Protokoll der Sitzung vom 05.02.2015

Dann zu einer Anhörung: Das Ministerium für Verkehr und Infrastruktur, ein Herr Markus Gericke, hat gestern Abend ei lends nachgeschoben, das Ministerium wisse nicht, wen es an hören solle; deswegen habe keine Anhörung stattgefunden.

(Heiterkeit der Abg. Nicole Razavi CDU)

Wenn man in den Wettbewerb eingreift, dann ist das doch ei ne Sache für die Gewerkschaften. Wenn es um die Schienen personennahverkehrsversorgung im Land geht, dann ist das doch eine Angelegenheit, in der man die Gemeinden fragen muss. Wenn man irgendwelchen Unternehmen im Land Wag gons und Lokomotiven andienen will – jetzt oder im Jahr 2030 –, dann ist das doch eine Frage, die die Verkehrsverbünde be schäftigt. Hier zu behaupten, man wisse nicht, wen man an hören wolle und solle, das ist ein ganz großer Witz. Das Ver fahren ist deshalb fehlerhaft.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Dann kommen wir noch zur Transparenz des Gesetzes selbst. Der frühere Staatssekretär im Innenministerium, Rudolf Kö berle, der seinerzeit für den Bereich Verkehr zuständig war, möge den Ausdruck entschuldigen: Diese Waggonanstalt ist für den Landtag eine Blackbox. § 3 Absatz 1 lautet:

Die SFBW erhebt für erbrachte Leistungen Entgelte. Das Nähere bestimmt die Satzung.

Absatz 2 lautet:

Die SFBW darf Kredite aufnehmen. Die Regelungen... werden durch die Satzung bestimmt.

Absatz 3 besagt: Das Land haftet für die Anstalt unbeschränkt – insgesamt 3,4 Milliarden € sind möglich.

Das ist für die Regierung ein Freifahrtschein für einen – wie es der Finanzminister ausgedrückt hat – Schattenhaushalt.

(Zuruf des Abg. Andreas Deuschle CDU)

So etwas können wir nicht mittragen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das Ganze passt in das Haus Hermann. Bei Ausschreibungen zum Schienenpersonennahverkehr sitzt der Herr Minister im geleasten Schlafwagen.

Ende 2011 hat der Minister im zuständigen Ausschuss gesagt, bald komme die Ausschreibung, es gebe bereits einen Aus schreibungskalender, er habe den noch ein bisschen modifi ziert. Ich habe gefragt, ob wir ihn bekommen können. Die Antwort war: „Sehr gern.“ Bekommen haben wir ihn nie.

2012 passiert nichts.

(Zurufe von den Grünen und der SPD – Abg. Niko laus Tschenk GRÜNE: Thema! – Zuruf des Ministers Winfried Hermann)

2013 kommt ein Nachtragshaushalt mit einem Volumen von 11 Milliarden €. Was passiert? Gar nichts, keine Ausschrei bung – nichts.

(Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE: Thema verfehlt!)

Ende 2014 kommt eine Ausschreibung. Aber für wann? Für das Jahr 2019. Bis zum Jahr 2019 passiert gar nichts.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Und jetzt kommt er mit der Waggonanstalt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das sind alles Potemkinsche Dörfer des Ministers Winfried Hermann. Neulich hieß es: „Hermann, der Baumeister.“ Ich kann nur sagen: Hermann, der Baumeister Potemkinscher Dörfer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Schwarz das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Mit dem heute im Entwurf vorliegen den Gesetz leisten wir einen klaren Beitrag zur Verbesserung des Schienenpersonennahverkehrs in Baden-Württemberg. Wir verbessern die Wettbewerbschancen für den Schienenper sonennahverkehr. Letztendlich ist dies unser Beitrag dazu, die Silberlinge, die alten Schienenfahrzeuge, die die CDU bestellt hatte, abzulösen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Die Menschen, die Fahrgäste in unserem Land, werden bald merken: Unter Verkehrsminister Hermann, unter der Koaliti on von Grünen und SPD tut sich im Schienennahverkehr viel Gutes. Diese Finanzierungsanstalt ist ein Schritt dazu, mehr Wettbewerb, günstigere Angebote, besseres Wagenmaterial zu bekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Der Minister und wir alle sind da auf einem guten Weg, was den Wettbewerb angeht. Das Schienennetz ist in verkehrlich sinnvolle Lose aufgeteilt worden. Vorarbeit durch Sie: nichts – Totalausfall.

