Protokoll der Sitzung vom 12.03.2015

Bedauerlich ist vor allem, dass Grün-Rot sich nicht dazu durchringen konnte, die von der FDP/DVP-Landtagsfraktion seinerzeit beantragten 25 Millionen € zusätzlich in die Sprach förderung zu investieren. Die Regierungsfraktionen haben die von der FDP/DVP abgelehnte Erhöhung der Grunderwerb steuer damit begründet, in die frühkindliche Bildung und Be treuung investieren zu wollen.

(Zuruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE)

25 Millionen € aus den Einnahmen wollten Grüne und SPD dann aber für die Wohnungsbauförderung ausgeben. Ein frü herer Beginn und ein qualitativer Ausbau der Sprachförderung wären aus Sicht der FDP/DVP weitaus besser gewesen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Vonseiten der FDP/DVP-Fraktion möchte ich an dieser Stel le ein weiteres Mal anmahnen: Vergesst die Tageseltern nicht! Unser Ziel ist es, dass die Betreuung bei einer Tagesmutter oder einem Tagesvater als gleichwertige Betreuungsform an erkannt wird. Gleichwertig heißt auch: gleiche Wettbewerbs bedingungen für die Tageseltern wie für die institutionellen Kitas, sodass die Eltern eine echte Wahlfreiheit haben.

Das 50-Millionen-€-Sonderprogramm für Investitionen ist für den Ausbau von Kita-Plätzen gedacht und versteht sich auch als Ausgleich für die verringerten Zuweisungen des Landes an die Kommunen aufgrund der Umstellung auf die 68-%-Be triebskostenfinanzierung. Genau diese Umstellung hat aber zu Kürzungen von freiwilligen Leistungen an die Tagesmütter geführt, weshalb es nur recht und billig wäre, die Tageseltern fairerweise an dem 50-Millionen-€-Programm zu beteiligen.

Offen ist ferner, wie viel Geld aus der jüngst beschlossenen Aufstockung des Bundes auf 1 Milliarde € in den Ausbau der Kindertagesbetreuung in Baden-Württemberg fließt. Sind es 100 Millionen €? Offen ist auch, wie hoch der Anteil der Kin dertagespflege sein soll. Das zu wissen wäre aber wichtig. Denn auch bei den Tageseltern sind schließlich Investitionen zu tätigen.

Wenn wenigstens die schon das letzte Mal von mir gestellten Fragen heute beantwortet würden, wäre bei dieser Debatte doch noch etwas herausgekommen. Das würde nicht nur Eva freuen, sondern auch Timm.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Für die Landesregierung erteile ich Frau Staatssekretärin von Wartenberg das Wort.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sie machen Timm eine Freude!)

Ich überlege ge rade, lieber Herr Kern: Soll ich Sie nach Ihren vorherigen Äu ßerungen jetzt mit „lieber Genosse Kern“ ansprechen?

(Heiterkeit)

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kolle gen! Ja, für uns haben Kinder und Familien Vorfahrt, und das belegen wir. Das belegen wir qualitativ, das belegen wir mit den entsprechenden Mitteln, und wir führen es nicht nur als Wort im Mund, sondern wir haben für diese Vorfahrt einiges getan. Das werde ich im Folgenden noch einmal belegen.

Sie alle wussten schon in der Vergangenheit, dass BadenWürttemberg wie auch alle anderen Länder einen Ausbau der Kinderbetreuung notwendig gehabt hätte. Wenn wir uns das Kinderförderungsgesetz anschauen, das wir heute gemeinsam bewerten, dürfen wir feststellen, dass im Jahr 2008 gerade ein mal für 13,6 % der unter Dreijährigen Betreuungsplätze zur Verfügung standen, aber 68 % der Frauen berufstätig waren. Sie haben gesagt: „Familien sind wichtig, sind uns etwas wert“, aber getan wurde in diesem Bereich nicht viel.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aber nichts ge schafft! Entwicklungsland!)

Dann standen wir vor der Herausforderung, den erforderli chen Ausbau stemmen zu müssen. Das wollten wir; das ha ben wir geleistet.

Wenn Sie jetzt von Qualität reden, kann man nur sagen: Die heutigen Fachkräfte, mit denen diese gute Relation, von der wir von den Vorrednern gehört haben, nämlich rechnerisch 2,9 Kinder auf eine ausgebildete Fachkraft, erreicht wird, ha ben nicht Sie ausgebildet. In einem Riesenkraftakt haben wir seit Regierungsantritt ein Ausbauprogramm aufgelegt, das uns von allen anderen Bundesländern unterscheidet.

