Die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen muss in den Mittelpunkt der politischen Agenda rücken, mahnt der Rechnungshof. Jede staatliche Ebene muss finanziell so aus gestattet werden, dass sie ihre Aufgaben selbstständig erfül len kann. Das heißt: Abschied nehmen von Mischfinanzie rungskonzepten, Abschied davon nehmen, immer neue Bun desmittel einzufordern, und für eine sachgerechte Verteilung des Steueraufkommens eintreten.
Es gilt, den Kurs der früheren Föderalismusreform konsequent fortzusetzen. Darin stimme ich dem Rechnungshof zu. Die Landesregierung hält Dornröschenschlaf, und weit und breit ist kein Prinz zum Wachküssen.
Es fehlt – darin widerspreche ich dem Rechnungshof nicht – der Wille zum Sparen aus Überzeugung. Der Rechnungshof will immerhin 2012 mit der Lupe ein zartes Pflänzchen des Wandels festgestellt haben. Es ist heute aber vertrocknet. Wir brauchen mehr als nur ein Pflänzchen, um die Nullneuver schuldung dauerhaft zu erreichen. Sparen gehört nicht zu den Kardinalstugenden der Politiker, gleich welcher Couleur – das sage ich einmal ungeschützt. Es ist aber die primäre Aufgabe der Landesregierung, und da kommt zu wenig.
Neben dem Sparen ist das Instrument Prozessmanagement hilfreich, um organisatorische Abläufe, Planungen und Ver waltungsabläufe effizienter und transparenter zu machen. So lassen sich mehr Qualität, mehr Flexibilität und geringere Kosten erreichen. Dies muss zur Chefsache gemacht und pro fessionell und nachhaltig umgesetzt werden. Prozessmanage ment für die Verwaltung wird zwar in der Denkschrift ange sprochen. Die Prüfungsergebnisse zeigen aber: Es wird man gelhaft betrieben.
Das ist bedauerlich, weil Prozessmanagement bei den erfolg reichen Unternehmen in unserem Land zum kleinen Einmal eins der Betriebswirtschaft gehört und eigentlich auch für die öffentliche Verwaltung unverzichtbar ist. Deutlich wird dies an den Förderprogrammen des Umweltministers für Demons trationsvorhaben, Bioenergiewettbewerb und Bioenergiedör fer. Sie sind fehleranfällig und ineffizient. Der Rechnungshof fordert die Einstellung.
Das Geld des Landes ist das Geld der Bürgerinnen und Bür ger. Daraus erwächst eine besondere Verantwortung. Ein op timales Dienstreisemanagement kann helfen, die Kosten für Dienstreisen, Trennungsgeld und Umzugskosten zu optimie ren. Damit würden 4,6 Millionen € eingespart. Einige Minis terien wie das Justizministerium machen da mit, andere wie das Wissenschaftsministerium scheren aus und stellen sich quer. Warum, Frau Ministerin Bauer?
Der Verkehrsminister, der im Vergaberecht eine Minderheits meinung vertritt, verplempert mal so auf die Schnelle 1 Mil lion € für sogenannte Streckenbeeinflussungsanlagen auf Bun desstraßen.
Gutachter sagen: „Das ist Quatsch.“ Zudem ist der Bund Kos tenschuldner. Der Fahrradfahrer Hermann wollte mal Benzin im Blut – war aber nichts.
In der Justizverwaltung mahnt der Rechnungshof den Abbau der Zahl der Servicekräfte an. Ich sehe das anders. Unsere Richter und Staatsanwälte machen gute Arbeit. Sie arbeiten am Anschlag.
Die Dauer der Verfahren – das sage ich auch als Anwalt – ist unzumutbar und für alle Bürgerinnen und Bürger eine Belas tung. Ich stimme aber der Empfehlung des Rechnungshofs zu, den Anteil der Geldauflagen in Strafverfahren für die Staats kasse zu erhöhen, um eine bessere Dienstleistung der Justiz zu gewährleisten.
Die IT-Dienstleistung des Landes ist immer auf dem Prüfstand des Rechnungshofs. Wir machen keine schlechte Arbeit und stehen im Ländervergleich ganz gut da. Dennoch: Die Kosten für IT sind immens, und die Entwicklungen auf diesem Ge biet bringen Chancen, die Kosten weiter zu reduzieren.
