Wir haben uns für den Weg entschieden, innerhalb der jetzi gen Struktur die Einheiten zu stärken, die sich mit entspre chender Beobachtung und dann auch mit eventuell erforder lichen Zugriffen beschäftigen, und zusätzliche Stellen bei den Mobilen Einsatzkommandos zu verorten. Deshalb stocken wir dort um 22 Stellen auf
Wir wissen sehr genau, dass die Arbeit des Verfassungsschut zes dort beginnt, wo die Polizei rechtlich noch gar nicht agie ren darf. Aufgabe ist es nämlich, im Vorfeld Informationen über mögliche Gefährdungen zu erhalten, um diese als Basis für die Ermittlungsarbeit der Polizei zu nehmen. Deshalb spielt der Verfassungsschutz in diesem Gesamtverbund eine gleichwertige, wichtige und unverzichtbare Rolle. Die Infor mationen, die wir dort gewinnen können, geben die Hinwei se auf sich zuspitzende oder gar konkrete Gefährdungen und ermöglichen die Ermittlungsarbeit der Polizei in diesem Be reich von der Gesetzeslage her überhaupt erst.
Auch dorthin geben wir nicht einfach pauschal 15 Personen. Auch dort haben wir uns sehr genau angeschaut, was wir uns eigentlich vom Verfassungsschutz in den einzelnen Bereichen erwarten,
... das heißt, was entsprechen de Beobachtung anlangt, aber auch, was Informationsgewin nung über das Internet und die Observation betroffener Per sonen anlangt.
Herr Minister, herzlichen Dank. – Zu der Aufstockung allein im Bereich des LfV: Das LfV geht schon seit Jahren von ca. 550 Salafisten aus – in Klammern: extremen. Wir wissen: Ca. 30 Personen sind aus gereist, um sich ausbilden zu lassen. Wenn diese zurückkeh ren und nur ein Teil von ihnen ähnliches Gedankengut in sich trägt, wie uns die Anschläge vor Augen geführt haben: Sind Sie der Ansicht, die Rückkehrer mit diesem Personal, das Sie jetzt beim LfV aufstocken wollen – ca. 15 Personen, anderer seits ein Abbau von 20 Stellen –, überhaupt nur ansatzweise so beobachten zu können, dass wir eine Gefahr so gut wie möglich ausschließen können?
Ich bin der Ansicht, Sie können es nicht. Wenn Sie aber sa gen, dass Sie es damit machen können – – Das Programm ist so nicht schlecht – es ist ein Progrämmle –, aber im Hinblick auf diese Gefährder haben Sie sich viel zu schwach aufge stellt. Oder liege ich da falsch?
Meines Erachtens liegen Sie da falsch. Ich habe gesagt: Wir haben uns sehr genau ange schaut, was wir von den einzelnen Dienststellen, von den ein zelnen Organisationseinheiten erwarten.
Diejenigen, die Sie gerade beschrieben haben – – Dabei soll ten wir jetzt nicht den Fehler machen, in der Öffentlichkeit
mit Zahlen zu operieren, um dann die Gefahr, die in der Tat abstrakt immer wieder besteht, noch größer zu machen. Viel mehr müssen wir genau die Balance halten, das Thema wirk lich ernst zu nehmen, aber auch angemessen darauf zu reagie ren. Man sollte nicht über das Ziel hinausschießen. Ich will einmal ausdrücklich sagen – Vorredner haben es auch schon gesagt –: Baden-Württemberg ist eines der wenigen Bundes länder, die bislang entsprechend reagiert haben. Wir kommen da nicht viel zu spät. Kein anderes Bundesland hat ein so um fassendes und in sich stimmiges Programm vorgelegt wie wir in Baden-Württemberg.
Salafisten – die Größenordnung liegt bei 550 – sind nicht per se, grundsätzlich sofort staatsgefährdend oder gegen die Inte ressen des Staates gerichtet. Denn wir wissen sehr genau: Die se Szene ist sehr inhomogen. Da gibt es Abschichtungen der verschiedensten Arten. Genau diese nehmen wir vor. Die Stichworte sind gefallen. Salafisten, die in der Tat ein anderes Rechtsverständnis und Staatsverständnis haben, die aber ver suchen – diese gibt es auch –, es mit friedlichen Mitteln, rein missionarisch zu erreichen, haben eine andere Gewichtung – da sind wir uns, denke ich, einig – als diejenigen, die zu Ge walt und zu Terrorismus bereit sind.
