Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Von den Hochschulen, die keine entsprechende Kooperations struktur und kein entsprechendes Umfeld haben, erwarten wir die Entwicklung entsprechender standortbezogener Konzep te. Denn unser Ziel ist es, starke Orte für Lehrerbildung über all dort zu etablieren, wo Lehramtsstudiengänge vorgehalten werden.

Wir sind nach vielen Gesprächen mit den einzelnen Hoch schulen sehr zuversichtlich, dass diese Entwicklung gut vor anschreitet und sehr gute Ergebnisse zeitigen wird. Ich erle be vor Ort viele Menschen, die sich auf den Weg gemacht ha ben, diese Philosophie mit Leben zu erfüllen und sie in neue Strukturen zu hieven.

Deswegen freut es mich sehr, dass es gelungen ist, an zwei Standorten – vier Hochschulen sind derzeit beteiligt – schon jetzt solche Leuchtturmprojekte im Rahmen der „Qualitätsof fensive Lehrerbildung“ des Bundes in eine zusätzliche Förde rung zu bringen. Insgesamt werden dafür 500 Millionen €, über zehn Jahre gestreckt, vonseiten des Bundes zur Verfü gung gestellt. Zwei Projekte aus Baden-Württemberg haben sich in der ersten Runde durchgesetzt. Das freut mich sehr, und ich gratuliere ihnen sehr. Das ist ein Zeichen dafür, dass enorm viel gearbeitet wurde. Denn die Papiere hat nicht das Ministerium geschrieben. Die Papiere sind vor Ort entstan den, durch die Menschen, die da Verantwortung tragen, die dieses Projekt zum Erfolg führen wollen. Sie haben sich in ei ner harten Konkurrenz durchgesetzt. Es sind über 80 Anträge eingegangen. In der ersten Runde sind bundesweit nur 19 aus gewählt worden. Das zeigt, mit welcher Expertise und wel cher Begeisterung die Standorte aktiv sind und innovative und ambitionierte neue Pläne vorlegen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich weiß, dass aus Baden-Württemberg viel mehr Anträge ein gereicht wurden, die auch von hoher Qualität sind. Deswegen bin ich guter Hoffnung, dass Baden-Württemberg in der zwei ten Auswahlrunde, die der Bund im Juli vornehmen wird – bis Juni sind die Anträge einzureichen, im September wird die Auswahl getroffen sein –, mit weiteren Vorhaben erfolgreich sein wird.

Es gab eben die Frage, ob wir vonseiten des Landes nur ap plaudieren, wenn Projekte erfolgreich sind. Das ist selbstver ständlich nicht der Fall. Obwohl wir die Reform so aufgesetzt haben, dass sie kostenneutral wirksam werden und umgesetzt werden kann, ist mir schon klar, dass jeder Veränderungspro zess auch Ressourcen braucht. Wenn wir starke Orte für Leh rerbildung aufbauen wollen, müssen wir schon etwas dafür tun. Deswegen werden wir vonseiten des Landes diesen Um bauprozess gerade in der Anfangsphase noch einmal eigens unterstützen. Wir haben eine eigene Landesausschreibung in Vorbereitung, die sehr zeitnah starten wird.

Es war vonseiten des Bundes nicht vorgesehen, diese erste Auswahlrunde in zwei Tranchen zu machen. Das ist nicht sehr angenehm für die Beteiligten, auch nicht angenehm für unse re Ausschreibung. Wir können es nicht ändern. Es ist auch vorher nicht so angekündigt worden. Wir nehmen das jetzt so zur Kenntnis. Wir werden aber daran festhalten, dass unsere eigene Ausschreibung jetzt zeitnah erfolgt. Wir werden mit der Förderlinie für die Unterstützung der Reform der Lehrer bildung 15 Millionen € in die Hand nehmen und baden-würt tembergische Standorte unterstützen.

Deshalb, Frau Kurtz, können Sie ganz sicher sein: Wir haben die ambitionierten Projekte und Vorhaben genau im Blick, und wir werden im möglichen Umfang unterstützen. Aber wir wer den neue Qualität unterstützen und nicht einfach die Fortset zung des Bestands.

