird.
Aber ich sage Ihnen eines: Wer das Schweizer Modell so hochhält, der muss sich schon fragen lassen, warum er hier im Landtag nichts dafür getan hat, dass wir Schweizer Verhält nisse schaffen können, nämlich direkte Demokratie.