Die Frage unter Ziffer 6 war die letzte Mündliche Anfrage, sodass die Fragestunde jetzt beendet ist.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Landesanstalt Schienenfahrzeuge Ba den-Württemberg (SFBWG) – Drucksache 15/6405
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Her ren! Mit dem heute von meinem Haus vorgelegten Gesetzent wurf zur Errichtung einer Landesanstalt für Schienenfahrzeu ge gehen wir einen weiteren wichtigen Schritt im Rahmen un serer neuen Ausschreibungsstrategie zum Schienenpersonen nahverkehr in Baden-Württemberg.
Der Gesetzentwurf ist in enger Absprache mit dem Ministe rium für Finanzen und Wirtschaft erstellt worden. Dafür möchte ich mich herzlich bedanken.
Übrigens geht dieser Gesetzentwurf zurück auf einen einstim mig beschlossenen Antrag – auch diejenigen, die gerade ge lacht haben, haben dem zugestimmt – im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt 2013/2014. Am 24. April 2013 hat dieser Landtag einstimmig beschlossen, eine Grundlage da für zu schaffen, dass Fahrzeuge unter dem Dach des Landes finanziert werden, um eine möglichst kostengünstige Beschaf fung von Schienenfahrzeugen zu sichern.
Ich bin außerordentlich dankbar, dass dieser Beschluss ein stimmig gefasst wurde. Mit diesem Gesetzentwurf setzen wir diesen Beschluss um.
Der Landtag hat in diesem Zusammenhang die Übernahme einer Bürgschaft von 3,4 Milliarden € beschlossen. Damit ist die Finanzierung von Schienenfahrzeugen in diesem Volumen abgedeckt.
Nochmals zur Ausgangslage und zu der Frage, warum wir so etwas machen. Wir finanzieren Schienenfahrzeuge, weil wir wollen, dass bei den kommenden Ausschreibungen möglichst viele neue Fahrzeuge in Betrieb gehen. Diese neuen Fahrzeu ge sind natürlich nicht nur schöner und besser, sondern auch teuer. Deswegen brauchen wir eine kostengünstige Finanzie rungsform.
Zudem wollen wir erreichen, dass nicht nur die Deutsche Bahn ins Rennen gehen kann, sondern dass mehrere Wettbe werber die Chance haben, günstige Kreditkonditionen zu be kommen. Genau die sollen damit erreicht werden.
Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf Chancengleichheit im Wettbewerb sicherstellen. Das ist der eigentliche Zweck die ses Gesetzentwurfs. Ich glaube, damit haben wir eine wirk lich günstige und kluge Lösung für das Land gefunden. Wir nutzen die Tatsache, dass das Land gute Kreditkonditionen bekommt, dass es einen guten Ruf hat. Man könnte auch sa gen, wir nutzen das, von dem wir viel haben, nämlich Boni tät, und wir sparen das, woran wir Mangel haben, nämlich Geld. Das ist die Methode. Wir verhelfen durch die Bürgschaft zu günstigen Kreditkonditionen.
Zwei Möglichkeiten der Finanzierung bieten wir an. Dies ist zum einen das Kapitaldienstgarantiemodell und zum anderen
das BW-Modell, das letztendlich eine Beschaffung von Fahr zeugen unter dem Eigentumsdach des Landes darstellt, ohne dass wir selbst einen Fuhrpark haben. Vielmehr sind wir dann Eigentümer, und dazu brauchen wir eine Organisationsform.
Wir haben uns für die Form einer rechtsfähigen Anstalt des Landes Baden-Württemberg zur Beschaffung solcher Schie nenfahrzeuge entschieden, weil wir nach reiflicher Prüfung und Abschätzung gemeinsam mit Finanz- und Steuerexperten herausgefunden haben, dass dies für uns die schlankste und wirtschaftlichste Form der Umsetzung darstellt.
Einige haben gefragt, warum wir hierzu keine GmbH gegrün det haben. Wir hätten ganz einfach eine GmbH gründen kön nen und hätten dabei noch nicht einmal den Landtag fragen müssen. Wir haben uns jedoch für ein Projekt entschieden, bei dem ganz transparent auf der Grundlage eines Gesetzes si chergestellt wird, wie das Ganze funktioniert.
und wir haben geprüft: Welches ist die beste Form? Welches ist für das Land ökonomisch gesehen die günstigste Form? Dabei ist das Modell der rechtsfähigen Anstalt herausgekom men.
Ich höre die klagende Frage, warum wir keine Anhörung durchgeführt haben. Wir haben schon lange mit vielen Exper ten über die Tatsache gesprochen, dass man eine Finanzie rungsgesellschaft braucht. Außerdem hätte sich die Frage ge stellt, wen wir eigentlich hätten fragen sollen. Das betrifft Re gierungshandeln. Hätten wir die Form einer GmbH gewählt, hätten wir überhaupt nichts machen müssen. Es ist sozusagen dem Rechtsweg der Gründung einer Anstalt geschuldet, dass es überhaupt ein Gesetzgebungsverfahren gibt.
