Herr Präsident, herzlichen Dank. Die Fragen waren nicht an mich gestellt. – Ich will aus drücklich etwas korrigieren bzw. dem massiv widersprechen, was der Kollege Blenke jetzt zum wiederholten Mal hier be hauptet hat, nämlich dass im Doppelhaushalt 2015/2016 446 Stellen in dem angesprochenen Bereich abgebaut würden. Das entspricht nicht dem, was im Haushalt veranschlagt ist. Das sind k.w.-Stellen, die Sie geschaffen haben, die wir – wenn man so will – überbordend an Bord haben, um die Altersab gänge in den kommenden Jahren bis 2020 entsprechend auf fangen zu können. Es ist überhaupt nicht die Rede davon, dass diese Stellen im Haushalt 2015/2016 gestrichen werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Die Abschaffung von 50 % der Stellen im Verfassungsschutz hat meine Fraktion nie gefor dert. Zeigen Sie mir den Antrag! Es gab eine Diskussion, Herr Blenke – das wissen Sie –, bei der es um die Frage ging: Bleibt alles in Stuttgart, oder werden Aufgaben nach Berlin abgege ben, und, wenn ja, wie viel geht nach Berlin? Das war in der Phase, in der über die Neuorganisation und Neuaufstellung des Landesamts diskutiert worden ist. In diesem Zusammen hang, unter Ausschöpfung aller Möglichkeiten, hätten wir uns vorstellen können, dass Stellen entbehrlich werden, aber nie mals für den Preis der Einbuße von Sicherheit, der Effizienz des Amtes und der Vernachlässigung seiner Kernaufgaben. Das stand niemals zur Diskussion. Wir haben in jeder Debat te ein klares Bekenntnis zum Verfassungsschutz abgelegt, und das gilt auch für den heutigen Tag und für die Zukunft.
Wir stehen ebenso klar zu diesem Programm, das eine Stär kung des Amtes in der Abteilung 2 und in der anschließenden Observation bedeutet. Bei allem anderen müssen Sie endlich einmal bereit sein, auch differenzierte Überlegungen zur Kenntnis zu nehmen. Der Minister hat – nicht gestern – im letzten Jahr eine Organisationsuntersuchung gemacht. Da geht es jetzt um das, was der Kollege Schmiedel – zu Recht – mit „Hausmeisterstellen“ meint. Bei der Einsparmöglichkeit von 20 Stellen, die bei dieser Organisationsuntersuchung heraus gekommen ist, geht es nicht um sicherheitsrelevante Stellen, die Kernaufgaben des Landesamts betreffen würden, wenn sie
denn wegfielen, sondern es geht um sonstige Stellen im Or ganisationsbereich des Amtes. Deswegen der Begriff „Haus meisterstellen“.
Deswegen ist beides möglich: die Stärkung der Sicherheit dort, wo dies jetzt nötig ist, sowie die Fortsetzung der Reform und die Schaffung von Synergieeffekten. Beides ist möglich. Dazu stehen wir.
Wir sollten uns in der heutigen Zeit hüten, solche – ich nen ne es einmal so – Mäkeldiskussionen zu führen. Sagen Sie doch: „Es ist ein gutes Programm.“ Es geht Ihnen nicht weit genug – das habe ich nicht anders erwartet –, aber einfach Stellen auf Probleme draufzusetzen wird uns nicht weiterhel fen.
Wir glauben, das Programm ist ziel- und passgenau aufge stellt. Wir bedanken uns noch einmal ausdrücklich beim Mi nisterpräsidenten und bei Minister Gall, die beide die Initia tive dafür ergriffen und das vorangetrieben haben.
Verantwortungsvolle Politik – das zum Schluss –, meine Da men und Herren, wägt alle Optionen ab, kümmert sich darum, dass in solch einer Situation, in der wir leben, die Sicherheits behörden tatsächlich schlagkräftiger werden. Das tun wir. Für Schaugefechte ist kein Platz – nicht bei diesem Thema und erst recht nicht in dieser Zeit, in der wir leben.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Vor einem Jahr woll ten Sie noch 50 % abbauen! Hat das irgendwas mit Wahlen zu tun oder mit Angst? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt blickt doch mal nach vorn und nicht zurück! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Das müsst gerade ihr sagen!)
