Protokoll der Sitzung vom 25.03.2015

Es gibt also kein Duell Grün-Rot gegen das Kartellamt, das ein Minister verlieren kann. Sie sehen: Wir sind nicht allein, sondern kämpfen mit anderen.

Lösen lässt sich der Konflikt nur auf zwei Wegen: über Ver handlungen oder vor Gericht. Richtigerweise haben wir sei tens des Landes den Verhandlungsweg gewählt. Trotz weit reichender Zugeständnisse des Landes mit der Ausgliederung des Staatswalds konnten die Verhandlungen nicht zufrieden stellend zum Abschluss gebracht werden.

Dabei trifft den Minister keine Schuld. Ich darf nochmals an den letzten Parlamentarischen Abend der Forstkammer erin nern, an dem der Vertreter des Kartellamts deutlich gemacht hat, dass das Modell mit der Herausnahme des Staatswalds ei ne tragfähige Lösung sei. Wenn dann im Anhörungsschreiben zentrale Punkte des Modells, nämlich die Bewahrung des Ein heitsforstamts für den Kommunal- und Privatwald, infrage ge stellt werden, ist das nicht tragbar, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Die Rechtsauffassung des Kartellamts hätte eine erhebliche Rechtsunsicherheit für den kommunalen Wald bedeutet. Da her ist es nach wie vor richtig, dass die Landesregierung ihre Verpflichtungszusage gegenüber dem Kartellamt zurückgezo gen hat. Beharrt das Amt auf seiner Rechtsposition, wird ein Rechtsstreit unvermeidbar sein.

Im Grunde – das haben wir auch gehört – besteht doch Einig keit. Der öffentliche Nutzen des Waldes erfordert das Einheits forstamt. Diese Struktur hat sich bewährt und wird seit vielen Jahren von allen befürwortet. Deshalb wird, wenn wir den Rechtsstreit verlieren, nicht der Minister der Unterlegene sein. Verlierer ist dann vielmehr das Land.

Deshalb lade ich Sie ein, meine Damen und Herren von der CDU: Lassen Sie uns gemeinsam unseren Einfluss auf der Bundesebene für die Änderung des Bundeswaldgesetzes gel tend machen. Machen Sie vor allem Ihre Oppositionsarbeit so, dass Sie nicht den Schaden breittreten, der dem Land zu

gefügt wird, sondern lassen Sie uns miteinander dafür eintre ten, dass das Land gut aufgestellt ist und keinen Schaden nimmt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich dem Kollegen Dr. Bullinger das Wort.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP übergibt der Stenografin sein Redemanuskript. – Abg. Claus Schmie del SPD: Bei einer Aktuellen Debatte gibt man dem Ste nografen keine Rede!)

Herr Fraktionsvor sitzender, was ein einzelner vom Volk gewählter Parlamenta rier macht, müssen Sie ihm überlassen. Ich lasse mir vom SPD-Fraktionschef keinen Tipp geben – schon gar nicht ei nen falschen. Da bin ich mir schon sicher.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Er sollte einmal vor der eigenen Tür kehren!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema ist ein Dauerbrenner, ist immer aktuell. Es ist gut, heute noch einmal sachlich darüber zu sprechen. Unseren Wohlstand in Deutsch land und in Baden-Württemberg haben wir der sozialen, öko logisch orientierten Marktwirtschaft – ich betone: Marktwirt schaft – mit dem damit verbundenen Wettbewerb zu verdan ken.

Marktwirtschaft braucht jedoch Flanken und Geländer, und das Kartellrecht in Deutschland ist eine solche Flanke und sorgt für Wettbewerb. Die Wettbewerbshüter haben zuguns ten der Verbraucher wichtige Erfolge erzielt, z. B. im Pharma markt mit über 400 Millionen € Strafe – wer hätte das ge dacht? –, bei der Zementindustrie, bei der Zuckerwirtschaft oder auch bei Gebietskartellen, bei Kies und Sand.

Wie gelegentlich der Rechnungshof argumentiert auch das Kartellamt oft nur punktuell, formal oder juristisch und ver zichtet auf eine gesamtgesellschaftliche Würdigung. Daher ist die Argumentation des Bundeskartellamts, ein forstwirtschaft licher Betrieb sei im Grunde nichts anderes als eine Geflügel farm, daneben.

Schon § 1 des Bundeswaldgesetzes zeigt die Bedeutung und die Multifunktionalität des Waldes klar und deutlich auf. Der Wald ist also kein Produktionsmittel wie jedes andere und kann daher auch nicht nach der reinen Lehre des Wettbewerbs beurteilt werden.