Ich möchte zum Schluss kommen und Sie alle an Folgendes erinnern: Einige von Ihnen waren zusammen mit uns in Finn land. Wir haben in Finnland miteinander erlebt, welches Pres tige der Lehrerberuf in Finnland hat, wie klar es dort ist, dass die besten Schülerinnen und Schüler Lehrer werden wollen, weil sie und die gesamte Gesellschaft davon überzeugt sind, dass das ein für die gesamte Gesellschaft wichtiger Beruf ist.

Das muss das Signal unserer Maßnahmen und unserer Reform der Lehrerbildung sein: Wir wollen beste Ausbildung gewähr leisten. Wir wollen starke Orte dafür hier im Land etablieren, und wir wollen mit unseren Maßnahmen – auch unserer För derlinie – dazu beitragen, den Lehrerberuf in unserem Land künftig noch attraktiver zu machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke der Präsidentin)

Frau Ministerin, gestat ten Sie zum Abschluss noch eine Nachfrage des Abg. Dr. Bullinger?

Meine Redezeit ist abgelaufen. Wenn Sie mit helfen, dass danach nicht alle Fraktionen zusätzliche Redezeit bekommen.

Die Debatte wird dadurch nicht verlängert, und die Fraktionen erhalten keine zusätzli che Redezeit.

Frau Ministerin, auch ich war beeindruckt, wie die Ausbildung – –

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU)

Das macht sie auch. – Entschuldigung, Kollege Dr. Bullinger hat das Wort. Bitte schön.

Auch ich war be eindruckt und habe damals vor allem eines gut gefunden: bei der Auswahl der einzelnen Bewerber für den Lehrerberuf nicht nur die Note zu berücksichtigen, sondern auch die tatsächli che Eignung, z. B. die Menschlichkeit, die Fähigkeit, mit Menschen umzugehen, und von Anfang an Wert auf eine pra xisorientierte Ausbildung auch in den Schulen zu legen, weg von der rein theoretischen und halb gemischten Ausbildung. Ist das bei Ihren Modellen, die Sie gerade genannt haben, ent sprechend berücksichtigt worden?

Ich habe in der Tat große Sympathie für das am bitionierte Auswahlverfahren in Finnland, das im deutschen Rahmen nicht einfach umzusetzen ist. Wir haben eine recht liche Situation, die uns das nicht einfach macht. Wir wollen aber alles dafür tun, die Hochschulen, die für sich ein solches Auswahlverfahren entwickeln wollen, dabei zu unterstützen. Denn die Verbindung aus hohen Leistungsansprüchen und ei ner Bereitschaft, die Persönlichkeit, ihre Motivation, ihre Be geisterung für den Umgang mit Kindern mit in den Blick zu nehmen, ist in der Tat beeindruckend. Ich werde alles dafür tun, was im deutschen rechtlichen Rahmen machbar ist, zu unterstützen, dieses aufzusetzen. Aber vorsichtshalber muss ich Ihnen sagen, es ist nicht ohne dieses zu machen.

Zum Zweiten müssen wir bei allen Reformschritten, die wir umsetzen, ein enges Korsett an Rahmenvorgaben berücksich tigen, was die KMK-Richtlinien angeht, die sogenannten Qued linburger Beschlüsse, um die prominentesten zu nennen. Wir müssen dafür sorgen – das ist auch richtig –, dass die Ausbil

dung in Baden-Württemberg in jeder Hinsicht anschlussfähig an die in anderen Bundesländern ist. Wir haben uns darauf verständigt, nur das zu tun, was im Rahmen dieser KMK-Be schlüsse machbar ist.

Auch damit haben wir in den letzten Monaten viel Mühe ge habt, weil der Rahmen sehr eng geschneidert ist. Ich würde mir auch manchmal, z. B. bei der Verzahnung von Theorie und Praxis, eine größere Experimentierfreude wünschen, mehr Freiräume, unterschiedliche Wege zu gehen. Aber da kann ich Ihnen sagen: Wir mussten uns am Ende darauf einlassen, dass wir die Quedlinburger Beschlüsse, die KMK-Rahmenvorga ben, derzeit einfach respektieren müssen. Wir müssen gemein sam bundesweit dafür sorgen, dass das Korsett etwas gewei tet wird, um innovative Ansätze weiterverfolgen zu können. Alle haben darunter gelitten, weil sie auch gute, sinnvolle Ideen hatten, die aber nicht in diesen Rahmen passten. Trotzdem ist es richtig, dies zu respektieren, weil wir die Anschlussfähig keit sichern müssen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Meine Damen und Her ren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Große Anfrage besprochen und Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Eu ropa und Internationales zu der Mitteilung der Landesre gierung vom 20. Januar 2015 – Bericht über aktuelle eu ropapolitische Themen – Drucksachen 15/6363, 15/6381

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Dr. Reinhart das Wort.