Sie haben uns ein Delta von ca. 12 000 bis 14 000 Fachkräf ten, die in diesem Bereich fehlen, hinterlassen. Das bauen wir

kontinuierlich ab. Das bauen wir mit der praxisintegrierten Ausbildung ab. Jawohl, das ist eine Antwort. Die praxisinte grierte Ausbildung als dualisierte Ausbildung hat uns mehr Menschen zugeführt, die sich jetzt in der Lage sehen, eine Ausbildung zu absolvieren. Sie hat uns Menschen zugeführt, die eine Erstausbildung absolviert haben. Sie hat uns Men schen zugeführt, die von der Qualifikation her – 50 % brin gen eine Hochschulzugangsberechtigung mit – viele grundle gende Voraussetzungen mitbringen. Damit können wir sagen: Mit Abschluss dieser Ausbildung haben wir Qualität in der Einrichtung. So viel zum ersten Punkt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Das habe ich gar nicht be stritten!)

Zweitens: Ich habe am 1. März 2013 mein Amt angetreten und bereits im Mai einen Ministerratsbeschluss herbeigeführt, der da lautete: Wir lassen unsere beruflichen Schulen nach den Bedingungen der Bundesagentur zertifizieren.

So viel zur Fragestellung, die Sie in den Raum gestellt haben, was wir denn tun würden. Damit ist den Menschen, die wie der einsteigen wollten und denen es vorher nicht möglich ge wesen wäre, in diesem Bereich Fuß zu fassen, nun doch der Einstieg möglich. Menschen, die sich vielleicht über Jahre in einer Einrichtung engagiert und qualifiziert eingebracht ha ben, aber keine abgeschlossene Ausbildung vorzuweisen hat ten, ist es jetzt möglich, an unseren öffentlichen beruflichen Schulen mit der Zertifizierung einen Bildungsgutschein ein zulösen und eine qualifizierte Ausbildung zu absolvieren. Da mit haben wir Qualität in den Einrichtungen.

Wenn das Land jährlich 10 Millionen € an die Träger zur Qua litätssicherung, zur Fortbildung weitergibt und wenn wir selbst große Kongresse zur Qualität und zur Fortbildung durchfüh ren, dann können Sie denjenigen, die in der Einrichtung be schäftigt sind, nicht hinterherrufen, keine oder mangelnde Qualität zu haben,

(Abg. Tobias Wald CDU: Habe ich nicht!)

sondern wir tun etwas für Qualität, und wir tun wesentlich mehr dafür, als die Vorgängerregierung getan hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Wenn es mehr Erzieherin nen gibt! Das ist doch logisch!)

Uns ist der Durchbruch beim Ausbau der Plätze gelungen. Dieser Ausbau, dieser Durchbruch war notwendig, um jedem jungen Menschen hier im Land klarzumachen – hoffentlich Männern wie Frauen gleichermaßen –: Wenn du eine Familie gründen willst – Familie ist Ihnen und uns wichtig –, hat Fa milie Vorfahrt. Wir schaffen Rahmenbedingungen, dass du Fa milie und Beruf miteinander vereinbaren kannst.

Wenn wir den Kinderförderungsbericht genau lesen, wissen wir, dass wir Qualität haben.

Zu Ihrer Frage, was denn mit dem Bereich der Inklusion ist: Sie haben als Opposition erfreulicherweise der Erweiterung des Fachkräftekatalogs in § 7 des Kinderbetreuungsgesetzes zugestimmt – erfreulicherweise! Mit dieser Erweiterung ge hen wir einen ersten Schritt, dass Inklusion in den Einrichtun

gen möglich ist. Denn wir ermöglichen der Ergotherapeutin, der Logopädin, der Krankengymnastin, der Hebamme, der Kinderkrankenschwester, in der Einrichtung tätig zu sein. Und stellen Sie sich vor: Das wird tatsächlich praktiziert. Stellen Sie sich vor: Wir haben tatsächlich gelingende Inklusionsmo delle.

(Abg. Tobias Wald CDU: Einverstanden! Aber nicht flächendeckend!)