(Zuruf von der SPD: Ja!)

Der Minister hat einen Vergabekalender – einen Ausschrei bungsfahrplan – vorgelegt, in dem er das Gesamtnetz in die einzelnen Netze mit Übergangsverträgen zeitlich aufgeteilt

hat, damit nicht auf einen Schlag 40 Millionen Zugkilometer auf den Markt kommen. Auch dazu gab es von Ihnen keine entsprechende Vorbereitung.

(Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE: Ganz schwach!)

Wir haben also eine Kultur des Wettbewerbs im Schienenper sonennahverkehr geschaffen. Wir haben hier die richtigen Maßnahmen gefunden.

Frau Kollegin Razavi und Herr Mack, wir sind von den Ei senbahnverkehrsunternehmen gefragt worden: „Meinen Sie das mit dem Wettbewerb in Baden-Württemberg jetzt wirk lich ernst?“ Wir sind gefragt worden: „Stimmt das? Wollen Sie hier tatsächlich Wettbewerb schaffen?

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Am Ende geben Sie das doch sowieso an die Deutsche Bahn AG.“

(Abg. Nicole Razavi CDU: Zwangsweise!)

Wir haben klar das Signal ausgesendet: Wir wollen Wettbe werb, wir wollen auch andere Unternehmen; sowohl die Deut sche Bahn AG als auch Konkurrenten sind hier willkommen. Wir setzen sehr stark auf den Wettbewerb im Schienenver kehr.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Die Eisenbahnunternehmen haben uns dies bestätigt und ge sagt: „Die Aufteilung des Netzes in Lose, der Vergabekalen der, die Loslimitierung, die Fahrzeugfinanzierung – all das sind ganz wichtige Punkte, damit sich andere Unternehmen hier bewerben können.“ Sie haben gesagt: „Genau das ist das Richtige.“ Denn auch andere Firmen wollen hier in BadenWürttemberg Züge fahren lassen, liebe Kolleginnen und Kol legen.

(Beifall der Abg. Nikolaus Tschenk und Wolfgang Raufelder GRÜNE – Zuruf: Wo?)

Mit dem heute vorliegenden Gesetz leisten wir wieder einen wichtigen Beitrag, um die Wettbewerbssituation im Schienen personennahverkehr zu verbessern. Letztendlich geht es dar um, die Silberlinge, die Sie bestellt haben, Zug für Zug, Schritt für Schritt abzulösen.

Mit dieser Anstalt für die Fahrzeugfinanzierung schaffen wir für alle Verkehrsunternehmen gleiche Wettbewerbsbedingun gen, gleiche gute Rahmenbedingungen, auch für diejenigen, die nicht wie die Deutsche Bahn AG oder andere große Ver kehrsunternehmen über eine ausreichende Kapitalausstattung verfügen. Das ist für uns, die wir das am Ende bezahlen müs sen, auch wirtschaftlich absolut vernünftig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Ich möchte noch einmal auf das Thema eingehen, das Herr Mack angesprochen hat. Hier beraten wir ein Gesetz. Man hät te auch eine Gesellschaft in Form einer GmbH gründen kön nen. Wenn das Land eine GmbH gegründet hätte oder eine an dere Organisationsform gewählt hätte, dann wäre keine Be fassung des Landtags notwendig gewesen, und dann hätten

Sie diese Transparenz, die es bei einem Gesetz mit erster Le sung, mit zweiter Lesung, mit Ausschussberatung, Gesetzes text und Gesetzesbegründung gibt, nicht. Das heißt, was der Minister gemacht hat, ist ein Mehr an Transparenz. Er hat die Karten auf den Tisch gelegt. Jeder kann dieses Gesetz nach lesen. Jeder kann die Begründung nachlesen, liebe Kollegin nen und Kollegen.

(Beifall bei den Grünen)

Zur Transparenz trägt weiter bei, dass die Landesregierung zugesagt hat, dass es Mitte 2017 auch noch einmal einen Be richt an den Landtag über diese Finanzierungsanstalt geben wird. Das heißt, auch hier haben wir völlige Transparenz.

Ich kann nur sagen: Wir setzen sehr stark auf den Wettbewerb. Wir sehen, es wird neue Fahrzeuge, insbesondere bei den Stuttgarter Netzen, geben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche dann allzeit gute Fahrt in den neuen Zügen und weiterhin gutes Gelingen.