Frau Präsidentin, ver ehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, wir hatten auch bei den verschiedenen Beiträgen der letzten zwei Tage gese hen und gehört, dass bei vielen entscheidenden Zukunftsthe men die europäische Ebene immer häufiger betroffen ist. In soweit ist es gut, dass wir pro Quartal und nicht mehr wie frü her alljährlich einen Bericht über aktuelle europapolitische Themen bekommen und besprechen. Es gibt neue Entwick lungen, die uns sicherlich immer wieder begegnen. Ich nen ne z. B. die Digitalisierung der Wirtschaft oder TTIP, das wir gestern debattiert haben; die Themenvielfalt reicht bis zur Mi gration in Europa, die uns zunehmend betrifft. Damit ist auch Europa gefordert, wichtige Rahmenbedingungen zu setzen.

Der Europabericht geht auf diese Themen ein. Gerade die Di gitalisierung ist eine enorme Herausforderung, aber auch ei ne enorme Chance. Wir können uns sicherlich glücklich schät zen, mit Günther Oettinger einen Baden-Württemberger als Kommissar für dieses zentrale Ressort zu haben. Denn das be trifft ein Stück Zukunftsfähigkeit für Europa und damit auch für Baden-Württemberg.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Die Kommission wird ihre Vorstellungen für einen digitalen Binnenmarkt vorlegen, und es gilt jetzt, die Vorstellungen und Anliegen auch seitens der Landesregierung rasch einzubrin gen.

Auch das Thema Industrie 4.0 betrifft nicht nur uns im Land, sondern hat unter dem Aspekt „Welche Standards brauchen wir in diesem Zusammenhang?“ eine europäische Dimensi on.

Zur Infrastruktur bekommen wir jetzt von der neuen Kommis sion eine EU-Investitionsoffensive. Juncker hat ein 315-Milli arden-€-Paket auf den Weg gebracht, wobei der EU-Anteil mit den 21 Milliarden €, die von der EIB und der Kommission – teilweise durch Umwidmung – kommen, natürlich 15-fach ge hebelt werden muss. Für uns wird es jetzt darum gehen, da bei zu sein und das Ganze sozusagen auch auf den flächende ckenden Ausbau herunterzubrechen – das will auch der Bund, siehe Koalitionsvereinbarung Europa – und damit auch im Land den flächendeckenden Breitbandausbau kongruent vor anzubringen. Denn gerade im ländlichen Raum haben wir noch eine gewaltige Unterversorgung. Es geht nicht nur um 30 oder 50 Mbit/s. Beispielsweise sagt der Chef der Telekom: Wir werden in einigen Jahren über 250 und 300 Mbit/s spre chen, was jetzt schon technisch möglich ist. Wir dürfen das Land nicht abhängen.

Wichtig ist auch, dass viele Richtlinien und Verordnungen überprüft werden. Es ist angekündigt, auf der Grundlage des sogenannten REFIT-Programms Verordnungen zu evaluieren; dazu gehört z. B. auch die Verordnung zur Reduzierung von CO2-Emissionen leichter Nutzfahrzeuge. Das ist ein Thema, das uns hier im Land besonders betrifft; es hat Auswirkungen auch auf die heimischen Hersteller und Zulieferer.

Ich nenne daneben auch die FFH-Richtlinie, bei der eine un verhältnismäßige Bürokratie beklagt wird. Sicherlich wird man im Rahmen der Evaluierung auch an diese Problematik herangehen müssen; dies hat die Kommission auch angekün digt.