Die Zielpersonen, die es bei uns gibt, die durchaus gewaltge neigt sind, und die 30 Gefährder haben wir wirklich sehr ge nau im Visier. „Sehr genau“ heißt: so gut wie irgend möglich. Denn dabei kommt es auch immer darauf an, dass die Behör den von Bund und Ländern untereinander und insbesondere auch mit den ausländischen Diensten sinnvoll zusammenar beiten.
Ich will ausdrücklich sagen: Im Rahmen der Möglichkeiten, im Rahmen dessen, was wir unter abstrakter Gefährdung ver stehen, halte ich die Maßnahmen, die wir jetzt auf den Weg gebracht haben, wirklich für vernünftig, für ausgewogen und der Situation auch angemessen.
Ich will aber ausdrücklich sagen: Ein Garant dafür, dass ein Anschlag wie der in Paris in Deutschland, in Baden-Württem berg nicht passieren kann, ist dies auch nicht. Aber wir sind uns, Herr Zimmermann, glaube ich, auch einig: Selbst wenn wir diese Zahl von Stellen verdoppeln würden, kann Ihnen niemand diese Garantie geben.
Unsere Behörden – Verfassungsschutz, Landeskriminalamt, die Staatsschutzbehörden vor Ort, in Zusammenarbeit bei spielsweise mit dem Bundeskriminalamt, mit dem Terroris musabwehrzentrum in Berlin – arbeiten gut, leisten täglich gute Arbeit. Deshalb bin ich der Auffassung, dass die neuen Stellen, die wir dort hineingeben, eine notwendige und sinn volle Ergänzung dessen sind, was wir in den zurückliegenden Jahren bereits gemacht haben.
Ich will ausdrücklich noch einmal sagen, meine Damen und Herren: Dieses Gesamtpaket – da denken wir wirklich weiter als andere – umfasst auch noch andere Bereiche. Kultusmi nister Andreas Stoch hat die Ausweitung des Islamunterrichts an den Schulen angekündigt; dies wird umgesetzt.
Wir stärken mit diesem Programm übrigens auch die Präven tionsmaßnahmen. Baden-Württemberg ist das zweite Bundes land – zugegebenermaßen nicht das erste –, das jetzt ein Kom petenzzentrum Prävention im Innenministerium des Landes einrichtet, um die bestehenden Präventionsmaßnahmen bes ser zu vernetzen, vor allem auch besser aufeinander abzustim men, damit hier kein – ich sage es einmal so – Flickwerk im Land bleibt, und die vielen guten Maßnahmen auch im Kultus bereich – durch die Programme „stark.stärker.WIR“, „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ und all diese einzelnen Programme – sinnvoll aufeinander abzustimmen, polizeiliche Präventionsmaßnahmen besser mit denen von Nichtregie rungsorganisationen zu verknüpfen, um insgesamt schlagkräf tiger und effektiver zu werden.
Eingebunden in dieses Gesamtkonzept ist logischerweise auch der Themenbereich Justiz. Denn wenn ermittelt wird, kommt es wirklich darauf an, dass die Staatsanwaltschaften und die Polizei im Ermittlungsbereich, aber dann auch bei der Straf verfolgung vernünftig zusammenarbeiten können. Letztlich geht es auch darum, die Gerichtsbarkeit beim Oberlandesge richt und bei den Landgerichten im Bereich der Aburteilung von Straftätern zu stärken.
