Protokoll der Sitzung vom 04.03.2015

von der guten Integration der Jugendlichen in den Arbeits markt. Ich kann Ihnen nur sagen, liebe Kolleginnen und Kol legen auf dieser Seite des Hauses: Wenn Sie sich dem an schließen, wenn das Ihre Sichtweise von Baden-Württemberg ist, dann haben Sie sich vom Lebensgefühl der Bürgerinnen und Bürger im Land verabschiedet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wir regieren seit vier Jahren. Die Wirtschaft läuft besser denn je. Das heißt, da machen wir ja wohl auch einiges richtig für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für die Unter nehmen.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Erblast!)

Das Thema Digitalisierung haben wir schon öfter besprochen. Die Digitalisierung ist ein Innovationstreiber und betrifft vie le Aspekte der Landespolitik. Wir etablieren die IT-Sicherheit für kleine und mittlere Unternehmen in Baden-Württemberg als Dienstleistung in einem unserer sehr guten wirtschaftsna hen Forschungsinstitute, dem FZI in Karlsruhe. Im Rahmen der Digitalisierung spielt auch der ökologische Wandel eine Rolle, beispielsweise bei der Smart-Grids-Plattform. Minis ter Nils Schmid gründet jetzt die Allianz Industrie 4.0. Wir be treiben den Breitbandausbau.

Wir gehen in die digitale Zukunft. Sie können es noch so oft kritisieren. Fakt ist: Baden-Württemberg steht viel, viel bes ser da als unser Nachbar im Osten, Bayern. Die Infrastruktur in Baden-Württemberg ist besser als nebenan, und wir bauen sie weiter aus. Deswegen haben wir die Mittel hierfür im Haushalt verdreifacht.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Auch Günther Oettinger, der für diesen Bereich in Brüssel zu ständige Kommissar, hat sich geäußert. Am 21. Februar hat er Stellung genommen. Da lautet die Überschrift der dpa-Mel dung:

Oettinger: Südwesten bei digitaler Infrastruktur gut auf gestellt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE und Abg. Dr. Ste fan Fulst-Blei SPD: Aha! – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Das habt ihr in die Wege geleitet!)

„Unter den deutschen Bundesländern“, sagt Günther Oettin ger, „liegen wir im vorderen Drittel, und“ – weiter Zitat – „in Europa liegt Deutschland im vorderen Drittel.“ Wenn Sie noch einmal kommen und sagen, hier sei es zappenduster, dann ha ben Sie es nicht gehört. Glauben Sie Günther Oettinger. Wir haben einen Stand, den wir noch ausbauen. Aber Baden-Würt temberg ist auch hier vorn dabei.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Haushalt sagen Sie so gern, eine Regierung, die Rekord steuereinnahmen habe, sei auch quasi eine Verschwenderin. Jetzt habe ich einmal nachgeschaut. Ja, wir hatten in den letz

ten Jahren Rekordsteuereinnahmen und auch Rekordausga ben.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: So ist es!)

So ist es auch in vielen privaten Haushalten. Sie können es z. B. bei den Beschäftigten im öffentlichen Dienst nachvoll ziehen. Wenn sie ihren Arbeitsplatz behalten und nicht die Ar beitszeit reduzieren oder so etwas, steigt ja im Allgemeinen jährlich das nominale Einkommen, der nominale Arbeitslohn. So ist es im Allgemeinen auch bei allen staatlichen Ebenen, es sei denn, es herrscht eine große Wirtschaftskrise. Das wis sen Sie in der CDU eigentlich auch, aber wider besseres Wis sen skandalisieren Sie den Begriff der Rekordsteuereinnah men und basteln daraus einen vermeintlichen Skandal.

Jetzt habe ich einmal nachgeschaut, wie oft es in Baden-Würt temberg eigentlich Rekordsteuereinnahmen gab.