Natürlich geht es auch darum, Bestrebungen zur Verringerung von Auflagen kritisch zu prüfen; ich verweise hier etwa auf den Erhalt der Meisterpflicht, die Anerkennung der dualen Ausbildung. All das sind wichtige Standortthemen für dieses Land, und wir sagen: Es ist wichtig, dass wir in Brüssel, in Europa für dieses Modell werben und dass wir dafür eintre ten, dass die Qualität der Meisterausbildung nicht abgesenkt wird. Diese ist nämlich ein ganz wichtiger Punkt in Bezug auf die Qualität, auch für das Handwerk im Land.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wenn wir im Bereich der Asyl- und Flüchtlingspolitik die ak tuellen Zahlen betrachten, dann sehen wir, wie wichtig es ist, dass wir frühzeitig Vorschläge einbringen. Wir wollen eine gerechtere Verteilung der Flüchtlinge. Denn es geht hier auch um den Kampf gegen irreguläre und illegale Migration sowie gegen Menschenschmuggel. Das wollen wir nicht. Hier muss man ehrlich mit den Menschen umgehen und sagen: Eine stär kere europäische Koordination verhindert, dass Menschen in die Fänge von Kriminellen geraten, meine Damen und Her ren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Dies betrifft übrigens auch den wachsenden Zustrom von Menschen aus dem westlichen Balkan. Hierüber haben wir vorhin gerade mit dem Innenminister debattiert.

Natürlich gibt die Kommission auch Empfehlungen zur Ver kürzung von Asylverfahren, z. B. gerade bei den fünf visum freien Staaten des westlichen Balkans; zudem bestehen Über legungen hinsichtlich Rückkehrhilfen zur Vermeidung finan zieller Anreize.

Es geht darum, zu prüfen, welche Kommissionsempfehlun gen umgesetzt werden können. Wichtig ist auch ein weiterer Aufbau, um ein fortgesetztes Ausbluten der Bevölkerung vor Ort und eine weitere Steigerung der Flüchtlingszahlen zu ver hindern. Uns geht es darum, Stabilität und Wohlstand vor Ort zu erreichen, dies jedoch eher durch Hilfe zur Selbsthilfe. Die Angel geben und nicht den Fisch – ich glaube, das ist der rich tige Weg. Zudem müssen die Menschen vor Ort, wenn ein Weg über das Asylverfahren aussichtslos ist, auch darüber in formiert werden. Man sollte die Menschen dort vor falschen Hoffnungen bewahren.

Meine Damen und Herren, im Europabericht sind weitere wichtige europapolitische Themen angesprochen worden. Ich will abschließend nur noch zwei, drei Themen kursorisch an sprechen:

Ich darf die Landesregierung ermuntern: Auf der Bundesebe ne wird erneut über das EUZBLG – das ist das Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenhei ten der Europäischen Union – debattiert. Dieses Vorhaben ver fiel beim letzten Mal der Diskontinuität. Wir ermuntern Sie, hier die Rechte der Länder zu vertreten und zu stärken. Ich spreche dabei, denke ich, im Sinne aller vier Fraktionen. Denn es geht hier um unsere Rechte, verehrte Kolleginnen und Kol legen.

Ein Weiteres – dies nur am Rande –: Der Ausschuss der Regi onen wurde jetzt wieder neu aufgestellt und besetzt. Deutsch land hat auch weiterhin nur 24 Sitze; Baden-Württemberg kommt mit seinen 11 Millionen Einwohnern lediglich ein Sitz zu; Malta mit 400 000 Einwohnern hingegen hat fünf Sitze. Wir sind hier – auch das will ich wiederholen – unterreprä sentiert, und wir sollten dies auch immer wieder thematisie ren. Auch hier stehen wir genauso an der Seite derer, die mit dabei sind.

Meine Damen und Herren, auch die internationale Zusam menarbeit – seien es die IBK, die Vier Motoren, die Gemisch ten Kommissionen, die Donauraumstrategie – ist unser ge meinsames Interesse. Bitte lassen Sie hier nicht nach! Auch bei der Alpenregion unterstützen wir die sich nun formieren de neue Zusammenarbeit über die grenzüberschreitenden Ko operationen hinweg.

Insgesamt, denke ich, zeigt der Bericht, auch wenn er schon einige Wochen alt ist, dass wir in Europa immer mehr wich tige Themen haben, Querschnittsthemen,

(Glocke der Präsidentin)