Also summa summarum: Dieses ganze Paket umfasst mehr als nur diese 131 Stellen. Das Thema Prävention hat einen ge wichtigen Anteil daran. Deshalb bin ich wirklich überzeugt davon: Es ist die Fortsetzung dessen, was wir begonnen ha ben, um noch mehr dafür zu sorgen, dass sich die Menschen in Baden-Württemberg sicher fühlen können. Wir tragen un seren Teil dazu bei, die Sicherheitsbehörden tragen ihren Teil dazu bei. Wenn wir die Bevölkerung bei diesem wichtigen Thema mitnehmen können, wenn es gelingt, diese Gesell schaft nicht nur als eine offene Gesellschaft zu begreifen, son dern diese offene Gesellschaft auch im täglichen Miteinander mit Menschen anderen Glaubens in unserem Land zu leben, dann ist dieses Paket, finde ich, wirklich rund, macht Sinn und bietet uns die Gelegenheit, so weit wie möglich für Bedrohun gen wie das schreckliche Ereignis in Paris, das wir leider zur Kenntnis nehmen mussten, Vorsorge zu treffen.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Karl Zimmermann CDU: Herzlichen Dank! Sie haben eine Forderung der CDU zum Teil über nommen!)
Danke. – Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns im Ablauf sehr genau anschauen, Herr Minister, wie die Umsetzung dieses Programms erfolgen wird. Ich glaube, die Fragen, die wir ge stellt haben, sind die richtigen.
Sie schaffen neue Stellen – das begrüßen wir –, Sie verteilen aber diese Stellen ganz weit hinaus, sodass vor Ort in den ein zelnen Präsidien nicht arg viel ankommt.
Es ist so, Kollege Schmiedel. Es sind 48 Stellen, verteilt auf zwölf Präsidien und dort noch einmal auf drei Abteilungen.
Es ist alles in Ordnung; wir schauen uns das an. Aber die Er mittlungen, die gegen diese Rückkehrer, gegen die Allerge fährlichsten geführt werden müssen, werden zentral im Lan deskriminalamt geführt. Da fragen wir uns eben, ob es nicht sinnvoller wäre, dort die Konzentration zu schaffen.
Aber wir beobachten das, wir schauen uns das an, und wir wollen sehen, wie dann die Erfolge sein werden. Denn wir sind etwas skeptisch. Deswegen habe ich vorhin auch gesagt: Sie kommen jetzt zwar schnell nach den Anschlägen, aber im Grunde genommen viel zu spät, denn vorher haben Sie näm lich das Gegenteil gemacht. Sie haben unseren Antrag – ich sage es noch einmal –, 420 Stellen zu erhalten, abgelehnt. Sie bauen mit diesem Haushalt 420 Stellen bei der Polizei ab.
Die Grünen wollen den Verfassungsschutz halbieren. Dort ha ben Sie 20 Stellen im Haushalt abgebaut, jetzt schaffen Sie wieder 15. Es passt einfach nicht zusammen. Daher unsere tief sitzende Skepsis, ob dieses Programm wirklich nachhal tige Wirkung zeigen wird.
Ich möchte jetzt aber noch folgende Fragen konkret an Sie, Kollege Sckerl, und an Ihre Fraktion stellen – Sie haben vor hin sehr viele Nebelkerzen geworfen –: Halten Sie an Ihrem Ziel fest – auf lange Frist vielleicht –, 50 % oder bis zu 50 % des Personals des Verfassungsschutzes abzubauen, ja oder nein? Zweite Frage: Ist an dieser Geschichte mit der Landes zentrale für politische Bildung, die wir gelesen haben, etwas dran oder nicht? Wollen Sie, wenn Sie die Gefährderanspra che – welcher Art auch immer – vom Verfassungsschutz zur Landeszentrale für politische Bildung verlagern wollen, auch Stellen mitverlagern?
Ich meine die Grünen. Dass ihr das nicht wollt, ist mir schon klar. Sie, die Grünen, wollen Sie das, oder wollen Sie das nicht?
Diese Fragen – ich bin sofort fertig, Herr Präsident; danke – möchten wir gern beantwortet bekommen.
Diese Frage werden wir Ihnen so lange stellen, bis wir von Ihnen eine Antwort darauf be kommen. Wollen Sie den Verfassungsschutz schwächen, da mit Sie Ihrer Klientel sagen können: „Schaut, wir haben den Verfassungsschutz abgebaut“?