Der Erfolg oder Misserfolg der Bildungskarriere entscheidet über die gesellschaftliche Teilhabe. Er entscheidet darüber, ob jemand später ein selbstbestimmtes Leben führen kann oder nicht. Genau darum geht es.
(Abg. Tobias Wald CDU: Sehr gut! Das sehe ich ge nauso! Aber wo ist der Orientierungsplan? Ich hoffe, Sie kommen noch darauf!)
Die Kitas und auch die Kindertagespflege – eine sehr famili ennahe, familienfreundliche, flexible Betreuungsform, die sehr gut abgeschnitten hat – leisten einen wesentlichen Beitrag zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Diese Einrichtungen übernehmen für unsere Gesellschaft ganz wesentliche Aufgaben, weil sie Kinder altersgerecht fördern. Sie leisten einen wesentlichen Beitrag, um soziale Unterschie de auszugleichen, um Kinder in ihrer Entwicklung zu fördern und dafür zu sorgen, dass die Kinder später gleiche oder bes sere Chancen haben, ihr Leben selbst zu bestimmen. Genau
Es ist richtig: Auch wir wollen die Familie nicht aus ihrer Ver antwortung entlassen. Allerdings ist doch Fakt, dass es heute – ob wir wollen oder nicht – genügend Familien gibt, die ih re Kinder nicht so fördern können, wie sie es gern würden.
Es ist die Aufgabe der Politik, die Rahmenbedingungen zu schaffen, damit jedes Kind, egal, welcher Kultur, welcher so zialen Herkunft, die bestmöglichen Bildungschancen bekommt, um später ein selbstbestimmtes Leben führen zu können.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Da haben wir überhaupt keinen Dissens, Frau Kollegin!)
Deshalb haben wir dieses Geld investiert. Die Studien bele gen, dass jeder Euro, der in die frühkindliche Bildung inves tiert wird, eine richtige und wichtige Investition ist. Er ist ei ne Investition in die Zukunft der Kinder,
aber auch in unsere Gesellschaft. Deshalb stehen wir zu die sen Ausgaben. Sie hingegen haben in jeder Debatte behaup tet, wir würden den Haushalt aufblähen. Mit Investitionen von 800 Millionen € im Gegensatz zu 110 Millionen € in Ihrer Re gierungszeit haben wir natürlich höhere Ausgaben. Aber wir stehen zu diesen Ausgaben, weil sie wichtig und richtig sind. Es sind Investitionen in die Zukunft.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Und der Orientierungs plan?)
Diese Investitionen sind wichtig, weil wir damit zum einen mehr Bildungsgerechtigkeit schaffen und zum anderen auch den Familien helfen, Familie und Beruf zu vereinbaren. Wir haben die Kommunen mit diesen Mitteln überhaupt erst in die Lage versetzt, ihren Aufgaben gerecht zu werden.
Vor allem im Interesse der Kinder, aber auch im Interesse der Gesamtgesellschaft sollten wir alle daran interessiert sein, un sere Spitzenposition in der Betreuungsqualität zu halten und weiter auszubauen. Die nächsten Schritte, die anstehen, sind folgende: Wir werden den Ausbau fortsetzen. Wie bisher muss jeder Platz, der neu geschaffen wird, von sehr guter Qualität sein. Wir müssen die Kitas zu Familienzentren weiterentwi ckeln. Wir müssen die Sprachförderung weiter ausbauen und auf die unter Dreijährigen erweitern. Ab dem ersten Besuch einer Einrichtung, egal, ob in der Tagespflege oder in der Ki ta, muss ein solches Angebot bestehen.
Ich bin mir ganz sicher, dass wir diese Herkulesaufgabe, die für den Wohlstand unserer Gesellschaft extrem wichtig ist, ge meinsam mit den Kommunen gut bewerkstelligen können, gut meistern können. Ich würde Ihnen, der Opposition, empfeh
len, sich mit uns darüber zu freuen, dass wir bei diesem wich tigen Thema nachgewiesenermaßen bundesweit spitze sind, und endlich mitzumachen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Tobias Wald CDU: Und der Orientierungs plan? Kein Wort zum Orientierungsplan! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Nicht alles schlecht reden! Wir sind spitze! – Gegenruf des Abg. Tobias Wald CDU: Das habe ich doch gar nicht gemacht! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Doch! – Gegenruf des Abg. Tobias Wald CDU: Habe ich was schlechtgeredet? – Gegenruf des Abg. Claus Schmie del SPD: Sie haben nur schlechtgeredet! – Gegenruf des Abg. Tobias Wald CDU: Herr Kollege, zum Ori entierungsplan kam kein Wort! – Gegenruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Zweite Runde!)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Wenn die am 27. März 2011 gebore ne Eva dereinst in der Schule ein Referat über das Thema „Kinderbetreuung früher und heute“ halten muss und nach sieht, was in ihrer Kindheit dazu im Landtag von Baden-Würt temberg beraten wurde, wird sie sich über eine reiche Aus beute freuen. Vermutlich wird sie mehr als ein Dutzend De batten hierüber finden – Stand heute: zehn, davon allein fünf Aktuelle Debatten und eine Große Anfrage, die von der SPD initiiert wurden, sowie zwei von den Grünen beantragte Ak tuelle Debatten, wovon eine wieder zurückgezogen wurde, und zwei Debatten anlässlich eines grün-roten Gesetzent wurfs. Schlussfolgerung von Eva: „Klasse, vor allem die SPD hat sich ja wirklich heldenhaft für die Kinderbetreuung ein gesetzt.“
Bei einem Blick in die Protokolle fällt Eva dann aber auf, dass sich die Argumente der Redner doch arg wiederholen,
vor allem die der Redner der Regierungsfraktionen. Was ist der Zweck davon, die gleichen Argumente wieder und wieder vorzutragen,
Die Frage stellt sich doch, ob es nicht Themen im Bereich der Kinderbetreuung gibt, die bei Grün-Rot hinten herunterfallen.