Die FDP/DVP-Fraktion hat sich in der Vergangenheit stets un missverständlich zum bewährten Einheitsforstamt bekannt, weil wir der Auffassung sind, dass der in Baden-Württemberg sehr kleinteilige Privatwald – und der teilweise auch sehr kleinteilige Kommunalwald – zu großen Teilen erst durch ei ne gemeinsame Vermarktung marktfähig wird.

Als die grün-rote Landesregierung erklärte, auf dem Verhand lungsweg nach einem Kompromiss mit dem Kartellamt zu su chen, um die bewährten Strukturen wenigstens für den Privat-

und Körperschaftswald zu erhalten, hatten Sie die FDP/DVPFraktion hinter sich. Die FDP/DVP war von Anfang an der Meinung, dass ein offener Rechtsstreit mit dem Bundeskar tellamt vermieden werden muss, weil dies einen Schwebezu stand – den haben wir jetzt – über mehrere Jahre hinweg be deuten würde, weil diese Verunsicherung Arbeitsplätze und mittelständische Lohnunternehmer existenziell bedrohen wür de, weil das Land damit Strafzahlungen in zweistelliger Mil lionenhöhe jährlich riskieren würde und weil Rechtsstreitig keiten mit dem Bundeskartellamt – darüber können Sie eine Statistik aufstellen – aller Erfahrung nach selten zur Zufrie denheit des Beschwerdeführers ausgehen.

Sehr geehrter Herr Minister, an dieser Stelle möchte ich nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass Sie uns bei diesem The ma immer mit der nötigen Sensibilität bestens informiert ha ben,

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

sei es auch am frühen Morgen bei Sitzungen gewesen, bei de nen den Kollegen Claus Schmiedel und Peter Hauk sowie dem vom Volk direkt gewählten Abg. Pix die Teilnahme vielleicht ab und zu schwerfiel. Sie haben uns über die Alternativen und über den aktuellen Stand immer bestens informiert.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Sehr fair, Herr Kollege!)

Übrig blieb zuletzt das vom Land favorisierte Staatswaldmo dell, das eine Ausgliederung des Staatsforsts aus der Einheits forstamtstruktur vorsieht. Mit diesem Kompromiss hätten wir alle leben können. Auch das Kartellamt ist vergleichsweise weit gegangen.

Am 26. Januar dieses Jahres erklärten Sie, Herr Bonde, in un gewöhnlicher Schärfe, dass das Land seine Verpflichtungszu sage zurückziehe, da das Bundeskartellamt zwar das Staats waldmodell im Beschlussteil akzeptiere, aber in seinen Be gründungsausführungen nach wie vor eine andere Rechtsauf fassung vertrete. Herr Minister, Ihre Äußerungen gegenüber dem Bundeskartellamt waren nicht hilfreich, sondern eher trotzig.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Sie sagten damals wörtlich – ich zitiere –:

Ich finde, dass hier die Bundesebene gefragt ist, eine of fenkundig völlig aus dem Ruder laufende Bundesbehör de wieder auf die Spur zu bringen.

Solche Äußerungen beeindrucken das Bundeskartellamt nicht. Im Gegenteil, sie provozieren.

Der Präsident des Bundeskartellamts, Herr Mundt, hat erklärt – wir haben es heute schon gehört –, das Kartellamt sei nach wie vor bereit, den ausgehandelten Kompromiss zu akzeptie ren. Mit Ihrem Verhalten riskieren Sie vor allem, dass wir in einem Gerichtsverfahren hinten herunterfallen.

Meine Damen und Herren, auch die Große Koalition in Ber lin liefert bezüglich der lauthals angekündigten zügigen Än derung des Bundeswaldgesetzes ein Armutszeugnis ab. Die se Änderung scheitert an einem völlig sachfremden Anliegen des SPD-geführten Umweltministeriums, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Verantwortungsvolles und entschlossenes Regierungshandeln sieht anders aus. Die Kanzlerin ist durchaus beeindruckend auf allen Gassen der Welt unterwegs. Respekt! Ihre Hausauf gaben macht sie aber nicht. Das überlässt sie den „Nahlis“ in Berlin, und das ist schlimm.

Bei aller Wertschätzung für das bewährte Einheitsforstamt, zu dessen Sinnhaftigkeit auch die FDP/DVP nach wie vor un missverständlich steht, wäre ein vorsichtiger Blick hinüber in den Freistaat Bayern angebracht. Dort wurde 2005 eine vom Kartellamt erwirkte Forststrukturreform durchgeführt.