Man müsste ja nach Dritten fragen. Wer sind aber die Dritten? Sollen wir den ADAC oder den Verband Baden-Württember gischer Omnibusunternehmer fragen, ob das eine sinnvolle Form ist? Man merkt schon, das macht keinen Sinn. Deswe gen glauben wir, dass wir zu Recht darauf verzichten konn ten.
Meine Damen und Herren, mit der Gründung dieser Anstalt legen wir auch die Grundlage dafür, dass ein erfolgreicher Wettbewerb im Bereich der großen Netze stattfinden kann. Die Ausschreibung ist weit fortgeschritten. Bei den Stuttgar ter Netzen sind wir mitten im Vergabeverfahren. Wir rechnen mit einem Zuschlag nach der Sommerpause, im Herbst. Na türlich ist es notwendig, dass beim Zuschlag klar ist, dass es diese Gesellschaft gibt. Denn dann müssen unmittelbar Ver handlungen für den Einkauf von Fahrzeugen folgen. Dafür ist diese Gesellschaft zwingend notwendig.
Meine Damen und Herren, wir haben einen schlanken Gesetz entwurf vorgelegt. Es ist eine schlanke Gesellschaft vorgese hen. Wir wollen das mit möglichst wenig Personal betreiben, möglichst auch aus eigenen Kapazitäten – Ministerium und Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg. Ich glaube, das
ist ganz im Sinne des Landtags und am Ende auch ganz im Sinne des Steuerzahlers. Denn wir wollen insgesamt mög lichst viel Nahverkehr mit möglichst wenig Mitteleinsatz er zielen. Das ist hier ein gutes Angebot.
Meine Damen und Her ren, für die Aussprache hat das Präsidium eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Das im Entwurf vorliegende Gesetz zur Gründung einer Landesanstalt für Schienenfahrzeuge ist nicht nur inhaltlich falsch; es ist gesetzestechnisch fehlerhaft. Das bisherige Verfahren ist absolut inakzeptabel.
Der Minister hat gerade gesagt, wir hätten dem im Zuge der Verabschiedung des Nachtragshaushalts im April 2013 vorab zugestimmt. Dazu kann man nur sagen: Da hat er etwas falsch in Erinnerung. Tatsache ist: Wir haben Kapitaldienstgarantien zugestimmt. Wir haben gesagt: Wenn es im Schienenperso nennahverkehr einen Anbieter gibt und dieser Anbieter Fahr zeuge kaufen muss, dann sind wir, das Land Baden-Württem berg, bereit, dafür Sicherheiten zu bieten. Wir haben aber in keiner Weise zugestimmt, dass das Land plötzlich Waggons und Lokomotiven kauft und diese weiterverpachtet. Wir ha ben das deswegen bewusst nicht gemacht, weil wir gesagt ha ben: Die Risiken sind enorm. Wer nimmt diese Fahrzeuge in der zweiten Ausschreibungsperiode, 2030 bis 2045, und was passiert, wenn sie uns nicht abgenommen werden? Verschrot ten wir die Fahrzeuge dann? Was passiert im Insolvenzfall,
wie vor Kurzem in Rheinland-Pfalz, wenn man einen ande ren Anbieter braucht, in diesem Fall die Deutsche Bahn AG? Die Deutsche Bahn hat genügend Waggons und Lokomoti ven; sie wird die hermannschen Waggons nicht abnehmen.
Dies sind Milliardenrisiken. Insgesamt geht es um 3,449 Mil liarden €. Dieses Spiel machen wir nicht mit, Herr Minister.
Wenn man den grün-roten Gesetzentwurf anschaut, erkennt man, dass er fehlerhaft ist, wie wir selten einen Gesetzentwurf vorgelegt bekommen haben. Zu den Kosten steht darin:
Ich möchte Minister Schmid zitieren. Er hat am 10. April 2013 hier an diesem Pult gesagt, für den Fall, dass Eigentum be schafft werden soll, sei er nicht einverstanden, dass es an ei ne Landesanstalt geht.
Denn das sei ein „Schattenhaushalt“, sagt der Finanzminister. Ein Schattenhaushalt, der keine Kosten verursacht – wo gibt es denn so etwas? Also hat sich entweder der Finanzminister geirrt, oder der Gesetzentwurf ist in dieser Angelegenheit feh lerhaft.
Weiter steht im Gesetzentwurf, Alternativen gebe es keine. Hierzu nochmals ein Zitat von Minister Schmid vom 10. Ap ril 2013: Es gebe zwei Alternativen, wie weit Eigentum an Fahrzeugen gestaltet werden könne: Entweder das Land selbst oder eine Gesellschaft mache dies; eine solche Abwägung sei vorzunehmen. Im vorliegenden Gesetzentwurf hingegen steht: „Alternativen: Keine.“
Dann zu einer Anhörung: Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, ein Herr Markus Gericke, hat gestern Abend ei lends nachgeschoben, das Ministerium wisse nicht, wen es an hören solle; deswegen habe keine Anhörung stattgefunden.