Die Stellungnahme, die Ihnen der Kultusminister gegeben hat, ist noch umfangreicher. Er erläutert akribisch, welche Art von Informationsmaterial zu weiterführenden Schulen an solchen Beratungsabenden für Grundschuleltern ausliegt. Ich als Schul leiter kenne all diese Broschüren in- und auswendig.
Die Gemeinschaftsschule wird nicht, wie Sie behaupten, ge zielt bevorzugt, sondern sie steht gleichwertig neben den an deren dargestellten weiterführenden Schularten. Der Vorwurf
der Manipulation, den Sie in Bezug auf unseren Kultusminis ter erheben, ist infam und zeugt von Ihrer Unkenntnis der Si tuation.
Ich nenne Ihnen ein Beispiel – ich glaube, ich habe es hier schon einmal erzählt –: Ein Rektor eines Gymnasiums hat während der ersten Tranche bei einem dieser Abende den an wesenden Eltern gesagt, es lohne nicht, sein Kind an einer Ge meinschaftsschule anzumelden, da es sich hierbei nur um ei ne vorübergehende Erscheinung handle. Das, meine sehr ver ehrten Damen und Herren, ist Manipulation.
(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: War das Herr Röhm? – Gegenruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In der Einschätzung hat er wahrschein lich recht, der Kollege!)
Nein, es war nicht Herr Röhm. – Ich möchte gern auch noch kurz auf Ihre Unterstellung eingehen, die Staatlichen Schul ämter würden in ihren Fortbildungen für die Grundschulen einseitig auf die Gemeinschaftsschulen abzielen. Zum einen ist mir eine solche Fortbildung aus dem Staatlichen Schulamt Tübingen nicht bekannt, zum anderen gilt hier dasselbe wie für die Informationsveranstaltungen: Auch die Lehrerinnen und Lehrer müssen erst mit den pädagogischen Besonderhei ten der Gemeinschaftsschule vertraut gemacht werden. Dabei handelt es sich auch um Fortbildungen. Über alle anderen Schularten wissen die hiesigen Lehrerinnen und Lehrer natür lich Bescheid. Dies ist das Wesen einer Fortbildung: Sie bil det fort.
So weiß ich auch von mindestens einem Schulamt, das eine Infoveranstaltung für Grundschulrektoren angeboten hat, um über die Neugestaltung der Realschulen zu informieren. Hier wird etwas Neues etabliert, also bietet man Informationen da zu an; nicht mehr und nicht weniger. Ich bin gespannt auf Ih ren Antrag zu dieser Veranstaltung, Herr Müller.
Im Übrigen werden solcherlei Fortbildungen auch gezielt sei tens der Grundschulen nachgefragt, da das Interesse an der Arbeitsweise der Gemeinschaftsschulen groß ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU, ich würde mir wünschen, dass die Debatten in diesem Haus wieder etwas spannender würden.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Grüne und SPD werden nicht müde, bei allen bildungspolitischen Debatten in diesem Hohen Haus ihre eigene Bildungspolitik in den schillerndsten Farben zu beschreiben und auch zu sagen, wie toll diese Bildungspoli tik ist.
Ich frage mich dann immer nur, warum laut der letzten Um frage des SWR 59 % der Menschen in Baden-Württemberg sehr unzufrieden mit der grün-roten Bildungspolitik sind.
Die Debatte über die Tendenz in Richtung Gemeinschafts schule bei der Elterninformation wurde von der CDU zu Recht angestoßen. Denn die Debatte belegt, wie dringend notwen dig eine ordnungspolitische Orientierung für unser Schulwe sen wäre. Wenn nämlich nicht konsequent die Privilegierung der „Lieblingskinder“ beendet wird, dann ist auch keine Be friedung der häufig unguten Situation vor Ort denkbar.
Notwendig sind klare und faire Rahmenbedingungen. Im Grunde ist es ganz einfach: Das Land stellt die Ressourcen zur Verfügung, fair berechnet nach der Zahl der Schüler, und die Schulen und ihre Träger entscheiden eigenständig, in wel chen Schulformen die jungen Leute bei ihnen am besten ge fördert werden. Einer Qualitätskontrolle müssen sich die Schulen vor Ort bei diesem Bildungsvertrag auf Gegenseitig keit natürlich stellen.