Die Kehrseite ist, Herr Wald – das müssen Sie auch zur Kennt nis nehmen –: Ich kann keine Fachkräfte aus dem Hut zau bern; niemand hier kann das. Wir müssen sie gewinnen für die Ausbildung, für die Qualifikation; wir müssen sie ausbilden. Das ist ein Prozess.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Sie müssen sie nicht ausbilden, Sie müssen das bezahlen!)

Ich verstehe mein Amt als Staatssekretärin so, dass ich red lich argumentiere. Ich verspreche in der Öffentlichkeit nie mandem etwas, was nicht haltbar ist.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Es wäre nicht haltbar, zu behaupten, wir könnten jetzt in ei nem ersten Schritt in jeder Einrichtung Inklusion verwirkli chen. Diese Fachkräfte haben wir nicht.

(Abg. Tobias Wald CDU: Logisch! Das geht ja nicht! Aber Sie brauchen ein Konzept!)

Insofern ist die Frage so, wie Sie sie gestellt haben, weder ziel führend noch redlich.

(Abg. Tobias Wald CDU: Frau Kollegin, Sie brauchen ein Konzept! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir haben ein Konzept! Sie haben nicht zuge hört!)

Wir haben ein Konzept. Natürlich haben wir ein Konzept für die frühkindliche Bildung.

(Zuruf von der CDU: Wo denn? – Abg. Tobias Wald CDU: Und für die Inklusion in der frühkindlichen Bildung? Da gibt es kein Konzept! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Aber sie hat es doch ge rade erklärt!)

Ich habe Ihnen gerade erklärt, dass ein erster Schritt – und wir reden von Schritten in der frühkindlichen Bildung – – Sie haben uns in diesem Bereich Chaos hinterlassen; Sie haben nämlich kein Konzept gehabt. Wir haben einen ersten Schritt in der Umsetzung getan, indem wir den Fachkräftekatalog er weitert haben.

Wenn in Ihren Ausführungen heute unterschwellig zum Aus druck kommen soll, dass die Fachkräftezusammensetzung vielleicht nicht qualitätsvoll wäre, dann ist das ein Schlag ins Gesicht derjenigen Teams, die sich als multiprofessionelle Teams entwickelt haben. Wir haben gemeinsam verabredet, dass wir dies evaluieren lassen. Diese Evaluation ist jetzt schon in einem zweiten Schritt erfolgt, und es zeigt sich: Die se Teams sind erfolgreich.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Aber es geht nicht nur um die Zusammensetzung der Teams, sondern auch um die Frage: Ab welchem Zeitpunkt fangen wir an, Kinder zu fördern? Wir fangen schon im U-3-Bereich an, Kinder zu fördern. Deshalb ist das eine Garantie für die Eltern, die ihre Kinder abgeben. Wenn sie ihr Kind abgeben, dann geben sie es in eine qualitätsvolle Einrichtung, egal, ob das eine Krippe oder eine Tagespflegeeinrichtung ist.

Vielleicht ist es nun ein Déjà-vu-Erlebnis für Sie; denn ich ha be dies bereits im vergangenen Dezember ausgeführt: Die Ta gespflege in Baden-Württemberg hat deutschlandweit ein Al leinstellungsmerkmal. Wir haben an einem runden Tisch „Ta gespflege“ vereinbart, dass wir eine Fachbegleitung imple mentieren. Diese ist bereits implementiert – Fachbegleitung, 90 bis 130 Tagespflegeeinheiten auf eine Fachbegleitungs kraft. Das hat kein anderes Bundesland; das haben wir verab redet.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Wir haben an dem runden Tisch „Tagespflege“ auch gemein sam mit Städtetag, Gemeindetag und Landkreistag verabre det, dass wir die Beiträge harmonisieren, und wir sind dabei auf gutem Weg. Wir tun dies in der Partnerschaft. Es war auch die richtige Ausgangsvoraussetzung für den Pakt für Famili en, diesen in der Partnerschaft mit den kommunalen Landes verbänden, mit den Trägern umzusetzen. Das Gleiche machen wir in der Tagespflege mit dem Verband der Tagespflegeel tern, mit den kommunalen Landesverbänden, und wir sind auch dabei auf einem guten Weg.

Wenn Sie, lieber Herr Dr. Kern, nach den 50 Millionen € fra gen und sagen, dies sei noch einmal ein entscheidender Schritt für den Ausbau und sei daher sicherlich vonnöten, so sage ich: Ja, das ist dringend vonnöten. Denn die Eltern wollen einen weiteren Ausbau. Sie fragen die Plätze dringend nach; ja.