(Abg. Winfried Mack CDU: Ich habe das Wort „Re kordsteuereinnahmen“ gar nicht in den Mund genom men! Sie müssen Ihre Rede umschreiben! – Gegen ruf des Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Zuhören, Herr Mack!)

Bei den Haushaltsberatungen, lieber Kollege Winfried Mack, habe ich sehr gut zugehört und habe das sehr oft von Ihren Kollegen gehört, von Ihnen, glaube ich, auch im Ausschuss. Ich glaube, das wissen wir hier im Hohen Haus schon. Herz lichen Dank für Ihr eigenes Gedächtnis in Bezug auf die Ver gangenheit.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Win fried Mack CDU: Wir sind hier in einer Plenardebat te!)

Rekordsteuereinnahmen sind nicht Einnahmen, die lediglich höher als die Einnahmen im Vorjahr sind, sondern Einnah men, die so hoch sind, wie die Einnahmen noch nie zuvor wa ren. Das können Sie auch einfach beim Statistischen Landes amt nachschauen. Das ist eine einfache Tabelle mit Angaben zu den Bruttosteuereinnahmen. Wenn Sie es ganz genau wis sen möchten: Die kassenmäßigen Einnahmen finden Sie beim Finanzministerium. Der Effekt ist derselbe. 1952 bis 2013, das sind 61 Jahre. Raten Sie einmal, wie viele davon Jahre mit Rekordsteuereinnahmen waren.

(Abg. Beate Böhlen GRÜNE: 59!)

49! In 49 von 61 Jahren hatte das Land jeweils so viele Steu ereinnahmen wie nie zuvor. Das entspricht einem Anteil von rund 80 % dieser 61 Jahre. Von den 49 Jahren sind 46 Jahre Regierungsjahre der CDU. Und mit wie vielen Schulden ha ben Sie uns – trotz 46 Jahren Rekordsteuereinnahmen – ei gentlich das Land übergeben? Mit 43,328 Milliarden € Schul den. 46 Jahre Rekordsteuereinnahmen – Ihre Bilanz: 43,328 Milliarden € Schulden.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)

Wer sollte hier „Skandal!“ rufen, Sie oder wir?

(Abg. Claus Schmiedel SPD zur CDU: Wir haben nie den Finanzminister gestellt, das wart immer ihr!)

Wir machen es nicht; wir nehmen es hin, wie es ist. Wir sa nieren den Haushalt ohne weitere Schuldenaufnahme in drei von fünf Jahren der Legislaturperiode, und dabei investieren wir so viel in Bildung und kluge Ideen wie noch nie.

Falls Sie das noch einmal aufbringen – das haben Sie heute noch nicht getan; das ist für die weiteren Zeiten vielleicht auch vorbei –, würden wir dann sagen: Nicht aufgepasst, nicht mit gerechnet – setzen, Sechs! Das können Sie jetzt vermeiden.

Ansonsten führen wir weiter das Land in eine gute Zukunft.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Das Wort für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich dem Kollegen Dr. Rülke.

Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Lob für den Kollegen Schmiedel beginnen: Ein Thema, das Sie an gesprochen haben, haben Sie zu Recht angesprochen, näm lich das Thema „Gezielte Zuwanderung“. Wir brauchen in Ba den-Württemberg und auch auf Bundesebene ein Zuwande rungsgesetz, das sich an den Gegebenheiten und den Bedürf nissen orientiert, die unsere Wirtschaft und unsere Gesell schaft haben.

Gestern hat sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Oppermann in Berlin gewaltig aufgeblasen und erklärt: „Das wird kom men. Das werden wir durchsetzen.“ Herr Kollege Schmiedel, ich bin sehr gespannt, was die SPD auf Bundesebene zustan de bringt.