Ich werbe dafür, in einem Staatsvertrag alle Rechenzentren zu konzentrieren. Ich werbe dafür, dass alle Länder gemeinsame Programme entwickeln, gemeinsame Lizenzen erwerben, ge meinsam nach Lösungen für eine digitale Verwaltung suchen. Ich werbe dafür, Cloud-Computing für die öffentliche Verwal tung verstärkt zu nutzen. In der Privatwirtschaft reduziert das die entsprechenden Kosten um 40 %. Warum läuft das Land den technischen Möglichkeiten hinterher?
Große Hoffnung setze ich auf den neuen CIO – ein Vorschlag, der übrigens aus den Reihen der CDU kam und leider erst jetzt von der Landesregierung umgesetzt wird. Damit könnten auch die elektronische Lohnsteuer und die E-Vergabe zielführend verbessert werden. Denn auch auf dieses Manko legt der Rechnungshof die Finger.
Meine Damen und Herren, meine Fraktion und ich danken Herrn Präsident Munding und seinem Team für die engagier te Arbeit.
Danke für Ihre wertvollen Anregungen und Ihre Vorschläge und für die Diskussionen im Finanzausschuss. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber in Stuttgart, in der Stadt Hegels, ist Dialektik die nächste Stufe der Erkenntnis.
Die Politik trägt Verantwortung für kommende Generationen. Ihnen haben wir nicht Schulden und Pensionsverpflichtungen, sondern ein geordnetes Gemeinwesen zu übergeben. Solange es diese Regierung gibt, wird „Graf im Bart, ihr seid der Reichste“ aus der Württemberg-Hymne von Justinus Kerner gestrichen. Ab sofort wird die neue Fassung „König Nils, ihr seid der Ärmste“ gesungen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Ulrich Goll FDP/DVP – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU übergibt Staatssekretär Peter Hofelich eine goldfarbene Papierkrone. – Abg. Sascha Binder SPD: Frechheit! – Abg. Georg Nelius SPD: Er braucht ei ne Narrenkappe!)
(Abg. Peter Hauk CDU: Frau Kollegin, noch ein Krönchen! Ein Schuldenkrönchen! Das würde Ihnen ganz gut stehen! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Passt gut zu dem schönen schwarzen Haar! Das macht sich gut!)
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen, vor allem sehr geehrter Herr Rech nungshofpräsident Munding! Ich möchte einige Punkte aus der Denkschrift 2014 aufgreifen, an denen deutlich wird und die unterstreichen, wie wichtig die Empfehlungen und Anre gungen des Rechnungshofs für den Landtag und für die Lan desregierung sind. Das haben Sie sowohl im Geleitwort als auch noch einmal mündlich hier ausgeführt. Sie haben auch richtigerweise ausgeführt, dass wir uns im Finanz- und Wirt schaftsausschuss intensiv damit beschäftigt haben. Wir haben uns nicht nur damit beschäftigt, sondern Sie, der Rechnungs hof, haben uns wichtige Impulse gegeben, und wir haben, wie Sie hier auch gesagt haben, viele Ihrer Impulse aufgenommen.
Ein Beispiel dazu: Straßenbau und Brücken. Sie haben für „Erhalt vor Neubau“ plädiert. Genau das machen wir. Das ist Nachhaltigkeit, indem wir die Substanz und Funktionsfähig keit von Straßen und Brücken erhalten. Das haben Sie jahre lang bei der CDU-Regierung angefordert. Nur: Die CDU-Re gierung folgte Ihnen nicht. Dort ging es nur um Spatenstiche und nicht um Substanzerhalt.
Wir ändern das. Wir erhöhen die Substanz. Ich dachte immer, CDU-Regierungen wären für Straßenbau und für Erhalt. Aber nein: In der Zeit von 2001 bis 2010
zu Ihrer Regierungszeit; Sie hatten ja die Mehrheit – gab es für Straßenbau und Erhalt zwischen 8 Millionen und maximal 50 Millionen €, lieber Kollege Hauk. Unter Grün-Rot gibt es für diesen Bereich in den Jahren 2012 bis 2016, also in fünf Jahren, fast 600 Millionen €. Das ist Substanzerhalt, das ist Investition in die Zukunft, nämlich in die Infrastruktur, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Sie haben ja Herrn Munding gehört. Er hat gesagt, die Infra struktur bekomme größere Bedeutung. Genau das ist es. Das ist das, was dieses Land braucht und was die Unternehmen in unserem Land brauchen, und genau da investieren wir.