Auch Eva bekommt diesen Verdacht. Denn ihr fällt auf, dass sich alle Debatten mit dem Ausbau der Kindertagesstätten für unter Dreijährige und nur eine einzige mit der Kindertages pflege befassen. Eva stellt daher fest: Den über Dreijährigen ist von Grün-Rot keine Debatte gewidmet worden.
Schon am 11. Dezember vergangenen Jahres habe ich in der von der SPD beantragten Aktuellen Debatte zum Thema „Auf den Anfang kommt es an – der grün-rote Ausbau der Klein kindbetreuung“ diese einseitige Schwerpunktsetzung kritisiert und die Landesregierung zu einem Engagement für die Qua lität gerade auch im Bereich der über Dreijährigen aufgefor dert. Da sich aber weder an der kritischen Situation noch an der Position der FDP/DVP-Fraktion etwas geändert hat, bleibt mir hier nicht viel anderes übrig, als meine Argumente vom letzten Dezember in wesentlichen Teilen noch einmal zu wie derholen.
Grundsätzlich begrüßen wir die Bemühungen der Landesre gierung, beim Ausbau der Kleinkindbetreuung voranzukom men. Sorgen bereitet uns allerdings die einseitige Schwer punktsetzung der grün-roten Landesregierung. Denn bisher ging es bei Ihnen in allererster Linie um den quantitativen Ausbau der Kleinkindbetreuung im Land. Das Bemühen um die Qualität der Kleinkindbetreuung blieb dabei aber meist auf der Strecke.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Muh terem Aras GRÜNE: Also! – Gegenruf des Abg. To bias Wald CDU: Ja! Das stimmt leider! – Gegenruf der Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Das ist dreist!)
Da wir, die Opposition, uns als Qualitätskontrolle der Regie rung verstehen, darf ich Sie auch dieses Mal an Ihren eigenen Koalitionsvertrag erinnern – Zitat –:
Wir wollen die Qualität der frühkindlichen Angebote wei ter verbessern. Hierzu werden wir den Orientierungsplan für die Kindertageseinrichtungen gesetzlich verankern und damit verbindlich einführen sowie für den Kleinkind bereich weiterentwickeln.
Na ja, Sie haben noch knapp ein Jahr Zeit, das auch tatsäch lich zu leisten; denn trotz vollmundiger Ankündigung ist bis her in diesem Bereich so gut wie nichts passiert. Offensicht lich sind Sie so gut wie gar nicht an der Qualität interessiert, sondern fast ausschließlich am quantitativen Ausbau, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Wir Liberalen halten das für ein großes Versäumnis Ihrer Ko alition, und sosehr wir den quantitativen Ausbau im U-3-Be reich begrüßen, so sehr vermissen wir Ihre Bemühungen, messbare Fortschritte beim Ausbau der Qualität zu erreichen. Natürlich wissen wir, dass die Sicherung und der Ausbau der Qualität ein sehr personalintensives Anliegen ist. Aus diesem Grund – wir erinnern uns – hatte die christlich-liberale Lan desregierung gemeinsam mit den Kommunen einst 210 Mil lionen € für die Personalausstattung zur Umsetzung des Ori entierungsplans zur Verfügung gestellt. Wie gesagt, wir ver missen ein entsprechendes Handeln der grün-roten Koalition.
Die Sprachförderung ist uns Liberalen traditionell ein Her zensanliegen. Gerade die sprachliche Bildung im frühkindli
chen Alter ist wichtig für frühe Chancen auf Bildung und ge sellschaftliche Teilhabe. Wir haben in der Regierungszeit der christlich-liberalen Landesregierung bewirkt, dass im Rah men einer vorgezogenen Einschulungsuntersuchung bei je dem Kind im Alter von ca. vier Jahren der Sprachstand erho ben wurde.
Grün-Rot hat die Zuschüsse für die Sprachförderung zwar auf gestockt, zu zwei Dritteln allerdings durch Umwidmung be stehender Programme. Die Programme „Schulreifes Kind“ und „Singen – Bewegen – Sprechen“ wurden in die Sprach förderung überführt. Die Geförderten erhalten eine Wahl pflicht. Das heißt, sie müssen sich entscheiden, ob sie SBS oder die Sprachförderung durchführen wollen. Dabei ist SBS auf musikalische Förderung in der Breite angelegt, und die Sprachförderung zielt auf bestimmte festgestellte Defizite ab.
Bei dieser Ausgangslage spielt SBS nur noch eine Nebenrol le, und zugleich ist auch die Sprachförderung weit von einer bestmöglichen Aufstellung entfernt.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Dafür haben wir die Programme solide durchfinanziert, im Gegensatz zu Ihnen!)
Sehr geehrter Herr Kollege, was hier grundsätzlich möglich wäre, zeigt das Programm des Bundes zur Sprachförderung.
Bedauerlich ist vor allem, dass Grün-Rot sich nicht dazu durchringen konnte, die von der FDP/DVP-Landtagsfraktion seinerzeit beantragten 25 Millionen € zusätzlich in die Sprach förderung zu investieren. Die Regierungsfraktionen haben die von der FDP/DVP abgelehnte Erhöhung der Grunderwerb steuer damit begründet, in die frühkindliche Bildung und Be treuung investieren zu wollen.