Lieber Herr Sckerl, ich kann mit ein paar abschließenden Bemerkungen an Ihre Ausfüh rungen anknüpfen. Wir wollen das richtig betrachten, was im Moment geschieht. Aber da darf man noch einmal ganz lapi dar festhalten: Sie haben sich standhaft und bis in die jüngs te Zeit hinein geweigert, Salafismus in Baden-Württemberg zu untersuchen.
(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das ist doch gar nicht wahr!)
Sie haben sich standhaft und bis in die jüngste Zeit hinein ge weigert, dem Verfassungsschutz ein paar Stellen mehr zu ge ben. Da müssen Sie es schon verstehen, wenn wir sagen: Ins gesamt riecht das jetzt mehr nach Aktionismus als nach Über zeugung.
Natürlich ist es besser, man handelt, als dass man gar nicht handelt. Aber es ist schlechter, wenn man nur handelt, weil
man handeln muss, als wenn man handelt, weil man handeln will. Wir haben den Eindruck, Sie handeln als Getriebene.
Deswegen bleibt unser Vertrauen darin, dass der Schutz unse rer Verfassung bei Ihnen in den richtigen Händen ist, schwach ausgeprägt.
Meine Damen und Herren, es lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktu elle Debatte beendet und Punkt 1 der Tagesordnung erledigt.
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Aktuel le Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten festgelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht angerechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Rednerinnen und Redner in der zweiten Runde gilt jeweils ei ne Redezeit von fünf Minuten.
Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Ich möchte mit einem Zitat unseres Alt bundespräsidenten Christian Wulff beginnen:
Damit hat er zwar einen großen Schritt getan, aber letztlich hat er doch nur etwas ausgesprochen, was offenkundig ist: In Deutschland leben ca. vier Millionen Muslime – immerhin 5 % der Bevölkerung –, in Baden-Württemberg sind es 670 000 Muslime, und in unserer Landeshauptstadt sind es rund 10 % der Bevölkerung.
Was steckt hinter diesen Zahlen? Viele Muslime – eine davon bin ich – sind deutsche Staatsbürger und damit Bürgerinnen und Bürger mit sämtlichen Rechten und Pflichten, die unser demokratisches System mit sich bringt. Sie leben in Stuttgart oder Mannheim, aber auch im Schwarzwald oder auf der Schwäbischen Alb. Sie arbeiten bei Bosch, Daimler oder sind Freiberufler. Sie gehen zur Schule, sind aktiv im Sportverein, im Tanzclub, sie zahlen Steuern. Manche praktizieren ihre Re ligion, gehen zum Gebet in die Moschee, andere nicht, so wie auch nicht alle Christen in die Kirche gehen.
Sie leben ihren Glauben mit Traditionen und Festen und mi schen sich in politische Debatten ein. Die Muslime sind also ein Teil unserer Gesellschaft. Was sie brauchen, ist eine klare
Haltung der Mehrheitsgesellschaft, damit sie sich auch tat sächlich dieser Gesellschaft zugehörig fühlen können, damit sie sich mit dieser Gesellschaft und ihren Werten identifizie ren können.
Ein absolut positives Beispiel hierfür hat die Stadt Stuttgart geliefert. Sie wissen: Rund 40 % der Stuttgarter Bevölkerung haben ausländische Wurzeln, bei Kindern und Jugendlichen sind es sogar deutlich mehr. Stuttgart ist seit Mitte des letzten Jahrhunderts als eine weltoffene, tolerante Stadt bekannt, als Musterstadt im Musterländle, eine Stadt, in der Menschen aus 170 Nationen leben, in der über 120 Sprachen gesprochen werden, in der alle Religionen gelebt werden, eine Stadt, die dafür zu Recht mit Integrationspreisen ausgezeichnet wurde.
Dies haben wir auch dem früheren Oberbürgermeister Man fred Rommel zu verdanken, der früh erkannt hat, welches Po tenzial Menschen aus verschiedenen Kulturen mitbringen, und der diese Vielfalt als Bereicherung angesehen und gefördert hat. Deshalb hatten Fremdenfeindlichkeit und Islamfeindlich keit glücklicherweise keine Chance. Das soll auch künftig so bleiben: in Stuttgart, in Baden-Württemberg, in Deutschland.
Die Frage ist jetzt, wie das Verhältnis zwischen der CDU und dem Islam aussieht. Seit rund zehn Jahren erkennen immer wieder einzelne CDU-Politiker, dass der Islam ein Teil Deutsch lands ist.