Zweiter Bereich: IT-Neuordnung. Lieber Kollege Löffler, Sie stellen sich hier hin, erzählen irgendwelche Märchen wie Ihr Kollege und Fraktionsvorsitzender Wolf, behaupten, wir wür den zu wenig für Infrastruktur und IT-Neuordnung machen. Sie waren doch jahrelang an der Regierung. Was haben Sie denn getan?
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ihr habt das nur zu Ende geführt! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)
Der Rechnungshof hat es Ihnen schon 2009 gesagt: Sie haben nichts getan. Da musste es zu einem Regierungswechsel hin zu Grün-Rot kommen, damit die IT dieses Landes geordnet und strukturiert wird. Wir machen das. Auch diese Einsparung von 50 Millionen €, von der Herr Munding gesprochen hat, werden wir in der Endphase erreichen.
Nun zur nachhaltigen Finanzpolitik. Herr Munding, Sie schreiben in Ihrem Geleitwort sehr richtig, dass Kredite Ge staltungsmöglichkeiten einschränken, dass Zinslasten Gestal tungsspielräume verringern. Das ist sehr richtig. Welche Zins lasten haben wir? Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn Sie es ungern hören: Sie haben dieses Land 58 Jahre lang regiert,
(Abg. Werner Raab CDU: Hervorragend regiert! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Was haben Sie denn für ein Demokratieverständnis?)
und wir zahlen für Ihre Schulden jährlich 1,7 Milliarden €, und das, obwohl die Zinsen gerade noch so günstig sind. Das kann auch deutlich höher werden, wenn die Zinssätze steigen. Das sind Ihre Schuldzinsen, die wir bezahlen.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Werner Raab CDU: Was haben wir denn gebaut? Universitä ten und alles!)
Zinslasten und Länderfinanzausgleich – das wurde auch aus geführt – sind beides Entscheidungen, die unabhängig von der grün-roten Landesregierung sind. Die Zinslasten gehen auf Ihre Regierungszeit zurück, der Länderfinanzausgleich auf an dere Ebenen. Da müssen wir gemeinsam eine andere Vertei lung hinbekommen.
Diese Denkschrift behandelt das Haushaltsjahr 2012. Wir ha ben im Jahr 2012 keine neuen Schulden aufgenommen. Wir werden in dieser Legislaturperiode drei Mal ohne neue Schul den auskommen. Das haben Sie in 58 Jahren nicht geschafft. Das muss ich Ihnen jedes Mal sagen. Das ist ein Maßstab. Ich finde, für eine Partei, die meint, die behauptet, sie würde et was von Finanzen und Wirtschaft verstehen, wäre das ein sehr kleiner Maßstab. Also: Damit würde ich mich an Ihrer Stelle nicht rühmen.
Sie haben den Finanzierungssaldo angesprochen. Auch dazu gibt es aktuell aus dieser Woche im „Handelsblatt“ einen schö nen Vergleich zum Finanzierungssaldo anderer Länder. Die se Woche wird im „Handelsblatt“ ganz klar dargestellt, dass Baden-Württemberg nach Bayern und vor Sachsen sehr gut dasteht, nämlich mit einem positiven Finanzierungssaldo von 697 Millionen €. Der Finanzierungssaldo stellt eigentlich die Wirtschaftlichkeit des Haushalts dar. Das sind die bereinigten Einnahmen abzüglich der bereinigten Ausgaben. Da steht Ba den-Württemberg sehr gut da.
Das legt nicht nur dieser Presseartikel dar. Auch diverse an dere Studien haben dargelegt, dass Baden-Württemberg in der Haushalts- und Finanzpolitik sehr gut dasteht. Deshalb haben wir auch zum wiederholten Mal die international höchstmög liche Bewertung der Kreditwürdigkeit, nämlich AAA, bekom men, was Sie verspielt hatten, liebe Kolleginnen und Kolle gen von der CDU.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Werner Raab CDU: In nahezu drei Minuten ändern Sie Ihre Meinung!)