Jetzt kommen wir zu den anderen Punkten, die Sie am heuti gen Tag hier vorgebracht haben. Das Hohelied auf die Rating agenturen hat mich schon erstaunt. Ich habe noch im Ohr, was während und nach der Weltfinanzkrise über Ratingagenturen gesagt wurde: „Raubtierkapitalismus“, „Wildwest in der Wirt schaft“, „So etwas können wir nicht brauchen“, „Denen muss das Handwerk gelegt werden“. Das alles kam von Ihrer Sei te.

Jetzt plötzlich ist das Urteil von Ratingagenturen das Non plusultra in der Landespolitik. Ein A mehr oder ein A weniger entscheidet über das Schicksal unseres Landes. Dieser Glau be an die Bewertung durch Ratingagenturen aus sozialdemo kratischem Mund – dass ich so etwas noch erleben kann, Herr Kollege Schmiedel – ist schon wirklich interessant.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Dann stellen Sie fest, die Politik der nordrhein-westfälischen Landesregierung habe mittlerweile dazu geführt, dass Nord rhein-Westfalen weniger exportiert als Baden-Württemberg. Dazu kann ich nur sagen: Herzlichen Glückwunsch. Da geht so langsam die giftige Drachensaat der nordrhein-westfäli schen rot-grünen Politik auf. Ich hoffe nur, dass Sie weg sind, bevor das in Baden-Württemberg auch passiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie sind auf dem besten Weg dorthin. Die Gesetze für die Wirtschaft, die Sie in Baden-Württemberg auf den Weg ge bracht haben – ich komme noch darauf zu sprechen –, die Gott sei Dank noch nicht wirken und die hoffentlich nach der Wahl im nächsten Jahr innerhalb der ersten hundert Tage der neuen Regierung wieder aufgehoben werden, sind bestens geeignet, dass auch wir diesen nordrhein-westfälischen Weg gehen, meine Damen und Herren.

Außerdem schmücken Sie sich an unterschiedlichsten Stellen mit fremden Federn. Herr Kollege Schmiedel, wenn es einer Überschrift für Ihre heutige Rede bedurft hätte, dann müsste man sagen: „Häuptling Fremde Feder“.

(Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

So haben Sie heute Ihre Rede gehalten. Sie erklären es bei spielsweise als einen großen Erfolg dieser Landesregierung, dass die Jugendarbeitslosigkeit in Baden-Württemberg nied riger ist als die Jugendarbeitslosigkeit in Bayern. War das frü her anders, meine Damen und Herren? Baden-Württemberg hatte immer schon eine niedrigere Jugendarbeitslosigkeit als Bayern.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Der Kollege Mack hat statistisch nachgewiesen, dass das wie der einmal derselbe Trick ist. Aufgrund saisonaler Einflüsse stehen wir am Anfang des Jahres bei der Arbeitslosigkeit im mer besser da als Bayern. Schauen wir einmal, ob das in drei oder vier Monaten immer noch der Fall ist. Das ist dieselbe Situation.

Das haben Sie geerbt. Das ist die wahre Erblast. Die niedrige Arbeitslosigkeit in Baden-Württemberg verkaufen Sie als „Häuptling Fremde Feder“ als Ihren eigenen Erfolg.

Meine Damen und Herren, in den Bereichen Arbeit und Ex port, in denen Baden-Württemberg gut ist, ist Baden-Würt temberg nicht wegen dieser Landesregierung gut, sondern trotz dieser Landesregierung. Hoffentlich bleibt das so.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Sie tun nämlich alles dafür, dass es schlechter wird: Tarif treuegesetz, Dokumentationspflichten beim Mindestlohn oder dieses giftige Bildungsurlaubsgesetz, das Sie derzeit in Ihrer Giftküche auf dem Feuer haben. Wenn diese Gesetze erst ein mal ihre Wirkung entfalten – all das, was aus der sozialdemo kratischen Küche kommt –, dann gehen wir den nordrheinwestfälischen Weg.

Wenn man Sie so lassen würde, wie Sie wollen, dann würde es noch viel schlimmer. Jede Woche kommt aus Berlin eine neue Idee.