In Bayern wird das Holzauszeichnen von privaten Dienstleis tern erledigt. Im Gegenzug fördert Bayern waldbauliche Maß nahmen im Privat- und Körperschaftswald im laufenden Jahr mit – hören Sie zu – 14,5 Millionen €. Für Sie hingegen gilt: Außer Sprüchen nichts gewesen. Sie muten der Praxis Öko schrauben zu.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, im Nachbarland können Sie sich ansehen, wie Nachhaltigkeitsunterstützung funktioniert. Das Beispiel Bayern zeigt, dass unbeliebte Veränderungen auch Chancen bieten.

Zehn Jahre nach der Reform in Bayern ist festzustellen: Ers tens: Der Privatwald wurde durch die Reform klar gestärkt, insbesondere durch die Rolle der Forstbetriebsgemeinschaf ten. Zweitens: Der Holzmarkt ist durch die dezentrale Ver marktung flexibler, mittelstandsfreundlicher und preisstabiler geworden. Drittens: Der Wald in Bayern wird größer, älter und klimastabiler.

Sehr geehrter Herr Minister Bonde, ich bin nach wie vor der Auffassung – so, wie ich es in der 119. Sitzung des Landtags am Mittwoch, den 4. Februar 2015, bei der Regierungsbefra gung geäußert habe –, dass das Schlechteste, was uns passie ren kann, ein Rechtsstreit ist. Ich fordere Sie nochmals auf, die von Ihnen zugeschlagene Tür beim Bundeskartellamt, die laut dem Präsidenten des Bundeskartellamts nur angelehnt war, nochmals zu öffnen und den akzeptierten Kompromiss noch einmal auf die Tagesordnung zu setzen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Der Sprecher des Kartellamts nimmt Platz!)

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Bonde das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Da men und Herren! Die heutige Debatte verwundert. Sie betrifft ein wichtiges Thema, das uns seit Langem beschäftigt, näm lich ein Kartellverfahren, das seit 2002 läuft und das 2008 mit einer Verpflichtungszusage des Landes durch einen meiner Vorgänger hätte beigelegt werden sollen. Die damals verein barten Maßnahmen wurden unter der vorherigen Regierung und unter der heutigen Regierung umgesetzt.

Nichtsdestotrotz ist im Jahr 2011 durch neue Initiativen im Bereich der Sägewerke das Verfahren wieder in Gang gesetzt worden. Wir haben versucht, auf dem Verhandlungsweg ein erträgliches Ergebnis zu erreichen. Eigentlich bestand in die sem Haus Einigkeit darüber, dass wir ein gemeinsames Inte resse daran haben, das bewährte Einheitsforstamt zu retten und die bewährte Forststruktur zu erhalten, die aktiv dazu bei trägt, dass die verschiedenen Waldfunktionen – sowohl die Holzerzeugung als auch der Erholungs- und Naturschutzwert des Waldes – aus einer Hand gewährleistet werden.

Es wundert mich, dass nun einige ausscheren und anfangen, parteipolitische Süppchen zu kochen; denn im Januar dieses Jahres waren sich die Landesregierung und die kommunalen Landesverbände mit Herrn Landrat Walter, Frau Oberbürger meisterin Bosch und Herrn Gemeindetagspräsident Kehle ei nig, dass mit dem Beschlussentwurf des Bundeskartellamts genau das nicht gewährleistet ist.

Jeder, der heute kritisiert, dass wir die Verpflichtungszusage des Landes zurückgezogen haben, muss offen sagen, was er denn gemacht hätte. Herr Rapp, Herr Bullinger, hätten Sie un terschrieben, was uns das Kartellamt auf den Tisch gelegt hat, nämlich ein Staatsforstmodell, bei dem die Holzvermarktung für die kommunale Seite vollständig liberalisiert wird, was das Ende des Einheitsforstamts bedeutet hätte? Mit Verlaub, niemand von Ihnen würde diese Forderung unterschreiben, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Um die Rechtsposition des Landes zu halten und um für das Einheitsforstamt zu kämpfen, haben wir die Verpflichtungs zusage zurückgezogen. Seitdem gibt es keine offizielle Reak tion des Kartellamts. Wenn es also stimmt, was Sie sagen, dass der Präsident des Bundeskartellamts, der übrigens gar nicht weisungsbefugt gegenüber dem zuständigen Referatsleiter ist, der die Verhandlungen führt – –

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die werden auch miteinander sprechen!)