Wir Freien Demokraten haben deshalb im vergangenen Herbst ein detailliertes Schulkonzept vorgelegt. Wir sind davon über zeugt, dass nur faire Rahmenbedingungen und mehr Entschei dungsfreiheit vor Ort geeignet sind, um so etwas wie einen stabilen Schulfrieden zu schaffen. Denn wenn faire Bedingun gen herrschen würden, hätte sich die Frage nach einer Bevor zugung einer Schulart bei der Beratung der Eltern vor der Ent scheidung, an welcher weiterführenden Schule sie ihr Kind anmelden, ohnehin erübrigt. Es ist ja gerade der Verdacht, dass hier irgendwie doch gelenkt werden soll, der empfindlich macht für eine etwaige Bevorzugung der Gemeinschaftsschu le. Die grün-rote Landesregierung hat zu diesem Verdacht wahrlich genügend Anlass gegeben.
Erst am vergangenen Montag hat der Kultusminister mit tri umphierenden Worten die Genehmigung von 62 neuen Ge meinschaftsschulen bekannt gegeben. Zitat:
Dabei findet sich auch in der mittlerweile vierten Gemein schaftsschulrunde wieder kein Gymnasium, und nur acht Re alschulen waren zu einer Umwandlung in eine Gemeinschafts
schule bereit. Für die überwiegend kleineren Haupt- und Werkrealschulen dürfte weniger die Gemeinschaftsschulpä dagogik als vielmehr in erster Linie das Interesse am
Deutlicher kann man das Scheitern des ideologisch festgezurr ten Lieblingsprojekts von Grün-Rot nicht zum Ausdruck brin gen.
Gern am Ende. – Selbst der „Chefideologe“ der Gemeinschaftsschule, Professor Bohl, hat die grün-rote Landesregierung kürzlich aufgefordert, die Not bremse zu ziehen. Sein Vorschlag einer neuen Schulart zwi schen Gemeinschaftsschulen und Realschulen dürfte aber eher aus der Not geboren sein. Statt ein weiteres Schulkonstrukt aus krampfigen und realitätsfernen Vorschriften auf den Markt zu werfen, wäre es zweckmäßiger, den Gemeinschaftsschu len wie allen anderen Schularten auch mehr pädagogische Freiheiten zu geben. Sie sollten ähnlich wie Gesamtschulen Kurse auf unterschiedlichen Leistungsniveaus anbieten kön nen; im Sinne fairer Wettbewerbsbedingungen für alle Schul arten müssten die Gemeinschaftsschulen aber auf ihre Privi legien verzichten. Die Verantwortlichen vor Ort sollten nach Auffassung der FDP frei und ohne Zuckerbrot oder Peitsche entscheiden können, wie das für sie passende Schulangebot aussieht.
Herr Kollege Dr. Kern, danke, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Es war ja ein schöner Auftakt von Ihnen.
Das kann ich Ihnen gern beantworten. Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich zusätzlich be komme, aber ich kann Ihnen das gern erklären. Denn es geht darum, ob – so hat die CDU es in dem Antrag thematisiert – am Ende der Klasse 4 tatsächlich objektiv beraten wird oder ob – absichtlich oder unabsichtlich – eine Schulart dramatisch privilegiert wird.
Hätten wir jetzt einen Schulfrieden – dafür kann unser Kon zept, das wir im Übrigen als bislang einzige Fraktion konkret vorgelegt haben, als Diskussionsgrundlage dienen –, würde
sich diese Debatte völlig in Luft auflösen, weil alle weiterfüh renden Schularten gleich behandelt würden. Es gäbe keine Lieblingskinder mehr. Das ist für uns eine freiheitliche, weil vernünftige Bildungspolitik.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Ulrich Müller CDU: Gut! – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Herrlich!)
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich den ke, es steht vollkommen außer Frage, dass Eltern an der Schwelle von der Grundschule zur weiterführenden Schule einen Anspruch und vor allem ein übergroßes Bedürfnis ha ben, möglichst objektiv über die verschiedenen Bildungswe ge und -möglichkeiten nach der Grundschule informiert zu werden.